Proserpina

Fig. 266: Proserpina
Fig. 266: Proserpina

[391] Proserpina, (Gr. M.), griechisch Persephonê, in den Mysterien auch Core genannt, Tochter der Ceres und des Jupiter, ward Pluto's Gemahlin, der sie vom Spiele mit ihren Freundinnen hinweg raubte. Amor hatte nämlich auf der Venus Befehl den Gott verwundet, und seine Wünsche auf Proserpina gerichtet, damit sowohl diese gestraft würde, weil sie gleich Diana Jungfrau bleiben wollte, als auch, damit die Macht des Liebesgottes sich auf die Unterwelt ausdehne. Unterdessen suchte Ceres jammernd ihre Tochter, erfährt endlich, dass Pluto der Räuber ist, und sogleich eilt sie zu Jupiter, durch ihn die Rückgabe der Tochter verlangend. Jupiter wünscht, dass P. dem Bruder verbleibe; indess wird ihr, auf der Mutter dringende Bitte, die Rückkehr zum Himmel gestattet, jedoch nur unter der strengen Bedingung, wenn P. dort noch keinerlei Speise mit dem Munde berührt habe. Nun hatte sie aber »einen punischen Apfel vom hängenden Baume gepflücket, und aus gelblicher Rinde die sieben genommenen Körner über die Lippen gebracht.« Diess hatte Acalaphus gesehen und ausgeplaudert, was der P. die Heimkehr raubte, und wofür zur Strafe die »Fürstin des Erebus« ihn in einen Uhu verwandelte, oder, nach Andern, Ceres einen Felsen auf ihn stürzte. - Es ward nun die gutwillige Uebereinkunft getroffen, dass P. einen Theil des Jahres bei Pluto in der Unterwelt, den andern aber bei ihrer Mutter auf der Oberwelt zubringen solle. - P. hatte keine Nachkommen, obwohl man ihr nicht Unempfindlichkeit gegen die Liebe vorwerfen konnte, da sie selbst mit Venus über Adonis in Streit kam, welchen Jupiter eben so schlichtete, wie den zwischen ihrer Mutter und Pluto. Homer weiss noch nichts von dieser Entführung; bei ihm ist P. die rechtmässige Gemahlin des Hades (Pluto), die schreckliche, erhabene, heilige Herrscherin der Schatten. In der später ausgeschmückten Sage wird sie Symbol des Pflanzenlebens, das im Frühling aus der Erde hervorsprosst, im Herbste erstirbt; sie tritt daher in den Kreis des Adonis ein, und soll mit Jupiter den Bacchus Zagreus gezeugt haben, den die Titanen zerreissen. Als Tochter der Ceres ward sie in den eleusinischen Mysterien, besonders in den kleinen, hoch gefeiert, hatte in allen Tempeln der Ceres Altäre und Statuen, ward aber meistentheils neben Pluto auf dem Throne sitzend dargestellt. Eine Darstellung des Raubes der Proserpina nach einem Basrelief zeigt nebenstehendes Bild.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 391.
Lizenz:
Faksimiles: