1. Sinnliche Genialität, als die verführerische

[89] Wann die Idee des Don Juan entstanden ist? – Nur so viel ist gewiß, daß sie dem Christentume, und hierdurch wieder dem Mittelalter angehört. Könnte man nicht mit ziemlicher Sicherheit die Idee, bis auf diesen weltgeschichtlichen Abschnitt des menschlichen Bewußtseins zurück, verfolgen, so müßte schon vor dem innern Charakter der Idee selbst jeder Zweifel schwinden. Das Mittalter wird überhaupt durch den Begriff der Repräsentation charakterisiert, welchen es teils bewußt, teils unbewußt verwirklichte. Das Ganze wird in einem einzelnen Individuum repräsentiert, jedoch so, daß es nur eine[89] einzelne Seite ist, die, als Totalität gefaßt, jetzt in einem einzelnen Individuum zu Tage tritt, welches daher ebensowohl mehr, als weniger ist, denn ein wirkliches Individuum. Neben jenem Individuum steht alsdann ein zweites Individuum, welches den Inhalt des Lebens von einer andern Seite, und zwar ebenso total, repräsentiert: so der Ritter und der Scholastiker, der Geistliche und der Laie, der Bekenner und her Leugner. Die großartige Dialektik des Lebens wird hier beständig in Repräsentativ-Individuen veranschaulicht, welche meistens paarweise sich gegenüberstehen. Das Leben ist immerdar nur sub una specie vorhanden; und die große dialektische Einheit, welche das Leben sub utraque specie beherrscht, wird nicht geahnt. Der tieferen Harmonie der Gegensätze ward das Mittelalter sich nicht bewußt. So realisiert es unbewußt selbst die Idee der Repräsentation, während erst eine spätere Betrachtung die Idee darin erkennt. Es liebt dem einen Individuum, dem Repräsentanten der Idee, ein andres zur Seite zu stellen, gewöhnlich als komischen Begleiter, welcher gleichsam der das wirkliche Leben unverhältnismäßig überragenden Größe des andern abzuhelfen hat. So hat der König den Narren, Faust den Wagner, Don Quixote den Sancho Pansa, endlich Don Juan den Leporello neben sich. Diese Formation gehört gleichfalls wesentlich dem Mittelalter an.

Die Idee, welche uns hier beschäftigt, ist also das Eigentum des Mittelalters, nicht aber eines einzelnen Dichters. Sie ist eine jener urkräftigen Ideen, die mit autochthonischer Ursprünglichkeit aus der innern Welt des Volkslebens hervorbrechen. Den durch das Christentum in die Welt eingeführten Kampf zwischen dem Fleische und dem Geiste mußte das Mittelalter zum Gegenstand seiner Betrachtung machen, und zu dem Ende jede der Streitenden Kräfte anschaulich hinstellen. Don Juan ist nun, so zu sagen, die Inkarnation des Fleisches, oder die Beseelung des Fleisches durch den eignen Geist des Fleisches, was schon im vorhergehenden hinreichend hervorgehoben ist. Hier möchte ich dagegen die Frage zur Sprache bringen: ob man Don Juan in das frühere, oder das spätere Mittelalter versetzen müsse? Entweder ist er nur die in sich zwiespältige, mißverstandene Antizipation des Erotischen, wie sie in dem Ritter erschien;[90] oder das Ritterwesen ist ein nur noch relativer Gegensatz gegen den Geist, und erst indem der Gegensatz sich noch tiefer klüftete, erst später kam der Don Juan, als die personifizierte Sinnenlust, welche auf Tod und Leben wider den Geist streitet, zur Erscheinung. Die Erotik des Rittertums hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der des Griechentums, welche ebenso, wie jene, psychisch bestimmt war. Ein Unterschied zeigte sich darin, daß, während in der ritterlichen Minne die Idee der Weiblichkeit eine große Rolle spielte, sie im hellenischen Leben völlig zurücktrat. Die schöne Individualität war alles; von der echten Weiblichkeit hatte man keine Ahnung. Auch im mittelalterlichen Bewußtsein stand die Erotik des Ritters in einem einigermaßen versöhnlichen Verhältnis zum Geiste, wiewohl dieser in seiner eifernden Strenge sie mit argwöhnischem Auge ansehen mochte. Geht man nun davon aus, daß das Prinzip des Geistes in die Welt hineingestellt ist, so kann man sich ja allerdings vorstellen, daß zunächst der grellste Kontrast, die himmelschreiendste Scheidung beider Mächte sich geltend machte, welche aber im Laufe der Jahre sich milderte. In diesem Falle gehört Don Juan dem früheren Mittelalter an. Nimmt man dagegen an, daß das Verhältnis sich successive zu diesem absoluten Gegensatze entwickelt hat, wie's auch das Natürlichere ist, sofern der Geist immer mehr seine Aktien aus der vereinigten Firma herauszieht, um allein zu wirken und zu herrschen, wobei es dann erst zu dem eigentlichen skandalon kommt: So gehört Don Juan dem Späteren Mittelalter an. So werden wir zu dem Zeitpunkte hingeführt, wo das Mittelalter sich zu heben anfing, und wo wir denn auch einer verwandten Idee begegnen, nämlich dem Faust, nur daß Don Juan ein wenig früher gefetzt werden muß. Indem der Geist, einzig und allein als solcher gefaßt, von dieser Welt sich lossagt, und in dem Gefühle, daß diese nicht nur seine Heimat nicht sei, sondern nicht einmal sein Schau- und Wirkungsplatz, sich in die höheren Regionen zurückzieht: so überläßt er das Weltwesen als Tummelplatz derjenigen Macht, welche ihm allezeit, sowie er ihr, zuwider gewesen ist und welcher er hier seinen eignen Platz einräumt. Während also der Geist sich löst von dieser Erde und seine eignen Wege geht, tritt die Sinnlichkeit in ihrer ganzen Macht auf. Diese[91] hat gegen den Tausch nichts einzuwenden; ja sie gewinnt bei dieser Trennung und ist froh, daß die Kirche ihnen nicht zuredet, zusammenzubleiben, vielmehr das sie bisher zusammenhaltende Band durchschaut. Stärker als je zuvor erwacht jetzt die Sinnlichkeit in ihrem ganzen Umfange, ihrer Lust und ihrem Jubel. Und gleichwie jener Einsiedler in der Natur, das eingeschlossene Echo – welches nie jemanden zuerst anredet, auch nicht redet, ohne gefragt zu sein –, so großes Gefallen am Jagdhorn des Ritters und seinen Minneliedern, an dem Hundegebell, dem Schnauben der Rosse fand, daß er niemals müde ward, es zu wiederholen, und zuletzt, um es nicht zu vergessen, ganz leise, nur wie sich selbst vorsummte, so ward die ganze, weite Welt eine von allen Seiten widerhallende Wohnstätte des Weltgeistes der Sinnenlust, nachdem der Geist die Welt verlassen hatte. Das Mittelalter weiß viel von einem Berge zu reden, welcher auf keiner Landkarte gefunden ist: er heißt der Venus-Berg. Hier hat die Sinnlichkeit ihre Heimat, hier feiert sie ihre wilden Freudenfeste: denn sie ist ein Reich, ein Staat. In diesem Reiche ist weder die echt menschliche Sprache daheim, noch die Besonnenheit des Gedankens, noch der mühevolle Erwerb der Forschung: hier erschaut nur die elementare Stimme der Leidenschaft, das Spiel der Lüfte, das wüste Gelärme der Berauschten; hier wird nur in ewigem Taumel genossen. Der Erstgeborne dieses Reiches ist Don Juan. Daß es das Reich der Sünde sei, ist hiermit noch nicht ausgesprochen, sofern es zunächst in ästhetischer Indifferenz erscheint. Erst, indem das aufgeschreckte Gewissen und die Reflexion hinzutreten, offenbart es sich als das Sündenreich. Dann ist aber Don Juan tot, und die Musik verstummt; dann erblickt man nichts als den verzweifelten Trotz, welcher sich ohnmächtig entgegenstemmt, aber keinerlei Konsistenz, es wäre denn in Tönen, finden kann. Indem die Sinnenlust als dasjenige erscheint, was zu bannen und auszuschließen ist, und womit der Geist nichts zu schaffen haben will, ohne daß dieser doch schon das schließliche Urteil gefällt hat: so nimmt das Sinnliche die Gestalt des Dämonischen an, bei ästhetischer Indifferenz. Jenes ist nur Sache eines Augenblicks; bald ist die ganze Szene verwandelt, und auch die Musik vorbei. Faust und Don Juan sind Titanen und[92] Giganten des Mittelalters, welche, was die Großartigkeit ihres Strebens und Ringens betrifft, von denen in der mythischen Vorzeit sich nicht unterscheiden, wohl aber darin, daß sie isoliert dastehen, keine Vereinigung von Kräften darstellen, welche erst durch Vereinigung zu himmelstürmenden werden; vielmehr ist alle Kraft in diesem einen Individuum konzentriert.

Don Juan ist also der Ausdruck für das als Sinnenlust gekennzeichnete Dämonische, Faust der Ausdruck für das Dämonische, sofern es als das Geistige austritt, nämlich als dasjenige, das der christliche Geist von sich ausschließt und negiert. Diese Ideen stehen miteinander in einem Wesensverhältnis und haben viele Ähnlichkeit. Es ließ sich daher wohl erwarten, daß sie auch darin übereinstimmten, daß sie beide in einer Volkssage aufbewahrt wurden. Daß dieses mit dem Faust der Fall gewesen, ist bekannt. Seit vielen Jahren emittiert ein Volksbuch, das seine Thaten beschreibt, welches mit großem Unrecht von jenen jungen Gelehrten, die einer bald nach dem andern über Faust Vorträge halten und Bücher schreiben, kaum benutzt worden ist. Es fällt ihnen niemals ein, wie schön es doch sei, daß das wahrhaft Große allen gemeinsam ist, daß zur selben Zeit, wenn ein Goethe seinen Faust dichtet, ein Bauernbursche sich bei seiner Nachbarin, einer klugen Frau im Dorfe, hinsetzt und mit halblauter Stimme in dem Volksbuche liest. Und das verdient wohl beachtet zu werden; es hat namentlich – was man ja beim Weine als eine empfehlende Eigenschaft preist – es hat Boukett, ist eine vortreffliche Kelterung aus dem Mittelalter. Öffnet man das Büchlein, so strömt einem ein so gewürzter, frischer, eigenartiger Duft entgegen, daß uns ganz besonders zu Mute wird. – Was indes den Don Juan betrifft, so ist die spanische Sage, die frühzeitig diesen Namen von Mund zu Mund trug, nicht ebenso in einem Volksbuch, oder Volkslied verkörpert worden. Vermutlich beschränkte sich die alte Sage auf vereinzelte Züge, und mochte noch kürzer sein als die wenigen Strophen, die Bürgers Leonore zu Grunde liegen: vielleicht gehört die oben angeführte Zahl 1003 der Sage an. Bekanntlich hat der Don Juan schon sehr frühe als ein Schaubudenstück emittiert; ja, dies mag seine erste Existenz gewesen sein. Hier ist aber die Idee[93] komisch aufgefaßt, wie es denn überhaupt merkwürdig ist, daß, so tüchtig das Mittelalter auch war in der Ausstattung von Idealen, es mit ebenso sicherem Blicke das Komische zu erfassen wußte, welches sich an die übernatürliche Hoheit des Ideals anhängt. Der Gedanke, Don Juan zu einem Prahlhans zumachen, der sich einbildete alle Mädchen verführt zu haben, dann Leporello als gläubigen Nachsprecher dieser Lügen darzustellen, ist wohl gar nicht übel, um komische Situationen zu schaffen. Jedenfalls konnte es niemals ausbleiben, daß man ihm eine komische Wendung gab, da diese in dem Widerspruche zwischen dem Helden und dem Theater liegt, auf dem er sich bewegt. So kann das Mittelalter auch von Heroen erzählen, die so kolossal geballt waren, daß ihre Augen um eine halbe Elle voneinander abstanden; wollte aber ein gewöhnlicher Mensch die Bühne betreten und sich die Miene geben, als sei dieses bei ihm der Fall, dann würde das Komische in vollem Zuge sein.

Was hier über die Sage vom Don Juan gesagt ist, würde hier nicht seinen Platz gefunden haben, stände es nicht in einem näheren Verhältnis zu dem Gegenstande gegenwärtiger Untersuchung, diente es nicht dazu, den Gedanken seinem Ziele entgegenzuführen. Der Grund, weshalb diese Idee im Vergleiche mit der des Faust eine so dürftige Vorgeschichte hat, ist unstreitig dieser, daß etwas Rätselhaftes in ihr lag, solange man nicht einsah, daß ihr eigentliches Medium die Musik sei. Faust ist an sich Idee, aber eine solche, die zugleich ein Individuum darstellt. Das Geistig-Dämonische sich in einem Individuum konzentriert vorzustellen, ist die eigne Frucht und Konsequenz des Denkprozesses, wogegen es unthunlich ist, die Fülle der Sinnlichkeit und Sinnenlust in einem und demselben Individuum zu sehen. Don Juan schwebt beständig zwischen seiner Existenz als Idee – das heißt Kraft, Leben – und als Individuum. Dieses Schweben ist gleichsam das musikalische Zittern oder Vibrieren. Während das im Unwetter empörte Meer sich auf und ab bewegt, so erzeugen die schäumenden Wogen, unter dieser Unruhe, allerlei Bilder wie Wesen; es ist, als seien es diese Wesen, welche die Wogen in Aufruhr bringen, während es doch umgekehrt das Gewoge des Meeres ist, was sie erzeugt. So ist Don Juan ein Bild, welches[94] beständig erscheint, aber keine Gestalt noch Konsistenz gewinnt, ein Individuum, das sich immerfort gestaltet, aber nie fertig wird, von dessen Geschichte man nichts vernimmt, es sei denn, daß man dem Getöse der Wogen horcht. Wird Don Juan beständig aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, alsdann kommt in alles Sinn und tiefe Bedeutung. Denke ich mir ein einzelnes Individuum, oder habe ich dieses im Auge, so wird es einfach lächerlich, daß dasselbe 1003 Fräulein in sich verliebt gemacht und verführt habe; man fragt: wen denn und wie? Die Naivität der Sage und des Volksglaubens kann so etwas aussprechen, ohne das Lächerliche zu ahnen; aber für ein verständiges Nachdenken ist es schlechterdings nicht. Wird er dagegen musikalisch aufgefaßt, dann habe ich nicht das einzelne Individuum; dann habe ich die Naturmacht, das Dämonische, was ebensowenig des Verführens müde, oder hiermit fertig wird, wie der Wind müde wird zu stürmen, das Meer zu wallen, oder ein Wasserfall, sich von seiner Höhe herabzustürzen. Insofern kann die Zahl der Verführten ebenso gut eine beliebig andre, weit größere sein. Es ist manchmal keine leichte Arbeit für den Übersetzer eines Operntextes, den Ausdruck so zu treffen, daß die Worte nicht nur singbar sind, sondern dem Sinne nach einigermaßen mit dem italienischen Texte und so mit der Musik harmonieren. Als ein Beispiel, wie dies zuweilen ganz gleichgültig ist, führe ich die Zahlgrößen in Leporellos Register an, ohne daß ich übrigens so leichthin wie manche Leute dafür halte, auf dergleichen komme nichts an. Ich nehme vielmehr die Sache in hohem Grade ästhetisch ernst; und darum halte ich dergleichen hier für gleichgültig. Nur will ich eine Eigenschaft bei der Zahl 1003 lobend hervorheben, daß sie nämlich ungleich und zufällig ist, ein gar nicht unwichtiger Umstand; denn er macht den Eindruck, daß die Liste noch keineswegs abgeschlossen, Don Juan im Gegenteil in der Fahrt Sei. Man kann kaum umhin, den Leporello zu beklagen, welcher nicht allein Wache vor der Thür halten muß, Sondern daneben eine weitläufige Buchführung hat, mit welcher ein routinierter Kanzleisekretär genug zu schaffen hätte.

So wie die Sinnlichkeit in Don Juan aufgefaßt ist, nämlich als Prinzip, ist sie vorher niemals in der Welt aufgefaßt worden.[95] Das Erotische wird daher hier auch durch ein andres Prädikat näher bestimmt. Die Erotik ist Verführung. Auffallend genug geht die Idee eines Verführers dem alten Griechentum völlig ab. Darum fällt es mir jedoch nicht ein, dieses sittlich hochstellen zu wollen: denn die Götter sowohl wie die Menschen waren, wie jedermann weiß, Liebesaffären rücksichtslos; noch weniger das Christentum zu tadeln, welches ja die Idee nur als eine ihm fremde hat. Der Grund, weshalb den Griechen diese Idee fehlte, lag darin, daß ihr ganzes Leben in Individualität aufging. So war beim das Persönlich-Psychische das Vorherrschende, stets mit dem Sinnlichen in Einklang. Ihre Liebe war daher mehr eine psychische (Seelenliebe), als eine Sinnliche, und hieraus floß jene Verschämtheit, die durchweg auf der Liebe der althellenischen Zeit ruhte. Sie gewannen ein Mädchen lieb; sie setzten Himmel und Erde in Bewegung, um in den Besitz desselben zu kommen. Gelang es ihnen, so waren sie vielleicht des Besitzes schon müde und suchten eine neue Liebe. Was Unstetigkeit betrifft, so mochten sie mit Don Juan eine gewisse Ähnlichkeit haben; und um nur einen zu nennen, so konnte Herkules gewiß ein stattliches Register zuwege bringen, wenn man bedenkt, daß er sich zuweilen mit ganzen Familien einließ, die gegen 50 Töchter zählten, und so, als Familien-Schwiegersohn, sie alle umarmte, nach dem Berichte einiger, in einer einzigen Nacht. Natürlich ein Mythus, in welchem sich aber das Griechentum abspiegelt. Indes bleibt Herkules wesentlich verschieden von Don Juan: er ist kein Verführer. Denkt man sich nämlich die griechische Liebe, so ist diese, ihrem Begriffe zufolge, wesentlich getreu, eben weil sie psychisch ist. Daß einer mehrere liebt, ist bei ihm das Zufällige; während er die eine liebt, denkt er nicht an die nächste. Don Juan dagegen ist von Grund aus ein Verführer. Seine Liebe ist sinnlich; und solche Liebe ist, ihrem Begriffe nach, nicht getreu, sondern absolut treulos; und unter der Summe der Momente im Momente lebend, liebt sie nicht die eine, sondern alle, was so viel heißt als: sie möchte alle verführen. Ihre Treulosigkeit zeigt sich auch darin, daß sie beständig nur eine Wiederholung ist. Die psychische Liebe, also auch die ritterliche, trägt in zwiefachem Sinne den Gegensatz in sich. Teils ist sie nämlich[96] mit Zweifel und Unruhe behaftet, ob sie denn auch glücklich werden, ihren Wunsch erfüllt sehen, wieder geliebt sein werde, von welcher Sorge die sinnliche Liebe nichts weiß. Selbst ein Jupiter ist seines Sieges keineswegs sicher; und wie kann es anders sein? kann er's doch selbst nicht anders wünschen. Mit Don Juan steht es anders: er macht kurzen Prozeß und ist immer als der absolut Siegreiche zu denken. Dies könnte als ein Vorzug erscheinen, ist aber eigentlich Armut. Der Reichtum der psychischen Liebe zeigt sich darin, daß sie stets als eine neue und andre auftritt, auch im Verhältnis zu jedem einzelnen Gegenstande ihrer Liebe. Bei Don Juan ist von einer solchen Fülle des Inhalts nicht die Rede. Hierzu hat er keine Zeit; für ihn ist alles nur Sache des Momentes. Sie sehen und lieben, war eins. Während man dies auch von der psychischen Liebe oft in gewissem Sinne sagen kann, jedoch bloß als Andeutung eines Anfanges, so gilt es in ganz andrer Weise von Don Juan. Das Sehen und Lieben, was bei ihm eins ist, fällt in einen Moment, und in demselben Moment ist auch alles vorüber, was sich dann ins Unendliche wiederholt. Hat man nun, um eine derartige Liebe zu beschreiben, kein andres Medium außer der Sprache, so befindet man sich in Verlegenheit: denn sobald man die Naivität aufgegeben hat, welche bei Don Juan jene, schon ästhetisch unbefriedigenden, lächerlichen Zahlgrößen treuherzig gelten, also auch die 1003 bei Spanien ruhig stehen läßt, so wird man notwendig seine Ansprüche an Don Juans Liebe steigern und einiges psychische Individualisieren ihr mitgeben. Die Seelenliebe bewegt sich gerade in der reichen Mannigfaltigkeit des individuellen Lebens, dessen Nuancen das eigentlich Bedeutungsvolle ausmachen. Die sinnliche Liebe dagegen kann immerhin solch ein willkürliches Pauschquantum annehmen. Für sie ist das Wesentliche die ganz abstrakt gefaßte Weiblichkeit, höchstens noch in mehr sinnlich markierter Differenz. Während die Seelenliebe einen gewissen Bestand in der Zeit bedeutet, ist die sinnliche nichts weiter als ein Verschwinden in der Zeit. Das Medium aber, welches dies ausdrückt, ist die Musik. Ja, zu solchem Ausdruck ist sie vorzüglich geeignet, weil sie nicht sowohl das Einzelne ausspricht, als vielmehr das Allgemeine, was für alle ist, jedoch nicht[97] als ein abstraktes, sondern als ein konkretes, in voller Unmittelbarkeit.

Was ich hiermit meine, will ich an einem Beispiel, nämlich an jener zweiten Dienersarie erläutern: dem Register der Verführten. Diese Nummer läßt sich als das eigentliche Don Juan-Epos betrachten. Man gebe nur einmal selbst dem begabtesten, mit allem Erforderlichen hierzu ausgestatteten Dichter die Aufgabe, diesen Helden episch zu besingen. Was wird die Folge sein? Er wird niemals fertig werden, wie das die Art des Epos ist, so lange sich fortspinnen zu können, wie's dem Epiker beliebt. Dieser wird in die nicht zu erschöpfende Mannigfaltigkeit des Stoffes eingehen und immer andres Ergötzliche bringen, niemals aber die Wirkung hervorbringen, wie Mozart. Denn würde er auch zuletzt fertig, so hätte er doch nicht die Hälfte von dem gesagt, was Mozart in dieser einen Nummer zum Ausdruck gebracht hat. Der Musiker hat sich nun gar nicht auf die Mannigfaltigkeit eingelassen: gewisse große Gestaltungen sind es, die sich vor uns vorüberbewegen. Der hinreichende Grund hierfür liegt in dem Medium, der Musik selbst. Das musikalische Epos fällt daher verhältnismäßig kurz ans; und dennoch hat es in unvergleichlicher Weise die epische Eigenschaft, fortfahren zu können, solange es sein soll, da man es ja beständig von vorne anfangen lassen und es hören und wieder hören kann. Man hört hier nicht Don Juan als ein einzelnes Individuum, nicht seine Rede; sondern man hört nur seine Stimme, die Stimme der Sinnlichkeit, und diese hört man mitten unter den Sehnsuchtsseufzern der Weiblichkeit. Nur auf diese Weise kann Don Juan episch werden, daß er beständig fertig wird und beständig von vorne anfangen kann: denn sein Leben ist die Summe repellierender (einander stets abstoßender) Momente, welche unter sich keinen Zusammenhang haben. So schwebt Don Juan zwischen der Existenz als Individuum und derjenigen als Naturkraft. Daher ist es ganz in her Ordnung und von tiefer innerer Bedeutung, daß in der eingehend geschilderten Verführung, nämlich der Zerline, das Mädchen als gewöhnliches Bauernmädchen erscheint. Wer durchaus ein ungewöhnliches Mädchen in ihr sehen will, beweist, daß er Mozart total mißverstanden und falsche Kategorien angewandt[98] hat. Absichtlich hat Mozart die Zerline so unbedeutend wie möglich gehalten, worauf auch Hotho aufmerksam macht, ohne doch den tieferen Grund dafür wahrzunehmen. Wäre nämlich Don Juans Liebe eine andre als bloß sinnliche, wäre er ein Verführer mit etwas höheren Ansprüchen gewesen – ein solcher wird später in Betracht kommen –, alsdann würde es als ein Hauptfehler der Oper zu rügen sein, daß die Heldin der hier verlaufenden Verführung ein kleines Bauernmädchen ist. Dann wäre es vom ästhetischen Standpunkte aus erforderlich gewesen, ihm eine schwierigere Aufgabe zu stellen. Für Don Juan gelten diese Unterschiebe nicht. Er selbst würde vielleicht sagen: »Ihr irrt euch in mir; ich will ja kein Ehemann sein, her einer Erkornen zu seinem Glücke bedarf; was mich beglückt, finde ich bei jeher, und daher nehme ich sie alle.« So ist jenes oben citierte Wort zu verstehen: »Ja, sechzigjährige Kokette,« oder jenes andre Wort: »pour chè porti la gonella, voi sapete, quel chè fà.« Zerline ist jung und hübsch, worin hundert ihr gleich sind. Für Don Juan ist jede wie alle, jedes Liebesabenteuer eine Alltagsgeschichte. Gingen Don Juans Anforderungen höher hinaus, so würde er aufhören, absolut musikalisch zu sein; so verlangte schon die ästhetische Rücksicht einen geistigen Austausch, Wort und Replik. Auch von einer andern Seite läßt sich die innere Struktur des Stückes beleuchten. Elvira ist dem Don Juan eine gefährliche Feindin. Er fürchtet sie. Nun vermeint wohl der eine und andre Ästhetiker, das komme daher, weil sie ein ungewöhnliches Mädchen u.s.w. sei. Das ist aber fehlgeschossen: sie ist ihm gefährlich, weil sie sich hat verführen lassen. Durchaus in demselben Sinne wird ihm Zerline gefährlich, wenn sie die Verführte ist. Dadurch wird sie gewissermaßen in eine andre Sphäre erhoben; jetzt regt sich in ihr ein (sittliches) Bewußtsein, von welchem Don Juan nichts weiß. Aus diesem Grunde ist Elvira ihm gefährlich.

Don Juan ist also Verführer, seine Erotik Verführung. Hiermit ist nun zwar viel gesagt, wenn es recht, wenig, wenn es mit gewöhnlicher Unklarheit verstanden wird. Wir haben schon gesehen, daß der Begriff eines Verführers, auf Don Juan angewandt, ein wesentlich modifizierter ist, indem das Ziel seines Verlangens[99] das Sinnliche ist, und dieses allein. Dies war von Bedeutung, um das Musikalische, als das Dominierende im Don Juan, anzuzeigen. Im Altertume fand das Sinnliche seinen Ausdruck in der schweigsamen Stille der Plastik; in der christlichen Welt brauste das Sinnliche in seiner ganzen ungeduldigen Leidenschaft auf. Was aber den Ausdruck »Verführer« betrifft, so darf er von Don Juan nicht anders, als mit großer Vorsicht gebraucht werden, sofern doch darauf mehr ankommt, etwas Richtiges, als nur irgend etwas zu sagen. Nicht etwa, als wäre Don Juan zu gut, um auch jene bekannten Züge in dem Bilde eines Verführers, als List, Verschlagenheit, Ränke u.s.w. auf ihn zu übertragen, sondern einfach darum, weil seine Erscheinung schlechterdings nicht unter ethische Bestimmungen fällt. Daher möchte ich ihn lieber einen Betrüger oder Überlister nennen, sofern hierin doch immer etwas mehr Zweideutiges liegt. Bei einem Verführer setzt man eine gewisse Reflexion und Berechnung voraus, so daß man von Ränken, Listen, schlauen Anläufen reden darf. Don Juan begehrt; dieses Begehren wirkt verführend, und insoweit verführt er. Sobald er die Befriedigung seiner Begierde genossen, sucht er einen neuen Gegenstand, und so ins Unendliche. Also betrügt er zwar, jedoch nicht so, daß er vorher seinen Betrug anlegt; nein, es ist die eigne Macht der Sinnlichkeit, welche die Verführten betrügt. Es ist eher eine Art Nemesis. Um ein Verführer zu sein, dazu gebricht ihm die Zeit vorher, in welcher er seinen Plan anlege, und die Zeit nachher, in welcher er seiner Handlung sich vollbewußt wird. Ein Verführer muß daher im Besitze einer Macht sein, die Don Juan nicht hat, so begabt er übrigens sein mag – der Macht des Wortes. Sobald wir diese ihm beilegen, hört er auf, als musikalisches Wesen zu existieren; und das ästhetische Interesse wird ein ganz andres. Achim v. Arnim redet irgendwo von einem Verführer in einem ganz andern Sinne, einem Verführer, dessen Thun unter ethische Bestimmungen fällt, und gebraucht von ihm Ausdrücke, die an Wahrheit, Kühnheit und Prägnanz sich beinahe mit Bogenstrichen eines Mozart messen können. Er sagt von ihm: »Er kann derart mit einem Weibe reden, daß, falls der Teufel ihn holte, er sich aus der Hölle losschwatzen würde,[100] wenn er nur mit des Teufels Großmutter ins Gespräch kommen könnte.« Dies ist der eigentliche Verführer; hier ist auch das ästhetische Interesse ein andres, das Wie? die Methode. Daher liegt etwas sehr Tiefsinniges darin, was vielleicht von den wenigsten beachtet ist, daß Faust, welcher den Don Juan in höherem Stil reproduziert, nur ein einziges Mädchen verführt, der andre dagegen hundertweise. Aber dieses eine Mädchen ist denn auch in intensivem Sinne (innerlich) ganz anders verführt und zu Grunde gerichtet, als alle von Don Juan Betrogenen, darum eben, weil Faust als Reproduktion das bestimmende Moment des Geistes in sich trägt. Die Kraft eines solchen Verführers ist die Rede, was hier sagen will: die Lüge. Ich hörte neulich einen Soldaten sich mit jemanden über einen Dritten unterhalten, der ein Mädchen angeführt habe; er ließ sich auf keine weitläufige Schilderung ein, und doch war sein Ausdruck so treffend wie möglich: »Mit Lügen verstand er es bald so, bald so!« Ein solcher Verführer, wie Faust, ist ganz andern Schlages, als Don Juan; wie er von diesem sich wesentlich unterscheidet, kann man auch daraus ersehen, daß er und sein Treiben in hohem Grade unmusikalisch ist, wenn auch ästhetisch betrachtet innerhalb des Interessanten sich bewegend. Der Gegenstand seines Begehrens ist daher auch etwas mehr, als das bloß Sinnliche.

Don Juan begehrt also in jedem Weibe das ganze Weibergeschlecht; und hierin liegt die sinnlich idealisierende Macht, mit welcher er seine Beute zu gleicher Zeit verschönt, indem er sie besiegt. Der Reflex dieser gigantischen Leidenschaft verschönt und verwandelt den Gegenstand seiner Begierde: dieser errötet in erhöhter Schönheit durch ihren Widerschein. Sowie das Feuer des Begeisterten mit verführerischem Glanze selbst die Fernerstehenden, wenn sie nur in einiger Beziehung zu ihm stehen, beleuchtet, so verklärt er in weit tieferem Sinne jedes Mädchen, da sein Verhältnis zu ihr ein wesentliches ist. Daher verschwinden ihm alle Unterschiede im Vergleich mit dem Einen, was die Hauptsache ist: daß er ein Weib vor sich hat. Die Bejahrteren verjüngt er bis zu der holden Mitte der Weiblichkeit; die beinahe noch Kinder sind, reift er in einem Nu; alles, was Weib ist, gilt ihm als Beute. Man verstehe das indes[101] nicht dahin, als wäre seine Sinnlichkeit nur Blindheit: instinkmäßig weiß er sehr gut, Unterschiede zu machen, und vor allem: er idealisiert. Jede Spur besonnenen Vorgehens fehlt freilich. Sein Leben ist wie der schäumende Wein, mit welchem er sich aufregt; es ist schwungvoll bewegt, gleich den Tönen, die seine fröhliche Mahlzeit begleiten; zu jeder Stunde ist er in triumphierender Stimmung. Er bedarf keiner Vorbereitung, keiner Zeit: er ist jederzeit bereit. Beides, sinnliche Kraft und Begierde ist immer vorhanden; und nur so fühlt er sich in seinem Elemente. Er sitzt zu Tische; froh wie ein olympischer Gott schwingt er den Pokal – er springt auf, die Serviette in der Hand, fertig zum Angriff. Diese Naturmacht kann das Wort nicht ausdrücken; nur die Musik kann uns davon einen Eindruck, ein Gefühl geben; für die Reflexion und den Gedanken ist sie unaussprechlich. Was es eigentlich für eine Macht sei, kann niemand sagen. Selbst wenn ich Zerline, ehe sie aufs Ballett geht, fragen wollte: »Was ist's für eine Macht, mit der er dich fesselt?« so würde sie antworten: »Man weiß es nicht,« und ich würde sagen: »Wohl geredet, mein Kind! Du redest weiser, als jene Weisen Indiens; richtig, das weiß man nicht; und leider kann ich's dir ebenfalls nicht sagen.«

Diese schrankenlose Kraft bei Don Juan, diese Lebensfülle vermag nur die Musik auszudrücken. Und wenn er nun, wie zu einer Hochzeit, die ganze weibliche Dorfjugend hochzeitlich geschmückt versammelt: was Wunder, daß sie sich um ihn drängen, die fröhlichen Mädchen? Hat er doch für sie alle etwas: Schmeicheleien, Seufzer, kühne Blicke, leise Händedrucke, verstecktes Flüstern, die gefährliche Nähe, die versuchende Entfernung. Für Don Juan ist es eine Lust, über eine so reiche Ernte hinzublicken; wenn er sich aber der ganzen Dorfschaft annimmt, so kostet ihm das alles vielleicht nicht so viel Zeit, wie dem Leporello die Buchführung darüber.

Durch das Gesagte ist der Gedanke wieder auf den eigentlichen Gegenstand der Untersuchung hingeführt, nämlich daß Don Juans Persönlichkeit und Idee, die in ihm gleichsam inkarnierte dämonische Macht der Sinnlichkeit, absolut musikalisch ist. Er jagt, ja er rauscht vor uns vorüber, indem er, ohne Rede zu stehen, nach plötzlichem Auftauchen plötzlich verschwindet, ebenso wie die Musik, welche, sobald[102] sie zu ertönen aufgehört, nicht mehr ist und erst wieder da ist, wenn sie aufs neue sich vernehmen läßt.

Und hier darf durchaus keine Nebenbetrachtung störend eingreifen. So könnte es jemand einfallen, zu fragen, wie alt Don Juan zu denken, ob er schön u.s.w. gewesen sei. Das Mißliche bei dergleichen Untersuchungen liegt darin, daß man leicht das Totale aus den Augen verliert, während man bei dem Einzelnen verweilt, als wäre es etwa seine männliche Schönheit, oder was man sonst nennen mag, gewesen, wodurch er verführt habe. Man sieht ihn alsdann, hört ihn aber nicht mehr, und hierdurch hat man ihn selbst verloren. Gesetzt also, ich wollte meinerseits dem Leser zu einer Anschauung Don Juans verhelfen und spräche: »Seht, da steht er; seht, wie sein Auge flammt und im sichern Vorgefühl des Sieges seine Lippe sich bei lächelnder Miene hebt; betrachte seinen königlichen Blick, welcher fordert, was des Kaisers ist; siehe, mit welcher Leichtigkeit er in den Tanz eintritt, wie stolz er seine Hand ausstreckt, wer auch die Glückliche sei, der sie geboten wird;« oder ich spräche: »Siehe, da steht er im Waldesschatten, lehnt sich an einen Baum, auf der Guitarre seinen bezaubernden, hinreißenden Gesang begleitend, und – siehe, hier verschwindet ein junges Kind zwischen den Bäumen, ängstlich wie ein aufgeschrecktes Wild, er aber übereilt sich durchaus nicht; weiß er doch, sie sucht ihn;« oder ich spräche: »Da ruht er am Ufer des Sees in der hellen Nacht, so schön, daß Luna auf ihrem Wege anhält und ihrer Jugendliebe gedenkt; so schön, daß die vorübergehenden Stadtmädchen viel darum gäben, ihn ganz heimlich küssen zu dürfen« – – thäte ich dies oder dergleichen, so würde der aufmerksamere Leser ausrufen: Seht, hier hat er sich alles verdorben, da er selbst vergessen hat, daß Don Juan nicht gesehen, sondern gehört werden soll. Darum thue ich's auch nicht, sondern sage: Höret Don Juan! Kannst du hierdurch keine Vorstellung, kein Bild von ihm bekommen, so kannst du's nie und nimmer. Höre den Anfang, die »Eröffnung« seines Lebens: gleichwie der Blitz sich herausarbeitet aus dem Dunkel der Wetterwolke, geradeso bricht er aus tiefem Lebensernste hervor, rascher als das Blitzes Flug, unsteter als dieser und dennoch eben so taktfest; höre, wie er in die[103] gestaltenreiche Fülle des Menschenlebens hinabstürzt, wie er gegen die festen Dämme seiner Ordnungen anstürmt und sie durchbricht; – höre diese leichten, schwebenden Violintöne, höre der Freude Gruß, den Jubel der Sinnenlust, die festliche Wonne des Genusses; höre seine wilde Jagd, wie er sich selbst vorbeieilt, immer hastiger, immer unaufhaltsamer; höre dieses ungezügelte Toben der Begierde und Leidenschaft, höre wieder das einschmeichelnde Säuseln der Liebe, die flüsternde Stimme des Versuchers, den tollen Taumel der Verführung, höre die Stille des Augenblicks. Ja, hört, hört, hört Mozarts Don Juan!

Quelle:
[Søren Kierkegaard:] Entweder-Oder. Ein Lebensfragment. Leipzig 1885, S. 89-104.
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