Neff, Paul

[717] Neff, P. Paul Neff wurde am 1. 12. 1804 in Mannheim geboren. Sein Vater war Spezereihändler daselbst. Da er frühzeitig eine Vorliebe für die Literatur zeigte, so kam er auf das Lyceum seiner Vaterstadt und trat dann als Lehrling in die Löffler'sche Buchhandlung ein.

Als ihn später des Vaters Krankheit nötigte, denselben in seinem Geschäfte zu unterstützen, fuhr er demungeachtet immer noch fort an seiner höheren Ausbildung zu arbeiten, besuchte das kaufmännische Lehrinstitut des Professors Courtin und war als Jüngling von 19 Jahren bereits imstande, die Redaktion der Mannheimer Zeitung und des damit verbundenen Unterhaltungsblattes Phönix zu übernehmen. Gegen seine Neigung übernahm er nun das väterliche Geschäft, dem er vier Jahre lang mit Fleiß und Geschick vorstand, jede freie Stunde aber zur Erweiterung seiner literarischen Kenntnisse benutzend.[717]

Im Jahre 1827 lud ihn Carl Hoffmann, mit dem er im Löffler'schen Geschäft gewesen und der die Sattler'sche Buchhandlung in Stuttgart gekauft hatte, ein, sein Associé zu werden. Freudig ging Neff darauf ein und siedelte, nachdem er sein Mannheimer Geschäft verkauft hatte, nach Stuttgart über. Nachdem beide einige Jahre lang mit dem glücklichsten Erfolg tätig gewesen, trennten sie sich in Freundschaft und Jeder gründete sein eigenes Geschäft, Hoffmann als Verleger und Neff als Sortimenter.

Im Anfange seiner alleinigen Wirksamkeit verband Neff mit seinem Sortiment auch ein Antiquariat, redigierte eine Zeit lang die Neckarzeitung, widmete sich aber dann neben einem gewählten Verlag von Schul- und Reisebüchern vorzugsweise dem Sortiments- und Kommissionsgeschäfte. Mit Recht kann man ihn den Schöpfer des Stuttgarter Kommissionswesens nennen. Die Bedeutung, welche Stuttgart als Meßplatz für den süddeutschen Buchhandel erlangt hat, war größtenteils sein Werk. Mehrere Jahre lang war er Vorstand des Stuttgarter Buchhändlervereins.

1851 nahm er den Sohn seines Bruders, Paul Neff (II) zu sich. Er starb aber schon am 3. 10. 1855, das blühende Geschäft seinen Geschwistern zurücklassend, die es 10 Jahre durch Wilhelm Heinemann leiten ließen, bis dann der erwähnte Paul Neff die Firma übernahm. Aus kleinen und engbegrenzten Anfängen hat dieser, ebenso tätig wie der Geschäftsgründer, den Verlag zu einer Bedeutung emporgehoben, die denselben unbestritten in die erste Reihe der deutschen Verlagsgeschäfte stellte. Seitdem er der vorwiegend sprachwissenschaftlichen Richtung desselben auch noch diejenige der Kunst zur Seite gegeben hatte, war er rastlos und unermüdlich tätig in Verbreitung und Hebung derselben. Nicht daß er die Ideen und Gedanken nur an sich herantreten ließ, seiner Anregung verdanken eine Reihe der bedeutendsten Erzeugnisse seines Verlags, namentlich auf dem Gebiete der Kunstgeschichte, ihre Entstehung. Da waren die »Bilder aus Elsaß-Lothringen«, für deren Verbreitung er jedes Opfer brachte, da war die erste und zweite Serie der »Klassiker der Malerei« und deren Fortsetzung, »die französischen Maler des achtzehnten Jahrhunderts«, dann das einzig in seiner Art dastehende Bibelwerk »die goldene Bibel«, »die Kunst für Alle«, die Werke von Moritz von Schwind, die Geschichte der Keramik von Jaennicke, das künstlerisch hochbedeutende Bilderwerk »Aus dem Schwabenland«, die deutsche Ausgabe von »Racinet, das polychrome Ornament«, und namentlich auch auf sprachwissenschaftlichem Gebiet so manches Buch, das rasch Eingang und dauernde Verbreitung gefunden hat. Neff war einer von denjenigen Buchhändlern,[718] die namentlich auch der gediegenen und künstlerisch vollendeten Ausstattung ihrer Bücher ganz besondere Aufmerksamkeit schenken.

Seitdem er 1883 noch den Verlag von Ebner & Seubert in Stuttgart (gegründet 1839 von Carl A. Ebner, 1879, und Carl Seubert) für sich erworben und sich die Aufgabe gestellt hatte, denselben nach Kräften zu erweitern fand er ein immer größeres Feld für seine Tätigkeit und verlegte immer mehr den Schwerpunkt seiner Arbeit auf das Kunstgebiet, das ihm gerade in diesen Jahren eine Reihe wertvoller Bereicherungen verdankte, so namentlich sein großes Unternehmen, die von Eduard Paulus herausgegebenen »Kunst- und Altertumsdenkmäler des Königreichs Württemberg«.

Bis zum Jahre 1847 verzeichnet der Verlagskatalog die Borelschen Grammatiken, die aus dem Englischen übersetzten Bridgewaterbücher, Coursiers, Flaxmanns und Fioris Konversationsbücher, G. Pfizers Gedichte und eine große Sammlung von Reisekarten. Bis 1875 waren u. a. noch hinzugekommen: Griebs englisch-deutsches Wörterbuch, sowie die grammatikalischen Werke des Professors Rothwell, die Baumeistersche Bearbeitung des Nibelungenliedes, das reiche photographische Prachtwerk »Die schöne Melusine« von M. v. Schwind, im Ladenpreise von 150 Mk., 1879 finden wir die »Neue Prachtbilderbibel«, Chevreul-Jännickes Farbenharmonie und des letzteren maltechnische Schriften; Cloß, Natur und Dichtung. Die neuere Zeit brachte die hervorragendsten Werke gerade auf dem Gebiete der Kunstgeschichte, so namentlich Wilhelm Lübkes Grundriß der Kunstgeschichte und seine Geschichte der deutschen Kunst, die Denkmäler der Kunst, Rembrandt-Galerie, Emil Engelmanns deutsche Sagensammlungen usw.

Paul Neff (II) starb 1892. Seine Witwe trat 1895 die Sortimentsabteilung an Hofbuchhändler Karl Barth ab, während gleichzeitig der Verlag an Carl Büchle und Ernst Moritz verkauft wurde. Das Kommissionsgeschäft verblieb im weiteren Besitze von Eleonore Neff.

[NACHTRAG]

Neff (Paul Neff Verlag jetzt in Eßlingen) Nachtrag zu Seite 719: Nachdem die verwitwete Frau Eleonore Neff den Verlag einige Jahre selbst weitergeführt hatte, ging derselbe im Jahre 1895 in den Besitz von Carl Büchle und Ernst Moritz über. Im Jahre 1901 wurde der Schulbücherverlag an die Firma Adolf Bonz & Co. in Stuttgart verkauft und der kunstwissenschaftliche und kunsttechnische Verlag ging im Jahre 1905 an Max Schreiber in Eßlingen über, der im Jahre 1907 den fremdsprachlichen Verlag an die Langenscheidt'sche Verlagsbuchhandlung (Prof. G. Langenscheidt) Schöneberg-Berlin verkaufte. Der jetzige Besitzer des Neff'schen Verlages hat die Absicht, speziell den kunstwissenschaftlichen Verlag weiterauszubauen; es geben davon die Neuerscheinungen beredtes Zeugnis. Außer den Neuauflagen von Lübke's Kunstgeschichte erschienen seither das epochemachende Werk »Eisenbauten« von Prof. Dr. Alfred Gotthold Meyer in Charlottenburg, ebenso wie eine deutsche Ausgabe des längst vergriffenen »Catalogue raisonné« in einer guten Bearbeitung von Dr. Hofstede de Groot in Haag unter dem Titel: »Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des 17. Jahrhunderts« in 10 Bänden, wovon der erste soeben herausgekommen ist. Auch ist die Sammlung »Führer zur Kunst« besonders zu erwähnen, die hervorragende Abhandlungen bekannter Kunstschriftsteller zum Preise von je Mk. 1. – bringt.

Max Schreiber war 30 Jahre lang Mitbesitzer der Firma J. F. Schreiber in Eßlingen.

Quellen: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1855, 1892; Verlagskataloge 1847, 1859, 1875, 1879, 1899.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 717-719,722.
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