Parlamentszüge

[469] Parlamentszüge (parliamentary oder cheap trains), in England üblicher Ausdruck für Personenzüge mit niedrigen Tarifsätzen, zu deren Einlegung die Eisenbahngesellschaften durch Ges. vom 9. August 1844 gezwungen wurden. Bei der Ausbildung des Personenfahrplans hatten die englischen Eisenbahnen den Verkehr III. Klasse, als den weniger ertragsreichen, anfangs sehr vernachlässigt zu gunsten des höhere Einnahmen versprechenden Verkehrs der oberen Wagenklassen. Hiergegen schritt die Regierung von Aufsichts wegen ein. Sie legte den Eisenbahnen durch Gesetz die Verpflichtung auf, auf jeder Bahn in beiden Richtungen täglich mindestens einen Zug mit einer Wagenklasse zum Preise von höchstens 1 Penny (8∙5 Pf.) f. d. Meile = 5∙33 Pf/km zu fahren. Anfangs beschränkten sich die Eisenbahnen auf diesen einen oder auf die wenigen für den Arbeiterverkehr unumgänglich notwendigen Züge III. Klasse. Zuerst bei der Midland-Eisenbahngesellschaft und bald darauf auch bei den anderen größeren Verwaltungen griff dann aber eine andere Auffassung über die Ertragsfähigkeit des Personenverkehrs in den verschiedenen Wagenklassen Platz. Die Folge davon war, daß seit dem Jahre 1872 auch ohne gesetzlichen Zwang eine Weiterentwicklung des Verkehrs in der III. Klasse stattgefunden hat. Im Jahre 1883 ist dann durch die Cheap trains – Akte das Gesetz über die P. wieder aufgehoben (s. Großbritanniens und Irlands Eisenbahnen, Bd. V, S. 379). Seitdem bildet der Verkehr in der III. Klasse die Haupteinnahmequelle für die englischen Eisenbahnen im Personenverkehr (s. Fahrplan und Personentarife).

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 469.
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