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[1124] Am Scheidewege. – Pfui! Ihr wollt in ein System hinein, wo man entweder Rad sein muß, voll und ganz, oder unter die Räder gerät! Wo es sich von selber versteht, daß jeder das ist, wozu er von oben her gemacht wird! Wo das Suchen nach »Konnexion« zu den natürlichen Pflichten gehört! Wo keiner sich beleidigt fühlt, wenn er auf einen[1124] Mann mit dem Winke aufmerksam gemacht wird »er kann Ihnen einmal nützen«! Wo man sich nicht schämt, Besuche zu machen, um die Fürsprache einer Person zu erbitten! Wo man nicht einmal ahnt, wie man sich durch eine geflissentliche Einordnung in solche Sitten ein für allemal als geringe Töpferware der Natur bezeichnet hat, welche andre verbrauchen und zerbrechen dürfen, ohne sich sehr dafür verantwortlich zu fühlen; gleich als ob man sagte: »an solcher Art, wie ich bin, wird es nie Mangel geben: nehmt mich hin! Ohne Umstände!«

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 1, S. 1124-1125.
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Morgenröte
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Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft. Herausgegeben von G. Colli und M. Montinari.
Morgenröte. Gedanken über die moralischen Vorurteile.
TITLE: Werke in drei Bänden (mit Index), Bd.1: Menschliches, Allzumenschliches / Morgenröte
Morgenröte: Gedanken über die moralischen Vorurteile (insel taschenbuch)