Ausgleichhebel

[316] Ausgleichhebel (compensating lever's; balancier; bilanciere), auch Balancier, wird jeder zweiarmige, von parallelen oder annähernd[316] parallelen Kräften beanspruchte Hebel genannt, der den Zweck hat, das Verhältnis der Belastungen zweier Tragfedern eines Eisenbahnfahrzeugs konstant zu erhalten.

Wenn auch bei drei- oder mehrachsigen Fahrzeugen die Radbelastung durch Nachspannen der Federn innerhalb gewisser Grenzen reguliert werden kann, so treten doch durch die Unebenheiten der Fahrbahn oder durch Setzen der Tragfedern zeitweise Entlastungen oder Mehrbelastungen einzelner Federn ein, die durch die Verbindung der Tragfedern mittels A. vermieden werden können.

Gewöhnlich werden gleicharmige A. verwendet; bei größerer Verschiedenheit der Eigengewichte der verbundenen Räderpaare wird das Verhältnis der Hebelarme des A. derart gewählt, daß die Raddrücke gleich groß werden.

Bei einem in drei Punkten gelagerten Fahrzeuge ist die Verteilung des Gewichts auf die Unterstützungspunkte vollkommen bestimmt und nur von der Lage dieser Punkte gegen den Schwerpunkt des Fahrzeugs abhängig.

Sind mehr als drei Unterstützungspunkte vorhanden, so entspricht die Druckverteilung nicht mehr einem statisch vollkommen bestimmten System, und ist daher nicht mehr von der relativen Lage des Schwerpunkts zu den Stützpunkten allein, sondern auch von den elastischen Deformationen, die bei den Stützen oder an dem Fahrzeug selbst auftreten, abhängig. Hieraus ergibt sich, daß die Belastung der Tragfedern von Fahrzeugen durch die Änderungen der relativen Höhenlagen der Stützpunkte wesentlich beeinflußt wird, wenn nicht durch die Anbringung von A. die Druckverteilung nach einem statisch bestimmten Systeme und damit eine tunlichste Unveränderlichkeit der Verteilung der Drucke herbeigeführt würde.

Je nach der Anordnung unterscheidet man Längs- und Querausgleichhebel.

Durch die ersteren (Abb. 162 u. 164) wird das Verhältnis der Belastung der auf einer Seite des Fahrzeuges liegenden Tragfedern zweier

Achsen fixiert; die letzteren (Abb. 162, 163 u. 164) verbinden die auf den beiden Seiten des Fahrzeugs befindlichen Tragfedern einer Achse behufs Erzielung einer möglichst gleichen Belastung der beiden Stummel der betreffenden Achse.

Die Funktion des Querausgleichhebels ist manchmal auf die Feder selbst übertragen, indem für die ganze Achse nur eine Querfeder gegeben wird (Abb. 166), anstatt für jeden Stummel eine separate Feder.

Wenn infolge größerer Achsentfernung oder aus anderen Ursachen die Anbringung von A.[317] auf Schwierigkeiten stößt, können Konstruktionen, die der Hauptsache nach in der Verbindung der Tragfedern durch Zugstangen und Winkel bestehen (Abb. 165), an Stelle der A. mit gleichem Erfolg Verwendung finden.

Bei der Konstruktion der A. ist ein besonderes Augenmerk der Dimensionierung der Drehzapfen bezüglich entsprechender Lagerflächen zuzuwenden, damit nicht zu große Widerstände sich der Drehung des A. entgegensetzen wodurch der angestrebte Zweck teilweise oder ganz vereitelt würde.

Bei Wagen finden A. nur selten Verwendung. Bei dreiachsigen Tendern werden häufig die Tragfedern von zwei Achsen mit Längsausgleichhebeln verbunden. Betreffend Anordnung von A. an den verschiedenen Lokomotivbauarten s. Lokomotive.

Gölsdorf.

Abb. 162. a) Querausgleichhebel; b) Längsausgleichhebel.
Abb. 162. a) Querausgleichhebel; b) Längsausgleichhebel.
Abb. 163. Querausgleichhebel.
Abb. 163. Querausgleichhebel.
Abb. 164. c) Längsausgleichhebel.
Abb. 164. c) Längsausgleichhebel.
Abb. 165.
Abb. 165.
Abb. 166. Querfeder als Ausgleichhebel.
Abb. 166. Querfeder als Ausgleichhebel.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 316-318.
Lizenz:
Faksimiles:
316 | 317 | 318
Kategorien: