28. Wie Schun seinen Vater bekehrte

[123] Mong Dsï sprach: »Nur Schun allein war so, daß, als die ganze Welt ihm freudig zufiel, diese ganze ihm freudig zufallende Welt in seinen Augen nicht mehr war als ein Büschel Stroh. Solange er es nicht erreicht hatte, in Eintracht mit seinem Vater zu leben, vermochte er sich nicht als Menschenkind zu fühlen. Schun erschöpfte alles, was er seinem Vater zuliebe tun konnte, und schließlich brachte er seinen Vater Gu Sou zur Zufriedenheit. Als Gu Sou zufrieden gestellt war, da ward die ganze Welt bekehrt. Als Gu Sou zufrieden gestellt war, da waren auf der ganzen Welt alle Väter und Söhne im rechten Verhältnis zueinander. Das war wahrhaft große Kindesehrfurcht.«

Fußnoten

1 Li Lou ist derselbe wie Li Dschu. Vgl. Liä Dsï V, 2, Dschuang Dsï VIII; XII, 4. Ein sagenhafter Begleiter des Herrn der gelben Erde (Huang Di), der auf hundert Schritt Entfernung noch die Spitze eines Flaumhaares sah.


2 Gung Schu Ban aus Lu, angeblich der Sohn des Herzogs Dschau (541-510), als Musiker berühmt. Im Dienste des Staates Tschu leitete er die Belagerung der Hauptstadt von Sung, wobei er die sogenannte Wolkenleiter verwandte. Seine Kunstgriffe wurden aber durch die Gegenmaßregeln des Mo Di zunichte gemacht. Er scheint eine Art chinesischer Archimedes gewesen zu sein. Vgl. Liä Dsï VIII, 12 und namentlich den Schluß von V, 14, der merkwürdigerweise zu der Stelle hier Beziehung zu haben scheint.


3 Der blinde Musikmeister Kuang vom Staate Dsin aus der Zeit des Konfuzius wird auch in Liä Dsï V, 11 und in Dschuang Dsï zu verschiedenen Stellen genannt. Die »sechs Pfeifen« (lü) sind eigentlich zwölf, sechs »männliche« und sechs »weibliche«. Sie sollen von Huang Di erfunden sein. Es sind Röhren von genau bestimmtem Längenmaß und Kubikinhalt, die zur Bestimmung der Tonhöhe der einzelnen Noten dienten.


4 Vgl. Schï Ging III, II, 5 v. 2.


5 Vgl. Schï Ging III, II, 10 v. 2. Übersetzung von Strauß. Das Lied enthält die Warnung eines Alten in schwerer Zeit.


6 König Li »der Schreckliche« regierte von 878-842. Infolge seiner Volksbedrückung entstand Unzufriedenheit im Volk. Die Unzufriedenen ließ der König durch physiognomische Hilfsmittel herausfinden und hinrichten (vgl. die ähnliche Geschichte Liä Dsï VIII, 9). Darüber entstand ein Aufruhr, in dessen Verlauf der König, der sich nach Schantung geflüchtet, ums Leben kam. König Yu der »Finstere« regierte von 781-771. Er war der Sohn König Süans, verstieß seine Frau und den Thronerben und begünstigte eine Nebenfrau, der zu Liebe die Alarmfeuer angezündet wurden, weil sie über das daraufhin erfolgende Herbeieilen der Vasallen sich amüsierte. Schließlich wollte der König den rechtmäßigen Thronerben töten, da erhob sich dessen Großvater mütterlicherseits im Verein mit den westlichen Barbarenstämmen, die ins Reich eindrangen und den König töteten, ohne daß die Vasallen zu Hilfe gekommen wären. Erst nachher wurden die Eindringlinge vertrieben und der rechtmäßige Erbe als König Ping auf den Thron gesetzt.


7 Vgl. Schï Ging III, III, 1 v. 8. Die Ode ist eine Warnung an den König Li den »Schrecklichen«. Diese ist eingekleidet in die Worte des Königs Wen, mit denen er dem Tyrannen Dschou Sin der Yindynastie das warnende Exempel des Tyrannen Giä aus der Hiadynastie als Spiegel vorhält.


8 Die Altäre des Landes und Kornes – Schä Dsï – sind die Symbole der Herrschaft, wie etwa Thron und Szepter in Europa. Die Heiligtümer des hohen Adels (King und Daifu) waren ihre Ahnentempel.


9 Die Geschichte spielt in der Zeit des Konfuzius. Der Staat Wu unter dem Fürsten Ho Lu hatte im Sinn, Tsi anzugreifen. Herzog Ging fühlte sich dem Angriff nicht gewachsen. Daher verstand er sich mit schwerem Herzen, seine Tochter dem Kronprinzen des damals noch als barbarisch angesehenen Staates Wu zur Ehe zu geben.


10 Vgl. Schï Ging III, I, 1 v. 4, 5. Übersetzung von V. von Strauß. Das Lied bezieht sich auf den Übergang der Herrschaft von dem Hause Yin auf das Haus Dschou, der dem geistigen Einfluß des Königs Wen zugeschrieben wird.


11 Vgl. Schï Ging III, III, 3 v. 5.


12 Voraussetzung ist, daß es ehrenvoller für das Wasser ist, wenn die Mützenbänder, als wenn die Füße darin gewaschen werden.


13 Vgl. Schï Ging III, III 3 v. 5.


14 Be J, der Prinz von Gu Dschu, der mit seinem Bruder Schu Tsi auf den Thron verzichtet hatte, war damals, als König Wen hochkam, schon alt. König Wen war Markgraf des Westens.


15 Tai Gung oder Tai Gung Wang (= des Großvaters Hoffnung) ist Lü Schang, der berühmte Feldherr der aufkommenden Dschoudynastie. Er soll angeblich beim Lang-Yä-Berg im Westen der Kiautschoubucht sich verborgen gehalten haben. Über seinen Übertritt in die Dienste des Königs Wen gehen viele Sagen; vgl. Dschuang Dsï XXI, 8.


16 Jan Kiu, Jünger Kungs. Die Geschichte steht in Lun Yü XI, 16.


17 Die Verurteilung trifft die Wanderlehrer zu Mongs Zeit, die die Fürsten in allerhand Kriege stürzten.


18 Schun-Yü Kun war ein bekannter Sophist der Zeit. Er stammte aus Tsi. Er scheint am Hofe des Königs Hui von Liang mit Mong zusammengetroffen zu sein. Weniger skrupulös als dieser hat er sich von dem Fürsten gut bezahlen lassen.


19 Dsong Si vgl. Lun Yü.


20 Yüo-Dschong Dsï ist der an erster Stelle genannte Jünger Mongs mit Vornamen Ko. Vgl. I, B, 16. Der hier genannte Dsï Au ist der in II, B, 6 genannte Wang Huan. Kein Wunder, daß Mong, wie aus diesem und dem folgenden Abschnitt hervorgeht, etwas eifersüchtig war. Die Geschichte fällt wohl in das Jahr 313. Yüo-Dschong war dem Wang von Lu nach Tsi gefolgt.


21 Dschau Ki: »Durch parteiische Schmeicheleien die Eltern vom rechten Weg abbringen und sie dadurch gefährden: ist die erste Pietätlosigkeit; wenn die Familie arm, die Eltern alt sind, nicht um Lohn ein Amt zu übernehmen: ist die zweite Pietätlosigkeit; nicht zu heiraten und durch Kinderlosigkeit die Ahnenopfer zum Stillstand zu bringen: ist die dritte Pietätlosigkeit.«


22 Schuns Eltern waren so böse, daß sie ihn am Heiraten gehindert hätten. Darum konnte er, gerade um der Kindespflicht willen, sie nicht fragen, ehe er die beiden Töchter Yaus heiratete. Vgl. V, A, 2.


23 Hier sind die beiden Brennpunkte der konfuzianischen Ethik zusammengestellt. Ein guter Sohn und ein guter Bürger ist das, was der Konfuzianismus aus dem Menschen machen will. Was als Brüderlichkeit bezeichnet zu werden pflegt, ist eben die Gesinnung der Bescheidenheit, die sich in einem umfassenden Organismus einzufügen weiß.

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 123.
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