Baco, Roger

[40] Baco (Bacon), Roger, »Doctor mirabilis«, geb. um 1214 bei Ilchester, studierte in Oxford und (seit 1240) in Paris Theologie, aber auch Mathematik u.a., trat auf Rat seines Lehrers, des Robert Grosseteste (Greathead) in den Franziskaner-Orden ein, beschäftigte sich viel mit Naturwissenschaft, auch durch eigene Beobachtung, lebte 1257-67 in Frankreich, wurde der Zauberei angeklagt, war zehn Jahre im Kerker, starb 1294 in seiner Heimat.

Roger Baco ist einer der wenigen Scholastiker, die den Wert der Erfahrung erkannten. Neben phantastischen Einfällen hat er schon gute Ideen (Flugmaschine u. a.). Von Aberglauben nicht frei (Astrologie u. dgl.) besitzt B. doch nicht geringe naturwissenschaftliche Kenntnisse, so besonders[40] in der Optik, in seiner Theorie des Sehens, die auch den Einfluß des Urteils berücksichtigt. Stark betont er den Wert der Mathematik und der Sprachforschung. Die syllogistische Logik schätzt er (wie später Francis Bacon) gering. Außer der demonstrativen Erkenntnis, welche für sich allein den Zweifel nicht ganz behebt, gibt es das empirische Erkennen, ohne welches nichts festgestellt werden kann (»sine experientia nihil sufficienter sciri potest«). Die Erfahrung ist entweder äußere (»per sensus exteriores«), welche die Natur zum Gegenstande hat, oder innere, auf das Übersinnliche gerichtete, auf »Inspiration«; göttlicher Eingebung beruhende (»scientia interior«, »illuminatio«). Von dieser letzteren Art der Erfahrung gibt es sieben Stufen, auf denen man zur mystischen Ekstase gelangt. Der »intellectus agens« ist eins mit dem Logos, welcher die Seelen der Menschen erleuchtet, indem das göttliche Licht in uns eindringt (daß dies nicht mit dem Averroismus, von dem B. immerhin beeinflußt ist, zu verwechseln ist, zeigt Mandonnet in: Siger de Brabant, 1899). Die Philosophie ist der Theologie untergeordnet, und so ist die Erkenntnis schließlich dem Glauben Untertan, welcher dem Wissen vorangeht. Während die Philosophie die Tatsachen in ihrer qualitativen und auch quantitativen Beschaffenheit sowie ihrer Ursächlichkeit nach erforscht, verfährt die Theologie teleologisch und fragt nach den Zwecken des Geschehens.

SCHRIFTEN: Opus maius, 1773. Opas minus (Auszug aus dem vorigen). Opus tertium. Compendium philosophiae. Opera, ed. J. S. Breuer, 1859. – Vgl. E. CHARLES, R. Baco, 1861. – K. WERNER, Psychol., Erk. u. Wissenschaftslehre des B. Baco, 1879: Kosmologie u. allg. Naturlehre des R. B. 1879.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 40-41.
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