3. Sankt Bruno contra die Verfasser der »Heiligen Familie«

[91] Sankt Bruno, der auf die angegebene Weise mit Feuerbach und Stirner fertig geworden ist, der dem »Einzigen jeden Fortschritt abgeschnitten« hat, wendet sich nun gegen die angeblichen »Konsequenzen Feuerbachs«, die deutschen Kommunisten und speziell die Verfasser der »Heiligen Familie«. Das Wort »realer Humanismus«, das er in der Vorrede dieser Streitschrift fand, bildet die Hauptgrundlage seiner Hypothese. Er wird sich einer Bibelstelle erinnern:

»Und ich, lieben Brüder, konnte nicht mit Euch reden als mit Geistlichen, sondern als mit Fleischlichen« (in unsrem Falle war es gerade umgekehrt), »wie mit jungen Kindern in Christo. Milch habe ich Euch zu trinken gegeben und nicht Speise, denn ihr konntet noch nicht.« 1. Cor[inther] 3, 1-2.

Der erste Eindruck, den die »Heilige Familie« auf den ehrwürdigen Kirchenvater macht, ist der einer tiefen Betrübnis und einer ernsten, biedermännischen Wehmut. Die einzige gute Seite des Buchs – daß es

»zeigte, was Feuerbach werden mußte und wie sich seine Philosophie stellen kann, wenn sie gegen die Kritik kämpfen will«, p. 138,

daß es also auf eine ungezwungene Weise das »Wollen« mit dem »Können« und »Müssen« vereinigte, wiegt dennoch die vielen betrübenden Seiten nicht auf. Die Feuerbachsche, hier komischerweise vorausgesetzte Philosophie

»darf und kann den Kritiker nicht verstehen – sie darf und kann die Kritik in ihrer Entwicklung nicht kennen und erkennen – sie darf und kann es nicht wissen, daß die Kritik aller Transzendenz gegenüber ein immerwährendes Kämpfen und Siegen, ein fortdauerndes Vernichten und Schaffen, das einzig«(!) »Schöpferische und Produzierende ist. Sie darf und kann nicht wissen, wie der Kritiker gearbeitet hat und noch arbeitet, um die transzendenten Mächte, die bisher die Menschheit niederhielten und[91] nicht zum Atmen und zum Leben kommen ließen, als das zu setzen und zu dem zu machen«(!), »was sie wirklich sind, als Geist vom Geist, als Inneres auf dem Innern, als Heimatliches« (!) »aus und in der Heimat, als Produkte und Geschöpfe des Selbstbewußtseins. Sie darf und kann nicht wissen, wie einzig und allein der Kritiker die Religion in ihrer Totalität, den Staat in seinen verschiednen Erscheinungen gebrochen hat pp.«, p. 138, 139.

Ist es nicht auf ein Haar der alte Jehova, der seinem durchgebrannten Volk, das an den lustigen Göttern der Heiden mehr Spaß findet, nachläuft und schreit:

»Höre mich, Israel, und verschließe dein Ohr nicht, Juda! Bin ich nicht der Herr dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführet hat in das Land, da Milch und Honig fleußt, und siehe. Ihr habet von Jugend auf getan, das mir übel gefällt, und habet mich erzürnet durch meiner Hände Werk, und habt mir den Rücken und nicht das Angesicht zugekehret, wiewohl ich sie stets lehren ließ; und haben mir ihre Greuel in mein Haus gesetzt, daß sie es verunreinigten, und haben die Höhen des Baals gebaut im Tal Ben Himmon, davon ich ihnen nichts befohlen habe, und ist mir nicht in den Sinn gekommen, daß sie solche Greuel tun sollten; und habe zu euch gesandt meinen Knecht Jeremiam, zu dem mein Wort geschehen ist von dem dreizehnten Jahr des Königs Josia, des Sohnes Amon, bis auf diesen Tag, und derselbige hat euch nun dreiundzwanzig Jahr mit Fleiß gepredigt, aber ihr habt nie hören wollen. Darum spricht der Herr Herr: Wer hat je dergleichen gehöret, daß die Jungfrau Israel so gar greuliches Ding tut? Denn das Regenwasser verschießt nicht so bald, als mein Volk meiner vergißt. O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!«

Sankt Bruno behauptet also in einer langen Rede über Dürfen und Können, daß seine kommunistischen Gegner ihn mißverstanden hätten. Die Art und Weise, wie er in dieser Rede die Kritik neuerdings schildert, wie er die bisherigen Mächte, die das »Leben der Menschheit« niederhielten, in »transzendente«, und diese transzendenten Mächte in »Geist vom Geist« verwandelt, wie er »die Kritik« für den einzigen Produktionszweig ausgibt, beweist zugleich, daß das angebliche Mißverständnis nichts ist als ein mißliebiges Verständnis. Wir bewiesen, daß die Bauersche Kritik unter aller Kritik ist, wodurch wir notwendig Dogmatiker werden. Ja er wirft uns alles Ernstes den unverschämten Unglauben an seine althergebrachten Phrasen vor. Die ganze Mythologie der selbständigen Begriffe, mit dem Wolkensammler Zeus, dem Selbstbewußtsein, an der Spitze, paradiert hier wieder mit »dem Schellenspiel von Redensarten einer ganzen Janitscharenmusik gangbarer Kategorien« (»Lit[eratur]-Z[ei]t[un]g« vgl. »Heilige Familie«, p. 234). Zuerst natürlich die Mythe von der Weltschöpfung, nämlich von der sauren [92] »Arbeit« des Kritikers, die das »einzig Schöpferische und Produzierende, ein immerwährendes Kämpfen und Siegen, ein fortdauerndes Vernichten und Schaffen«, ein »Arbeiten« und »Gearbeitet-Haben« ist. Ja der ehrwürdige Vater wirft der »Heiligen Familie« sogar vor, daß sie »die Kritik« so verstanden hat, wie er selbst sie in der gegenwärtigen Replik versteht. Nachdem er die »Substanz« »in ihr Geburtsland, das Selbstbewußtsein, den kritisierenden und« (seit der »Heiligen Familie« auch) »kritisierten Menschen zurückgenommen und verworfen hat« (das Selbstbewußtsein scheint hier die Stelle einer ideologischen Rumpelkammer einzunehmen), fährt er fort:

»Sie« (die angebliche Feuerbachsche Philosophie) »darf nicht wissen, daß die Kritik und die Kritiker, solange sie sind« (!), »die Geschichte gelenkt und gemacht haben, daß sogar ihre Gegner und alle Bewegungen und Regungen der Gegenwart ihre Geschöpfe sind, daß sie allein es sind, die die Gewalt in ihren Händen haben, weil die Kraft in ihrem Bewußtsein, und weil sie die Macht am sich selber, aus ihren Taten, aus der Kritik, aus ihren Gegnern, aus ihren Geschöpfen schöpfen; daß erst mit dem Akte der Kritik der Mensch befreit wird, und damit die Menschen, der Mensch geschaffen« (!) »wird, und damit die Menschen.«

Also die Kritik und die Kritiker sind zuerst zwei ganz verschiedene, außereinander stehende und handelnde Subjekte. Der Kritiker ist ein andres Subjekt als die Kritik, und die Kritik ein andres Subjekt als der Kritiker. Diese personifizierte Kritik, die Kritik als Subjekt, ist ja eben die »kritische Kritik«, gegen die die »Heilige Familie« auftrat. »Die Kritik und die Kritiker haben, solange sie sind, die Geschichte gelenkt und gemacht.« Daß sie dies nicht tun konnten, »solange sie« nicht »sind«, ist klar, und daß sie, »solange sie sind«. In ihrer Weite »Geschichte gemacht« haben, ist ebenfalls klar. Sankt Bruno kommt endlich so weit, uns einen der tiefsten Aufschlüsse über die staatsbrecherische Macht der Kritik geben zu »dürfen und können«, den Aufschluß nämlich, daß »die Kritik und die Kritiker die Gewalt in ihren Händen haben, weil« (schönes Weil!) »die Kraft in ihrem Bewußtsein«, und zweitens, daß diese großen Geschichtsfabrikanten »die Gewalt in ihren Händen haben«, weil sie »die Macht aus sich selber und aus der Kritik« (also noch einmal aus sich selber) »schöpfen« – wobei leider noch immer nicht bewiesen, daß da drinnen, in »sich selber«. In »der Kritik«, Irgend etwas zu »schöpfen« ist. Wenigstens sollte man nach der eignen Aussage der Kritik glauben, daß es schwer sein müßte, dort etwas andres zu »schöpfen« als die dorthin »verworfene« Kategorie der »Substanz«. Schließlich »schöpft« die Kritik noch »die Kraft« zu einem höchst ungeheuerlichen Orakelspruch »aus der Kritik«. Sie enthüllt uns nämlich das Geheimnis, so da verborgen war unsern Vätern und verschlossen unsern Großvätern, daß »erst mit dem Akte der Kritik der[93] Mensch geschaffen wird, und damit die Menschen«, während man bisher die Kritik für einen Akt der durch ganz andre Akte präexistierenden Menschen versah. Der heilige Bruno selbst scheint hiernach durch »die Kritik«, also durch generatio aequivoca »in die Welt, von der Welt und zu der Welt« gekommen zu sein. Vielleicht Indes ist dies Alles bloß eine andre Interpretation der Stelle aus der Genesis: Und Adam erkannte, id est kritisierte, sein Weib Hevam, und sie ward schwanger pp.

Wir sehen hier also die ganze altbekannte kritische Kritik, die schon in der »Heiligen Familie« hinreichend signalisiert, nochmals und als ob gar nichts passiert wäre, mit ihren sämtlichen Schwindeleien auftreten. Wundern dürfen wir uns nicht darüber, denn der heilige Mann jammert ja selbst p. 140, daß die »Heilige Familie« »der Kritik jeden Fortschritt abschneide«. Mit der größten Entrüstung wirft Sankt Bruno den Verfassern der »Heiligen Familie« vor, daß sie die Bauersche Kritik vermittelst eines chemischen Prozesses aus ihrem »flüssigen« Aggregatzustande zu einer »kristallinischen« Formation abgedampft habe.

Also die »Institutionen des Bettlertums«, das »Taufzeugnis der Mündigkeit«, die »Region des Pathos und donnerähnlicher Aspekten«, die »moslemitische Begriffsaffektion« (»Heilige Familie«, p. 2, 3, 4 nach der kritischen »Lit.-Ztg.«) sind nur Unsinn, wenn man sie »kristallinisch« auffaßt; die achtundzwanzig geschichtlichen Schnitzer, die man der Kritik in ihrem Exkurse über »Englische Tagesfragen« nachgewiesen hat, sind, »flüssig« betrachtet, keine Schnitzer ? Die Kritik besteht darauf, daß sie, flüssig betrachtet, die Nauwercksche Kollision, nachdem sie längst vor ihren Augen passiert, a priori prophezeit, nicht post festum konstruiert habe? sie besteht noch darauf, daß maréchal, »kristallinisch« betrachtet, ein Hufschmied heißen könne, aber »flüssig« betrachtet, jedenfalls ein Marschall sein müsse? daß, wenn auch für die »kristallinische« Auffassung un fait physique »eine physische Tatsache« sein dürfe, die wahre, »flüssige« Übersetzung davon »eine Tatsache der Physik« laute? daß la malveillance de nos bourgeois juste-milieux im »flüssigen« Zustande noch immer »die Sorglosigkeit unsrer guten Bürger« bedeute? daß, »flüssig« betrachtet, »ein Kind, das nicht wieder Vater oder Mutter wird, wesentlich Tochter ist«? daß jemand die Aufgabe haben kann, »gleichsam die letzte Wehmutsträne der Vergangenheit darzustellen«? daß die verschiedenen Portiers, Lions, Grisetten, Marquisen, Spitzbuben und hölzernen Türen von Paris in ihrer »flüssigen« Form weiter nichts sind als[94] Phasen des Geheimnisses, »in dessen Begriff es überhaupt liegt, sich selbst beschränkt zu setzen und diese Beschränkung, die es durch sein allgemeines Wesen setzt, wieder aufzuheben, da eben dieses Wesen nur das Resultat seiner innern Selbstunterscheidung, seiner Tätigkeit ist«? daß die kritische Kritik im »flüssigen« Sinne »unaufhaltsam, siegreich und siegsgewiß ihres Weges geht«, wenn sie bei einer Frage zuerst behauptet. Ihre »wahre und allgemeine Bedeutung« enthüllt zu haben, alsdann zugibt, daß sie »über die Kritik nicht hinausgehen wollte und durfte«, und schließlich bekennt, »daß sie noch einen Schritt hätte tun müssen, der aber unmöglich war, weil – er unmöglich war« (p. 184 der »Heiligen Familie«)? daß, »flüssig« betrachtet, »die Zukunft noch immer das Werk« der Kritik ist, wenn auch »das Schicksal entscheiden mag, wie es will«? daß, flüssig betrachtet, die Kritik nichts Übermenschliches beging, wenn sie »mit ihren wahren Elementen in einen Widerspruch trat, der in jenen Elementen bereits seine Auflösung gefunden hatte«?

Allerdings begingen die Verfasser der »Heiligen Familie« die Frivolität, alle diese und hundert andre Sätze als Sätze aufzufassen, die einen festen, »kristallinischen« Unsinn ausdrücken – aber man muß die Synoptiker »flüssig«, d.h. im Sinne ihrer Verfasser, und beileibe nicht »kristallinisch«, d.h. nach ihrem wirklichen Unsinn lesen, um zu dem wahren Glauben zu kommen und die Harmonie des kritischen Haushalts zu bewundern.

»Engels und Marx kennen daher auch nur die Kritik der ›Literatur-Zeitung‹« – eine wissentliche Lüge, die beweist, wie »flüssig« der heilige Mann ein Buch gelesen hat, worin seine letzten Arbeiten nur als die Krone seines ganzen »Gearbeitet-Habens« dargestellt werden. Aber der Kirchenvater ermangelte der Ruhe, kristallinisch zu lesen, da er in seinen Gegnern Konkurrenten fürchtet, die ihm die Kanonisation streitig machen, ihn »aus seiner Heiligkeit herausziehen wollen, um sich heilig zu machen«.

Konstatieren wir noch im Vorbeigehen die eine Tatsache, daß nach der jetzigen Aussage des heiligen Bruno seine »Literatur-Zeitung« keineswegs die »gesellschaftliche Gesellschaft« zu stiften oder »gleichsam die letzte Wehmutsträne« der deutschen Ideologie »darzustellen« bezweckte, noch den Geist in den schärfsten Gegensatz zur Masse zu stellen und die kritische Kritik in ihrer vollen Reinheit zu entwickeln, sondern – »den Liberalismus und Radikalismus des Jahres 1842 und deren Nachklänge in ihrer Halbheit und Phrasenhaftigkeit darzulegen«, also die »Nachklänge« eines bereits Verschollenen zu bekämpfen. Tant de bruit pour une omelette! Übrigens zeigt sich gerade hierin wieder die Geschichtsauffassung der deutschen Theorie[95] in ihrem »reinsten« Licht. Das Jahr 1842 gilt für die Glanzperiode des Liberalismus in Deutschland, weil sich die Philosophie damals an der Politik beteiligte. Der Liberalismus verschwindet für den Kritiker mit dem Aufhören der »Deutschen Jahrbücher« und der »Rheinischen Zeitung«, den Organen der liberalen und radikalen Theorie. Er läßt nur noch »Nachklänge« zurück, während erst jetzt, wo das deutsche Bürgertum das wirkliche, durch ökonomische Verhältnisse erzeugte Bedürfnis der politischen Macht empfindet und zu verwirklichen strebt, während erst jetzt der Liberalismus in Deutschland eine praktische Existenz und damit die Chance eines Erfolgs hat.

Die tiefe Betrübnis Sankt Brunos über die »Heilige Familie« erlaubte ihm nicht, diese Schrift »aus sich selbst und durch sich selbst und mit sich selbst« zu kritisieren. Um seinen Schmerz bemeistern zu können, mußte er sie sich erst in einer »flüssigen« Form verschaffen. Diese flüssige Form fand er in einer konfusen und von Mißverständnissen wimmelnden Rezension im »Westphälischen Dampfboot«, Maiheft, p. 206-214. Alle seine Zitate sind aus den im »Westphälischen Dampfboot« zitierten Stellen zitiert, und ohne dasselbige ist Nichts zitiert, was zitiert ist.

Auch die Sprache des heiligen Kritikers ist durch die Sprache des westfälischen Kritikers bedingt. Zuerst werden sämtliche Sätze, die der Westfale (»Dampfboot«, p. 206) aus der Vorrede anführt, in die »Wigand'sche Viertel-Jahrsschrift«, p. 140, 141, übertragen. Diese Übertragung bildet den Hauptteil der Bauerschen Kritik, nach dem alten, schon von Hegel empfohlenen Prinzip:

»Sich auf den gesunden Menschenverstand zu verlassen, und, um übrigens auch mit der Zeit und der Philosophie fortzuschreiten, Rezensionen von philosophischen Schriften, etwa gar die Vorreden und ersten Paragraphen derselben zu lesen? denn diese geben die allgemeinen Grundsätze, worauf Alles ankommt, und jene neben der historischen Notiz noch die Beurteilung, die sogar, weil sie Beurteilung ist, über das Beurteilte hinaus ist. Dieser gemeine Weg macht sich im Hausrocke; aber im hohenpriesterlichen Gewände schreitet das Hochgefühl des Ewigen, Heiligen, Unendlichen einher, ein Weg«,

den Sankt Bruno auch, wie wir sahen, »niedermetzelnd« zu »gehen« weiß. – Hegel, »Phänomenologie«, p. 54.

Der westfälische Kritiker fährt nach einigen Zitaten aus der Vorrede fort:

»So durch die Vorrede selbst auf den Kampfplatz des Buches geführt« usw. p. 206.

Der heilige Kritiker, nachdem er diese Zitate in die »Wigand'sche Vierteljahrsschrift« übertragen, distinguiert feiner und sagt:

[96] »Das ist das Terrain und der Feind, den sich Engels und Marx zum Kampfe geschaffen haben.«

Der westfälische Kritiker setzt aus der Erörterung des kritischen Satzes: »Der Arbeiter schafft Nichts« nur den zusammenfassenden Schluß hin.

Der heilige Kritiker glaubt wirklich, dies sei Alles, was über den Satz gesagt worden, schreibt p. 141 das westfälische Zitat ab und freut sich der Entdeckung, daß man der Kritik nur »Behauptungen« entgegengesetzt habe.

Aus der Beleuchtung der kritischen Expektorationen über die Liebe schreibt sich der westfälische Kritiker p. 209 erst das corpus delicti teilweise und dann aus der Widerlegung einige Sätze ohne allen Zusammenhang heraus, die er als Autorität für seine schwammige, liebesselige Sentimentalität hinstellen möchte.

Der heilige Kritiker schreibt ihm p. 141, 142 alles buchstäblich ab, Satz für Satz in der Ordnung, wie sein Vorgänger zitiert.

Der westfälische Kritiker ruft über der Leiche des Herrn Julius Faucher aus: »Das ist das Los des Schönen auf der Erde!«

Der heilige Kritiker darf seine »saure Arbeit« nicht vollenden, ohne diesen Ausruf p. 142 bei unpassender Gelegenheit sich anzueignen.

Der westfälische Kritiker gibt p. 212 eine angebliche Zusammenfassung der in der »Heiligen Familie« gegen Sankt Bruno selbst gerichteten Entwicklungen.

Der heilige Kritiker kopiert diese Siebensachen getrost und wörtlich mit allen westfälischen Exklamationen. Er denkt nicht im Traum daran, daß ihm nirgends in der ganzen Streitschrift vorgeworfen wird, er »verwandle die Frage der politischen Emanzipation in die der menschlichen«, er »wolle die Juden totschlagen«, er »verwandle die Juden in Theologen«, er »verwandle Hegel in Herrn Hinrichs« pp. Gläubig plappert der heilige Kritiker dem westfälischen die Angabe nach, als erbiete sich Marx in der »Heiligen Familie« zur Lieferung eines gewissen scholastischen Traktätleins »als Erwiderung auf die alberne Selbstapotheose Bauers«. Nun kommt die vom heiligen Bruno als Zitat angeführte »alberne Selbstapotheose« in der ganzen »Heiligen Familie« nirgends, wohl aber bei dem westfälischen Kritiker vor. Ebensowenig wird das Traktätlein als Erwiderung auf die »Selbstapologie« der Kritik, »Heilige Familie« p. 150-163, angeboten, sondern erst im folgenden Abschnitt p. 165 bei Gelegenheit der weltgeschichtlichen Frage, »warum Herr Bauer politisieren mußte

Schließlich läßt Sankt Bruno p. 143 Marx als »ergötzlichen Komödianten«[97] auftreten, nachdem sein westfälisches Vorbild bereits »das welthistorische Drama der kritischen Kritik« sich in die »ergötzlichste Komödie« p. 213 hat auflösen lassen.

Siehe, so »dürfen und können« die Gegner der kritischen Kritik es »wissen, wie der Kritiker gearbeitet hat und noch arbeitet«!

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1958, Band 3, S. 91-98.
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