Trewendt, Eduard

[952] Trewendt, E. Eduard Trewendt wurde am 19. Juni 1817 als Sohn des Kaufmanns und Packhofinspektors Friedrich Trewendt in Breslau geboren. Seine Lehrzeit hatte er bei Max & Co. in Breslau bestanden, war dann drei Jahre bei Carl Jügel in Frankfurt a. M. und ein Jahr bei Alexander Duncker in Berlin gewesen. Anfang 1843 kam er zu Carl Gerold nach Wien, wo er bis Mitte 1844 blieb, um dann durch eine für die damalige Zeit große Reise nach Oberitalien, der Schweiz und Frankreich seine Ausbildung zu vervollständigen. Am 19. Februar 1845 eröffnete Trewendt in Breslau ein Sortimentsgeschäft, doch begann schon im ersten Jahre eine verlegerische Tätigkeit, die im Jahre 1846 durch den Kauf des Verlages von Leopold Freund in Breslau und 1847 durch Kauf des O. B. Schumann'schen Deutschen Volkskalenders, aus dem die weit verbreiteten Trewendt'schen Kalender entstanden, bedeutend vergrößert wurde.

Der Verlag nahm bald einen bedeutenden Aufschwung. Damals wurden Strachwitz' Neue Gedichte und Holtei's Schlesische Gedichte veröffentlicht, ferner das Sudeten-Album, für welches Trewendt von Friedrich Wilhelm IV. die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft erhielt. Durch den sich rasch vermehrenden Verlag wurde Trewendt's Tätigkeit bald ganz in Anspruch genommen, so daß er für das Sortiment sich einen Sozius suchte, welchen er vom Jahre 1850 an in Julius Granier fand. Die Firma wurde infolgedessen in Trewendt & Granier umgewandelt, und auch die Verlagswerke erschienen von 1850 bis 1857 unter dieser Flagge. Julius Granier war ein treuer und gewissenhafter Mitarbeiter, und die Zeit, in der er mit Trewendt zusammen wirkte, wurde auch für den Verlag die segensreichste. In dieser Periode erschienen die ersten Bände von Trewendt's Jugendbibliothek, Holtei's Vagabunden und Lammfell, Gottschall's Nationalliteratur, Julius Hoffmann's Waldläufer und Stein's Prärieblume. Am 1. Juli 1857 trennten sich die beiden Teilhaber. Granier übernahm das Sortiment für eigene Rechnung, und Trewendt führte seinen Verlag fortan wieder unter seinem Einzelnamen fort. In dieses und die nächsten Jahre fällt die Herausgabe der »Argo«, eines Berliner Künstleralbums, an dem sich Maler wie Adolf Menzel, Gustav Richter, Riefstahl, Steffeck, Hosemann, Hoguet, Kretzschmer, Ludwig Burger u. a. und Dichter wie Emanuel Geibel, Paul Heyse, Theodor Storm, Rudolf Gottschall, Hermann Grimm, Hermann Lingg, Fontane, Blomberg, Rittershaus, Chr. Friedrich Scherenberg u. a. beteiligten.

In eine ganz neue Bahn wurde der Verlag durch den Erwerb der »Breslauer Zeitung« gelenkt, die Trewendt am 1. April 1859[952] zusammen mit dem Schlesischen Bankverein in Breslau kaufte und bis zu seinem Tode leitete. Eine Folge dieser Richtung war die Begründung der Schlesischen landwirtschaftlichen Zeitung im Jahre 1860, welche Wilhelm Janke anregte und gemeinsam mit Eduard Trewendt erfolgreich durchführte. Diese Verbindung mit der schlesischen Landwirtschaft zeitigte eine Reihe hervorragender Verlagswerke, von denen Rosenberg's Ackerbau, May's Schaf Janke's und Körte's Jahrbuch der Viehzucht und Stammer's Jahresbericht für die Zuckerfabrikation hier erwähnt werden sollen. Das ereignisreiche Jahr 1866 brachte Unruhe und kriegerisches Treiben nach Breslau und Schlesien. Hier erwachte im Volke zuerst das Bewußtsein für den nationalen Beruf Preußens und fand seinen richtigen Ausdruck in der von Julius Stein, dem Chefredakteur der »Breslauer Zeitung«, verfaßten Zustimmungsadresse der städtischen Behörden Breslaus an König Wilhelm I. vom 15. Mai 1866, während der Breslauer Professor Felix Eberthy in seiner gemeinverständlich geschriebenen, siebenbändigen »Geschichte des preußischen Staats« für die Verbreitung preußisch-deutscher Geschichtsauffassung auch außerhalb Altpreußens sorgte. Den Verlag dieses bedeutenden und zeitgemäßen Werkes übernahm Trewendt, sah es aber nicht mehr vollständig, da ihn ein plötzlicher Tod am 22. Juli 1868 im 52. Lebensjahre dahinraffte. Er starb am Herzschlage in Altwasser auf einer Fußpartie im Gebirge begriffen, welche er wenige Tage vorher mit seinen drei ältesten Söhnen angetreten hatte.

Seine Gattin, Frau Auguste Trewendt, unternahm es auf Rat einsichtiger Freunde des Verstorbenen, den Verlag persönlich fortzuführen und zwar in den Bahnen, die Eduard Trewendt eingeleitet hatte, bis die Söhne, welche sich dem Buchhandel widmen sollten, für sie eintreten könnten. Die Ausführung dieses Entschlusses wurde durch weitere Schicksalsschläge erschwert, denn schon bei Beginn des Jahres 1869 starben der langjährige Gehilfe Trewendt's der Prokurist Oskar Arene, und der literarische Leiter der landwirtschaftlichen Abteilung des Verlages, Wilhelm Janke. Es war in der Folge keine kleine Aufgabe für eine Frau, den umfangreichen Verlag mit Geschäftsführern, die sich erst einarbeiten mußten, erfolgreich fortzusetzen. Die Leitung der »Breslauer Zeitung« wurde freilich an den Direktor des Schlesischen Bankvereins, Heinrich Fromberg, abgegeben, doch wurde damit dieses Unternehmen vom Ganzen abgetrennt und hat sich niemals wieder völlig der Verlagsrichtung angeschlossen. Am 12. August 1874 nahm Frau Trewendt ihren zweiten Sohn Ernst Trewendt als Teilhaber in ihr Geschäft auf. Dieser hatte seit 1868 bei Carl Friedrichs in der[953] Schwers'schen Buchhandlung in Kiel, bei Otto Janke in Berlin, Huber & Co. in Bern und Faesy & Frick in Wien den Buchhandel kennen gelernt, war Soldat gewesen und hatte sich durch Reisen zu bilden gesucht. Ihm wurde für die Folge die selbständige Leitung der Verlagsbuchhandlung übertragen, in die im Jahre 1875 auch sein Bruder Hans Trewendt als Teilhaber eintrat. Man suchte das Alte, soweit es sich nicht überlebt hatte, zu konservieren, namentlich den Kalender, Trewendt's Jugendbibliothek und den Schulbücherverlag, in dem sich die trefflichen Kolde'schen Religionsbücher und Eduard Cauer's Geschichtstabellen befanden, und fügte neue Zweige in den Verlag ein, so die Encyklopädie der Naturwissenschaften und den daraus hervorgehenden naturwissenschaftlichen Verlag und die historisch-politische Abteilung mit Werken wie Adler, Geschichte der ersten sozialpolitischen Arbeiterbewegung in Deutschland, Feldmarschall Roon, Denkwürdigkeiten, Wilmowski, Feldbriefe, Poschinger, Fürst Bismarck und die Parlamentarier, denen andre interessante Veröffentlichungen folgten. Hans Trewendt begründete als neuen Verlagszweig im Jahre 1876 eine Buchdruckerei, deren Leitung er bis 1893 inne hatte. Als 1880 der Schlesische Bankverein seinen Anteil an der »Breslauer Zeitung« an Dr. Paul Lion verkaufte und infolgedessen der Geheime Kommerzienrat Heinrich Fromberg von der Leitung des Blattes zurücktrat, wurde die »Breslauer Zeitung« auch äußerlich von der Buchhandlungsfirma Trewendt abgetrennt.

Ernst Trewendts Tätigkeit wurde bald darauf in außerordentlicher Weise durch den Verlag und die verantwortliche Redaktion der »Deutschen Revue« in Anspruch genommen, die nach mehrfachem Verlagswechsel zuletzt dem Herausgeber Richard Fleischer gehört hatte und nun auf dringenden Wunsch desselben zur Hälfte Eigentum der Firma Eduard Trewendt wurde. Leider fand die fast 12jährige angestrengte und opfervolle Tätigkeit der letzteren für das ehrenvolle aber schwierige Unternehmen nicht die Anerkennung des Miteigentümers, so daß, nach dem vergeblichen Versuche der Verlagsbuchhandlung, das Eigentum dieser Zeitschrift vollständig zu erwerben, Richard Fleischer am 1. März 1894 das Verlagsrecht zurückkaufte und es an die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart weitergab. Inzwischen hatte Ernst Trewendt am 1. Oktober 1893 die Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei für eigene Rechnung erworben. Frau Auguste Trewendt – gestorben am 21. September 1894 – und Hans Trewendt schieden aus der Firma aus. Hans Trewendt behielt gemeinsam mit den Lion'schen Erben den Verlag der »Breslauer Zeitung«. In die Firma Eduard Trewendt[954] trat Hermann Andree als Teilhaber ein, der älteste Sohn des Geographen Dr. Richard Andree. Damals erschien eine Reihe neuer literarischer Unternehmungen, so Valentiner's Handwörterbuch der Astronomie und Kriegsminister von Roon als Redner, herausgegeben und erläutert von Waldemar Graf Roon usw.

Nach dem Eintritt von Felix Bagel siedelte die Firma 1903 nach Berlin über. Auch dort hat sie eine reiche Verlagstätigkeit entwickelt. –

Die Firma Trewendts Buch– und Kunsthandlung wurde 1872 an Bernhard Hirsch und Max Woywod käuflich abgetreten. Letzterer machte sich 1883 durch Gründung eines eigenen Verlages selbständig. Seit 1891 befindet sich Trewendt und Graniers Sortimentsbuchhandlung im Besitze von Alfred Preuß.

Quellen: Verlagskatalog 1895.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 952-955.
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