151

[637] Ein Talent haben ist nicht genug: man muß auch eure Erlaubnis dazu haben – wie? meine Freunde?


152

»Wo der Baum der Erkenntnis steht, ist immer das Paradies«: so reden die ältesten und die jüngsten Schlangen.


153

Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse.


154

Der Einwand, der Seitensprung, das fröhliche Mißtrauen, die Spottlust sind Anzeichen der Gesundheit: alles Unbedingte gehört in die Pathologie.


155

Der Sinn für das Tragische nimmt mit der Sinnlichkeit ab und zu.


156

Der Irrsinn ist bei einzelnen etwas Seltenes – aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.


157

Der Gedanke an den Selbstmord ist ein starkes Trostmittel: mit ihm kommt man gut über manche böse Nacht hinweg.


158

[637] Unserm stärksten Triebe, dem Tyrannen in uns, unterwirft sich nicht nur unsre Vernunft, sondern auch unser Gewissen.


159

Man muß vergelten, Gutes und Schlimmes: aber warum gerade an der Person, die uns Gutes oder Schlimmes tat?


160

Man liebt seine Erkenntnis nicht genug mehr, sobald man sie mitteilt.

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 2, S. 637-638.
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Ausgewählte Ausgaben von
Jenseits von Gut und Böse
Jenseits von Gut und Böse: Vorspiel einer Philosophie der Zukunft
Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral. Herausgegeben von G. Colli und M. Montinari.
Jenseits von Gut und Böse: Mit der Streitschrift 'Zur Genealogie der Moral' (insel taschenbuch)
Jenseits von Gut und Böse
Jenseits von Gut und Böse: Zur Genealogie der Moral