2. Die Hinrichtung des Schau-dscheng Mau

[21] Zu jener Zeit, als er sieben Tage lang die Regierung in Händen gehabt hatte, verurteilte er den aufrührerischen Großbeamten Schau-dscheng Mau2 zum Tode. Er ließ ihn hinrichten unterhalb der Halle zur Doppelten Aussicht. Die Leiche lag zutage drei Tage lang. Da trat Dsï Gung3 vor den Meister und sprach: »Schau-dscheng Mau war ein angesehener Mann in Lu. Nun habt Ihr die Regierung inne,[21] und als erstes habt Ihr ihn hinrichten lassen. Sollte das nicht ein Fehler gewesen sein?« Meister Kung erwiderte: »Warte, ich werde dir den Grund davon sagen. Auf der Welt gibt es fünf schwere Verbrechen, und Diebstahl und Raub sind noch nicht dabei. Das erste ist eine aufsässige Gesinnung verbunden mit Waghalsigkeit. Das zweite ist ein gemeiner Wandel verbunden mit Starrsinn. Das dritte ist eine lügnerische Rede verbunden mit Zungenfertigkeit. Das vierte ist ein Gedächtnis für Skandale verbunden mit ausgedehnter Bekanntschaft. Das fünfte ist eine Neigung zum Unrecht verbunden mit dessen Beschönigung. Wenn sich von diesen fünfen eines bei einem Menschen findet, so entgeht er nicht der Verurteilung durch den Edlen. Und Schau-dscheng Mau besaß sie alle gemeinsam. Wo er auch weilte, vermochte er Anhänger um sich zu sammeln und Parteiungen zu bilden. In seinen Reden vermochte er mit gleisnerischen Vorspiegelungen die Masse zu betören. Durch seine Gewaltsamkeit vermochte er das Recht zu verkehren und sich unabhängig zu machen. Ein solcher ist ein Erzverbrecher unter den Menschen, und man kann nicht umhin, ihn zu beseitigen. Tang der Yin-Dynastie hat den Yin Hië4 hinrichten lassen. König Wen hat den Pan Dscheng5 hinrichten lassen. Der Herzog von Dschou hat den Guan und den Tsai6 hinrichten lassen. Tai Gung hat die stolzen Ritter7 hinrichten lassen. Guan Dschung hat den Fu I8 hinrichten lassen und Dsï Tschan hat den Schï Ho9 hinrichten lassen. Diese sieben lebten zu verschiedenen Zeiten und wurden gleichermaßen hingerichtet, weil diese sieben zu verschiedenen Zeiten die gleichen Verbrechen geübt hatten. Daher konnte man keine Gnade walten lassen. In den Liedern heißt es:


Nur Grams ist sich mein Herz bewußt,

Mich haßt die Schar voll niedrer Lust10.


Wenn die Gemeinen sich zusammenscharen, so ist das wahrlich Anlaß zu Gram.«

2

Schau-dscheng ist ein Amtstitel, etwa Untersekretär, Mau ist sein Name. Wang Tschung im Lun Heng (Forke 1, 362) macht aus diesem Schau-dscheng Mau einen Rivalen Kungs, der ihm dreimal alle seine Jünger außer Yen Hui entführt habe.

3

Der Jünger Duan-mu Tsï (oder Sï)

4

Tang ist der Begründer der Yindynastie. Yin Hië ist eine nicht näher bekannte Persönlichkeit.

5

An Stelle von König Wen wird auch sein Großvater genannt. Pan Dscheng ist auch nicht näher bekannt.

6

Diese beiden waren die Brüder des Herzogs von Dschou, die sich einer Revolte gegen das neugegründete Dschouhaus angeschlossen hatten.

7

Giang Tai Gung war der Begründer des Staates Tsi. Die »stolzen Ritter« waren nach einer im Kommentar zu Sündsï zitierten Hanfedsï-Stelle zwei Brüder mit anarchistischen Grundsätzen.

8

Guan Dschung war der Kanzler des Herzogs Huan von Tsi (7. Jh. v.Chr.).

9

Dsï Tschan war Kanzler des Staates Dscheng, etwa eine Generation älter als Konfuzius.

10

Schï Ging 26, Strauß S. 93

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 21-22.
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