Vorwort.

[443] Das 14. Kapitel. und 15. Jahrhundert bringen eine Reihe von neuen Erscheinungen im Kriegswesen, die das Bild, wie wir es bisher vom mittelalterlichen Kriegswesen gewonnen haben, an einigen Stellen recht wesentlich modifizieren, so daß wir an diesem Punkt wiederum eine Einteilung machen. Die neuen Erscheinungen sind nicht derart, daß sie etwa in konstanter Fortentwicklung das alte zu ganz neuen Formen hinüberführten; sie stehen auch nicht unter sich in einem organischen Zusammenhang. Es sind eigentlich lauter Singularitäten, die entweder wieder absterben, wie das fortgeschrittene Schützengefecht und das Absitzen der Ritter in Verbindung mit Schützen, oder erst nach Jahrhunderten ihre Bedeutung gewinnen, wie das Aufkommen der Feuerwaffen, oder die kometenartige Erscheinung eines Sieges von bürgerlichem und bäuerlichem Fußvolk über ein Ritterheer, oder die eigentümliche Erscheinung der Hussiten. So bedeutend diese Vorgänge alle an sich sind, eine fundamentale Abwandlung des Kriegswesens ist von ihnen allen nicht ausgegangen; die Grundzüge, die wir kennen gelernt haben, bleiben bis zum Ende des Mittelalters bestehen oder tauchen mit wenig veränderten Zügen immer wieder auf. Ich ordne den Stoff daher so, daß wir die besonderen Erscheinungen dieser Jahrhunderte jede für sich in ihrer prinzipiellen Bedeutung und ihrer historischen Eigentümlichkeit und Kausalität betrachten und dann einige Feldzüge und Schlachten an uns vorüberziehen lassen, die uns zeigen, daß immer wieder Kriegsereignisse erscheinen, die ziemlich ebenso im dreizehnten und zwölften Jahrhundert oder[443] noch früher sich hätten abspielen können: Beweis, daß es sich in jenen Abweichungen nicht um eine kontinuierlich fortschreitende Entwicklung, sondern eben um Singularitäten handelt.

Der wirkliche weltgeschichtliche Fortschritt ist schließlich nur von einer Stelle und einem Punkt ausgegangen: den Schweizern; diese nehme ich daher aus der chronologischen Abfolge heraus und behandle sie in einem besonderen Buch.[444]

Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 443-445.
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