1. Phaedo.

[129] Ein Denkmal auf SOKRATES: das ist der erste Eindruck, den man vom Phaedo zurückbehält. Die Schilderung ist so persönlich wie nur noch in der ALKIBIADES – Rede im Gastmahl. Sein Schicksal – nicht, aber seine Erhabenheit über es war für den Darsteller sicher Gegenstand eines großen und selbständigen Interesses; daher der unvertilgbare Eindruck der Tragödie.

Aber dieser im höchsten Sinne dichterischen Absicht dient unmittelbar nur der Anfang und Schluß des Werks. So sehr[129] auch das Ganze in eine gleichartige, durch den dargestellten Moment gegebene Stimmung getaucht, mit so erstaunlicher Kunst die Führung des Gesprächs auch im einzelnen darauf berechnet ist, daß der Eindruck der Persönlichkeit und des Moments uns nie verläßt, doch fordert die wissenschaftliche Erörterung unser erstes Interesse. Der scheidende SOKRATES selbst fordert es so, seine Persönlichkeit selbst übt diese Macht: daß sie uns zwingt der Sache die Ehre zu geben.

Nun ist ja die Einheit des Persönlichen und Sachlichen auch aufs beste gewahrt, indem das Thema der Unterredung, die der scheidende Philosoph mit seinen Getreuen führt, der Satz der Unsterblichkeit bildet. Allgemein gilt der Phaedo als der klassische Dialog von der Unsterblichkeit. Der alte Titel: »Phaedo oder Von der Seele«, will jedenfalls dies sagen, da eine allgemeine Psychologie ja nicht gemeint sein kann. Doch ist damit der Inhalt der philosophischen Untersuchungen des Phaedo keinesfalls erschöpfend bezeichnet. Das Sterben selbst und die Erwägung, was uns nach dem Tode erwartet, der persönliche Wunsch einer wohl gar unendlichen Fortdauer für sich als Individuum ist für PLATO niemals bestimmendes Interesse gewesen. Es ist längst aufgefallen, daß aus den Prämissen des Phaedo, auch wenn man sie alle zugibt, eine persönliche Fortdauer gar nicht folgt PLATO folgert sie zwar, aber er hätte sich schwerlich darüber täuschen können, daß diese letzte Folgerung (der er in der Tat gar keine besondre Aufmerksamkeit zuwendet) auf einem bedenklichen logischen Sprung beruht, wenn dies sein wesentliches Interesse bei der Sache gewesen wäre. Auffallender noch ist, daß im Gastmahl die persönliche Unsterblichkeit beinahe preisgegeben scheint. Die Unsterblichkeit des Sterblichen ist dort die beständige Fortzeugung, besonders Fortzeugung der Gedanken des Ewigen. Sobald man sich dessen erinnert, kann man schon gar nicht mehr übersehen, daß das wahre Ziel auch im Phaedo vielmehr die gedankliche Erhebung zum Ewigen ist. Das ist die Auffassung der aeternitas, als »Ewigsein in jedem Augenblick«, die SCHLEIERMACHER aus SPINOZA schöpft, aber aus seinem Plato ebenso gut hätte schöpfen können.

Auch der Phaedo, wage ich zu behaupten, handelt vielmehr vom Leben als vom Sterben; vom Leben des Philosophen, welches das Leben im Ewigen ist. Das Leben des Philosophen,[130] hören wir, ist »Uebung im Sterben«, d.i. der geistigen Erhebung über die Sinnenwelt im Anblick des Ewigen. Individuelle Fortdauer wird gewiß angenommen – wenigstens gehofft; aber im Mittelpunkt des Interesses steht nicht sie, sondern der Anteil am Ewigen, den der Philosoph im Denken der Ideen schon hat, nicht erst jenseits des Todes erwartet. Nicht die Hoffnung eines künftigen Lebens, sondern die Realität des hier schon möglichen ewigen Lebens, des Lebens im Ewigen, ist das Thema.

Also behält SCHLEIERMACHER Recht, das Thema sei der Begriff des Philosophen. Man kann auch sagen, das Thema sei die Idee. Wir sehen, wie dies alles in der Sache eins ist, und die Schrift also doch nicht viele Themata hat, sondern eines, nur vielseitig gewendet.

Zum Verständnis eines platonischen Werks gehört auch, zu wissen, an wen es sich richtet. Diesmal sind es an erster Stelle die Mitforschenden, nicht nur PLATOS eigener Kreis, sondern darüber hinaus auch die befreundeten Richtungen. Das Rahmengespräch weist zunächst auf die elische Schule, die, der megarischen sehr gleichartig, ihm so nahe stehen mußte wie diese. So schließen sich Phaedo und Theaetet, die sachlich so eng zusammenhängen, äußerlich durch die Namen der alten Genossen, denen sie gewidmet sind, enger zusammen. – PHAEDO erzählt; aber als zugleich sachlich stark beteiligt erweist sich (88 f.) der Zuhörer, ECHEKRATES. Er war Schüler der Pythagoreer PHILOLAUS und EURYTUS so gut wie des SOKRATES, und er bekennt sich hier als überzeugten Anhänger der nämlichen, hier von SIMMIAS und KEBES, auch Hörern des PHILOLAUS, vorgetragenen Seelentheorie, die noch zwei Generationen später ARISTOXENUS von Tarent und DIKAEARCHUS von Messene aus pythagoreischer Tradition schöpfen und als Peripatetiker, unbeirrt durch PLATOS Widerlegung, zu behaupten fortfahren.

Jenen ECHEKRATES hat PLATO auf seiner Reise in Italien wiedergesehen. Ueberhaupt aber ist die besondere Rücksichtnahme auf die befreundeten Pythagoreer an mehreren Stellen unsres Dialogs mit Händen zu greifen. Nimmt man dazu die Schilderung des Aetnakraters, den PLATO auf derselben Reise gesehen hat; nimmt man hinzu den sehr deutlichen Hinweis auf seine wissenschaftlichen Reisen überhaupt, 78 A; ferner die öftere Erwähnung der Todesdrohung, der die »Philosophen« überhaupt (nicht bloß SOKRATES) ausgesetzt sind; bedenkt man[131] die erstaunliche Ähnlichkeit der Lage, in der SOKRATES hier vorgeführt wird, mit der, welcher PLATO selbst damals mit genauer Not entgangen ist, und wieder mit den einstigen Erlebnissen des jungen PHAEDO, so zwingt sich die Vermutung geradezu auf, daß wir in der Schrift den ganz unmittelbaren Reflex der italisch-sizilischen Reise PLATOS zu erkennen haben.

Jedenfalls würde sich aus dieser Voraussetzung manches noch besser verstehen und noch beziehungsreicher werden als ohne sie. PLATO stellt uns den Meister vor, wie er gleichsam sein Testament macht an die Gemeinde der Philosophierenden: sollte die Schrift von ihm selbst in gleicher Testamentstimmung ersonnen sein? So würde die über die dichterische Fiktion fast hinauswachsende Stimmungswirkung sich doppelt gut erklären. Man hat auch sonst den Phaedo gern um die Mitte des zweiten Jahrzehnts, in die Nähe des »Gastmahls« gesetzt, dem er aber, wie sich zeigen wird, voranzustellen ist. Hält man nun die Datierung des Gastmahls auf 385/4 fest, so führt das ungezwungen auf den von uns angenommenen Zeitpunkt: 387 ist PLATO von Italien, Sizilien und Aegina heimgekommen.

Doch möchte auf solche Kombinationen, so sehr sie sich nahe legen, kein entscheidender Schluß zu bauen sein. Maßgebend bleibt schließlich allein das Verhältnis des Sachinhalts der Schrift zu dem der zunächst zu vergleichenden. In dieser Hinsicht aber ist es von der größten Wichtigkeit, sich darüber klar zu werden, ob die Beweisführung für die Ideenlehre, in der wir den Kern des Inhalts des Phaedo sehen, nicht bloß (was nach Früherem, s. S. 61 f., keinem Zweifel unterliegt), überhaupt anderweitige Darlegungen dieser Lehre, sondern bestimmte Prämissen als anderwärts schon bewiesen voraussetzt, und wo alsdann diese vorliegen. Es wird sich erweisen, daß es sich so in der Tat verhält, und daß die Prämissen, die der Phaedo vom ersten Anfang an als schon festgestellt annimmt, nirgendwo anders festgestellt sind als im Theaetet; daß die beiden Dialoge Theaetet und Phaedo sich genau zusammenschließen zu dem radikalsten und vollständigsten Beweise der Ideenlehre, den wir von PLATO besitzen; einem Beweise, auf dem dagegen das Gastmahl und der Staat, die wiederum mit dem Phaedo eng zusammengehören, bereits fußen und weiterbauen.

Voranzustellen ist nur einiges Allgemeinere, was zur Kennzeichnung der ganzen Absicht und Richtung der Beweisführung im Phaedo dienen mag.[132]

Daß PLATOS »Idee« sich auf nichts andres stützt, nichts andres zum wesentlichen Inhalt hat als das logische Verfahren, dafür ist der Phaedo ein Hauptzeuge. Die »Dialektik« des Phaedo tritt in ihm zum ersten Mal geradezu als Logik, als Denkkunde (hê peri tous logous technê, 90 B) auf, von deren Entscheid es abhängt, ob man Wahrheit, Erkenntnis dessen, was ist, erreicht oder nicht (90 D tês tôn ontôn alêtheias te kai epistêmês). Denn in den Denksetzungen (logos ist, nach dem (99 E) bestimmt ausgesprochenen Grundsatz des Idealismus, die Wahrheit dessen, was ist (der onta), in den logisch gegründeten, nach 90 C den »wahren und sicheren, einsehend zu erkennenden« (ontos dê tinos alêthous kai bebaiou logou kai dynatou katanoêsai), nach der ganzen, weiteren Ausführung 99 ff. durch zulängliche Deduktion gesicherten »Aussagen« d.i. Sätzen der Wissenschaft ist die Wahrheit der Gegenstände allein zu ersehen. Diese Sicherheit aber gründet sich in nichts als dem logischen Verfahren; wie es nicht nur eingehend entwickelt, sondern auch unter diesem Namen der »Weise des Verfahrens« (tropos tês methodou, 97 B, vgl. 99 D, 100 B usw.), wie schon im Phaedrus und noch weit nachdrücklicher später im Staat, hervorgehoben wird.

Daß die »Denkkunde« des Phaedo mit der »Unterredungskunde« des Phaedrus in der Wurzel eins ist, nur sie noch ungleich tiefer und weiter entwickelt, läßt sich leicht beweisen. Das alte Motiv der Unterredung, des auf gemeinsame Verständigung gerichteten »Fragens und Antwortens« (63 CD, 64 C u. ö.), des gegenseitigen Rechenschaftgebens (76 B, 63 C) wird oft und kräftig angeschlagen. Aber auch die Vertiefung, die dies sokratische Grundmotiv dann im Meno erfuhr: zur Verständigung mit »sich selbst«, zum Schöpfen aus dem Quell des eignen Bewußtseins, zur »Wiedererinnerung«, kommt nochmals stark zum Ausdruck; 73 A: Der richtig Gefragte gibt »selber« (von sich aus, da per sè, sagt GALILEI) die zutreffenden Antworten, also ist »Erkenntnis und richtiger Gedanke« (epistêmê kai orthos logos vgl. oben S. 41) von Haus aus in ihm (autois enousa) und wird durch Fragen nur geweckt; so besonders in der Geometrie.

Und zwar werden nun eben die reinen Denkbestimmungen, die sogenannten Ideen, hier durchweg mit diesem »Fragen und Antworten« in genaue Beziehung gesetzt, ja durch diese Beziehung geradezu definiert. Das ist ja auch nicht zu verwundern, wenn nach dem Theaetet (189 E) das reine[133] Denken, in dem sie entspringen, die dianota, nicht bloß eine »Rede«, die das Bewußtsein bei sich führt, ein logos, sondern eine innere Unterredung, ein sich selber Fragen und sich selbst Antwortgeben, ja und nein Sagen, also nicht ein Monolog, sondern ein Dialog in der Seele ist. Phaedo 78 D: Jenes Sein »selbst« (ousia und zwar autê hê ousia), von dem wir Rechenschaft geben, daß es ist, im Fragen und Antworten (ês logon didomen tou einai kai erôtôntes kai apokrinomenoi). 75 C: Es ist hier nicht bloß vom Gleichen die Rede, sondern ebenso gut vom Schönen selbst, vom Guten selbst, vom Gerechten, Heiligen, kurz von allem, welchem wir diese Marke aufprägen des »Was es ist« (ois episphragizometha touto ho esti, was hier ganz als Formel zu verstehen, mit dem als bekannt vorausgesetzten Sinn: was »es selbst«, d.h. was der Sinn der jedesmaligen Prädikation ist), in unsern Fragen, wenn wir fragen (z.B. Was ist das Schöne?), in unsern Antworten, wenn wir antworten (Das Schöne ist das und das). Vgl. 92 D: dasjenige Sein (ousia auch hier, wie ferner 76 D), welches den Beinamen führt des »Was es ist«. Dies wird hier (autês estin hê ousia...) wie 76 E (hêmeteran ousan) als eigner Besitz des Bewußtseins bezeichnet. Das Fragen und Antworten ist eben ein inneres, wie 100 E: die sichere Antwort, die ich mir selbst und jedem Andern geben kann; 101 D: ich hätte mich, wie man sagt, vor dem eignen Schatten (dem Gegenzeugnis des Selbstbewußtseins) zu fürchten, nämlich dem innern Widerspruch, wenn ich nicht an der »Sicherheit der Grund-setzung« hielte. Diese Stellen mögen alle die sich genau ansehen, denen das »Sein« der Ideen im Verdachte der Transzendenz steht. Es ist hiernach gar kein andres als das Sein in der logisch gegründeten Antwort auf die Frage: Was ist das Schöne, Gute u.s.f.

Den Fortschritt aber über den bisherigen Standpunkt, besonders über den Phaedrus hinaus empfindet man sofort darin, daß zwar in jenem, hier bereits zur Formel gewordnen »Was es ist« die alte sokratische Forderung der Definition festgehalten und stark hervorgehoben wird, durchweg aber mit noch ungleich größerer Wucht der andre, dort noch nicht zu seinem Recht gekommene Bestandteil des logischen Verfahrens: der Beweis hervorgekehrt und zum eigentlichen Fundament der Ideenlehre erhoben wird.

Fort und fort wird eingeschärft, wie man jeden Zweifel ordentlich durcharbeiten muß bis zu seiner völligen Bewältigung[134] (diapragmateusasthai, 95 E, vgl. 99 D, 100 B, 64 E, 67 B usw.); wie man die Schwierigkeiten verfolgen muß bis zur Lösung (das aporein mit dem Ziele des euporein, 84 CD). Besonders in der liebevoll gezeichneten Gestalt des SIMMIAS ist das Bedürfnis nach logischem Genügen ergreifend dargestellt: Es mag schwer, sogar unmöglich sein in diesem Leben zu völlig gewissem Wissen durchzudringen; aber man muß jedenfalls die Behauptungen über die Sache auf alle Weise prüfen, und nicht eher ablassen, als bis man nach allseitiger Untersuchung endlich »versagt«, und muß dies Eine jedenfalls durchsetzen: von Andern zu lernen oder auch selber zu finden, wie es sich mit der Sache verhält, oder, wenn das unmöglich, doch den besten, unwiderleglichsten der menschlichen »Sätze« darüber (logos, wie vorher legomena, was darüber behauptet, aufgestellt wird) wählen und mit ihm, wie auf einem Balken im Schiffbruch, auf jede Gefahr das ungewisse Meer des Lebens durchfahren, wenn man einmal nicht sicherer und gefahrloser auf einem verläßlicheren Fahrzeug, nämlich einem göttlichen Logos es durchreisen kann (85 CD; wo man in logos zugleich die Bedeutung der Begründung finden mag).

Auf »Zulänglichkeit« des Beweises wird fort und fort gedrungen (72 A, 101 E, 107 B u. ö.), die »Notwendigkeit« der Folge (wie schon einmal im Theaetet, 162 E) betont: der Folgesatz hat »gleiche Notwendigkeit« wie der Grund, aus dem er fließt; ist also der Vordersatz »zulänglich bewiesen«, so gilt mit »derselben Notwendigkeit« der Nachsatz (76 E – 77 A). LEIBNIZENS »zureichender Grund« (principium rationis sufficientis) hat seine Quelle im Phaedo. Bloßen Wahrscheinlichkeiten darf man sich nicht anvertrauen, in andern Gebieten so wenig wie in der Geometrie (92 CD). Der Vordersatz trägt durchweg den technischen Namen Hypothesis (93C, 94 B). Ein gewisser Satz (nicht zwar das Substantivum thesis steht da, aber das Verbum »setzen«, vgl. 100A tithêmi hôs alêthê onta, das setze ich als wahr) führt, als Obersatz (Hypothesis) genommen, zu falschen Schlußsätzen; er ist damit widerlegt. Der »Satz des Widerspruchs« wird formuliert, und er vertieft sich sofort zum »Satz vom Grunde«: derselbe Grund kann nicht kontradiktorische Folgen, dieselbe Folge nicht kontradiktorische Gründe haben. Doch das wird hernach zu ausführlicher Darstellung kommen; vorgreifend sei aber schon hier ausgesprochen, daß die wesentlichsten Sätze der aristotelischen Theorie des deduktiven Beweises (Apodeiktik) im Phaedo bereits vorliegen.[135]

Man muß es doch empfinden, wie durch die Anknüpfung nicht an die Definition allein, sondern an das Beweisverfahren die »Idee« sich vertieft. Sie besagt jetzt nicht mehr bloß den in unwandelbarer Identität festzuhaltenden Sinn der Prädikation als schön, als gut u.s.f., sondern besonders dies, daß eine erste Voraussetzung festgelegt wird, um alle Folgerungen daran anzuketten; daß in unwandelbarer Identität das Gesetz gelten muß durch alle Mannigfaltigkeit der Fälle hindurch, nicht, auf die es angewandt, sondern vielmehr, in die es entwickelt wird. Auf den Schein der Tautologie, daß das (einzelne) Schöne schön sei, einzig zufolge der Voraussetzung darüber, was »es selbst, das Schöne« ist, aus keinem andern »Grunde«, weist PLATO selbst ausdrücklich hin. Aber er zeigt auch, daß und wie das hierdurch nur erst eingeleitete logische Verfahren vorwärts führt eben kraft der Verkettung von Voraussetzung und Folge. Dadurch wird der Begriff gegründet im Gesetz, und das Gesetz in höheren Gesetzen bis zu den höchsten, die nur zu erreichen sind. Auf die Begründung als das Unterscheidungsmerkmal der »Erkenntnis« wies ja schon der Meno hin, aber mit ungleich größerer Wucht tritt sie hier auf als Kern des Logischen, als Fundament der »Idee«.

Indem wir diese durch das ganze Werk durchwirkende logische Tendenz, in der, wissenschaftlich angesehen, seine ganze und einzige Stärke liegt, uns stets vor Augen halten, gehen wir nun die Teile des Dialogs im besondern durch, die direkt von der Idee handeln. Es sind, von gelegentlichen Hinweisen abgesehen, vier zusammenhängende Darlegungen, in denen die Auffassung der Idee sich Stufe um Stufe vertieft. Sie sind gleichsam eingebettet in einen breiten Strom mehr ins Ethische und Religiöse, ja eigentlich Erbauliche hinübergleitender, stimmungsvoller Betrachtungen, in die uns zu versenken nicht nur außerhalb unsrer Aufgabe liegt, sondern für die gegenwärtige Absicht geradezu störend wäre. Nur wer für beides ungefähr gleich empfänglich ist, dem wird dies wunderreiche Denkmal auf SOKRATES seine tiefliegenden Schönheiten erschließen; ihn wird in den feinsten und schärfsten logischen Entwicklungen nicht das tragische Pathos des Sterbetags des Unsterblichsten loslassen, und in der erschütternden Predigt nicht die Klarheit der Besinnung – in der seine unsterblichste Unsterblichkeit liegt.

Quelle:
Paul Natorp: Platos Ideenlehre. Eine Einführung in den Idealismus. Leipzig 21921, S. 129-136.
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