Kinderfürsorge

[356] Kinderfürsorge, die Sorge für das geistige und leibliche Wohl der Kinder der Eisenbahnbediensteten. Neben einer umfangreichen privaten Tätigkeit auf diesem Gebiete durch Vereinigungen von Eisenbahnbediensteten, insbesondere durch Eisenbahnfrauenvereine (z.B. in Preußen) widmen sich auch besonders die großen Staatsbahnverwaltungen in stets zunehmendem Maße der K hinsichtlich der Kinder ihrer Angestellten. Abgesehen von der freien ärztlichen Behandlung in Erkrankungsfällen, die die Eisenbahnverwaltungen vielfach den Familienangehörigen ihrer Beamten in demselbem Umfange, wie diesen selbst gewähren, erstreckt sich die K naturgemäß in erster Linie auf kleine abgelegene Orte, an denen zahlreiches Eisenbahnpersonal stationiert ist. So wendet z.B. die preußisch-hessische Staatseisenbahnverwaltung jährlich über 100.000 M. auf, durch Gewährung von Beiträgen zur Förderung der Hauskrankenpflege[356] an Orten, zur Errichtung von Krankenhäusern, zur Einrichtung und zum Betriebe von Kleinkinderschulen, Kindergärten, Waldschulen und ähnlichen Anstalten, auch wenn diese Einrichtungen ihren Bediensteten oder deren Kindern nur teilweise zugute kommen. Außerdem hat die genannte Verwaltung an 6 Orten mit größeren Eisenbahnerkolonien eigene Kleinkinderschulen geschaffen, die sie ebenso wie einen von ihr eingerichteten Kindergarten auf eigene Kosten betreibt.

In besonders ausgedehntem Maße erfolgt die K. bei den österreichischen Eisenbahnen, vor allem bei den Staatsbahnen. Die Kinder der Bediensteten erhalten u.a. aus Mitteln der Krankenkasse unentgeltliche ärztliche Behandlung und Heilmittel, außerdem wird die K. durch die Verwaltung selbst sowie durch eine Anzahl von Spenden und Vereinen nach verschiedenster Richtung betätigt. Es sei u.a. hingewiesen auf Eisenbahnschulen, Kinderasyle, Ferienkolonien, auf Entsendung von Kindern in Kurorte, Ermöglichung des Studiums der Söhne an Mittelschulen durch Unterrichtsbeiträge, auf Heiratsausstattungen für Töchter und deren bessere Ausbildung durch Unterbringung in Lehr- und Erziehungsanstalten, auf Weihnachtsbescherungen, Zuwendung von Unterstützungen u.s.w.

Die Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen unterhält eigene Schulen für die Kinder ihrer Bediensteten, u.zw. zurzeit 5 deutsche Primarschulen und eine Sekundärschule.

Ähnlich fördert auch die Verwaltung der italienischen Staatsbahnen in abgelegenen Orten die Errichtung von Volksschulen durch Geldbeiträge oder Hergabe der erforderlichen Räume und unterstützt Einrichtungen zum Zwecke der Vereinigung und Beaufsichtigung der Kinder ihrer Angestellten, wie Kindergärten u. dgl.

In weitem Umfange pflegen die Eisenbahnverwaltungen den Kindern ihrer Beamten freie Fahrt zum Besuche von Schulen aller Art oder besonderer Unterrichtsstunden (Musik stunden, Nähunterricht) sowie zur Erlernung eines Handwerks zu gewähren, wenn am Wohnorte des Beamten für diese Ausbildung keine Gelegenheit ist.

Matibel.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 356-357.
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