Baukapital

[6] Baukapital (capital for construction; capital de construction; capitale o fondo di costruzione), die zur Deckung der Baukosten (s.d.) einer Eisenbahn erforderlichen Geldmittel.

Die Beschaffung des B. erfolgt bei Privatbahnen in der Regel durch Ausgabe von Aktien oder Obligationen, bei Staatsbahnbauten nach vorheriger gesetzlicher Genehmigung durch Aufnahme eigener Eisenbahn- oder allgemeiner Staatsschuldverschreibungen, durch Aufnahme schwebender Schulden oder Einstellung der erforderlichen Kredite in das ordentliche Budget. Das B. wird bei Aufnahme fundierter Anleihen aus dem wirklichen Erlös dieser Wertpapiere gebildet und ist gewöhnlich niedriger als das Nennkapital[6] (Anlagekosten, s.d.); weil die Aufnahme der Anleihe – gleichgültig, ob es sich um Privat- oder Staatsanleihen handelt – selten zum Nennwert stattfinden kann.

Die Höhe des B. wird auf Grund der Bauentwürfe bestimmt und unterliegt ebenso wie die Höhe des Mindestausgabekurses der Genehmigung der Regierung oder der gesetzgebenden Körperschaften; auch eine Erhöhung des B. kann nur nach vorheriger Genehmigung der maßgebenden Faktoren erfolgen.

Das etwaige Mehrerfordernis wird bei Staatsbahnbauten aus den laufenden Beständen oder durch eine neue Anleihe gedeckt, bei Privatbahnen meist zunächst durch Aufnahme einer schwebenden Schuld gegen nachträgliche Deckung durch Ausgabe von Wertpapieren bei günstiger Lage des Geldmarktes.

Über die Verwendung des B. ist, je nachdem es sich um Staats- oder Privatbauten handelt, den gesetzgebenden Körperschaften oder der Regierung ordnungsmäßiger Nachweis zu liefern. Eine diesbezügliche Verpflichtung ist meist in den Gesetzen oder Genehmigungsurkunden enthalten.

Die für einen Bau zur Verfügung stehende Geldsumme sowie die zu Lasten des Baues verausgabten Beträge sind nach bestimmter, meist staatlich vorgeschriebener Gliederung in einem Baukonto vorzutragen. Dem Baukonto (Baufonds) dürfen nur die zu den eigentlichen Baukosten (s.d.) gehörigen Ausgaben zu Last geschrieben werden.

Bei Privatbahnen pflegt das Baukonto, sofern die Genehmigungsurkunde nicht etwas anderes bestimmt, erst geschlossen zu werden, wenn das für die Herstellung der Bahnanlage beschaffte B. aufgebraucht ist. Häufig wird jedoch das Baukonto auch nach gänzlicher Vollendung des Baues, endgültiger Abnahme der Bahn (s.d.), Beseitigung der Mängel u.s.w. geschlossen und der etwa zu gunsten des Baukontos sich ergebende Überschuß einem besonderen Fonds (Reserve-, Erneuerungs-, Anlagefonds u.s.w.) überwiesen, zu dessen Lasten dann die Kosten der späterhin etwa aus Betriebsrücksichten oder auf behördliche Anordnung noch durchzuführenden Ergänzungsbauten, sofern sie den Bahnwert erhöhen, bei Zustimmung der Staatsaufsichtsbehörde, verrechnet werden. Bei Privatbahnen ohne derartigen Fonds unterliegt die Eröffnung eines Baukontos für Nachtragsbauten und die Art der Beschaffung der noch notwendigen Mittel der Genehmigung der Staatsverwaltung.

Sollte bei Staatsbahnbauten nach Ablauf der im Gesetz festgesetzten Fristen der Bau noch nicht vollendet oder der genehmigte Baufonds überschritten sein, so kann die Genehmigung zur Erhöhung des Baukontos nur im Wege der Gesetzgebung erwirkt werden. Da der Abschluß des Baukontos bei Staatsbahnen meist kurz nach der Betriebseröffnung erfolgt und die gegenüber dem genehmigten Baufonds etwa nicht verausgabten Beträge verfallen (somit keine Er neuerungs- oder Reservefonds gebildet werden), so muß für nachträglich notwendige Arbeiten, die den Bahnwert erhöhen und somit eigentlich dem Baukonto zu Lasten geschrieben werden sollen, von Fall zu Fall entweder im Wege der Einstellung in das Jahreserfordernis (Etat) des die Staatsbahnen verwaltenden Ministeriums oder bei bedeutenden Kapitalsanlagen im Wege einer besonderen Gesetzesvorlage der erforderliche Baukredit (Investitionskredit) erwirkt und für die einzelnen Bauten ein eigenes Konto eröffnet werden.

v. Enderes.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 6-7.
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