Gefallen

[351] Gefallen ist der Ausdruck dafür, daß etwas Lust erweckt, daß ein Vorstellungsinhalt vom Ich gewollt, als für das Ich passend unmittelbar befinden wird. Mißfallen bezeichnet die Ablehnung eines Etwas durch das Ich. Auf dem Gebiete des Ästhetischen (s. d.), auch der Ethik (s. d.) ist das Gefallen bezw. das Mißfallen von Bedeutung.

HERBART leitet das Sittliche (s. d.) aus ursprünglichen Acten des Gefallens und Mißfallens ab. FECHNER erklärt: »Wir sagen..., daß uns etwas gefällt oder mißfällt, je nachdem es, unserer Betrachtung oder Vorstellung dargeboten, derselben einen lustvollen oder unlustvollen Charakter erteilt« (Vorsch. d. Ästhet. I, 7). TÖNNIES erklärt »Gefallen« als »angeborene Lust an gewissen Gegenständen und zu gewissen Tätigkeiten« (Gem. u. Gesellsch. S. 106). Nach WUNDT sind Gefallen und Mißfallen Gefühlsgegensätze, die »nicht das eigene Wohl- oder Übelbefinden, sondern das Verhältnis der Gegenstände zum vorstellenden Subject« zum Ausdruck bringen (Gr. d. Psychol.5, S. 195 f.). Es sind nicht Einzelgefühle, sondern allgemeine Gefühlsrichtungen (l.c. S. 196). H. SCHWARZ unterscheidet Gefallen und Mißfallen vom Gefühl, es sind die ersten und ursprünglichen Willensregungen (Psychol. d. Will. S. 92). »Gefallen ist die Reaction der wollenden Seele, wenn die Gegenstände, von denen sie bewegt wird, genossen, besessen, verwirklicht sind« (l.c. S. 94). Gefallen und Mißfallen lassen Unterschiede der »Sättigung« zu (l.c. S. 95). Das »Centrierungsgesetz« lautet: »Alle Regungen des ungesättigten Gefallens und des Mißfallens wirken[351] centrierend auf das Vorstellen, d.h. die Regungen ungesättigten Gefallens haben die Tendenz, solche Vorstellungen um sich zu scharen, durch deren Inhalt das Gefallen mehr und mehr gesättigt wird. Alle Regungen des Mißfallens anderseits haben die Tendenz, einen Kreis solcher Vorstellungen um sich zu versammeln, die das Mißfallen immer ungesättigter machen« (l.c. S. 121).

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 351-352.
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