2. Sankt Brunos Betrachtungen über den Kampf zwischen Feuerbach und Stirner

[89] Nachdem Sankt Bruno Feuerbach also einige gewichtige Worte ans Herz gelegt hat, sieht er sich den Kampf zwischen diesem und dem Einzigen an. Das Erste, wodurch er sein Interesse an diesem Kampf bezeugt, ist ein methodisches, dreimaliges Lächeln.

[89] »Der Kritiker geht unaufhaltsam, siegsgewiß und siegreich seines Weges. Man verleumdet ihn: er lächelt. Man verketzert ihn: er lächelt. Die alte Welt macht sich auf in einem Kreuzzug gegen ihn: er lächelt

Der heilige Bruno, das ist also konstatiert, geht seiner Wege, aber er geht sie nicht wie andre Leute, er geht einen kritischen Gang, er vollzieht diese wichtige Handlung mit Lächeln.

»Er lächelt mehr Linien in sein Gesicht hinein, als auf der Weltkarte mit beiden Indien stehen. Das Fräulein wird ihm Ohrfeigen geben, und wenn sie's tut, wird er lächeln und es für eine große Kunst halten«,

wie Malvoglio bei Shakespeare.

Sankt Bruno selbst rührt keinen Finger, um seine beiden Gegner zu widerlegen, er weiß ein besseres Mittel, sie loszuwerden, er überläßt sie -divide et impera – ihrem eigenen Streit. Dem Stirner stellt er den Menschen Feuerbachs, p. 124, und dem Feuerbach den Einzigen Stirners, p. 126 seqq., gegenüber; er weiß, daß sie so erbittert aufeinander sind wie die beiden Katzen von Kilkenny in Irland, die einander so vollständig auffraßen, daß zuletzt nur die Schwänze übrigblieben. Über diese Schwänze spricht nun Sankt Bruno das Urteil aus, daß sie »Substanz«, also auf ewig verdammt seien.

Er wiederholt in seiner Gegenüberstellung von Feuerbach und Stirner dasselbe, was Hegel über Spinoza und Fichte sagte, wo bekanntlich das punktuelle Ich als die eine, und zwar härteste Seite der Substanz dargestellt wird. Sosehr er früher gegen den Egoismus polterte, der sogar als odor specificus der Massen galt, akzeptiert er p. 129 von Stirner den Egoismus, nur soll dieser »nicht der von Max Stirner«, sondern natürlich der von Bruno Bauer sein. Den Stirnerschen brandmarkt er mit dem moralischen Makel, »daß sein Ich zur Stützung seines Egoismus der Heuchelei, des Betrugs, der äußeren Gewalt bedarf«. Im übrigen glaubt er (siehe p. 124) an die kritischen Wundertaten des heiligen Max und sieht in dessen Kampf p. 126 »ein wirkliches Bemühen, die Substanz von Grund aus zu vernichten«. Statt auf Stirners Kritik der Bauerschen »reinen Kritik« einzugehen, behauptet er p. 124, Stirners Kritik könne ihm ebensowenig wie jede andre etwas anhaben, »weil er der Kritiker selber« sei.

Schließlich widerlegt Sankt Bruno Beide, Sankt Max und Feuerbach, Indem er eine Antithese, die Stirner zwischen dem Kritiker Bruno Bauer und dem Dogmatiker zieht, ziemlich wörtlich auf Feuerbach und Stirner anwendet.[90]

Wigand, p. 138:

»Feuerbach stellt sich und steht hiermit« (!) »dem Einzigen gegenüber. Er ist und will sein Kommunist, dieser ist und soll sein Egoist; er der Heilige, dieser der Profane, er der Gute, dieser der Böse; er der Gott, dieser der Mensch. Beide – Dogmatiker

Also die Pointe ist, daß er Beiden Dogmatismus vorwirft.

»Der Einzige und sein Eigenthum«, p. 194:

»Der Kritiker fürchtet sich, dogmatisch zu werden oder Dogmen aufzustellen. Natürlich, er würde dadurch zum Gegensatz des Kritikers, zum Dogmatiker, er würde, wie er als Kritiker gut ist, nun böse, oder er würde aus einem Uneigennützigen« (Kommunisten) »ein Egoist usw. Nur kein Dogma – das ist sein Dogma.«

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1958, Band 3, S. 89-91.
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