Abdeckung von Bauwerken

[1] Abdeckung von Bauwerken (water proofing of buildings; isolement imperméable; coprimento impermeabile) mit wasserdichten Stoffen zum Schutze gegen das Eindringen von Feuchtigkeit.

Steinerne Bauwerke müssen vor dem Eindringen der Feuchtigkeit in das Mauerwerk geschützt werden, weil diese den Mörtel auslaugt und seiner Festigkeit beraubt, Ausblühungen des Steines verursacht und durch die Frostwirkung das Gefüge des Steins und des Mauerwerks zerstört. Von der guten Beschaffenheit der A. ist somit die Lebensdauer des Bauwerks abhängig. Im Eisenbahnbau ist ein sorgfältiger Schutz gegen das Eindringen von Niederschlagswasser bei gewölbten und Eisenbetondurchlässen, Viadukten u.s.w. schon mit Rücksicht auf die durch den Betrieb gebotene Bestandsicherheit erforderlich. Während diese Objekte nur in ihren oberen Teilen einer A. bedürfen, sind Bauwerke, die ganz im gewachsenen Boden oder unter Wasser eingebaut werden, wie Personentunnel, Untergrundbahnen, Unterwassertunnel u. dgl. nach allen Seiten gegen Grundwasser zu sichern, teils zum Schutze der Bauwerke selbst, teils um die geschaffenen Räume trocken zu halten.

Der Schutz gegen das Eindringen der Feuchtigkeit erfolgt gewöhnlich durch einen wasserdichten Putz, einen Aufstrich oder eine A. mit plattenförmigen Körpern. Die A. soll auch wirksam sein, wenn das Bauwerk infolge ungleichen Setzens oder einseitiger Verdrückung, oder infolge der Erschütterungen des Bahnbetriebs Risse bekommt. Wasserdichte Putze und Aufstriche bieten in diesem Falle keinen Schutz, weil sie mit dem Mauerwerk reißen. Ein dauernder Schutz gegen Feuchtigkeit kann nur durch selbständige plattenförmige Körper erzielt werden, die nicht alle Bewegungen des Bauwerks mitmachen. Diese Art der A. soll hier besprochen werden.

Zusammensetzung der Abdeckstoffe. Die plattenförmigen Abdeckstoffe bestehen aus dem eigentlichen Isoliermittel, das die Feuchtigkeit abhält, und dem Träger, der den Abdeckstoff selbständig machen und ihm eine gewisse Festigkeit geben soll. Der Träger besteht meist aus organischen Stoffen (tierischen Haaren, Pflanzenfasern), die der Fäulnis unterworfen sind und daher durch Tränkung mit fäulniswidrigen Stoffen haltbar gemacht werden müssen. Das Tränkmittel kann dem Isoliermittel ähnlich oder gleich sein. Die Isolierschicht wird meist auf den getränkten Träger beiderseits aufgebracht. Isoliermasse und Tränkmasse können auch vereinigt sein. Mit Rücksicht auf die Herstellung und Beförderung der Abdeckstoffe werden sie gewöhnlich in einzelnen Stücken – Platten oder Streifen – hergestellt und diese auf dem Bauwerk mit Nähten verklebt. Die Klebemasse muß die Isoliermasse der einzelnen Stücke verbinden und ihr daher ähnlich sein.

Damit die Platten vor ihrer Verwendung nicht zusammenkleben, werden sie meist mit einem besonderen Stoff überzogen (bestreut).

Beschaffenheit des Isolierstoffs, Tränkstoffs und Klebemittels. Die Isoliermasse muß wasserundurchlässig und zähe sein; sie darf in der Kälte (bis – 5°) nicht spröde und in der Wärme (bis + 35°) nicht flüssig werden. Diese Eigenschaften muß sie dauernd bewahren und deshalb beständig, d.h. unempfindlich gegen den Einfluß von Säuren, Alkalien, der Luft und des Wassers, sowie von Fäulnisbakterien sein.

Ähnliche, wenn auch weniger strenge Anforderungen, sind an das Tränkmittel zu stellen; dieses muß außerdem die Faser des Trägers gut durchdringen.

Die geforderten Eigenschaften werden durch die natürlichen und künstlichen Kohlenwasserstoffverbindungen (Bitumina) und deren Mischungen in mehr oder weniger vollkommener Weise erfüllt. Als solche sind zu nennen:

1. Die Destillationsstufen des Steinkohlenteers: Steinkohlenteerpech (bei gewöhnlicher Temperatur fest; gegen Säuren und Alkalien[1] ziemlich unempfindlich), Anthrazenöl, Kreosotöl, Karbolöl (bei gewöhnlicher Temperatur flüssig).

2. Die Destillationsstufen des Braunkohlenteers: Braunkohlenteerpech (fest), Paraffinöl (flüssig).

3. Die Destillationsstufen des Erdöls: Erdölpech (fest), schweres und leichtes Maschinenöl (flüssig).

4. Natürlicher Asphalt, u. zw. in erster Linie das aus dem Trinidadasphalt gewonnene Epurée mit etwa 66% Bitumengehalt; daneben Asphalte von Dalmatien, Bermudas, Java. Asphalt ist zähe, in der Kälte nicht spröde, gegen Säuren und Alkalien etwas empfindlicher als Steinkohlenteerpech.

5. Stearinpech, fest bis flüssig. Stearinpech und Petrolpech ähneln dem natürlichen Asphalt.

Als Grundstoff des Isolier-, Tränk- oder Klebemittels dient eines der genannten festen Bitumina oder ihre Mischung. Zur leichteren Verflüssigung und Erhöhung der Zähigkeit werden flüssige Bitumina zugesetzt, u. zw. bei Isoliermitteln weniger, bei Tränkmitteln und Klebemitteln mehr. Das Klebemittel erhält außerdem einen Harzzusatz.

Die Träger des Abdeckstoffs. Der Träger verleiht dem Abdeckstoff seine Festigkeitseigenschaften; er soll eine gewisse Zerreißfestigkeit und Dehnung besitzen, biegsam, nicht brüchig und von großer Saugfähigkeit sein.

1. Rohpappe. Rohpappe wird überwiegend aus Baumwollumpen hergestellt. Das Gewicht eines Quadratmeters beträgt 300–1000 g; die Zerreißfestigkeit eines Streifens von 1 cm Breite: 2–4 kg bei 2% Dehnung. Die Pappe soll mindestens 120% ihres Gewichtes Anthrazenöl aufnehmen.

Als Wollpappe oder Wollfilz wird eine Pappe bezeichnet, zu deren Herstellung überwiegend Wollumpen benutzt werden, und die daher etwa 50% Wollfaser enthält. Sie ist saugfähiger als die gewöhnliche Rohpappe (Aufnahmsfähigkeit 200% Anthrazenöl). Die Wollfaser ist fäulnisbeständiger als die Baumwollfaser.

2. Asphaltfilz. Asphaltfilz besteht aus Flachs und Jutefasern, die verfilzt und unter Zusatz einer Steinkohlenteerpech-Lösung zu Platten von 2∙5 oder 4 mm Stärke zusammengepreßt werden, 1 m2 wiegt 1∙6, bzw. 2∙6 kg, davon 50% Faser und 50% Tränkstoff. Zerreißfestigkeit einer 3 mm starken Platte für 1 cm Breite 4∙5 kg in der Längsrichtung, 6∙5 kg in der Querrichtung, Dehnung 8%.

3. Jutegewebe. Am meisten werden Gewebe mit doppeltem Kettenfaden verwendet, tarpauling oder double wharp bagging von 450–700 g Gewicht für das Quadratmeter. Zerreißfestigkeit für 1 cm Breite in Längs- und Querrichtung 15–30 kg, je nach der Zahl der Fäden. Dehnung 2%.


Die Fertigfabrikate.


A. Einfache Stoffe. 1. Dachpappe. Die Dachpappe wird durch Tränkung der Roh pappe in einer Steinkohlenteerpech-Lösung her gestellt und mit Sand bestreut. Sie nimmt etwa das Zwei- bis Dreifache ihres Gewichtes auf.

Isolierpappe ist Dachpappe mit einer stärkeren (4–5fachen) Teermenge; sie wird mit Kies bestreut und zum Schutz gegen aufsteigende Feuchtigkeit im Mauerwerk verwandt.

Isolierplatten bestehen aus unbesandeter Dachpappe, einem beiderseitigen Aufstrich von Isoliermasse und Bekiesung. Ruberoid und Semptalin sind Wollpappe, die mit einem weichen Bitumen getränkt, mit einem harten Bitumen überzogen und mit Talk bestreut ist.

2. Asphaltfilzplatten. Asphaltfilzplatten werden so hergestellt, daß Asphaltfilz beiderseits mit Isoliermasse bestrichen und bekiest wird.

3. Juteplatten. Juteplatten werden meist in der Weise hergestellt, daß Jutegewebe getränkt und beiderseits mit Isoliermasse bestrichen und besandet wird.

B. Zusammengesetzte Stoffe. Zusammen gesetzte Stoffe bestehen aus einer inneren Lage von Walzblei von 0∙09–0∙27 mm Stärke, und je einer beiderseits mit Isoliermasse aufgeklebten Schutzschicht von unbesandeter Dachpappe oder Asphaltfilz.


Herstellung der Abdeckung.


Die Herstellung der Abdeckung kann in der Weise geschehen, daß die fertigen Platten auf das Bauwerk aufgeklebt werden, oder daß die Platten auf dem Bauwerk selbst hergestellt werden. Die fertigen Platten werden in Streifen von 0∙81–1, auch 2 m Breite, 5–20 m Länge bezogen, auf die geglättete Oberfläche des Mauerwerks (Putzschicht) aufgelegt und an den Nähten verklebt. Ein Aufkleben der Abdeckplatten ist fehlerhaft, weil sie dann gezwungen sind, die Bewegungen des Mauerwerks mitzumachen. Die Richtung der Bahnen soll der Neigung folgen. Will man eine besonders gute Abdeckung herstellen, so wird auf die erste eine zweite Schicht aufgeklebt; alle Stöße (Nähte) werden hierbei versetzt.

Es ist erforderlich, die fertige Abdeckung vor dem Schub des Erdbodens zu schützen, da er ein Zerreißen herbeiführen könnte. Auch ist es notwendig, scharfe Bestandteile der Hinterfüllung (Scherben und Bruchsteine) fernzuhalten, da sie die Abdeckschicht durchlöchern[2] könnten. Man bringt deshalb auf die Abdeckschicht womöglich eine flach verlegte Ziegelschicht oder statt dessen eine Putzschicht auf.

Die schwächsten Punkte der Abdeckung sind die Nähte; bei ihrer Herstellung ist darauf zu achten, die Isolierschichten miteinander innig zu verbinden, so daß der Träger nirgends zutage tritt. Ist der Abdeckstoff bei der Herstellung bekiest worden, so stören die Kieskörner den Zusammenhang zwischen den Isolierschichten. Durch die Bekiesung ist außerdem die Gefahr gegeben, daß die Kieskörner durch die Isolierschicht hindurch bis zum Träger gedrückt werden und dadurch die ganze Abdeckung unwirksam machen. Die Lieferung bekiester Abdeckstoffe sollte daher nicht zugelassen werden, zumal eine Notwendigkeit für die Bekiesung nicht vorliegt. Bei den Abdeckstoffen mit Bleieinlage muß an den Nähten ein Falz hergestellt werden, bei dem Blei auf Blei, Schutzschicht auf Schutzschicht kommt. Vorzuziehen ist die Verlötung des Bleies an der Naht.

Bei vorübergehenden Bauten und bei sehr geringem Wasserandrang, z.B. bei Viadukten, unter Bahnsteigdächern genügen Isolierplatten. Für gewöhnlich wird man Asphaltfilzplatten oder Juteplatten verwenden, oder eine Vereinigung beider (eine Lage Juteplatten, darüber eine Lage Asphaltfilzplatten). Juteplatten werden wegen ihrer größeren Zerreißfestigkeit überall da gewählt, wo starke Formänderungen des Bauwerks zu befürchten stehen, und da, wo auf engem Raum gearbeitet werden muß, da sie handlicher sind als die Filzplatten (z.B. bei Tunneln). Für stark geneigte oder senkrechte Flächen eignet sich Asphaltfilz nicht, da er sich bei Sonnenbestrahlung dehnt und womöglich zerreißt. Abdeckstoffe mit Bleieinlage verwendet man bei starkem Wasserandrang.

Die Herstellung der Abdeckplatten auf dem Bauwerk selbst, mit Dachpappe oder Asphaltfilz als Träger, hat den Vorteil, daß jede Sand- oder Kiesbestreuung fortfällt, dagegen den Nachteil, daß man von Witterungseinflüssen abhängig ist, und daher das ganze Bauwerk während der Ausführung vor Feuchtigkeit und Kälte schützen muß, wenn man eine gute Ausführung erlangen will. Sie kann ernstlich in Frage kommen, wenn ein Schutz gegen Feuchtigkeit und Frost ohnehin gegeben ist, z.B. bei Arbeiten in überdeckten Räumen.


Beim Bau der Unterpflasterbahnen in Budapest, Berlin und Hamburg sind die Abdeckplatten mit gutem Erfolg auf dem Bauwerk selbst hergestellt worden. Zunächst wird eine dünne Mauerwerkschicht aufgeführt und gut abgeglichen, darauf kommt eine Schicht unbesandete Pappe. Diese wird an den Nähten verklebt, mit Isoliermasse bestrichen und dann eine weitere Pappschicht aufgeklebt; je nach dem Wasserandrang werden in dieser Weise 2–5 Papplagen angewendet. Auf diese Abdeckschicht kommt das eigentliche Tunnelmauerwerk. (Sohle und Seitenwände des Bahnkörpers.) Ausdehnungsfugen im Bahnkörper werden in Abständen von 50 m gelassen. Hier wird der Abdeckstoff beiderseits durch einen Zinkblechstreifen von 15 cm Breite geschützt, innerhalb dessen die Ausdehnung und Zusammenziehung der Abdeckschicht erfolgt (s. die Artikel Gewölbe und Tunnelbau).

Schimpff.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 1-3.
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