Busiris

[117] Busiris (Gr. u. ägypt. M.), ein König von Aegypten, Sohn des Neptun und der Lysianassa, einer Tochter des Epaphus. Aegypten hatte unter seiner Herrschaft neun Jahre einer schrecklichen Hungersnoth durchgemacht, als Phrasius, ein Seher von der Insel Cyprus, dem Könige den Rath gab, alljährlich dem Jupiter einen Fremden zu opfern. In einem Act grausamer Gerechtigkeit liess der König diesen Rathgeber, der ein Fremder war, zuerst opfern, befolgte aber seinen Rath, und nicht nur jährlich einer, sondern alle Fremden wurden geopfert. Hercules kam nach Aegypten, wo er ergriffen wurde und, gleich den übrigen Fremden, hingerichtet werden sollte. Geduldig liess er sich binden, sein Haupt bekränzen und sich als Opfer geschmückt in der Stadt umherführen, bis er am Altare, vor welchem sein Blut fliessen sollte, seine Bande sprengte, B. ergriff und ihn, so wie dessen Sohn Iphidamas, dem Jupiter opferte, doch diess das letzte Menschenopfer sein liess, das den zürnenden Göttern gebracht wurde. Man vermuthet, dass es nie einen B. gegeben, und dass vielleicht die Sage nur den Umstand andeuten soll, dass in der Stadt B. in Unterägypten in den ältesten Zeiten Menschenopfer geschlachtet worden seien, oder auch, da Menschenopfer bei den alten Aegyptern sich nicht mit Sicherheit nachweisen lassen, vielleicht bloss die Thatsache, dass die Aegypter bis zu einer gewissen Zeit sich abschliessend und feindselig gegen alle Fremden verhalten haben.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 117.
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