Kilometerhefte

[355] Kilometerhefte (Kilometerkarten), Fahrausweise, auf Grund deren die berechtigte Person Fahrten auf beliebigen Strecken einer Eisenbahnverwaltung bis zu der Gesamtentfernung, auf die sie lauten, mit allen fahrplanmäßigen Zügen innerhalb der auf dem K. angegebenen Gültigkeitsdauer unternehmen kann.

Die Form und Ausstattung der K. ist verschieden. Entweder enthalten sie in einem Umschläge eine Anzahl Einlegeblätter, auf denen vor Antritt jeder Fahrt der Reisende Anfangs- und Endstation der zu befahrenden Strecke; der Schalterbeamte die Kilometeranzahl einzutragen hat (so z.B. in den Niederlanden, bei der Eisenbahn Wien – Aspang und früher bei den badischen Staatsbahnen), oder die Einlegeblätter sind in kleine Abschnitte für je 1 km (1 Meile) eingeteilt, und der Reisende gibt bei jeder Fahrt so viel Abschnitte ab, als die zu befahrende Strecke km (Meilen) ausmacht (so u.a. in Nordamerika, Südafrika und früher in der Schweiz).

Im letzteren Falle werden die K. als Zahlungsmittel für soviele km Fahrt verwendet, als für die einzelne Reise nötig sind.

Der Preis der K. ist nach der Zahl der km, auf die sie laufen, abgestuft. Gewöhnlich[355] gewähren sie Preisermäßigungen und können auf einigen Bahnen auch von den mit dem Inhaber im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen (einschließlich der Dienstboten) sowie von dessen Geschäftspersonal benützt werden.


K. fanden zuerst in Nord-Amerika Verwendung (Tausendmeilenkarten). Dort werden Meilenbücher zu 500 Meilen – die einzelnen Blätter sind in 20 Abschnitte für je eine Meile eingeteilt – und Meilenhefte für 500, 1000 und 2000 Meilen ausgegeben. Letztere sind auf lange, in Abschnitte für je 1 und je 5 Meilen eingeteilte Papierstreifen gedruckt und mit steifem Umschlage versehen.

Auf den vier niederländischen Hauptbahnen werden Kilometerbücher mit ganz- oder halbjähriger Gültigkeitsdauer ausgegeben. Die Preise betragen für die 12 Monate gültigen K. in den drei Wagenklassen für je 1000 km 30, 22∙50 und 15 Gulden, für die 6 Monate gültigen K. für je 500 km 15, 11∙25 und 7∙50 Gulden. Für die Benützung von D-Zügen wird ein Zuschlag eingehoben.

K. sind ferner bei den russischen und vereinzelt auch bei den englischen Eisenbahnen in Verwendung.

In Österreich werden K. nur von der Eisenbahn Wien-Aspang, u.zw. bis zu einer Gesamtentfernung von 2000 Tarifkilometern, mit Gültigkeit für ein Kalenderjahr und die als Inhaber angegebene Person ausgestellt. Der Preis beträgt, einschließlich Fahrkartensteuer, für die I. Klasse 130 K, für die II. Klasse 90 K und für die III. Klasse 50 K, wozu noch eine Ausfertigungsgebühr von je 1 K eingehoben wird.

In Deutschland bestehen, seitdem mit der Personentarifreform (1907) die K. der badischen Staatsbahnen (Gesamtentfernung 1000 km, für die III. Klasse auch 500 km) aufgehoben sind, keine ähnlichen Einrichtungen.


Literatur: Ztg. d. VDEV., Jg. 1901 und 1902. – v. Stierlin, Fahrkarten, internationaler Eisenbahnkongreß-Verband, achte Sitzung, Bern, 1910, Frage XI.

Grünthal.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 355-356.
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