Verpflegung und Train


Verpflegung und Train.

[474] Bei der großen Wichtigkeit, die der Lebensmitteltransport im Kriege hat, will ich an den oben behandelten Aufgebotsbrief Karls des Großen an den Abt Fulrad noch einige speziellere Feststellungen und Untersuchungen anknüpfen.[474]

In der ersten Auflage habe ich auf Grund der Berechnungen Napoleons III. eine Pferdelast zu 10-101/2 Zentner angenommen. Ich habe mich jedoch überzeugt, daß das viel zu hoch ist. Nach BALCK, Taktik Bd. II, T. 1, S. 288, zieht heute ein Pferd im zweispännigen Lebensmittelwagen 425 kg, davon 250 kg = 5 Zentner netto; im vierspännigen Proviantwagen 432 kg, davon 250 kg netto; im zweispännigen Fuhrparkwagen 650 kg, davon 450 kg = 9 Zentner netto. Bei Balck ist ein Druckfehler, den ich hier berichtigt habe. Auf annähernd dasselbe führt die hessische Ordnung v. 1542 zit. bei PAETEL, Organisation des hessichen Heeres S. 218, der in Band IV S. 343 angeführte Mehltransport Maximilians von Bayern im Jahre 1620 und die Schrift, Von der Verpflegung der Armeen, 1779, zit. bei Jähns III, 2186.

Ist das schon um einiges weniger als die Annahme Napoleons, so zeigen uns die Quellen, daß man im Altertum noch nicht die Hälfte davon ansetzte. Xenophon, in der Cyropädie (VI, 1, 30), rechnet auf ein Paar Ochsen 25 Talente, das sind etwa 131/2 Zentner oder 63/4 Zentner auf das Tier, aber nicht als Nutzlast, sondern als Gesamtlast. Ferner sind die Verordnungen über die Römische Post und den Vorspann heranzuziehen, die uns sehr zahlreich, namentlich im Codex Theodosianus (L. VIII. tit. 5) erhalten sind. Zwar, wenn wir hier vorgeschrieben finden (Verordnung des Kaisers Konstantin v. J. 357 C. THEOD. VII, 5, 8), daß ein Wagen (rheda), mit 8 Maultieren bespannt, mit nicht mehr als 1000 Pfund beladen werden solle, so haben diese und ähnliche Vorschriften für uns keine Bedeutung, da es ja hier nicht auf die Last, sondern auf die Schnelligkeit der Beförderung ankam. Aber wir finden auch die Vorschrift (VIII, 5, 11), daß eine Angaria, mit vier Ochsen bespannt, mit nicht mehr als 1500 Pfund beladen werden dürfe. Diese Fronfuhren bewegten sich zu einem großen Teil auf den vorzüglichen römischen Chausseen, und Ochsenwagen sind immer bloße Lastwagen, keine Schnellwagen; wenn wir trotzdem noch nicht 4 Zentner Nettolast (oder gar nur 3 in Anbetracht des leichten römischen Pfundes zu zirka 330 g) auf das Tier gerechnet finden, so darf das zusammen mit der Angabe Xenophons als Beweis gelten, daß die Plumpheit der Wagen, insbesondere der Räder (oft Scheiben statt der Speichen) und der Anspannung, vielleicht auch die geringe durchschnittliche Leistungsfähigkeit der bäuerlichen Gespanne, höhere Anforderungen nicht gestattete. Noch weniger zur Zeit Karls des Großen in Deutschland, wo die römischen Straßen fehlten.

Der Ochse als Zugtier ist zuweilen störrisch und langsam, zieht aber mehr als das Pferd.

Packtiere, Saumtiere statt der Wagen oder Karren mit Zugtieren zu nehmen, hat den Vorteil, daß die einzelnen Tiere den Bewegungen der Truppe, namentlich im Gebirge, besser folgen und auch besser Platz machen können, wenn es nötig wird. In den römischen wie mittelalterlichen[475] Heeren und noch bis ins neunzehnte Jahrhundert sind sie deshalb sehr viel benutzt worden. Nicht nur die römischen Offizieren, sondern auch die Mannschaften hatten Packtiere, wohl meistens Maulesel. Die Traglast ist zwei Zentner. Rechnen wir, daß jedes römische Kontubernium von 10 Mann reglementsmäßig ein Tier zur Verfügung hatte, so konnte dies außer dem ledernen Zelt mit Zubehör (etwa 40 Pfund), einer Handmühle, einem Kessel, einigen Werkzeugen, Stricken und Decken wohl auch noch etwas Proviant tragen.

RÜSTOW, Heerwesen und Kriegführung Cäsars, S. 17, meint, daß das Tier für jeden Mann noch einen Wochenproviant habe tragen können. Das ist offenbar unmöglich. Der Wochenproviant eines Mannes kann nicht wohl unter 17-18 Pfund wiegen, für 10 Mann 170-180 Pfund. Das ergibt bereits mit dem Zelt zusammen mehr als die volle Last. Die anderen Sachen und Gerätschaften werden aber, ohne das Zelt, schwerlich weniger als 100 Pfund gewogen haben, wahrscheinlich mehr.

Neben ihren Vorzügen hat die Verwendung von Packtieren nun aber auch große Nachteile. Mehr als zwei Zentner kann man dem Tier nicht aufladen.295 Das Ziehen ist leichter als das Tragen, man kann heute 5-9, im Altertum nach den oben angeführten Quellen 3 Zentner auf das Tier rechnen. Beim Ziehen ruht das Tier, sobald es steht, beim Tragen bleibt es angestrengt auch während der Marschpausen. Ferner wird das Packtier viel leichter verletzt und beschädigt durch seine Last, als das Zugtier.

Es ist daher ohne Zweifel unrichtig, wenn RÜSTOW,. c. S. 17 und 18, meint, die römischen Heere hätten ihre ganze Verpflegung auf Saumtieren fortgeschafft. FRÖHLICH, in seinem Kriegswesen Cäsars I, 89, hat das bereits widerlegt, nicht bloß durch die Natur der Sache, sondern auch durch zwei direkte Zeugnisse (Plutarch, Pomp. 6, und bell. Afric. 9, 1), welche die Train- und Proviantwagen ausdrücklich nennen. Eine Erzählung bei Sallust, Jugurtha 75, 3, wo Metellus eine Expedition von 75 Kilomertern durch eine wüste Gegend machen will und deshalb befiehlt, »omnia jumenta sarcinis levari nisi frumento dierum decem; ceterum utris modo et alia aquae idonea portari«, beweist nichts, da in der Wüste Wagen nicht angewandt werden konnten; eher kann man daraus schließen, wie schwierig es war, auch nur für einen Zug von 10 Meilen die nötigen Tragtiere (die freilich auch das ganze Wasser mitschleppen sollten) zu beschaffen. Metellus ordnete zu dem Zweck große Gestellungen durch die Eingeborenen an.

Der Mann selbst kann neben seinen Waffen nur sehr wenig Proviant bei sich tragen. Auf Grund einer Verfügung des Kriegsministeriums haben im Jahre 1896 Professor ZUNTZ und Stabsarzt DR. SCHOMBURG Versuche über die physiologische Wirkung und Belastung beim Marschieren angestellt,[476] deren Ergebnisse im Februarheft 1897 der »Militärärztlichen Zeitschrift« mitgeteilt sind. Fünf Studierende der Pepinière hatten sich für die Versuche zur Verfügung gestellt. Sie machten die Märsche wesentlich mit den drei Belastungsstufen 22 kg, 27 kg, 31 kg.

Nach BALCK, Taktik II, 1, 208, fassen die bei den Beobachter die Ergebnisse ihrer Untersuchungen folgendermaßen zusammen. »1. Bei mäßiger Belastung (bis zu 22 kg) und nicht zu hoher Außentemperatur traten keinerlei schädliche Wirkungen eines nicht über 25-28 km hinausgehenden Marsches hervor, im Gegenteil, es zeigte sich, daß anderweitig erzeugte Erschlaffungszustände und geringfügige Schädigungen der Funktion einzelner Organe durch den Marsch selbst beseitigt wurden. Bei sehr heißer und schwüler Luft war allerdings eine Reihe von Schädigungen leichterer Art nachweisbar (Abnahme der Vitalkapazität, erheblicher Wasserverlust des Körpers, hohe Puls- und Atemfrequenz, Stauung des Blutes). Indes schwanden diese bald nach dem Marsch und waren jedenfalls bis zum andern Tage vollkommen beseitigt, so daß eine Häufung der Schädlichkeiten bei Märschen an mehreren Tagen hintereinander nicht zur Beobachtung kam. 2. Bei der zweiten Stufe der Belastung (27 kg) war bei günstigem Wetter und derselben Marschleistung kein Nachteil bemerkbar. Dagegen bewirkte heißes Wetter bei dieser Belastung Veränderungen, die selbst bis zum anderen Tage noch nicht ausgeglichen waren. Der zweite Marsch wurde also schon unter günstigeren Bedingungen angetreten als der erste. Jedenfalls ist ein Marsch von 25-28 km die Grenze dessen, was mit 27 kg Gepäck vom Durchschnittssoldaten bei einigermaßen heißem Wetter noch gut ertragen werden konnte. 3. Die Belastung von 31 kg griff selbst bei kühler Witterung und derselben Marschleistung unzweifelhaft störend in die Körperfunktion ein. 4. Bezüglich der Gewöhnung an das Gepäck (Trainierung) sieß sich beobachten, daß leichtes Gepäck (bis 22 kg) schon noch wenigen Märschen bei allmählicher Steigerung der Anforderungen nicht mehr nachteilig wirkte; bei schwerem (31 kg) war nach längerer Übungszeit nur eine sehr geringe Abnahme der Schädigungen nachweisbar.«

Es ergibt sich hieraus, daß bereits eine Steigerung von einigen Kilogramm über die normale Soldatenbelastung hinaus (in unserer Zeit bei dem Infanteristen in Deutschland 25,3 [früher 29 kg], in Frankreich 273/4 kg, in England 271/4 kg, in Italien 28 kg, in der Schweiz 31 kg)296 die Leistungsfähigkeit sehr stark beeinträchtigt.

Es ist daher ganz unmöglich, daß die römischen Soldaten viel mehr als etwa eine »eiserne Portion«, wie auch unsere Soldaten, selbst getragen[477] haben. Überdies wird es quellenmäßig widerlegt durch eine Stelle bei Polybius XVIII, 18,297 wo dieser den Römern nachrühmt, sie trügen außer ihren Waffen auch noch Schanzpfähle: hätten sie auch noch Lebensmittel getragen, so hätte Polybius das in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt gelassen.

An diesem Ergebnis können wir uns nicht irre machen lassen durch einige Aussagen alter Schriftsteller, die tatsächlich das Gegenteil behaupten. Einige von diesen Stellen lassen sich auch anders interpretieren, bei anderen muß Mißverständnis oder Übertreibung angenommen werden.

Livius Periocha 57 heißt es: »Scipio Africanus Numantiam obsedit et corruptum licentia luxuriaque exercitum ad severissimam militae disciplinam revocavit. ... militem. ... triginta dierum frumentum ac septenos vallos ferre cogebat.« Das war keine Maßregel des Ernstfalles, sondern entweder ein Übungsmarsch, oder eine spezielle Strafanordnung, wie heute das Sandsacktragen. Bei Frontin, Strategem. IV, 1, 1, steht überdies nur »portare complurium dierum cibaria imperabat«. Offenbar ist das das ursprüngliche und richtige, und bei Livius ist durch irgend eine Verschiebung aus den »einigen Tagen« »30 Tage« geworden. Man sieht daraus zugleich, wie wenig man sich auf solche einzelnen Aussagen verlassen kann.

Frontin, Strategem. IV, 1, 1, berichtet: »Philippus, cum primum exercitum constitueret, vehiculorum usum omnibus interdixit, equitibus non amplius quam singulos calones habere permisit, peditibus autem denis singulos, qui molas et funes ferrent. In aestiva exeuntibus triginta dierum farinam collo portare imperavit.« Wie das »in aestiva exeuntibus« auch gemeint sei, daß die Soldaten auf Kriegsmärschen einen Sack mit 60 Pfund Mehl auf dem Rücken getragen hätten, ist hier jedenfalls nicht berichtet.

Livius XLIV, 2, heißt es »consul menstruum jusso milite secum ferre profectus. ... castra movit«. Das braucht doch wohl nicht übersetzt zu werden, der Soldat habe einen Monatsbedarf tragen sollen, sondern es braucht nur zu bedeuten, daß der Konsul befahl, für 30 Tage Lebensmittel auf die Expedition mitzunehmen. Ähnlich Livius XLIII, 1 8.

Vegez I, 19 sagt »pondus quoque bajulare usque ad LX libras et iter facere gradu militari cogendi sunt milites, quibus in arduis expeditionibus necessitas imminent annonam pariter et arma portare«. Soll das heißen »60 Pfund im ganzen« (= 20 kg), so ist das weniger[478] als die Belastung, die heute für normal gilt. Sollte Vegez sagen wollen, daß der Soldat außer seinen Waffen noch 60 Pfund tragen müsse, so dürfen wir das einfach als ein Mißverständnis ablehnen, ebenso wie das Zeugnis Ciceros, der in den tuskulanen Ii, 16, 37 ausruft: »qui labor, quantus agminis: ferre plus dimidiati mensis cibaria, ferre, si quid ad usum velint, ferre vallum. Nam scutum, gladium, galeam in onere nostri milites non plus numerant, quam humeros, lacertos, manus.«

Nach verschiedenen Berichten kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Intendantur oder Magazinverwaltung bei den Römern immer für einen halben Monat Getreide an die Truppen auszugeben pflegte und daß die Truppen für den Transport dieser Portionen selbst sorgten; der halbe Monat wurde dabei, damit der Soldat unter keinen Umständen in Mangel gerate, zu 17 Tagen gerechnet.

Es ist klar, daß mit nur einem Packtier, für je 10 Mann auch ein 17tägiger Vorrat nicht fortgeschafft werden konnte, sondern höchstens die Hälfte, indem einiges die Leute selber trugen, einiges dem Tier aufgeladen wurde. Jene Stelle aus dem Jugurthinischen Krieg, wo 10 Tage Proviant auf Säumern als etwas Außerordentliches gerühmt wird, setzt uns die Grenze fast noch enger. Wenn wir daher bei Ammian (XVII, 9, 2) lesen, Julian habe von dem 17tägigen Vorrat, den der Soldat zu schleppen pflegte, einen Teil magaziniert (annona decem dierum et septem, quam in expeditionem pergens vehebat cervicibus miles) und sei dadurch in Not gekommen, so kann das unmöglich wörtlich genommen, sondern muß als eine rhetorische Floskel angesehen werden.

Es gibt ja Forscher, die allen solchen sachlichen Erwägungen und Berechnungen das starre »es steht geschrieben« entgegenhalten und die Quellenaussagen für unbedingt maßgebend halten. Obgleich schon Oberst STOFFEL mit dem schärfsten Sarkasmus von den Gelehrten gesprochen hat, die dem römischen Soldaten zu seinen Waffen noch einen Sack mit 60 Pfund Mehl aufluden, finden wir doch noch bei NISSEN, Noväsium, Bonner Jahrbücher III, S. 16 (1904) wieder, »der römische Soldat habe außer seiner Rüstung, die über 15 kg wog, auf dem Marsch seinen Bedarf an Getreide für 17-30 Tage, d.h. eine Last von 14-25 kg getragen«; dazu 3-4 Schanzpähle, die die Last noch um 10 kg erhöhten. Was hilft uns die Genauigkeit, mit der der Autor des weiteren bis auf die dritte Dezimalstelle ausgerechnet, daß der römische Rekrut nach Vegetius bei den Übungsmärschen 19,647 kg getragen habe, wenn er in demselben Atem jene fürchterliche Mehlsackrechnung aufmacht und in dem Unterschied der Belastung den Unterschied von »schwerer« und »leichter« Infanterie findet?

Aber nicht nur nicht von den Soldaten selbst, sondern nicht einmal von Proviantkolonnen können so sehr große Massen an Lebensmitteln mitgeschleppt werden.[479]

Oberstleutnant DAHM in einer Abhandlung »Die Römerfestung Aliso bei Haltern a.d. Lippe« (Leipzig, Phil. Reclam) schreibt: »Eine Armee, die in den Magazinen von Aliso (Haltern) ihre Vorräte komplettierte, konnte, da der römische Soldat Getreide für 17 bis 30 Tage mit sich führte, im Gebiet der Sigambrer, der Marser, der Bructerer, der Ampsivarier und der Tubanten wochenlang ohne Nachschub von Proviant manövrieren.« Dahm hat diesen Passus später dahin ausgelegt, daß er nicht »den Soldaten selbst einen Sack mit 60 Pfund Mehl habe aufpacken« wollen, sondern daß er Maultierkolonnen im Auge gehabt habe. Rechnen wir auch dieses Exempel einmal nach.

Ein Heer von 30000 Streitern (und die Römer haben ja mit noch viel größeren Heeren in Gallien und Germanien operiert) gebraucht in 30 Tagen 22500 Zentner Proviant allein für die Kombattanten, hätte also hierfür 11250 Maultiere, und da doch die Treiber und sonstige Nichtkombattanten auch verpflegt sein wollen, etwa 18000 Maultiere nötig gehabt, die es schon ganz unmöglich gewesen wären, durch das Grünfutter am Wege entlang zu ernähren. An Wagen hätte man für dieselbe Last etwas über die Hälfte der Tiere nötig gehabt, und auch das ist, wenn man die Menge des sonstigen Trosses und die Kavalleriepferde hinzurechnet, schon so ungeheuer, daß es unter den meisten Verhältnissen für ganz ausgeschlossen gelten muß. Wie hätte man eine so unerhörte Kasse von Tieren und Geschirren, die nur in ganz seltenen Fällen wirklichen Nutzen bringen konnten, regelmäßig unterhalten sollen? Wie hätte man sie in den befestigten Lagern, die man aufzuschlagen pflegte, unterbringen können? Von einem regelmäßigen Mitführen des Proviants für 30 Tage kann also gar nicht die Rede sein, am wenigsten auf Saumtieren. Wenn RÜSTOW geglaubt hat, die römischen Heere seien nicht mit Proviantwagen, sondern bloß mit Saumtieren ausgerüstet gewesen, so hat er dabei doch nicht an die regelmäßige Mitführung einer Verpflegung für 17 oder gar 30 Tage vermöge dieses Transportmittels gedacht.

Daß Oberstleutnant Dahm sich solche Vorstellungen über römisches Verpflegungswesen hat bilden können, ist mir ebenso wie die Vorstellung desselben Autors von einem befestigten »Aufmarschterrain« von 6 Meilen Tiefe ein erneuter Beleg für die Erfahrung, daß die Ausbildung im modernen, praktischen Militärdienst noch keinerlei Bürgschaft für klare und richtige Anschauungen vom Kriegswesen früherer Zeiten bietet. Das ist aber wiederum eine Entschuldigung für die Zahlbegriffe und Gulliver-Konstruktionen unserer Historiker, Philologen und Juristen.

Der Aufgebotsbrief an den Abt Fulrad lautet:

In nomine patris et filii et spiritus sancti. Karolus serenissimus augustus a Deo coronatus magnus pacificus imperator, qui et per misericordiam Dei rex Francorum et Langobardorum, Fulrado abbati.[480]

Notum sit tibi, quia placitum nostrum generale anno praesenti condictum habemus infra Saxoniam in orientali parte super fluvium Boda in loco que dicitur Starasfurt. Quapropter precipimus tibi ut pleniter cum hominibus tuis bene armatis ac preparatis ad praedictum locum venire debeas XV. Kalendas Julias quod est septem diebus ante missam sancti Johannis baptiste. Ita vero preparatus cum hominibus tuis ad predictum locum venies, ut inde in quamcumque partem nostra fuerit iussio et exercitaliter ire possis; id est cum armis atque utensilibus necnon et cetero instrumento bellico, in victualibus et vestimentis, ita ut unusquisque caballarius habeat scutum et lanceam et spatam et semispatum, arcum et pharetras cum sagittis, et in carris vestris utensilia diversi generis id est cuniadas et dolaturias taratros, assias, fossorios, palas ferreas et cetera utensilia que in hostem sunt necessaria. Utensilia vero ciborum in carris de illo placito in futorum ad tres menses, arma et vestimenta ad dimidium annum. Et hoc omnino praecipimus, ut observare facietis, ut cum bona pace pergatis ad locum predictum, per quamcumque partem regni nostri itineris vestri rectitudo vos ire fecerit, hoc est ut preter herbam et ligna et aquam nihil de ceteris rebus tangere presumatis, et unicuiusque vestri homines una cum carris et caballariis suis vadant et semper cum eis sint usque ad locum predictum, qualiter absentia domini locum non det hominibus eius mala faciendi. Dona vero tua quae ad placitum nostrum nobis presentare debes, nobis medio mense Maio transmitte ad locum ubicumque tunc fuerimus; si forte rectitudo itineris tui ita se conparet, ut nobis per te ipsum in profectione tua ea presentare possis, hoc magis optamus. Vide ut nullam negligentiam exinde habeas, sicut gratiam nostram velis habere.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1921, Teil 2, S. 474-481.
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