Schlacht bei Homburg a.d. Unstrut.

9. Juni 1075.

[132] Wir haben drei ausführlichere Schilderungen, von Lambert von Hersfeld, von Bruno121 und ein Heldengedicht,122 aber die beiden ersten sind tendenziös und widersprechen sich auch in wichtigen Punkten, das letzte ist rein rhetorisch. Lambert und Bruno wollen, daß das Heer Heinrichs IV. ganz unvermutet angerückt sei und die Sachsen überfallen habe, aber man weiß nicht, wie weit das bloß als Entschuldigung für die Niederlage gelten soll. Bloß auf rhetorische Ausmalung ist es unzweifelhaft zu setzen, wenn Lambert behauptet, in der Eile hätten überhaupt nur wenige von den Sachsen die Panzer angelegt und wären aus den »Toren« herausgestürmt, als ob sie ein befestigtes Lager gehabt hätten wie die Römer. Sehr viele sollen nördlich der Unstrut geblieben und eher von der Niederlage als von der Schlacht gehört haben. Trotzdem soll die Schlacht vom Mittag bis zur neunten Stunde geschwankt haben und dann erst durch das Eingreifen neuer Heerhaufen Heinrichs entschieden worden sein. Richtiger wird in diesem Punkt Bruno erzählen, daß die Schlacht zwar grimmig, aber in sehr kurzer Zeit entschieden gewesen sei, da auf der sächsischen[132] Seite doch nur drei, auf der königlichen (nach Bruno) acht Vornehme gefallen sind. Die zahlreichen Edlen aus Schwaben und Bayern, die nach Lambert noch gefallen sein sollen, werden nicht mehr Wahrheit haben, als die wenigen, die unverwundet geblieben sind.

Sicher scheint, daß die Schlacht eine reine Ritter-Schlacht war, in der die vornehmsten Fürsten voranfochten. Der Markgraf Udo von der Nordmark soll seinem Vetter, dem Herzog Rudolf von Schwaben, dem späteren Gegenkönig, mit dem Schwert einen solchen Schlag über das Haupt gegeben haben, daß er nur durch die Festigkeit seines Helmes gerettet wurde. Auch sonst soll der Herzog voller Beulen gewesen sein. Der Markgraf Ernst von Bayern vom Heere des Königs wurde so schwer verwundet, daß er starb; auf sächsischer Seite blieb Graf Gebhard von Supplinburg, der Vater des späteren Kaisers Lothar. Auf der kaiserlichen Seite ersieht man nicht, ob überhaupt Fußvolk vorhanden war. Das sächsische Fußvolk war nach Lambert während der Schlacht im Lager: schwerlich mit Absicht – denn wozu hätte man es denn mitgenommen, soweit es nicht aus bloßem Troß bestand? –, sondern weil die Reiter voranstürmten und die Schlacht dann sofort entschieden war. Nach Bruno hat ein großer Teil der Sachsen schon vor Beginn der Schlacht die Flucht ergriffen.

Man hat dieses Fußvolk, das nun in Menge niedergemetzelt wurde, für ein Bauernaufgebot gehalten. Das carmen de bello Saxonico (M. G. SS. XV, 2, 1231) schildert ausführlich, wie die sächsischen Ritter mit Gewalt das Volk zum Kriegsdienst pressen, und wie dann die Kriegslust die Menge selber ergreift, die Ackerer und die Hirten in den Krieg ziehen, aus ihren Werkzeugen Waffen schmieden und das Land leer lassen, und im Kriegsrat des Königs werden nach Lambert die Sachsen als unkriegerisches Volk bezeichnet »vulgus ineptum, agriculturae pocius quam militiae assuetum, quod non animo militari sed principum terrore coactum, contra mores et instituta sua in aciem processisset«.

Trotz dieser Aussagen ist es ganz ausgeschlossen, daß die sächsischen Fürsten den bäuerlichen Landsturm haben in die Feldschlacht[133] führen wollen. Das carmen ist ein Gedicht, das mit freier Phantasie ausmalt. Das zeigt sich besonders am Schluß, wo es schildert, wie der König nach dem Siege ganz Sachsen, Städte und Burgen nehmend, verwüstet habe; wenige Sachsen hätten irgend etwas übrig behalten »domus aut pecus aut res«. In Wahrheit ist der König mit dem Heer nur, östlich um den Harz ziehend, bis nach Halberstadt gekommen, persönlich mit geringer Begleitung noch nach Goslar gegangen und schon 1. Juli umgekehrt.123 Reduzieren wir analog jene Schilderung des allgemeinen Aufgebots, so werden wir sie dahin auslegen, daß die sächsischen Fürsten neben ihren Rittern noch manchen anderen brauchbaren Mann aufs Roß gesetzt, besonders aber sich durch eine ungewöhnliche Zahl von Fußknechten verstärkt und dazu natürlich viele noch nicht Erprobte ausgesucht oder angeworben, ausgerüstet und mitgenommen hatten.

Die Behauptung Lamberts, daß das Gelände nicht erlaubt habe, das ganze königliche Heere zugleich angreifen zu lassen und deshalb die Heerhaufen hintereinander aufgestellt gewesen seien, im fünften der König, zuletzt die Böhmen, ist ohne Zweifel zu verwerfen, da das Gelände südlich der Unstrut eine breitere Entwicklung von Reitermassen keineswegs verhindert. Vielleicht liegt ein Bericht über die Marschordnung zugrunde.

Die Nachricht des Mönches Berthold von Reichenau (M. G. SS. V.), in dieser Schlacht seien 8000 Sachsen getötet worden, hat natürlich keinerlei Wert.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 132-134.
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