Abschnitt II.

[45] Nichts ist freier als die Gedanken des Menschen. Obgleich sie den ursprünglichen Vorrath von Vorstellungen, welche der innere und der äussere Sinn beschafft, nicht überschreiten können, so haben sie doch eine unbeschränkte Gewalt in Mischung, Verbindung, Trennung und Theilung dieser Vorstellungen nach allen Richtungen des Beliebens und der Phantasie. Der Mensch kann sich eine Reihe von Ereignissen bilden, die allen Anschein der Wirklichkeit haben; er kann sie in eine bestimmte Zeit und Ort stellen, sie als wirklich nehmen und sie mit allen Nebenumständen ausmalen, welche zu einem solchen historischen Ereigniss gehören, an das man mit der grössten Gewissheit glaubt. Worin besteht nun der Unterschied zwischen einer solchen Dichtung und der Gewissheit? Er liegt nicht in irgend einer besondern Vorstellung, welche solchen Gedanken anhaftet, die man für wahr hält, und welche jeder blossen Dichtung[45] abginge. Denn die Seele hat Macht über alle ihre Vorstellungen und könnte daher diese besondere Vorstellung mit jeder Dichtung verbinden, und so dahin kommen, das zu glauben, was ihr beliebte; während die Erfahrung doch lehrt, dass dies nicht stattfindet. Wir können in unserm Vorstellen den Kopf eines Menschen mit dem Leibe eines Pferdes verbinden, aber es steht nicht in unserer Gewalt, zu glauben, dass ein solches Thier existirt habe.

Deshalb muss der Unterschied zwischen Dichtung und Glauben in einer Empfindung oder einem Gefühle liegen, welches zwar mit diesem, aber nicht mit jener verbunden ist, und was weder von dem Willen abhängt, noch beliebig zu Diensten steht. Es muss, wie alle Gefühle, durch die Natur erweckt werden und aus dem besondern Zustande hervorgehen, in dem sich die Seele unter Umständen befindet. Jeder Gegenstand, der sich den Sinnen oder dem Gedächtniss bietet, treibt durch die Macht der Gewohnheit die Einbildungskraft zur Vorstellung des Gegenstandes, welcher gewöhnlich mit ihm verbunden ist, und diese Vorstellung ist von einem Gefühl oder einer Empfindung begleitet, die sich von den blossen Träumen der Phantasie unterscheidet. Darin besteht das Wesen des Glaubens. Denn da es keine Thatsache giebt, die man so fest glaubt, dass man sich nicht das Gegentheil vorstellen könnte, so gäbe es keinen Unterschied zwischen Vorstellungen, die man für wahr, und solchen, die man für unwahr hielte, wenn nicht ein Gefühl die eine von der andern unterschiede. Wenn ich sehe, wie eine Billardkugel auf einer glatten Fläche sich gegen eine andere bewegt, so kann ich mir wohl vorstellen, dass sie bei der Berührung stillstehen werde. Diese Vorstellung enthält keinen Widerspruch; dennoch empfinde ich bei dieser Vorstellung ganz anders, als bei der, wo ich mir den Stoss und die Mittheilung der Bewegung von einer zur andern vergegenwärtige.

Wollte ich eine Definition dieser Empfindung versuchen, so würde dies schwer, vielleicht unmöglich sein; ebenso, als wenn ich das Gefühl der Kälte, oder die Leidenschaft des Zornes einem Menschen definiren wollte, der diese Gefühle nie empfunden hat. Glauben ist das wahre und richtige Wort für dieses Gefühl, und Niemand ist über den Sinn dieses Ausdrucks in Zweifel, weil Jedermann zu jeder Zeit sich des damit bezeichneten Gefühles bewusst ist.[46] Indess ist eine Beschreibung dieses Gefühls vielleicht zweckmässig; man gelangt dadurch vielleicht zu Vergleichungen, welche eine vollkommnere Einsicht gewähren. Ich behaupte also, dass der Glaube nur eine lebhaftere, lebendigere, stärkere, festere, ausharrendere Vorstellung von einem Gegenstande, als die ist, welche die Einbildung allein erreichen kann. Diese Menge von Beiworten, die unphilosophisch scheint, soll nur jenen Akt der Seele bezeichnen, der das Wirkliche oder dafür Gehaltene mehr als das Eingebildete vergegenwärtigt, im Vorstellen gewichtiger macht und ihm einen stärkern Einfluss auf die Leidenschaften und die Gedanken giebt. Sind wir über die Sache einverstanden, so brauchen wir uns über die Worte nicht zu streiten. Die Einbildungskraft gebietet über alle ihre Vorstellungen und kann sie auf alle mögliche Arten verbinden, mischen und vertauschen. Sie kann Erdichtungen mit allen zeitlichen und örtlichen Nebenumständen machen. Sie kann sie uns gleichsam vor Augen stellen, mit ihren wahren Farben, wie sie existirt haben mögen. Aber es ist unmöglich, dass diese Einbildungskraft allein je den Glauben bewirkt; der Glaube kann deshalb nicht eine besondere Art oder Ordnung der Vorstellungen sein, sondern ist eine besondere Art, wie sie entstehen und in der Seele empfunden werden. Ich räume ein, dass es unmöglich ist, dieses Gefühl oder diese Art der Entstehung zu beschreiben. Man kann Worte benutzen, die etwas Aehnliches ausdrücken; aber der wahre und richtige Name dafür ist Glaube, ein Wort, was Jeder im gewöhnlichen Leben versteht. Auch in der Philosophie kann man nicht weiter als zu dem Satze kommen, dass der Glaube ein Gefühl in der Seele ist, wodurch sie die Aussagen ihres Urtheils von den Geschöpfen ihrer Einbildungskraft unterscheidet. Dies Gefühl giebt jenen mehr Gewicht und Einfluss, lässt sie wichtiger erscheinen, zwingt sie der Seele auf und macht sie zu den Grundsätzen für das Handeln. Ich höre z.B. jetzt die Stimme eines Menschen, der mir bekannt ist, und der Ton kommt aus dem nächsten Zimmer. Dieser Eindruck auf meinen Sinn führt unmittelbar mein Denken auf diesen Menschen mit allen ihn betreffenden Nebenumständen. Ich male sie mir als jetzt existirend aus, mit denselben Eigenschaften und Verhältnissen, wie ich sie früher bei ihm gekannt habe. Diese Vorstellungen fassen schneller festen Fuss in meiner Seele als die Vorstellung[47] von einem verzauberten Schlosse. Sie sind ganz anders in der Empfindung und haben in jeder Art einen grössern Einfluss, sowohl für Erweckung von Lust wie Schmerz, Hoffnung wie Sorge.

Fasst man Alles hier Gesagte zusammen, so erhellt, dass die Wissensart des Glaubens nur ein innerlich stärkeres und festeres Vorstellen im Vergleich zu den blossen Schöpfungen der Einbildung ist, und dass diese Wissensart sich aus der gewohnten Verbindung zwischen einem Gegenstand und einem den Sinnen oder dem Gedächtniss gegenwärtigen Etwas sich bildet. Mit dieser Annahme werden sich leicht andere ähnliche Geistesthätigkeiten auffinden, und diese Erscheinungen auf allgemeinere Grundsätze sich zurückführen lassen.

Es ist bereits erwähnt, dass die Natur einzelne Vorstellungen verknüpft hat, und dass, wenn die eine in das Denken eintritt, sie sofort die ihr zugehörige mit einführt und ihr unsere Aufmerksamkeit durch eine leise und unfühlbare Bewegung zuwendet. Die Regeln für diese Verknüpfungen oder Vergesellschaftungen haben wir auf drei zurückgeführt, nämlich: Aehnlichkeit, Berührung und Ursachlichkeit. Sie sind die einzigen Bande, welche unsere Vorstellungen vereinigen und jenen regelmässigen Lauf des Denkens oder Sprechens erzeugen, welcher mehr oder weniger unter allen Menschen stattfindet. Hier erhebt sich nun eine Frage, von deren Lösung die vorliegende Schwierigkeit abhängt. Geschieht es bei all diesen Verbindungsformen, dass, wenn ein Gegenstand den Sinnen oder Gedächtniss zugeführt wird, die Seele nicht blos die andere zugehörige sich vorstellt, sondern dies auch in einer stärkern und festern Weise thut, als sie es sonst vermocht hätte? Dies scheint mit dem Glauben, welcher aus der Beziehung von Ursache und Wirkung entspringt, der Fall zu sein. Ist dies nun auch mit den beiden andern Verbindungsformen der Fall, so muss es als ein allgemeines Gesetz für alle Thätigkeiten der Seele gelten.

Als erster Versuch kann für unsern Zweck der Fall dienen, dass bei dem Anblick des Bildes eines abwesenden Freundes unsere Vorstellung von ihm durch die Aehnlichkeit offenbar lebhafter wird, und dass jedes von dieser Vorstellung wachgerufene Gefühl, sei es Freude, sei es Sorge, dadurch neue Kraft und Stärke erhält. Bei der Hervorbringung[48] dieses Erfolges wirken sowohl die Beziehung, wie der gegenwärtige Eindruck.

Wäre das Bild nicht ähnlich oder nicht von ihm abgenommen, so würde es nie unsere Gedanken zu ihm hinleiten; und wäre es ebenso abwesend, wie die Person, so würde die Seele, wenn sie auch an das eine oder andere dachte, ihre Vorstellungen durch diesen Wechsel eher geschwächt als gestärkt fühlen. Wir sehen gern das gegenwärtige Bild eines Freundes; ist es aber nicht da, so denken wir lieber geradezu an ihn als vermittelst eines Bildes, was ebenso fern und dunkel ist.

Auch die Gebräuche der katholischen Religion können als hierhergehörende Beispiele gelten. Die Anhänger dieser Religion führen gewöhnlich zur Vertheidigung der Ceremonien, die man an ihr tadelt, an, dass sie die guten Wirkungen dieser äussern Bewegungen, Stellungen und Handlungen fühlen; dass ihre Andacht dadurch tiefer und ihr Eifer stärker werde; während diese sinken würden, wenn sie blos auf entfernte und unsichtbare Gegenstände gerichtet würden. Wir machen, sagen sie, einen Schattenriss von diesen Glaubensgegenständen, wir machen wahrnehmbare Formen und Bilder und vergegenwärtigen durch diese Formen jene uns mehr, als wir durch rein geistige Beschauung und Betrachtung vermögen. Sichtbare Dinge haben immer eine grössere Wirkung auf das Vorstellen als andere; dieser Einfluss geht schnell auf die Vorstellungen, auf die sie sich beziehn, und denen sie gleichen, über.

Ich will an diesen Gebräuchen und ihrer Rechtfertigung nur darlegen, dass die Wirksamkeit der Aehnlichkeit auf die Verstärkung der Vorstellungen sehr häufig ist. Da in jedem Falle eine Aehnlichkeit und ein gegenwärtiger Eindruck zusammentreffen müssen, so hat man für den Beweis der aufgestellten Regel Beispiele die Menge.

Die Stärke dieser Gründe kann durch verschiedene andere erhöht werden, wenn man die Wirksamkeit der Berührung in Betracht zieht. Die Entfernung mindert offenbar die Stärke jeder Vorstellung; nähern wir uns dem Gegenstande, so wirkt er, obgleich, er sich den Sinnen noch nicht darstellt, schon einen Einfluss auf die Seele, welcher einem unmittelbaren Eindruck ähnelt. Die Vorstellung irgend eines Gegenstandes führt die Seele sofort zu dem ihm Angrenzenden; aber nur die wirkliche Gegenwart eines Gegenstandes thut[49] dies mit grösserer Lebhaftigkeit. Wenn ich nur wenige Meilen von meinem Hause entfernt bin, so ergreift mich alles darauf Bezügliche mehr, als wenn ich zweihundert Meilen davon entfernt bin; wenngleich selbst bei dieser Entfernung die Vorstellung jener Aeusserlichkeiten die Vorstellung meiner Freunde oder Familie wach ruft. Im letzten Falle sind beide Gegenstände nur Vorstellungen, und obgleich der Uebergang von der einen zur andern leicht geschieht, kann er doch der einen dieser Vorstellungen keine grössere Lebendigkeit geben, weil der unmittelbare Eindruck fehlt.3

Die Ursachlichkeit hat ohne Zweifel denselben Einfluss wie die beiden andern Beziehungen der Aehnlichkeit und Berührung. Abergläubische Leute halten auf Reliquien von Heiligen und frommen Männern aus demselben Grunde, weshalb sie nach ihren Gestalten und Bildern verlangen; sie wollen ihre Andacht steigern und den Gedanken an deren exemplarisches Leben, was sie nachahmen wollen, tiefer und kräftiger machen. Offenbar ist eine der besten Reliquien, welche ein Andächtiger sich verschaffen kann, die Handarbeit eines Heiligen; wenn seine Kleider und Geräthe ebenso geschätzt werden, so geschieht es, weil sie einst zu seiner Verfügung standen und von ihm getragen und gebraucht wurden. Sie gelten als eine unvollständige Wirkung und erscheinen durch eine kürzere Kette von Folgen mit ihm verbunden, als alles Andere, woraus man die Wirklichkeit seiner Existenz abnehmen könnte.[50]

Wenn der todte oder abwesende Sohn eines Freundes vor uns erschiene, so würde er offenbar die damit verbundenen Vorstellungen wach rufen und alle vergangenen Vertraulichkeiten und Freundschaften lebendiger in unser Denken zurückbringen, als es sonst geschehen wäre. Dies ist ein anderer Vorgang, welcher die obige Regel zu bestätigen scheint.

Bei diesen Fällen wird der Glaube an den bezogenen Gegenstand immer vorausgesetzt; ohnedem kann die Beziehung nicht wirksam sein. Die Wirkung des Gemäldes verlangt, dass wir glauben, unser Freund habe einmal existirt. Die Nachbarschaft kann unsere Vorstellung von der Heimath nur erwecken, wenn man glaubt, dass letztere wirklich besteht. Ich behaupte nun, dass, wenn dieser Glaube über das Gedächtniss oder die Wahrnehmung hinausgeht, er die gleiche Natur und den gleichen Ursprung hat, wie der hier erklärte Uebergang der Gedanken und die Lebhaftigkeit des Vorstellens. Wenn ich ein Stück trockenes Holz in das Feuer werfe, so treibt es mich offenbar zur Vorstellung, dass es die Flamme nicht auslöscht, sondern vermehrt. Dieser Fortschritt der Gedanken von der Ursache zur Wirkung geht nicht von der Vernunft aus, sondern beruht gänzlich auf Gewohnheit und Erfahrung. Da er mit einem den Sinnen gegenwärtigen Gegenstande beginnt, so macht er die Vorstellung der Flamme stärker und lebendiger als der blosse schwankende Traum der Einbildung. Jene Vorstellung erhebt sich plötzlich; das Denken wendet sich augenblicklich ihr zu und giebt ihr alle Stärke des Wissens, die sich von dem sinnlichen Eindruck ableitet. Wenn man ein Schwert gegen meine Brust zückt, trifft mich da die Vorstellung von Wunden und Schmerzen nicht stärker, als wenn man ein Glas Wein vor mir erhebt, selbst wenn jene Vorstellung mit der Wahrnehmung des letzteren eintreten sollte?

Was Anderes kann nun in diesem Gebiete eine so starke Vorstellung erzeugen, als ein gegenwärtiger Gegenstand und der gewohnte Uebergang zur Vorstellung eines andern Gegenstandes, welchen man mit dem ersten zu verbinden sich gewöhnt hat. Dies ist der einfache Vorgang in unserer Seele bei allen unsern Schlüssen von Thatsachen und Dasein. Es ist von Werth, einige ähnliche Verhältnisse aufzuzeigen,[51] welche ihn erläutern. Die Gegenwart des Gegenstandes, von dem der Uebergang ausgeht, giebt der zweiten Vorstellung immer die Stärke und Festigkeit. Hier besteht also eine Art von vorausbestimmter Harmonie zwischen dem Lauf der Natur und der Folge unserer Vorstellungen, und obgleich die Macht und Kräfte, welche in ersterer herrschen, uns ganz unbekannt sind, so sehen wir doch, dass unsere Gedanken und Vorstellungen denselben Lauf nehmen, wie die Werke der Natur. Gewohnheit ist das Prinzip, welches diese Vorstellungen bewirkt; sie ist für den Bestand unseres Geschlechts nothwendig und leitet in allen Verhältnissen und Vorkommnissen des Lebens unser Benehmen. Erweckte nicht die Gegenwart eines Gegenstandes sofort die Vorstellung der mit ihm gewöhnlich verbundenen Dinge, so wäre all unser Wissen auf den engen Kreis des Gedächtnisses und der Wahrnehmung beschränkt; wir würden keine Mittel für Zwecke zurichten, noch unsere natürlichen Kräfte benutzen können, um Gutes zu erreichen und Uebles zu meiden. Wer an der Entdeckung und Betrachtung der letzten Ursachen Vergnügen findet, hat hier volle Gelegenheit zum Staunen und zur Bewunderung.

Zu mehrerer Bestätigung der hier dargelegten Auffassung lässt sich noch geltend machen, dass diese Thätigkeit der Seele, wodurch man gleiche Wirkungen von gleichen Ursachen ableitet, und umgekehrt, in Anbetracht, dass sie so wesentlich für die Erhaltung des Menschengeschlechts ist, nicht wohl den trügerischen Begründungen unserer Vernunft anvertraut werden konnte. Deren Wirksamkeit ist langsam; in den ersten Jahren der Kindheit ist sie kaum bemerklich, und im besten Falle ist sie zu allen Zeiten und Perioden des Lebens dem Irrthume und Versehen sehr ausgesetzt. Es entspricht mehr der allgemeinen Weisheit der Natur, eine so nothwendige Thätigkeit der Seele durch Instinkt oder einen mechanischen Trieb zu sichern, welcher in seiner Wirksamkeit frei vom Irrthum bleibt, gleich beim Beginn des Lebens und Denkens sich geltend macht und von den mühsamen Begründungen des Verstandes unabhängig ist. So wie die Natur uns den Gebrauch unserer Glieder gelehrt hat, ohne uns die Kenntniss der Muskeln und Nerven, durch die sie erfolgt, zu geben, so hat sie auch einen Instinkt uns eingepflanzt, welcher die Gedanken in derselben Richtung[52] führt, die sie für äussere Gegenstände festgestellt hat; obgleich wir die Macht und Kräfte, von welchen dieser regelmässige Lauf und Folge der Gegenstände abhängt, durchaus nicht kennen.

3

Cicero sagt in seinem Werke »Von den Zwecken,« Buch V.: Ist es Anlage der Natur oder Folge einer Täuschung, dass wir bei dem Anblick der Orte, wo berühmte Männer viel verkehrt haben, lebhafter erregt werden, als wenn wir nur von ihren Thaten hören oder in ihren Schriften lesen? So werde ich jetzt erschüttert. Denn ich dachte an Plato, der hier zuerst gelehrt haben soll; sein anstossender Garten weckt nicht blos die Erinnerung an ihn, sondern stellt ihn mir gleichsam vor Augen. Hier wandelte Speusippus, hier Xenokrates, hier sein Zuhörer Polemo, dessen Sessel wir sehen. So pflegte ich auch bei dem Anblick unseres Rathhauses (ich meine das Hostilische und nicht das Neue, was zwar grösser, aber mir nur kleiner scheint) an Scipio, Cato und Laelius, aber vorzüglich an unsern Grossvater zu denken. So stark ist die erweckende Kraft, die an Orten haftet, dass man mit Recht die Lehre vom Gedächtniss davon abgeleitet hat.

Quelle:
David Hume: Eine Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes. Berlin 1869, S. 45-53.
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