Farangerfall

[200] Farangerfall (Nord. M.). Als Loke Baldurs Tod veranlasst hatte, entfloh er, und verbarg sich auf einem Berg in einem Hause mit vier Thüren, um nach allen Richtungen sehen zu können, wenn die Asen etwa ankämen. Als er sie bemerkte, ging er in den Faranger, einen Fluss, der einen starken Wasserfall hatte; hier verbarg er sich, in Gestalt eines Lachses, mitten in dem Falle selbst, hoffend, die Asen würden nicht wissen, wie sie ihn fangen sollten; allein das Netz, welches er gesponnen, verrieth ihn, obwohl er dasselbe in's Feuer geworfen, da sich die Asen seiner Wohnung naheten. Quasir, der weiseste der Götter, hiess sie ein solches Ding machen, wie das verbrannte, welches man noch an der Asche erkennen konnte; damit ging man zu dem Wasserfall, und Loke entging dieses Mal nur dadurch dem Fang, dass er sich zwischen zwei Steinen verkroch; bei einem zweiten Zuge wurde aber das Netz beschwert, es nahm die Steine mit und auch ihn; jetzt sprang er über das Netz und verbarg sich abermals mitten im Wasserfall; als zum drittenmal die Asen das Netz zogen, und er wieder durch einen Sprung sich zu retten suchte, erfasste ihn Thor am Schwanz und hielt ihn so fest, dass er nicht ausschlüpfen konnte, daher die Lachse einen nach hinten zugespitzten Körper haben. Er ward nun auf drei hervorragende Felsklippen gelegt, mit den Schultern auf die eine, mit den Hüften auf die andere, und auf die dritte mit den Kniekehlen; seinen Sohn Vali verwandelten sie in einen Wolf, dieser zerriss sogleich seinen eigenen Bruder Narfi, und dessen Eingeweide nahmen sie, um den Vater, Loke, an den Felsenspitzen fest zu binden, und über sein Gesicht hängten sie eine Schlange, deren Gift auf ihn niederträufeln sollte; nun hielt zwar seine Frau, Sigin, eine Schale unter dasselbe, doch wenn sie diese ausleert, fällt ein Tropfen auf ihn, und dieser[200] verursacht ihm so fürchterliche Schmerzen, dass er sich windet und krümmt, von seinen Banden zwar nicht loskommen kann, doch die Erde damit so erschüttert, dass die Menschen diess Erdbeben nennen.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 200-201.
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