[638] Die Dichter sind gegen ihre Erlebnisse schamlos: sie beuten sie aus.
»Unser Nächster ist nicht unser Nachbar, sondern dessen Nachbar« – so denkt jedes Volk.
Die Liebe bringt die hohen und verborgnen Eigenschaften eines Liebenden ans Licht – sein Seltnes, Ausnahmsweises: insofern täuscht sie leicht über das, was Regel an ihm ist.
Jesus sagte zu seinen Juden: »das Gesetz war für Knechte – liebt Gott, wie ich ihn liebe, als sein Sohn! Was geht uns Söhne Gottes die Moral an!« –
Angesichts jeder Partei. – Ein Hirt hat immer auch noch einen Leithammel nötig – oder er muß selbst gelegentlich Hammel sein.
[638] Man lügt wohl mit dem Munde, aber mit dem Maule, das man dabei macht, sagt man doch noch die Wahrheit.
Bei harten Menschen ist die Innigkeit eine Sache der Scham – und etwas Kostbares.
Das Christentum gab dem Eros Gift zu trinken – er starb zwar nicht daran, aber entartete, zum Laster.
Viel von sich reden kann auch ein Mittel sein, sich zu verbergen.
Im Lobe ist mehr Zudringlichkeit als im Tadel.
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Jenseits von Gut und Böse
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