Harpyien

[59] Harpyien (lat. Rapae), die Göttinnen des hinreißenden Sturmes. In der Ilias kommt nur eine H., Podarge, vor, welche in Stutengestalt von Zephyros Mutter der Rosse des Achilleus, Xanthos u. Balios, wurde; in der Odyssee kommen H. im Plural zuerst vor, wo es von spurlos von der Erde Verschwundenen heißt, die H. haben sie hinweggerafft. Sie wohnen nebst den Erinnyen am Okeanos vor dem Eingang in das Schattenreich u. sind Gottheiten der Stürme, ohne besondere Namen u. Gestalt. Bei Hesiod sind sie schöngelockte u. geflügelte Töchter des Thaumas u. der Elektra u. heißen Aëllo (Sturm) u. Okypete (Raschflug), nach And. sind sie Töchter des Pontos u. der Gäa, des Poseidon etc. Andere fügen noch die Keläno zu u. nehmen mit Podarge (Schnellfuß) vier an; bei And. heißen sie Thyella (Sturm), Acheloë u. Aëllopus (Sturmfuß). Da sie später als Strafgöttinnen für Übelthäter gedacht wurden, so bildete man sie ab als Raubvögel mit jungfräulichen Gesichtern u. Bärenohren, mit schmutzigem Leib, daran menschliche Arme mit großen Krallen u. menschliche Schenkel, welche in Hahnenfüßen ausliefen. Dem, gegen welchen sie zur Strafe ausgesendet wurden, fraßen sie die Speisen weg, u. was sie übrigließen, besudelten sie mit ihrem Unflath, daß es nicht genießbar war. Dies widerfuhr dem thracischen König Phineus, u. derselbe wurde erst von den Argonauten Kalais u. Zetes befreit, welche die H. bis zu den Strophadischen Inseln trieben u. sie dort bannten. H. erscheinen auf Wappen als Adler mit vorwärts gekehrten Jungfrauenköpfen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 59.
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