Haslinger, Carl

[385] Haslinger, C. Carl Haslinger wurde am 11. Juni 1816 zu Wien geboren, absolvierte am akademischen Gymnasium vier Schulklassen und wendete sich in frühester Jugend der Musik zu. Schon als Knabe leistete er Ueberraschendes im Klavierspiel, in welchem er es unter Carl Czerny's Leitung zu großer Meisterschaft brachte. In die Kompositionslehre ward Haslinger von Ignaz Ritter v. Seyfried eingeweiht. Schon mit 18 Jahren trat er mit einem äußerst schwierigen Klavierstück in die Oeffentlichkeit, betitelt: »Voyage sur le Rhin. Variations de Bravour pour le Pianoforte avec orchestre«. Sein Drang zum Komponieren blieb stets gleich lebhaft, sodaß er im Laufe der Jahre eine Reihe von 131 Tonwerken der verschiedensten Art, größeren und kleineren Umfanges, herausgab. Als Klavierspieler erfreute sich Haslinger nicht nur in Wien, sondern im ganzen österreichischen Kaiserstaate eines großen Rufes, den er durch Kunstreisen in den Kronländern zu befestigen wußte. Leider blieb seit dem Jahre 1859 infolge einer Nervenkrankheit die rechte Hand etwas[386] gelähmt und er sah sich mit schwerem Herzen genötigt, seine Kunst einzuschränken.

Um die Musik erwarb er sich noch ein besonderes Verdienst durch seine musikalischen Soiréen, die durch mehr als 30 Jahre mit vielem Kostenaufwand in seinem Salon unter Mittwirkung der vorzüglichsten einheimischen und fremden Künstler stattfanden.

Am 17. Juni 1842 übernahm er nach dem plötzlich erfolgten Ableben seines Vaters, Tobias Haslinger (geb. 1. 3. 1787 in Zell Ober-Oesterr.) in Gemeinschaft mit seiner Mutter die zu europäischer Geltung gekommene gleichnamige Wiener Hof-Kunst- und Musikalienhandlung und kam 1848 in den Alleinbesitz derselben. Er verstand es, das weitberühmte Etablissement auf der Höhe des erlangten Weltrufes zu erhalten, was bei den gesteigerten Anforderungen der Gegenwart, bei dem Erlöschen der privilegierten Verlagsrechte bezüglich Koryphäen wie Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Weber, Spohr, Hummel, Händel nicht gerade leicht war. Doch besaß er eine allumfassende, unermüdliche Geschäftsenergie; alles, was er unternahm, hielt er fest und führte es mit zielbewußter Verständigkeit durch; außerdem schrieb er selbst die meisten Arrangierungen von Opern und Orchesterwerken für seinen Verlag.

Nach dem Tode des mit seinem Vater und ihm eng verbündet gewesenen Walzerheros Johann Strauß trat Haslinger mit dessen Söhnen in kontraktliche Verbindung, die sich aber 1863 auflöste. Unmittelbar darauf eröffnete er dem Kapellmeister K. M. Ziehrer die gepriesenen Hallen seiner Verlagsfirma und erhob ihn alsbald zu einem ebenbürtigen Rivalen der Gebrüder Strauß und zu einem Liebling des Wiener Publikums.

Carl Haslinger starb am 26. 12. 1868; seine Witwe führte das Geschäft mit Unterstützung zweier Prokuristen fort, verkaufte es aber 1875 an den gegenwärtigen Besitzer, Robert Lienau.

Quellen: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1869.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 385-387.
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