1. Maß der Werte

[49] Der erste Prozeß der Zirkulation ist sozusagen theoretischer, vorbereitender Prozeß für die wirkliche Zirkulation. Die Waren, die als Gebrauchswert existieren, schaffen sich zunächst die Form, worin sie einander ideell als Tauschwert erscheinen, als bestimmte Quanta vergegenständlichter allgemeiner Arbeitszeit. Der erste notwendige Akt dieses Prozesses ist, wie wir sahen, daß die Waren eine spezifische Ware, sage Gold, als unmittelbare[49] Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit oder allgemeines Äquivalent ausschließen. Kehren wir einen Augenblick zurück zur Form, in welcher die Waren Gold in Geld verwandeln.


1 Tonne Eisen = 2 Unzen Gold,

1 Quarter Weizen = 1 Unze Gold,

1 Zentner Moccakaffee = 1/4 Unze Gold,

1 Zentner Pottasche = 1/2 Unze Gold,

1 Tonne brasilisches Holz = 1 1/2 Unzen Gold,

Y Ware = X Unze Gold.


In dieser Reihe von Gleichungen erscheinen Eisen, Weizen, Kaffee, Pottasche usw. einander als Materiatur gleichförmiger Arbeit, nämlich in Gold materialisierter Arbeit, worin alle Besonderheit der in ihren verschiedenen Gebrauchswerten dargestellten wirklichen Arbeiten völlig ausgelöscht ist. Als Wert sind sie identisch, Materiatur derselben Arbeit oder dieselbe Materiatur der Arbeit, Gold. Als gleichförmige Materiatur derselben Arbeit zeigen sie nur einen Unterschied, quantitativen, oder erscheinen als verschiedene Wertgrößen, weil in ihren Gebrauchswerten ungleiche Arbeitszeit enthalten ist. Als diese einzelnen Waren verhalten sie sich zugleich als Vergegenständlichung der allgemeinen Arbeitszeit zueinander, indem sie sich zu der allgemeinen Arbeitszeit selbst als einer ausgeschlossenen Ware, Gold, verhalten. Dieselbe prozessierende Beziehung, wodurch sie sich füreinander als Tauschwerte darstellen, stellt die im Gold enthaltene Arbeitszeit als die allgemeine Arbeitszeit dar, wovon ein gegebenes Quantum sich in verschiedenen Quantis Eisen, Weizen, Kaffee etc., kurz in den Gebrauchswerten aller Waren ausdrückt oder sich unmittelbar in der unendlichen Reihe der Warenäquivalente entfaltet. Indem die Waren allseitig ihre Tauschwerte in Gold ausdrücken, drückt Gold unmittelbar seinen Tauschwert in allen Waren aus. Indem die Waren sich selbst füreinander die Form des Tauschwerts geben, geben sie dem Gold die Form des allgemeinen Äquivalents oder Geldes.

Weil alle Waren ihre Tauschwerte in Gold messen, in dem Verhältnis, worin bestimmte Quantität Gold und bestimmte Quantität Ware gleich viel Arbeitszeit enthalten, wird das Gold zum Maß der Werte, und zunächst ist es nur durch diese Bestimmung als Maß der Werte, als welches sein eigener Wert sich unmittelbar in dem Gesamtumkreis der Warenäquivalente mißt, daß es allgemeines Äquivalent oder Geld wird. Andrerseits drückt sich nun der Tauschwert aller Waren in Gold aus. Ein qualitatives und ein quantitatives Moment sind in diesem Ausdruck zu unterscheiden. Der Tauschwert der Ware ist vorhanden als Materiatur derselben gleichförmigen Arbeitszeit; die[50] Wertgröße der Ware ist erschöpfend dargestellt, denn in dem Verhältnis, worin die Waren dem Gold gleichgesetzt sind, sind sie einander gleichgesetzt. Einerseits erscheint der allgemeine Charakter der in ihnen enthaltenen Arbeitszeit, andererseits die Quantität derselben in ihrem goldenen Äquivalent. Der Tauschwert der Waren, so als allgemeine Äquivalenz und zugleich als Grad dieser Äquivalenz in einer spezifischen Ware, oder in einer einzigen Gleichung der Waren mit einer spezifischen Ware ausgedrückt, ist Preis. Der Preis ist die verwandelte Form, worin der Tauschwert der Waren innerhalb des Zirkulationsprozesses erscheint.

Durch denselben Prozeß also, wodurch die Waren ihre Werte als Goldpreise darstellen, stellen sie das Gold als Maß der Werte und daher als Geld dar. Wenn sie allseitig ihre Werte in Silber oder Weizen oder Kupfer mäßen und daher als Silber-, Weizen- oder Kupferpreise darstellten, würden Silber, Weizen, Kupfer Maß der Werte und damit allgemeines Äquivalent. Um in der Zirkulation als Preise zu erscheinen, sind die Waren der Zirkulation als Tauschwerte vorausgesetzt. Maß der Werte wird das Gold nur, weil alle Waren ihren Tauschwert in ihm schätzen. Die Allseitigkeit dieser prozessierenden Beziehung, woraus allein sein Charakter als Maß entspringt, setzt aber voraus, daß jede einzelne Ware sich in Gold mißt im Verhältnis der in beiden enthaltenen Arbeitszeit, daß also das wirkliche Maß zwischen Ware und Gold die Arbeit selbst ist, oder Ware und Gold durch den unmittelbaren Tauschhandel einander als Tauschwerte gleichgesetzt werden. Wie diese Gleichsetzung praktisch vor sich geht, kann nicht in der Sphäre der einfachen Zirkulation erörtert werden. So viel leuchtet indes ein, daß in Gold und Silber produzierenden Ländern bestimmte Arbeitszeit sich unmittelbar einem bestimmten Quantum Gold und Silber einverleibt, während in Ländern, die kein Gold und Silber produzieren, dasselbe Resultat auf einem Umweg erreicht wird, durch direkten oder indirekten Austausch der Landeswaren, d.h. einer bestimmten Portion der nationalen Durchschnittsarbeit gegen bestimmtes Quantum der in Gold und Silber materialisierten Arbeitszeit der Minen besitzenden Länder. Um als Maß der Werte dienen zu können, muß Gold der Möglichkeit nach ein veränderlicher Wert sein, weil es nur als Materiatur der Arbeitszeit zum Äquivalent anderer Waren werden kann, dieselbe Arbeitszeit aber mit dem Wechsel der Produktivkräfte der realen Arbeit in ungleichen Volumen derselben Gebrauchswerte sich verwirklicht. Wie bei der Darstellung des Tauschwertes jeder Ware im Gebrauchswert einer andern Ware ist bei der Schätzung aller Waren in Gold nur vorausgesetzt, daß das Gold in einem gegebenen Moment ein gegebenes Quantum Arbeitszeit darstellt. In bezug auf seinen Wertwechsel gilt das früher entwickelte Gesetz der[51] Tauschwerte. Bleibt der Tauschwert der Waren unverändert, so ist ein allgemeines Steigen ihrer Goldpreise nur möglich, wenn der Tauschwert des Goldes fällt. Bleibt der Tauschwert des Goldes unverändert, so ist ein allgemeines Steigen der Goldpreise nur möglich, wenn die Tauschwerte aller Waren steigen. Umgekehrt im Falle eines allgemeinen Sinkens der Warenpreise. Fällt oder steigt der Wert einer Unze Gold infolge eines Wechsels der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit, so fällt oder steigt er gleichmäßig für alle andern Waren, stellt also nach wie vor allen gegenüber Arbeitszeit von gegebener Größe dar. Dieselben Tauschwerte schätzen sich nun in größern oder kleinern Goldquantis als zuvor, aber sie schätzen sich im Verhältnis zu ihren Wertgrößen, bewahren also dasselbe Wertverhältnis zueinander. Das Verhältnis von 2 : 4 : 8 bleibt dasselbe als 1 : 2: 4 oder 4 : 8 : 16. Die veränderte Goldquantität, worin sich die Tauschwerte schätzen mit wechselndem Goldwert, verhindert ebensowenig die Funktion des Goldes als Maß der Werte, wie der 15mal kleinere Wert des Silbers gegen Gold es verhindert, das letztere aus dieser Funktion zu verdrängen. Weil die Arbeitszeit das Maß zwischen Gold und Ware ist und das Gold nur Maß der Werte wird, sofern alle Waren sich in ihm messen, ist es bloßer Schein des Zirkulationsprozesses, als ob das Geld die Waren kommensurabel mache.38 Es ist vielmehr nur die Kommensurabilität der Waren als vergegenständlichte Arbeitszeit, die das Gold zu Geld macht.

Die reale Gestalt, worin die Waren in den Austauschprozeß eintreten, ist die ihrer Gebrauchswerte. Wirkliches allgemeines Äquivalent sollen sie erst[52] werden durch ihre Entäußerung. Ihre Preisbestimmung ist ihre nur ideelle Verwandlung in das allgemeine Äquivalent, eine Gleichung mit dem Gold, die noch zu realisieren bleibt. Weil aber die Waren in ihren Preisen nur ideell in Gold oder in nur vorgestelltes Gold verwandelt sind, ihr Geldsein von ihrem reellen Sein noch nicht wirklich getrennt ist, ist das Gold nur noch in ideelles Geld verwandelt, nur noch Maß der Werte, und bestimmte Goldquanta funktionieren in der Tat nur noch als Namen für bestimmte Quanta Arbeitszeit. Von der bestimmten Weise, worin die Waren füreinander ihren eignen Tauschwert darstellen, hängt jedesmal die Formbestimmtheit ab, worin das Gold sich als Geld kristallisiert.

Die Waren treten sich jetzt als Doppelexistenzen gegenüber, wirklich als Gebrauchswerte, ideell als Tauschwerte. Die Doppelform der Arbeit, die in ihnen enthalten ist, stellen sie jetzt füreinander dar, indem die besondere reale Arbeit als ihr Gebrauchswert wirklich da ist, während die allgemeine abstrakte Arbeitszeit in ihrem Preise ein vorgestelltes Dasein erhält, worin sie gleichmäßige und nur quantitativ verschiedene Materiatur derselben Wertsubstanz sind.

Der Unterschied von Tauschwert und Preis erscheint einerseits als ein nur nomineller, wie Adam Smith sagt, daß die Arbeit der Realpreis, das Geld der Nominalpreis der Waren ist. Statt 1 Quarter Weizen in 30 Arbeitstagen zu schätzen, wird er jetzt geschätzt in 1 Unze Gold, wenn eine Unze Gold das Produkt von 30 Arbeitstagen ist. Andrerseits ist der Unterschied so wenig bloßer Namensunterschied, daß in ihm vielmehr alle Ungewitter, die der Ware im wirklichen Zirkulationsprozeß drohen, konzentriert sind. 30 Arbeitstage sind im Quarter Weizen enthalten und er ist daher nicht erst in Arbeitszeit darzustellen. Aber Gold ist vom Weizen verschiedene Ware, und nur in der Zirkulation kann sich bewähren, ob der Quarter Weizen wirklich zur Unze Gold wird, wie in seinem Preis antizipiert ist. Es hängt dies davon ab, ob oder ob nicht er sich als Gebrauchswert, ob oder ob nicht das in ihm enthaltene Quantum Arbeitszeit sich als das von der Gesellschaft zur Produktion eines Quarters Weizen notwendig erheischte Quantum Arbeitszeit bewährt. Die Ware als solche ist Tauschwert, sie hat einen Preis. In diesem Unterschied von Tauschwert und Preis erscheint es, daß die in der Ware enthaltene besondere individuelle Arbeit erst durch den Prozeß der Entäußerung als ihr Gegenteil, Individualitätslose, abstrakt allgemeine und nur in dieser Form gesellschaftliche Arbeit, d.h. Geld dargestellt werden muß. Es erscheint zufällig, ob sie dieser Darstellung fähig ist oder nicht. Obgleich daher im Preise der Tauschwert der Ware nur ideell von ihr unterschiedene Existenz erhält und das Doppeldasein der in ihr enthaltenen Arbeit nur noch als verschiedene[53] Ausdrucksweise existiert, andrerseits daher die Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit, das Gold, nur noch als vorgestelltes Wertmaß der wirklichen Ware gegenübertritt, ist im Dasein des Tauschwerts als Preis oder des Goldes als Wertmaß die Notwendigkeit der Entäußerung der Ware gegen klingendes Gold, die Möglichkeit ihrer Nichtveräußerung, kurz der ganze Widerspruch latent enthalten, der daraus hervorgeht, daß das Produkt Ware ist, oder daß die besondere Arbeit des Privatindividuums, um gesellschaftliche Wirkung zu haben, sich als ihr unmittelbares Gegenteil, als abstrakt allgemeine Arbeit darstellen muß. Die Utopisten, die die Ware wollen, aber nicht das Geld, auf Privataustausch beruhende Produktion ohne die notwendigen Bedingungen dieser Produktion, sind daher konsequent, wenn sie das Geld nicht erst in seiner greifbaren Form, sondern schon in der gasartigen und hirngewebten Form als Maß der Werte »vernichten«. Im unsichtbaren Maß der Werte lauert das harte Geld.

Den Prozeß vorausgesetzt, wodurch das Gold zum Maß der Werte und der Tauschwert zum Preis geworden ist, sind alle Waren in ihren Preisen nur noch vorgestellte Goldquanta von verschiedener Größe. Als solche verschiedene Quanta desselben Dings, des Goldes, gleichen, vergleichen und messen sie sich untereinander und so entwickelt sich technisch die Notwendigkeit, sie auf ein bestimmtes Quantum Gold als Maßeinheit zu beziehen, eine Maßeinheit, die dadurch zum Maßstab fortentwickelt wird, daß sie sich in aliquote Teile und diese sich ihrerseits wieder in aliquote Teile abteilen.39 Goldquanta als solche aber messen sich durch Gewicht. Der Maßstab findet sich also schon fertig vor in den allgemeinen Gewichtsmaßen der Metalle, die bei aller metallischen Zirkulation daher auch ursprünglich als Maßstab der Preise dienen. Indem die Waren sich nicht mehr als durch die Arbeitszeit zu messende Tauschwerte, sondern als in Gold gemessene gleichnamige Größen aufeinander beziehen, verwandelt sich das Gold aus dem Maß der Werte in den Maßstab der Preise. Die Vergleichung der Warenpreise unter sich als verschiedene Goldquanta kristallisiert sich so in den Figurationen, die in ein gedachtes Goldquantum eingeschrieben werden und es als Maßstab von aliquoten Teilen darstellen. Das Gold als Maß der Werte und als Maßstab[54] der Preise besitzt ganz verschiedene Formbestimmtheit, und die Verwechslung der einen mit der andern hat die tollsten Theorien hervorgerufen. Maß der Werte ist das Gold als vergegenständlichte Arbeitszeit, Maßstab der Preise ist es als ein bestimmtes Metallgewicht. Maß der Werte wird das Gold, indem es als Tauschwert auf die Waren als Tauschwert bezogen ist, im Maßstab der Preise dient ein bestimmtes Quantum Gold andern Quantis Gold als Einheit. Wertmaß ist das Gold, weil sein Wert veränderlich ist, Maßstab der Preise, weil es als unveränderliche Gewichtseinheit fixiert wird. Hier, wie in allen Maßbestimmungen gleichnamiger Größen wird Festigkeit und Bestimmtheit der Maßverhältnisse entscheidend. Die Notwendigkeit, ein Quantum Gold als Maßeinheit und aliquote Teile als Unterabteilungen dieser Einheit festzusetzen, hat die Vorstellung erzeugt, als ob ein bestimmtes Goldquantum, das natürlich veränderlichen Wert hat, in ein fixes Wertverhältnis zu den Tauschwerten der Waren gesetzt würde, wobei nur übersehen ward, daß die Tauschwerte der Waren in Preise, in Goldquanta verwandelt sind, bevor sich das Gold als Maßstab der Preise entwickelt. Wie auch der Goldwert wechsle, verschiedene Goldquanta stellen gegeneinander stets dasselbe Wertverhältnis dar. Fiele der Goldwert um 1000%, so würden nach wie vor 12 Unzen Gold einen 12 mal größern Wert besitzen als eine Unze Gold, und in den Preisen handelt es sich nur um das Verhältnis verschiedener Goldquanta zueinander. Da andrerseits eine Unze Gold mit dem Fallen oder Steigen ihres Werts keineswegs ihr Gewicht verändert, verändert sich ebensowenig das ihrer aliquoten Teile, und so tut das Gold als fixer Maßstab der Preise stets denselben Dienst, wie immer sein Wert wechsle.40

Ein historischer Prozeß, den wir später aus der Natur der metallischen Zirkulation erklären werden, brachte es mit sich, daß derselbe Gewichtsname für ein stets wechselndes und abnehmendes Gewicht edler Metalle in ihrer Funktion als Maßstab der Preise beibehalten wurde. So bezeichnet das englische[55] Pfund weniger als ein Drittel seines ursprünglichen Gewichts, das schottische Pfund vor der Union nur noch 1/36, der französische Livre 1/74, der spanische Maravedi weniger als 1/1000, der portugiesische Rei eine noch viel kleinere Proportion. So schieden sich historisch die Geldnamen der Metallgewichte von ihren allgemeinen Gewichtsnamen.41 Da die Bestimmung der Maßeinheit, ihrer aliquoten Teile und deren Namen einerseits rein konventionell ist, andererseits innerhalb der Zirkulation den Charakter der Allgemeinheit und Notwendigkeit besitzen soll, mußte sie gesetzliche Bestimmung werden. Die rein formelle Operation fiel also den Regierungen anheim.42 Das bestimmte Metall, das als Material des Geldes diente, war gesellschaftlich[56] gegeben. In verschiedenen Ländern ist der gesetzliche Maßstab der Preise natürlich verschieden. In England z.B. wird die Unze als Metallgewicht eingeteilt in Pennyweights, Grains und Carats Troy, aber die Unze Gold als Maßeinheit des Geldes in 37/8 Sovereigns, der Sovereign in 20 Shillinge, der Shilling in 12 Pence, so daß 100 Pfund 22karätiges Gold (1200 Unzen) gleich 4672 Sovereigns und 10 Shilling. In dem Weltmarkt jedoch, worin die Landesgrenzen verschwinden, verschwinden diese nationalen Charaktere der Geldmaße wieder und weichen den allgemeinen Gewichtsmaßen der Metalle.

Der Preis einer Ware oder das Goldquantum, worin sie ideell verwandelt ist, drückt sich jetzt also aus in den Geldnamen des Goldmaßstabs. Statt also zu sagen, der Quarter Weizen ist gleich einer Unze Gold, würde man in England sagen, er ist gleich 3 Pfd. St. 17 sh. 101/2 d. Alle Preise drücken sich so gleichnamig aus. Die eigentümliche Form, die die Waren ihrem Tauschwert geben. Ist verwandelt in Geldnamen, worin sie einander sagen, was sie wert sind. Das Geld seinerseits wird zum Rechengeld.43

Die Verwandlung der Ware in Rechengeld im Kopfe, auf dem Papier, in der Sprache, geht jedesmal vor sich, sobald irgendeine Art des Reichtums unter dem Gesichtspunkt des Tauschwerts fixiert wird.44 Zu dieser Verwandlung ist das Material des Goldes nötig, aber nur als vorgestelltes. Um den Wert von 1000 Ballen Baumwolle in einer bestimmten Anzahl von Unzen Gold zu schätzen und diese Anzahl Unzen selbst wieder in den Rechennamen der Unze, in Pfd. St., sh., d., auszudrücken, wird kein Atom wirklichen Goldes gebraucht. So zirkulierte in Schottland vor dem Bankakt Sir Robert Peels von 1845 keine Unze Gold, obgleich die Unze Gold, und zwar ausgedrückt als englischer Rechenmaßstab in 3 Pfd. St. 17 sh. 101/2 d. zum gesetzlichen Maß der Preise diente. So dient Silber als Maß der Preise in dem Warenaustausch zwischen Sibirien und China, obgleich der Handel in der[57] Tat bloßer Tauschhandel ist. Für das Gold als Rechengeld ist es daher auch gleichgültig, ob oder ob nicht, sei es seine Maßeinheit selbst, seien es ihre Abschnitte, wirklich gemünzt sind. In England, zur Zeit Wilhelms des Eroberers, existierten 1 Pfd. St., damals 1 Pfund reines Silber, und der Shilling, 1/20 eines Pfundes, nur als Rechengeld, während der Penny, 1/240 Pfund Silber, die größte existierende Silbermünze war. Umgekehrt existieren im heutigen England keine Shillinge und Pence, obgleich sie gesetzliche Rechennamen für bestimmte Teile einer Unze Goldes sind. Das Geld als Rechengeld mag überhaupt nur ideal existieren, während das wirklich existierende Geld nach ganz anderem Maßstab gemünzt ist. So bestand in vielen englischen Kolonien in Nordamerika das zirkulierende Geld bis tief ins 18. Jahrhundert aus spanischen und portugiesischen Münzen, während das Rechengeld überall dasselbe war wie in England.45

Weil das Gold als Maßstab der Preise in denselben Rechennamen erscheint wie die Warenpreise, also z.B. eine Unze Gold ebensowohl wie eine Tonne Eisen in 3 Pfd. St. 17 sh. 101/2 d. ausgedrückt wird, hat man diese seine Rechennamen seinen Münzpreis genannt. Die wunderliche Vorstellung entstand daher, als ob das Gold in seinem eigenen Material geschätzt werde, und im Unterschied von allen andern Waren von Staats wegen einen fixen Preis erhalte. Man versah die Fixierung von Rechennamen für bestimmte Goldgewichte für Fixierung des Werts dieser Gewichte.46 Das Gold, wo es als Element der Preisbestimmung und daher als Rechengeld dient, hat nicht nur keinen fixen, sondern überhaupt keinen Preis. Um einen Preis zu haben, d.h. in einer spezifischen Ware sich als allgemeines Äquivalent auszudrücken, müßte diese andere Ware dieselbe ausschließliche Rolle im Zirkulationsprozeß spielen wie das Gold. Zwei alle andern Waren ausschließende Waren schließen sich aber wechselseitig aus. Wo daher Silber und Gold gesetzlich als Geld, d.h. als Wertmaß nebeneinander bestehen, ist stets der vergebliche[58] Versuch gemacht worden, sie als eine und dieselbe Materie zu behandeln. Unterstellt man, daß dieselbe Arbeitszeit sich unveränderlich in derselben Proportion von Silber und Gold vergegenständlicht, so unterstellt man in der Tat, daß Silber und Gold dieselbe Materie, und Silber, das minder wertvolle Metall, ein unveränderlicher Bruchteil Gold ist. Von der Regierung Edwards III. bis zur Zeit von Georg II. verläuft sich die Geschichte des englischen Geldwesens in eine fortlaufende Reihe von Störungen, hervorgehend aus der Kollision zwischen der gesetzlichen Festsetzung des Wertverhältnisses von Gold und Silber und ihren wirklichen Wertschwankungen. Bald war Gold zu hoch geschätzt, bald Silber. Das zu niedrig geschätzte Metall wurde der Zirkulation entzogen, umgeschmolzen und exportiert. Das Wertverhältnis beider Metalle wurde dann wieder gesetzlich verändert, aber der neue Nominalwert trat bald mit dem wirklichen Wertverhältnis in denselben Konflikt wie der alte. In unserer eigenen Zeit hat der sehr schwache und vorübergehende Fall im Werte des Goldes gegen Silber, infolge der indisch-chinesischen Silbernachfrage, dasselbe Phänomen auf der größten Stufenleiter in Frankreich erzeugt, Ausfuhr des Silbers und seine Vertreibung aus der Zirkulation durch Gold. Während der Jahre 1855, 1856, 1857 betrug der Überschuß der Goldeinfuhr in Frankreich über die Goldausfuhr aus Frankreich 41580000 Pfd. St., während der Überschuß der Silberausfuhr über die Silbereinfuhr 34704000 Pfd. St. betrug. In der Tat, in Ländern wie in Frankreich, wo beide Metalle gesetzlich Wertmaße sind, und beide in Zahlung angenommen werden müssen, jeder aber beliebig in dem einen oder andern zahlen kann, trägt das im Wert steigende Metall ein Agio und mißt wie jede andere Ware seinen Preis in dem überschätzten Metall, während letzteres allein als Wertmaß dient. Alle geschichtliche Erfahrung in diesem Gebiet reduziert sich einfach darauf, daß, wo gesetzlich zwei Waren die Funktion des Wertmaßes versehen, faktisch immer nur eine als solches den Platz behauptet.47

38

Aristoteles sieht zwar ein, daß der Tauschwert der Waren den Warenpreisen vorausgesetzt ist: »daß... es den Tausch gab, bevor es das Geld gegeben, ist einleuchtend; denn es macht keinen Unterschied, ob fünf Polster für ein Haus oder für soviel Geld, wie fünf Polster wert sind«. Andrerseits, da die Waren erst im Preise die Form des Tauschwerts füreinander besitzen, läßt er sie kommensurabel werden durch das Geld. »Alles muß einen Preis haben; denn so wird immer Austausch sein und folglich Gesellschaft. Das Geld macht, einem Maße gleich, in der Tat die Dinge kommensurabel (symmetra), um sie dann einander gleichzusetzen. Denn es gibt keine Gesellschaft ohne Austausch, der Austausch aber kann nicht sein ohne Gleichheit und die Gleichheit nicht ohne Kommensurabilität.« Er verhehlt sich nicht, daß diese verschiedenen vom Gelde gemessenen Dinge durchaus inkommensurable Größen sind. Was er sucht, ist die Einheit der Waren als Tauschwerte, die er als antiker Grieche nicht finden konnte. Er hilft sich aus der Verlegenheit, indem er das an und für sich inkommensurable durch das Geld kommensurabel werden läßt, soweit es für das praktische Bedürfnis nötig ist. »Es ist zwar in Wahrheit unmöglich, daß so verschiedenartige Dinge kommensurabel seien, aber für das praktische Bedürfnis geschieht dies.« (Aristoteles, »Ethica Nicomachea«, L. V, C. 8, edit. Bekkeri, Oxonii 1837.)

39

Die Sonderbarkeit, daß die Unze Gold in England als Maßeinheit des Geldes in nicht aliquote Teile abgeteilt ist, erklärt sich wie folgt: »Unser Münzwesen war ursprünglich nur der Verwendung von Silber angepaßt – daher kann eine Unze Silber immer in eine bestimmte aliquote Anzahl von Geldstücken geteilt werden; da aber Gold erst in einer spätern Zeit in ein Münzwesen eingeführt wurde, das nur dem Silber angepaßt war, kann eine Unze Gold nicht in eine aliquote Anzahl von Münzen ausgeprägt werden.« (Maclaren, »History of the currency«, p. 16, London 1858.)

40

»Geld kann beständig im Wert schwanken und doch ebensogut ein Maß des Wertes sein, als wenn es völlig unverändert bliebe. Angenommen z.B., es sei im Wert vermindert... Vor der Verminderung würde eine Guinee drei Bushels Weizen kaufen oder die Arbeit von 6 Tagen; später würde sie nur 2 Bushels Weizen kaufen oder die Arbeit von 4 Tagen. In beiden Fällen, die Verhältnisse von Weizen und Arbeit zu Geld gegeben, kann deren gegenseitiges Verhältnis abgeleitet werden; mit andern Worten, wir können ermitteln, daß ein Bushel Weizen 2 Arbeitstage wert ist. Das ist alles, was Wertmessen einschließt und wird nach der Verminderung ebenso glatt besorgt wie vorher. Die Auszeichnung eines Dinges als Wertmaß ist gänzlich unabhängig von der Veränderlichkeit seines eignen Werts.« (p. 9, 10. Bailey, »Money and its vicissitudes«, London 1637.)

41

»Die Münzen, deren Name heute nur noch ideell ist, sind bei allen Völkern die ältesten; aber alle waren eine Zeitlang real« (letzteres in dieser Ausdehnung unrichtig), »und eben weil sie real waren, hat man mit ihnen gerechnet.« (Galiani, »Della Moneta«, l. c. p. 153.)

42

Der romantische A. Müller sagt: »Nach unseren Vorstellungen hat jeder unabhängige Souverän das Recht, das Metallgeld zu ernennen, ihm einen gesellschaftlichen Nominalwert, Rang, Stand und Titel beizulegen.« (p. 288, Band II, A. H. Müller, »Die Elemente der Staatskunst«, Berlin 1809.) Was den Titel angeht, hat der Herr Hofrat recht; er vergißt nur den Gehalt. Wie konfus seine »Vorstellungen« waren, zeigt sich z.B. in folgender Stelle: »Jedermann sieht ein, wieviel auf die wahre Bestimmung des Münzpreises ankommt, vorzüglich in einem Lande wie England, wo die Regierung mit großartiger Liberalität unentgeltlich münzt« (Herr Müller scheint zu glauben, daß das englische Regierungspersonal die Münzkosten aus eigener Privattasche bestreitet), »wo sie keinen Schlagschatz nimmt usw., und also, wenn diese den Münzpreis des Goldes beträchtlich höher ansetzte als den Marktpreis, wenn sie anstatt 1 Unze Goldes jetzt mit 3 Pfd. St. 17 sh. 101/2 d. zu zahlen, 3 Pfd. St. 19 sh. als den Münzpreis einer Unze Goldes ansetzte, alles Geld nach der Münze strömen, das dort erhaltene Silber auf dem Markte gegen das hier wohlfeilere Gold umgesetzt, und so aufs neue der Münze zugebracht und das Münzwesen in Unordnung geraten würde.« (p. 280, 281 l. c.) Um die Ordnung auf der englischen Münze zu erhalten, versetzt Müller sich in »Unordnung«. Während Shilling und Pence bloß Namen, durch Silber- und Kupfermarken repräsentierte Namen bestimmter Teile einer Unze Gold sind, bildet er sich ein, die Unze Gold sei geschätzt in Gold, Silber und Kupfer, und beglückt so die Engländer mit einem dreifachen standard of value. Silber als Geldmaß neben dem Gold wurde zwar erst formell abgeschafft im Jahre 1816 durch 56 George III. c. 68. Gesetzlich war es der Sache nach schon abgeschafft 1734 durch 14 George II. c. 42, und noch viel früher durch die Praxis. Es waren zwei Umstände, die A. Müller speziell zu einer sogenannten höhern Auffassung der politischen Ökonomie befähigten. Einerseits seine ausgebreitete Unbekanntschaft mit ökonomischen Tatsachen, andrerseits sein bloß dilettantisches Schwärmereiverhältnis zur Philosophie.

43

»Als man den Anarcharsis fragte, wozu die Hellenen das Geld brauchen, antwortete er: zum Rechnen.« (Athenaeus, »Deipnosophistai«, L. IV, 49, v. II [p. 120], ed. Schweighäuser 1802.)

44

G. Garnier, einer der altern französischen Übersetzer Adam Smiths, hatte den sonderbaren Einfall, eine Proportion festzusetzen zwischen dem Gebrauch von Rechengeld und dem Gebrauch von wirklichem Geld. Die Proportion ist 10 zu 1. (Garnier, G., »Histoire de la monnaie depuis les temps de la plus haute antiquité etc.«, t. I, p. 78.)

45

Der Akt von Maryland von 1723, wodurch Tabak zur legalen Münze gemacht, sein Wert aber auf englisches Goldgeld reduziert wurde, nämlich ein Penny per Pfund Tabak, erinnert an die leges barbarorum, worin umgekehrt bestimmte Geldsummen wieder Ochsen, Kühen usw. gleichgesetzt werden. In diesem Fall waren weder Gold noch Silber, sondern der Ochs und die Kuh das wirkliche Material des Rechengeldes.

46

So lesen wir zum Beispiel in den »Familiar words« des Herrn David Urquhart: »Der Wert des Goldes soll durch sich selbst gemessen werden; wie kann irgendein Stoff das Maß seines eignen Wertes in andern Dingen sein? Der Wert des Goldes soll durch sein eigenes Gewicht festgestellt werden, unter einer falschen Benennung dieses Gewichts – und eine Unze soll so viele Pfund und Bruchteile von Pfund wert sein. Das ist Fälschung eines Maßes und nicht Festsetzung eines Maßstabs.« [p. 104/105.]

47

»Geld als Maß des Handels sollte wie jedes andere Maß so ständig als möglich gehalten werden. Dies ist unmöglich, wenn euer Geld aus zwei Metallen besteht, deren Wertverhältnis beständig wechselt.« (John Locke, »Some Considerations on the Lowering of interest etc.«, 1691; p. 65 in seinen »Works«, 7. ed., London 1768, vol. II.)

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1961, Band 13, S. 49-59.
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