Siegismund, Karl

[901] Siegismund, K. Der Berliner Verlagsbuchhändler Karl Siegismund wurde am 23. Januar 1861 in Neuschönefeld bei Leipzig geboren. F. Volckmar in Leipzig war sein Lehrmeister und in seinen Wanderjahren hatte Siegismund leitende Stellungen bei Emil Strauß in Bonn, R. Lechner's K. K. Hofbuchhandlung in Wien und Stuhrsche Buchhandlung in Berlin inne. 1886 übernahm Siegismund die 1868 gegründete »Internationale Buchhandlung«, die von da an unter eigenem Namen geführt wurde.

Während die alte Firma ausländische Literatur und Kunsthandel pflegte, wird von jetzt an besonders deutsches Sortiment betrieben. Ein Antiquariat gliederte sich bald an und wurde eins der ersten unter den modernen Antiquariaten, viele Kataloge, ca. 50, werden herausgegeben. 1887 begann die Verlagstätigkeit Siegismunds, die sich bald durch Gründung der allbekannten militärischen Zeitschrift Deutscher Soldatenhort (1890) derart entwickelte, daß 1897 das Sortiment abgegeben wurde. Der Deutsche Soldatenhort, dessen Chefredakteur 1892-1905 Generalleutnant von Below war, seitdem Oberst von Below ist – wurde bald durch kriegsministerielle Verfügung als Lehrstoff in der Armee eingeführt; im Laufe der Jahre wurde der Soldatenhort auch von Ministerium und Regierung für Volksbibliotheken angeschafft. Zahlreiche historische und militärische Werke wurden herausgegeben, so z.B. die militärischen Schriften des Generals der Infanterie v. Kretschman, die in hohen Auflagen in der Armee verbreitet werden. Ferner wurde 1904 der Anfang gemacht mit der Ausgabe einer Memoiren-Bibliothek; es erschienen die deutschen Ausgaben der Memoiren von Lord Roberts, Lord Wolseley, Herzog von Cambridge, Admiral Sir Fremantle und 1907 die ebenfalls autorisierte deutsche Uebersetzung von Königin Victorias Briefwechsel und Tagebuchblätter, die ein gewaltiges Aufsehen in der ganzen europäischen Presse erregten.[901]

Neben den historischen und militärischen Werken wird eine Gartenbaubibliothek von Prof. Dr. Dammer herausgegeben, von welcher bis 1908 bereits 36 Bände erschienen sind.

Die Firma wurde bis 1907 im ganzen 15 mal auf Weltausstellungen und Fachausstellungen preisgekrönt mit einer goldenen, verschiedenen silbernen Medaillen und Auszeichnungen. Karl Siegismund wurde 1899 vom Prinzen Friedrich August von Sachsen, dem damaligen präsumtiven Thronfolger, zum Hofbuchhändler und 1905 vom König Friedrich August zum Kgl. Hofbuchhändler ernannt. 1902 wurde ihm vom Könige Albert von Sachsen der Albrechtsorden, Ritterkreuz 1. Klasse verliehen, wozu 1907 König Friedrich August die goldene Krone fügte.

Während der anstrengenden und erfolgreichen Geschäftstätigkeit hatte Siegismund viele Reisen in der Welt unternommen, um Land und Leute und ihre Tätigkeit kennen zu lernen; so besuchte er Dänemark, Belgien, Holland, England, Schweden, Rußland, Oesterreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland, Serbien, Bulgarien, Türkei, Vereinigte Staaten von Nordamerika bis Kalifornien, Mexiko, Kleinasien, Tunis, Algier usw. Trotzdem fand er noch Zeit zu umfangreicher öffentlicher, kommunaler und Wohlfahrtsbetätigung. Siegismund war Mitbegründer und Kurator kaufmännischer Fortbildungsschulen in Berlin, im Vorstand vom Kinderheim, Vaterländischen Frauen-Verein; an seinem Wohnort Steglitz zuerst Gemeinde-Verordneter, dann seit 1906 Gemeinde-Schöffe.

Seit 1897 war er auch besonders für den Buchhandel tätig; ununterbrochen ist er seitdem Vorsitzender der Vereinigung der Berliner Mitglieder des Börsenvereins, er war 1902-1905 Schatzmeister der Korporation der Berliner Buchhändler; seit 1905 wirkt Siegismund im Vorstand des Börsenvereins der deutschen Buchhändler als 1. Schriftführer.

In die Rabattfrage hat Siegismund entscheidend eingegriffen, und namentlich durch Verhandlungen im Ministerium die Ermäßigung bezw. gänzliche Abschaffung des von Behörden bisher beanspruchten Rabattes erreicht. Gleiche Erfolge hatte er bei den Magistraten von Berlin, Schöneberg und Charlottenburg für die Schulen, ein großes Unternehmen, das viele bereits vergeblich versucht hatten, das von Siegismund aber mit eiserner Konsequenz durchgeführt und zum Besten des Buchhandels auch erreicht wurde.

Quellen: Allgem. Buchhändlerzeitung vom 28. 6. 1900; Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 901-902.
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