37

[63] Aus drei Irrtümern. – Man hat in den letzten Jahrhunderten die Wissenschaft gefördert, teils weil man mit ihr und durch sie Gottes Güte und Weisheit am besten zu verstehen hoffte – das Hauptmotiv in der Seele der großen Engländer (wie Newton) –, teils weil man an die absolute Nützlichkeit der Erkenntnis glaubte, namentlich an den innersten Verband von Moral, Wissen und Glück – das Hauptmotiv in der Seele der großen Franzosen (wie Voltaire) –, teils weil man in der Wissenschaft etwas Selbstloses, Harmloses, Sich-selber-Genügendes, wahrhaft Unschuldiges zu haben und zu lieben meinte, an dem die bösen Triebe des Menschen überhaupt nicht beteiligt seien, – das Hauptmotiv in der Seele Spinozas, der sich als Erkennender göttlich fühlte: – also aus drei Irrtümern!

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 2, S. 63-64.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Die fröhliche Wissenschaft
Werke, Kritische Gesamtausgabe, Abt.5, Bd.2, Idyllen aus Messina; Die fröhliche Wissenschaft; Nachgelassene Fragmente Frühjahr 1881 - Sommer 1882
Die fröhliche Wissenschaft
Sämtliche Werke: kritische Studienausgabe in 15 Einzelbänden - Teil 3. Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft
Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft. Herausgegeben von G. Colli und M. Montinari.
Die fröhliche Wissenschaft - La gaya scienza