Erstes Kapitel

Alexanders Tod – Anordnung des Regiments durch die Befehlshaber – Arrhidaios durch das Fußvolk als König proklamiert – Kampf zwischen Ritterschaft und Fußvolk – Vertrag zwischen beiden – Die Lustration, Meleagros' Tod – Verteilung der Satrapien

In der geschichtlichen Überlieferung ist Alexander der erste, der der Große genannt wird. Wie immer diese Bezeichnung entstanden sein mag, – daß sie dauernd geworden ist, darf als Zeugnis von dem Eindruck gelten, den auf Mit- und Nachwelt seine Persönlichkeit und seine Taten gemacht haben.

Man kann zweifeln, ob die Kühnheit dessen, was er gewollt und mit nie versagendem Glück ausgeführt hat, oder die Mittel, mit denen er seinem Werk Dauer zu geben gedachte, und deren Wirkungen, die es Jahrhunderte überdauert haben, staunenswürdiger sind. Im Laufe eines Jahrzehnts hat er das Perserreich gebrochen, Asien bis zur Wüste der Skythen, bis ins Herz Indiens unterworfen, diese weiten Gebiete umzugestalten, zu hellenisieren begonnen, das Meer des Südens erschlossen; Eroberungen und Entdeckungen zugleich, haben seine Kriegszüge die bis dahin bekannte und unbekannte Welt des Ostens zu einem Reich vereinigt.

Aus Indien zurückgekehrt, nach einem Jahre nicht der Rast, sondern umfassendster organisatorischer Tätigkeit schien er ein zweites, noch kühneres Werk beginnen zu wollen. Nicht anders konnte man die großen Rüstungen deuten, die im Frühling 323, als er von Ekbatana nach Babylon zog, bereits in vollem Gange waren.

Von allen Seiten des weiten Reiches kam Kriegsvolk jeder Waffe und Art, asiatische Reiterhaufen, hellenische Söldner, nach makedonischer Art geübte Mannschaft aus den Satrapien, kamen Schiffszimmerleute, Schiffsführer, Seeleute von den Küsten des Mittelmeeres nach Babylon. Man wußte, daß zu Sommeranfang der Zug nach dem Westen beginnen werde, daß Nearchos mit der Euphratflotte Arabien umschiffen solle; man erzählte sich von ungeheuren Schiffsrüstungen, die gleichzeitig in den Häfen des Mittelmeeres gemacht wurden; man glaubte zu wissen, daß[3] nach der Umschiffung Arabiens ein Zug gegen Karthago oder Italien im Plane sei, oder auch, daß nach der Fahrt um Afrikas noch unbekannte Südküsten vom westlichen Ozean her durch die Säulen des Herakles das punische Westbassin des Mittelmeeres und dessen Umrandungen genommen werden, daß mit der Beherrschung des Mittelmeeres und der endlich ausgeführten Hellenisierung seiner Küsten bis Tartessos und Lixos hinaus der kühne Bau des Weltreiches sich vollenden und für alle Zukunft feststellen solle.

Nach der Totenfeier für Hephaistion, so hatte der König befohlen, sollten die Bewegungen beginnen, am 20. Daisios das Landheer, am 21. die Flotte aufbrechen.

Vier Tage vorher erkrankte er; er verschob die Abfahrt der Flotte um zwei Tage, in der Hoffnung, dann genesen zu sein. Aber das Fieber steigerte sich mit jedem Tage. Die Abfahrt mußte bis auf weiteres vertagt werden. Schon ließ des Königs Zustand das Schlimmste fürchten; die Strategen und Hipparchen blieben in den Vorzimmern des Saales, in dem der König lag, die Hauptleute und Rottenführer standen im Schloßhof Tag und Nacht; die makedonischen Veteranen drängten sich zu den Toren der Burg, sie verlangten ihren König noch einmal zu sehen; man ließ sie an seinem Lager vorüberziehen; zu sprechen vermochte er nicht mehr. Rasch schwanden seine Kräfte; am 18. Daisios verschied er.

Zuerst, so schildert es eine unserer Quellen, widerhallte Jammer und Wehklage in den weiten Räumen des Schlosses; dann wurde es stiller; der erste heftige Schmerz um solchen Verlust wich der Sorge, was nun werden solle.

Durch Edelknaben, die vom Schloß durch die Straßen eilten, verbreitete sich die Trauerkunde durch die Stadt; vor den Toren der Burg mehrte sich die Menge, Makedonen und Barbaren, Kriegsleute und Bürger, alles drängte sich in den Schloßhof; den gerechtesten und mildesten Herrn nannten ihn jammernd die Asiaten, den tapfersten und glorreichsten, stets siegreichen Fürsten die Makedonen und Griechen; sie wurden nicht müde, ihn zu preisen, von seiner tückischen Krankheit, seinem Hinsterben zu erzählen, der eigenen Zukunft zu gedenken, die nur zu dunkel war. So mehrte sich das qualvolle Gefühl der Ungewißheit, der Ratlosigkeit, der gefährlichsten Spannung; und wer war sein Erbe? Man empfand, daß man des nächsten Momentes nicht sicher, daß Heer und Reich ohne Haupt und Führer seien. Jeder Augenblick konnte Unerwartetes, konnte Aufruhr und Blut bringen. Man begann, sich auf das Schlimmste gefaßt zu machen. Schon war es tief in der Nacht; da und dort waren die Truppen unter Waffen getreten, die Bewohner der Stadt erwarteten in ihren Häusern, was geschehen werde; man hütete sich, Licht sehen zu lassen;[4] einzelnes Rufen, da und dort ein plötzlicher Lärm tönte durch die stille Finsternis1.

Mag diese Schilderung mehr anschaulich als sachgemäß sein, die einfache Erwägung der Sachlage er gibt, wie furchtbar der Moment war.

Ohne jede Weisung über das, was nach seinem Tode geschehen solle, war der König verschieden. Das Heer, das Reich, die Geschicke einer halben Welt standen wie vor einem Abgrund; in der nächsten Stunde konnte alles in Trümmern, ein Chaos sein.

Das Dringendste war, daß sofort irgendein Surrogat von Leitung und Ordnung, irgendein provisorischer Zustand geschaffen wurde.

Wie von selbst ergab sich diese Aufgabe denen, die die Nächsten um die Person Alexanders, die Vertrauten seiner Pläne, die Organe seines Willens gewesen waren, die sieben Leibwächter2. Einem von ihnen, dem Perdikkas – vielleicht war er der Anciennität nach der erste dieses Ranges – soll er, als er sein Kranken ernster werden sah, den Siegelring übergeben haben, mit dem die Befehle, auch die der nächsten Tage, zur Beglaubigung untersiegelt sein mußten. War es geschehen, so lag darin für denselben eine gewisse Befugnis, die Initiative zu ergreifen. Mit ihm werden die sechs anderen einig gewesen sein, daß man, wie in entscheidenden Momenten auch von Alexander geschehen war, die vornehmsten unter den Hetairen, die Höchstkommandierenden der Truppen berufen müsse, zu beraten und zu beschließen, was weiter zu tun sei. Mag Perdikkas, um jeden Schein einer Anmaßung oder eines Vorrechtes zu meiden, das ihm anvertraute Siegel auf den Thron und zu den anderen königlichen Insignien gelegt und den Versammelten anheimgegeben haben, alles weitere zu bestimmen, eines Vorsitzenden bedurfte diese Beratung.

Perdikkas stellte die Frage. Es galt, ob man und wie man die Stelle, die mit dem Tode des Königs leer geworden war, wieder besetzen sollte.[5] Man scheint nicht ohne weiteres darüber einig gewesen zu sein, daß es geschehen müsse, um mit der Erbfolge die Monarchie und die Einheit des Reiches zu bewahren; es konnte gewiß mit Recht gesagt werden, daß nur in Alexander die Einheit des Reiches gewesen, daß sie ohne ihn oder einen größeren als ihn unmöglich sei, daß man von der Einheit so viel opfern müsse, wie erforderlich sei, um das Neugeschaffene in seinen Gliedern zu erhalten und zusammenzuhalten. Aber scheinbar einfacher und dem Recht gemäßer schien die Einheit und die Erbfolge.

Aber wen berief die Erbfolge? Es gab einen Sohn Alexanders, Herakles, den ihm Memnons Witwe Barsine geboren; aber sie hatte nie für des Königs Gemahlin gegolten, sie lebte mit ihrem Knaben in Pergamon. In echter Ehe war ihm Roxane, war ihm Stateira vermählt; und Roxane erwartete in drei Monaten ihre Entbindung; aber war man gewiß, daß sie einen Sohn gebären werde? Und sollte der Baktrianerin Sohn das Diadem der makedonischen Könige tragen? Noch gab es einen Sprossen des Königshauses, und er war in Babylon, Arrhidaios, Alexanders Halbbruder; aber er war schwachsinnig, nicht aus rechter Ehe, König Philipp hatte ihn mit einer thessalischen Tänzerin gezeugt.

In welchem Sinne sich die zu Rat Berufenen über diese Fragen geäußert, ist nicht mehr zu erkennen; unsere Quellen stimmen in ihren einzelnen Angaben nicht überein und geben am wenigsten von der unermeßlichen Schwierigkeit der Lage, von dem Ernst der Verantwortlichkeit der Entschließungen eine Ahnung. Daß Perdikkas die Erhaltung der monarchischen Reichseinheit, in welcher Form immer, voranstellte, läßt sich aus seinem späteren Verhalten schließen. Wenn angegeben wird, daß Nearchos für den Sohn der Barsine gesprochen, so erhebt sich dagegen der Zweifel, daß der vorsichtige Nauarch, der nicht einmal geborener Makedone war, sich schwerlich dem Vorwurf, für seine Schwägerschaft sorgen zu wollen, ausgesetzt haben wird. Eher denkbar ist die weitere Angabe, daß der Lagide Ptolemaios ein Regiment der obersten Befehlshaber empfohlen habe; es würde beweisen, wie scharf er die Gefahr der Lage erkannte und mit wie kühner Intuition er den Punkt bezeichnete, bis zu dem man zurückgehen müsse, um ihr zu entgehen. Des Arrhidaios scheint in diesem Kreise nur gedacht worden zu sein, um ihn als unmöglich außer Rechnung zu stellen.

Man kam zu einem Beschluß, der bis auf weiteres die Einheit des Reiches erhielt und doch dem Spiel des Zufalls noch Raum ließ: wenn Roxane einen Sohn gebäre, so solle dessen das Reich, Perdikkas und Leonnatos für Asien, Antipatros und Krateros für Europa dessen Vormünder sein.

Aber hatte die Versammlung, die so beschloß, die Befugnis, so zu beschließen? Hatte nicht Alexander selbst auf der Höhe seiner Macht in[6] wichtigen Dingen vom »versammelten Kriegsvolk« entscheiden lassen? Mochten die Hetairen von der Ritterschaft sich mit dem zufrieden geben, was die hohen Herren im Kriegsrat für gut fanden, das Fußvolk der Pezhetairen und Argyraspiden war nichts weniger als ruhig dabei, daß über sie und das Reich entschieden werden solle ohne ihr Zutun; vielmehr, so mochte sich in ihren rasch wachsenden Rottierungen bald genug die Meinung feststellen, es bedürfe nicht erst langer Beratung, wenn nicht arge Dinge beabsichtigt würden; habe man doch König Philipps Sohn; der sei der geborene Erbe und zur Stelle.

Es wird angegeben, daß die Masse des Fußvolks zur Königsburg geeilt sei, den Arrhidaios hervorgeholt, ihn mit dem geliebten Namen Philippos als König begrüßt habe. Selbst wenn die im Rate Versammelten die Hetairen der Ritterschaft zur Stelle gehabt hätten, sich der tobenden Menge entgegenzuwerfen, hier in der Burg wären sie der größeren Zahl unzweifelhaft erlegen. Es galt vor allem, unterhandelnd Zeit zu gewinnen.

Unter den Berufenen war auch der Stratege Meleagros, des Neoptolemos Sohn, der mit seiner Phalanx schon den Zug nach der Donau mitgemacht hatte. Diesen schickten die Versammelten zu den Fußvölkern, bei denen er in hohem Ansehen stand, sie zu beruhigen und zu einträchtiger Mitwirkung für die gefaßten Beschlüsse zu gewinnen.

Mag Meleagros den Auftrag übernommen haben, bevor man wußte, daß Arrhidaios bereits als König ausgerufen sei, mag er das im Rat Beschlossene mißbilligt, mag er sich zu dem Auftrag bereit erklärt haben, um desto sicherer zu täuschen, – sicher ist, daß er sich sofort der popularen Sache anschloß, die seinem Ehrgeiz die glänzendste Aussicht bot.

Es galt, Perdikkas und dessen Partei zur Anerkennung des Geschehenen zu zwingen. Die Insignien des Königtums dem neuen König zu gewinnen, gab den Anlaß und das Ziel der ersten notwendigen Aktion. Es soll in der Königsburg in den Gemächern, wo Alexanders Leiche lag, zum Kampf gekommen, die Ritterschaft zum Weichen gezwungen worden sein, Seleukos mit dem Korps der königlichen Knaben den Rückzug des Perdikkas und der anderen Leibwächter gedeckt haben.

Sie waren verdrängt, aber nicht bezwungen. Sie sammelten sich vor den Toren Babylons, die Ritterschaft lagerte dort, beherrschte die Zugänge zur Stadt. Dort im freien Felde hätte das Fußvolk wenig gegen sie vermocht, während sie Verstärkungen heranziehen, über die Mittel der Satrapien verfügen konnten; daß sie sich für den erwarteten Sohn der Perserin entschieden, während die Wahl des Fußvolks im schroffsten Sinn makedonisch war, sicherte ihnen für die schlimmsten Fälle den Beistand der Asiaten.[7]

Für die Sache, die Meleagros führte, eine Gefahr, die, je länger er zögerte, ihr zu begegnen, desto bedrohlicher wurde. Er soll durch einen Mordversuch gegen Perdikkas, als habe König Philippos ihn befohlen, sich aus der Verlegenheit zu helfen versucht haben. Nicht minder verlegen war die Lage der ritterlichen Partei; was sollte ihnen Kampf und Sieg, wenn die Niedermetzelung des makedonischen Fußvolks, die Beseitigung des mitleidswürdigen Arrhidaios der Kaufpreis des Sieges war?

Beiden Parteien mußte ein Ausgleich willkommen sein. Alexanders Geheimschreiber Eumenes von Kardia stand auf der Seite der Ritterschaft; aber er war in Babylon geblieben.

Er begann mit dem und jenem von den Führern anzuknüpfen und zum Frieden zu reden, als sei er, der Fremde, bei dem unheilvollen Hader der Makedonen persönlich unbeteiligt, nur für die große Sache des Reiches, an dem auch das Heil der hellenischen, der asiatischen Welt hange, besorgt. Dem klugen Griechen gelang es, Gehör zu finden; möglich, daß andere Hellenen, Führer der Söldner im Heer, mit ihm tätig waren; es wird der Thessaler Pasas und der Arkader Amissos genannt, die mit Perilaos zu denen vor der Stadt gesandt wurden, im Namen des Königs mit ihnen zu unterhandeln. Dann folgten weitere Sendungen her und hin Verhandlungen, in denen namentlich Eumenes sich ein großes Verdienst um Perdikkas und die Sache des Reichs erworben zu haben scheint. Perdikkas selbst mußte die Aussöhnung wünschen, um nicht länger bloß Führer einer Partei zu sein; in des schwachen Königs Nähe gestellt, war er sicher, den Einfluß des verhaßten Meleagros bald genug zu überholen.

So kam ein Vertrag zustande, in dem die Makedonen von der Ritterschaft den vom Fußvolk berufenen König anerkannten, die vom Fußvolk nachgaben, daß, wenn die Königin Roxane einen Sohn gebäre, dieser gleichfalls König sein solle. Es wurde weiter vereinbart, daß Antipatros Stratege in Europa, Krateros Prostates des Königtums, Perdikkas Chiliarch, wie es Hephaistion gewesen, Meleagros Hyparch sein solle; mit der Überführung der königlichen Leiche nach dem Tempel des Ammon wurde Arrhidaios betraut3. Nachdem dieser Vertrag beschworen war,[8] rückten die Phalangen unter Meleagros, die Hipparchien der Ritterschaft unter Perdikkas' Führung aus, vereinigten sich unter den Mauern der Stadt und kehrten dann, wieder ein Heer, in die Residenz zurück.

Mit diesem Ausgleich4 waren die Wirrnisse für den Augenblick beendet und die erste Grundlage für das weitere Schicksal des Reiches gewonnen. Die Anerkennung des neuen Königs sprach den ferneren Bestand und die Einheit des Reiches aus, die Formen desselben blieben, wie sie bisher gewesen waren; die Satrapien wurden in den Händen derer gelassen, die sie innehatten. Nur für die hohen militärischen Ämter und für die europäischen Lande traten wesentliche Änderungen ein. Da Krateros noch nicht in Europa angekommen war, blieb Antipatros in dem vollen Umfang der Befugnisse, die er nach Alexanders Befehl vom Sommer 324 an Krateros hätte abtreten sollen; und Krateros erhielt die nach makedonischer Hofordnung höchste Stelle, die Prostasie des Königtums; freilich jetzt, da er mit den 10000 Veteranen noch auf dem Marsch war, eine Stellung ohne unmittelbare Wirksamkeit, eine bloße höchste Ehre. War die Hyparchie des Meleagros nicht der Oberbefehl über das Fußvolk, sondern die zweite Stelle in der Führung des Heeres, so hatte früher schon Parmenion eine solche gehabt. Auch die Chiliarchie des Perdikkas war keine Neuerung; schon Alexander hatte sie aus der Sitte des persischen Hofes entnommen; dort war der Chiliarch nicht bloß Führer der edlen Reiterschar, die den Namen »Verwandte des Königs« führte, sondern auch in allem übrigen der Nächste nach dem König, ihm stets zur Seite, der eigentliche Wesir des Reiches. Unter Alexander freilich hatte dies Amt keine andere Bedeutung als die höchste Ehre nächst dem König; daher übertrug er sie dem ihm vertrautesten Freunde und befahl nach dessen Tod, daß die Stelle unbesetzt bleiben und für alle Zeit den Namen Hephaistions führen sollte. Indem Perdikkas diese Chiliarchie »der Verwandten des Königs« – auch dieser Name wird wieder in Übung gekommen sein – erhielt, fiel ihm sofort aller Einfluß eines Majordomus zu, der in demselben Maße, wie es dem König an Kraft und Selbständigkeit fehlte, unumschränkt verfahren zu können schien.[9]

Perdikkas, in der Tat, wenn einer dieser hohen Stellung gewachsen, fühlte sich stark genug, sie mit allen Ansprüchen und Befugnissen, die sie ihm gewährte, geltend zu machen; seine fürstliche Geburt, sein hoher Rang, seine vieljährigen Dienste in der Nähe der Könige Philipp und Alexander, verbunden mit einer ebenso gewandten wie scharfen und herrischen Persönlichkeit, waren geeignet, ihm über die anderen Generale nicht minder als über die Menge eine Überlegenheit zu gewähren, die er, soweit es die Vorsicht gebot, zu verhehlen Selbstbeherrschung genug besaß; wo es galt, war er mit dem Wort und mit der Tat gleich kühn, gleich imponierend und des Erfolges gewiß; sein entschiedenes und sicheres Vorwärtsschreiten zu dem Ziele höchster Macht gibt seiner Gestalt den Adel der Kühnheit, seinem Tun die strenge und energische Konsequenz, deren er in seiner Stellung vor allem bedurfte.

Denn war auch jetzt Friede und Ruhe zurückgekehrt, so hatte doch der völlig anarchische Zustand des Heeres, aus dem die jetzige Ordnung hervorgegangen war, Verhältnisse zum Vorschein gebracht, die mit militärischer Zucht völlig unvereinbar waren und auf denen sich nichts Dauerndes gründen ließ. Durch die Zustimmung der Makedonen im Besitze der höchsten Macht, mußte Perdikkas zeigen, daß er dieselbe frei zu handhaben, mit aller Strenge und nötigenfalls gegen die Makedonen selbst geltend zu machen willens sei; um jeden Preis mußte er mit der Entschiedenheit der Verhältnisse Herr sein, durch welche allein das Ganze zusammengehalten werden konnte. Seine Macht mit Meleagros teilen konnte er nicht; er haßte, er fürchtete ihn; der ehrsüchtige und unruhige Sinn des Hyparchen konnte in seiner amtlichen Stellung Vorwand genug zu neuen Umtrieben finden; das Vertrauen der Phalangiten zu ihm, die Menge Unzufriedener und Neuerungssüchtiger, deren es selbst unter den Großen gab, machten ihn doppelt gefährlich. Ihn erlas sich der Chiliarch, um durch ein Exempel rücksichtsloser und durchgreifender Strenge zu zeigen, wie er Herr zu sein wissen werde.

Von den Tagen des Aufruhrs her haftete Blutschuld auf dem Heere; Makedonen waren von Makedonen erschlagen worden; es bedurfte einer feierlichen Lustration, um das Heer zu reinigen. Bei solcher Reinigung wird nach heimatlicher Sitte ein Hund in zwei Teile zerschnitten und beide Hälften auf freiem Felde in einiger Entfernung voneinander hingelegt; zwischendurch zieht das gesamte Heer, voran die Waffen der früheren Könige, dann der König, umgeben von den Leibwächtern und der Edelschar, dann die der Hetairen der Ritterschaft, zuletzt die verschiedenen Abteilungen des Fußvolks; nach geschehener Lustration rücken das Fußvolk und die Reiterei gegeneinander auf, und ein Übungstreffen zwischen beiden schließt das Ganze. So auch diesmal: die beiden Linien standen,[10] hier die Reiterei und die Elefanten unter des Königs und Perdikkas' Führung, dort das Fußvolk unter Meleagros aufgerückt; als die Reiterei sich in Bewegung setzte, entstand, so heißt es, unter dem Fußvolk Unruhe, als sei Arges im Spiel; der Ritterschaft und den Elefanten gegenüber war für sie im freien Feld Rettung unmöglich. Perdikkas an des Königs Seite ritt an der Spitze eines Geschwaders auf die Reihen des Fußvolks zu, forderte im Namen des Königs von jedem Lochos die Auslieferung der Rädelsführer in der jüngsten Meuterei, drohte, bei der geringsten Zögerung die Ritterschaft einhauen, die Elefanten auf die Phalangen treiben zu lassen. Solcher Drohung, solcher Macht gegenüber sah sich das Fußvolk ohnmächtig, tat, was befohlen war; bei dreißig wurden ausgeliefert, den Elefanten vorgeworfen, von ihnen zerstampft.

Mit dieser Exekution hatte Perdikkas sein Regiment begründet; der König selbst hatte den Tod derer befohlen oder gestatten müssen, welchen er seine Erhebung dankte. Meleagros konnte nicht zweifelhaft sein, welches Schicksal ihm selbst bevorstand; während jener gräßlichen Szene, so wird erzählt, hatte er nicht gewagt, seinen Platz an der Spitze der Phalangen zu verlassen, war dann, als die Truppen in ihre Quartiere zurückgekehrt waren, der Sicherheit seiner eigenen Behausung mißtrauend, in einen Tempel geflüchtet, als ob die Heiligkeit des Ortes ihn schützen würde. Perdikkas hatte beschlossen, ihn zu verderben, Vorwand fand er leicht: Meleagros habe ihm nach dem Leben getrachtet, und seine Flucht sei das Geständnis, daß er sein Leben verwirkt habe. Auf Befehl des Königs und seines Chiliarchen wurde Meleagros an den Stufen des Altars ermordet.

Der Chiliarch tat, was notwendig war; wenn er die Aufgabe und die Absicht hatte, die Zügel der Gewalt zu führen, so waren diese ersten Schritte von so energischer Entschiedenheit, wie sein Amt und die Umstände sie forderten. Meleagros konnte den Befehlshabern ein Beispiel sein, wie Perdikkas mit seinen Widersachern zu verfahren gedenke; das Heer, das beim Tode Alexanders die Grenzen, wenn nicht seines Rechtes, so doch der Subordination überschritten hatte und auf dem besten Wege war, die gräßliche Macht von Prätorianern an sich zu reißen, war mit einem Schlage zum Gehorsam und zur Disziplin zurückgeführt, der einzigen Sicherheit, die für das fernere Bestehen des Reiches möglich war; des Heeres mußte das Königtum und dessen Verweser gewiß sein, wenn den ferneren Gefahren mit Erfolg begegnet werden sollte, die nur schon zu nahe waren.

Stets ist dem militärischen Adel Makedoniens das stolze und oft anmaßliche Selbstvertrauen geblieben, das, zugleich Bedingung und Frucht so außerordentlicher militärischer Trefflichkeit, sich nur der geistigen[11] Überlegenheit eines Alexander beugte und dem selbst der große König auszuweichen nicht immer verschmäht hat. Er freilich verstand diese Hetairen zu fassen und zu beherrschen, sie durch sein persönliches Übergewicht und durch ihre eigenen Schwächen, die er hier durch königliche Geschenke, dort durch militärische Ehren, dann wieder durch Vertraulichkeit oder durch Nachsicht gegen Geschehenes zugleich benutzte und zu verbergen schien, in ein so glückliches Verhältniswürdiger Ergebenheit um sich zu reihen, daß man die durchaus ehrenwerte und durch Charakter, Energie und Hingebung ausgezeichnete Umgebung des Königs in den leidenschaftlichen, durch Herrschsucht, Haß und Heimtücke wild bewegten, alles Maß der Besonnenheit und des Möglichen mißachtenden Häuptern der Diadochenzeit fast nicht wiedererkennt. Mit dem Tod Alexanders war das Band zerrissen, das sie bis dahin mächtig und sicher zusammengehalten; der sogleich folgende Streit über die Thronfolge gab ihnen Gelegenheit, sich zum ersten Male unbeschränkt zu fühlen und nach dem eigenen Interesse zu entscheiden; und wenn sie der Aufstand des Fußvolks, auf dessen Seite der höheren Offiziere eine geringere Zahl war, noch einmal gemeinschaftliche Sache zu machen und für einen aus ihrer Mitte Partei zu nehmen nötigte, so war doch mit dem Augenblick, da sie des Aufstandes Meister waren, Perdikkas selbst in demselben Maße Gegenstand ihres Mißtrauens und ihrer Eifersucht, als er die Macht, auf welche alle Anspruch und Hoffnung zu haben glaubten, allein in Händen hatte. War er denn besser als sie, an Taten reicher, würdig, über alle zu gebieten? Oder sollte entscheiden, daß er, aus dem Fürstengeschlecht von Orestis stammend, sich königlicher Ahnen rühmte? Auch Polyperchon, auch Leonnatos, der Leibwächter, war fürstlichen Geschlechts; aber jetzt galt die Tüchtigkeit höher als die Geburt, und bevorzugt durfte nur das königliche Haus sein. Oder sollte entscheiden, daß Perdikkas schon unter König Philipps Leibwächtern gewesen, vielleicht der älteste unter den jetzigen war? Am wenigsten durfte in diesen Zeiten wahres Verdienst den Zufälligkeiten der Anciennität nachstehen. Und wenn Alexander, wie vielleicht schon damals geglaubt oder behauptet wurde, sterbend Perdikkas seinen Siegelring gegeben hatte, so meinte er gewiß nichts anderes, als daß der Älteste seiner nächsten Umgebung bis auf weitere Anordnungen das Zeichen des Königtums bewahren sollte; gewiß aber war die Erzählung, der König habe auf die Frage, wer das Reich übernehmen solle, geantwortet: »Der Beste!« und dabei seinen Ring an Perdikkas übergeben, ohne alle Bedeutung oder im Interesse des Chiliarchen erfunden. Wenn nun Perdikkas mit ebensoviel besonnener Vorsicht wie überraschender Strenge sich in den vollkommenen Besitz der höchsten Gewalt zu setzen gewußt hatte, so mochten manche es schon[12] bereuen, ihm so weit Vorschub geleistet zu haben, und die Partei der Großen, welche dem Fußvolk und seinem Führer Meleagros die höchste Macht abgetrotzt hatte, mußte, wenn sie nicht alles preisgeben wollte, dem Ehrgeiz des zweiten und gefährlicheren Widersachers offen entgegenzutreten Gelegenheit suchen.

Für Perdikkas kam alles darauf an, dieser Gefahr, bevor sie da war, den Weg zu verlegen; er mußte zu hindern suchen, daß die Großen, die soeben für ihn Partei genommen, sich nicht wider ihn vereinten; er mußte sie in ihren Interessen trennen und vereinzeln, um die eigene Macht desto konzentrierter und wirksamer zu handhaben. Das nächste und natürlichste Auskunftsmittel dazu war eine neue Verteilung der Ämter und Satrapien. Damit konnte er die gefährlichsten seiner bisherigen Freunde von dem Regiment und der Nähe des Königs entfernen und obendrein ihnen als Gunst und Belohnung anrechnen, was eigentlich ebenso richtig Verweisung genannt werden konnte; er durfte gewiß sein, daß die Generale in demselben Maße mit dieser Anordnung einverstanden sein würden, als sie durch dieselbe dem gewünschten Ziele eigener Herrschaft näher zu kommen hoffen mochten; er selbst mochte der Meinung sein, wenn die so Vereinzelten sich der Hoheit des Reiches zu entziehen versuchen sollten, im Namen des Königtums und mit der schlagfertigen Armee, die er zu seiner Verfügung hatte, jede Usurpation mit leichter Mühe unterdrücken und seine Macht aufrechterhalten zu können.

Wenn eine Tradition den Lagiden Ptolemaios Urheber jenes Planes nennt, so ist dies weder im Widerspruch mit dem Obigen noch ein Beweis, daß der Umsichtigste und Gemessenste unter den hohen Offizieren zu dieser Zeit noch im Interesse des Chiliarchen gehandelt hätte. Für diesen war allerdings aller augenblickliche Vorteil; aber er irrte sich in seiner Berechnung für die Zukunft, und der kälter rechnende Lagide opferte gern den Vorteil des Augenblicks, um später desto sicherer sein Ziel zu erreichen. Fern von der Beaufsichtigung des Chiliarchen und außer dem Einfluß der Koterien, die das Nebeneinander der Großen am Hofe hervorbringen mußte, in der faktisch unabhängigen Stellung eines Satrapen ein reiches Land für sich in möglichst unumschränkter Weise zu beherrschen, es zu möglichst selbständigem und in sich geschlossenen Besitztum umzugestalten, um dann von dieser sicheren Basis aus der Gewalt des Chiliarchen und endlich der des Reiches selbst gegenübertreten zu können, das mochte die Hoffnung sein, in der der Lagide jenen Plan zur Sprache brachte, den der Chiliarch im Namen des Königs genehmigte und die anderen Großen sich ohne weiteres gefallen ließen. Dieser Umstand, nicht minder als der, daß der Plan von dem Lagiden ausging, läßt einen Kompromiß voraussetzen, in dem die Reichsgewalt denen, die sie in Perdikkas'[13] Hand zu legen sich herbeiließen, dasjenige zugestand, was sie einigermaßen entschädigte und sicherstellte. Dieser Kompromiß kann wohl nur in der Frage der Militärmacht gefunden worden sein; war in dem System Alexanders die Strategie in der Regel von der Satrapie getrennt, so ließen sich sachliche Gründe vollauf dafür geltend machen, wenn man jetzt dies System lockerte; bei den gefährlichen Zeiten, denen man entgegenging, schien die Summe der Gewalt in jeder Satrapie einer Hand überwiesen, der Bestand des Reiches damit gesichert werden zu müssen, daß man jedem seiner Glieder die Geschlossenheit, die Mittel und die Kompetenz gewährte, dasselbe an seinem Teil zu erhalten und zu verbürgen; immerhin so, daß der obersten Reichsbehörde die Befugnis blieb, bestimmte militärische Aufträge an die Satrapen zu erteilen und im gegebenen Fall durch ihre Mittel die lokale Militärmacht für die Zwecke des Reiches zu verwenden5.

Es war gleich nach dem Tage der Lustration, als die Generale zur Versammlung berufen und ihnen von dem Chiliarchen im Namen des Königs eröffnet wurde, daß, in Betracht der schwierigen Zeitumstände und der großen Verdienste vieler Befehlshaber um König und Reich, für gut befunden sei, für einige Satrapien und für die höchsten Stellen im Heerdienst gewisse Veränderungen eintreten zu lassen. Die näheren Angaben über dieselben, wie sie überliefert werden, geben eine merkwürdige Übersicht über die im Verlauf der Diadochengeschichte bedeutendsten Personen, weshalb sie hier des ausführlicheren mitgeteilt werden sollen.

Perdikkas, so war bestimmt worden, sollte in der unmittelbaren Umgebung des Königs bleiben und den Oberbefehl über sämtliche königliche Truppen haben; er sollte als unumschränkter Reichsverweser das königliche Siegel führen und die sämtlichen Beamten des Königtums, sowohl im Heere wie in der Verwaltung, durch ihn die königlichen Befehle erhalten.

Seine bisherige Stelle als Chiliarch ging über auf Seleukos, den Sohn des Antiochos, den bisherigen Führer der Edelschar; kaum einige dreißig Jahre alt, hatte er sich bereits in den indischen Feldzügen und namentlich in der Schlacht am Hydaspes an der Spitze seines Korps außerordentlich hervorgetan; bei der großen Hochzeitsfeier in Susa war ihm die Tochter des sogdianischen Fürsten Spitamenes vermählt worden; seine Ausdauer und Entschlossenheit, gepaart mit ungewöhnlicher Körperkraft, dazu die eigentümliche Mischung von Herzlichkeit und vorsichtiger Klugheit, die[14] für ihn bezeichnend ist, mochten ihn dem Reichsverweser besonders geschickt für eine Stellung erscheinen lassen, in der er einen der älteren Generale, der nach dem Maß seiner Verdienste anspruchsvoller gewesen sein würde, nicht gern sehen konnte.

Führer der Edelschar wurde an Seleukos' Stelle Kassandros, der Sohn des Antipatros, der kurz vor des Königs Tod mit Aufträgen seines Vaters nach Babylon gekommen war; gleichen Alters mit Seleukos6 und ohne unmittelbaren Anteil an dem Ruhm der Feldzüge des Königs in Asien, sah er sich schnell zu einer der ehrenvollsten Stellen im Heere erhoben; Perdikkas mochte hoffen, sich durch die Auszeichnung des Sohnes den Vater zu verpflichten; er mochte zugleich für die Fügsamkeit dessen, der seinem hohen Posten und seiner altbewährten amtlichen Tätigkeit nach sich vor jedem anderen zu leitender Stellung berufen halten durfte, ein Unterpfand in der Nähe zu haben wünschen.

Von weiteren Veränderungen im Stabe der Armee, die durch den gleich zu erwähnenden Satrapenwechsel nötig werden mußten, sind wir nicht unterrichtet7. Von größerer Bedeutung war die Verteilung der Provinzen.

Die Satrapie Ägypten, bestehend aus dem eigentlichen Nilland und den beiden Landschaften außerhalb des Deltas, welche der Ägypter Libyen und Arabien nennt, war durch ihre Lage, ihren schnell zunehmenden Wohlstand, ihre vor wenigen Jahren erst angelegte und schon blühende Hauptstadt Alexandrien eine der wichtigsten Statthalterschaften des Reiches; Alexander selbst hatte mit besonderer Vorsicht die Verwaltung Ägyptens geordnet und namentlich darauf geachtet, daß nicht in einer Hand zu viel Gewalt vereinigt würde; es war nur mißbräuchlich, wenn Kleomenes von Naukratis, der Nomarch der arabischen Kreise, der zugleich die Einkünfte der ganzen Satrapie verwaltete, mit der Zeit faktisch die Stelle eines Satrapen behauptete. Nach der neuen Anordnung erhielt das Land einen Satrapen in der Person des Leibwächters Ptolemaios, des Lagiden, mit der Bestimmung, daß Kleomenes als Hyparch in Ägypten bleiben solle.[15]

Die Satrapie Syrien diesseits der Wasser, das Land zwischen dem Euphrat und der Küste umfassend, innerhalb deren die phoinikischen Fürstentümer lagen, war in den letzten Jahren Alexanders wir wissen nicht in wessen Hand gewesen. Jetzt erhielt Laomedon, der Sohn des Larichos von Amphipolis, ein geborener Mytilenaier, diese Stelle. So wenig er in der Geschichte Alexanders genannt wird, so muß er doch einer der vornehmsten Männer in des Königs Umgebung gewesen sein. Mit Nearchos, Ptolemaios, seinem Bruder Erigyios war er im Jahre 337 in die bekannte Intrige zugunsten Alexanders verwickelt gewesen und hatte das Reich verlassen müssen; Alexander hatte ihn nach seiner Thronbesteigung zurückberufen und ihm im Jahre 332 wegen seiner Kenntnis der syrischen Sprache die Administration der Kriegsgefangenen übergeben; weitere militärische Funktionen scheint er nicht gehabt zu haben; daß er unter den 32 Trierarchen der Indusflotte war, bezeugt seinen Rang und seine bedeutende Stellung unter den Großen.

Die Satrapie Kilikien hatte in militärischer Hinsicht besondere Wichtigkeit, indem sie die Verbindung des Ostens und Westens von Asien beherrscht; darum hatte Alexander 332 hier die Satrapie und Strategie in eine Hand gelegt und einem seiner Leibwächter, Balakros, des Nikanor Sohn, dies wichtige Amt übergeben. Dieser war vor kurzem im Kampf gegen die Bergvölker am Tauros gefallen; jetzt wurde diese Provinz dem Taxiarchen Philotas übertragen.

An Kilikien nach Westen hinstößt die Landschaft Pamphylien, die, seit Alexanders Eroberung mit Lykien vereinigt, zunächst Nearchos zum Satrapen erhalten hatte, der dann 326 mit Truppen nach Indien kam. Vielleicht wurden ihm jetzt diese Gegenden von neuem zugeteilt; doch mochte es notwendig scheinen, ihn vorerst als Befehlshaber der makedonischen Seemacht in den südlichen Meeren zu behalten und seine Satrapie einstweilen in Antigonos' Hand zu lassen.

Antigonos, der Sohn des Philippos, war bereits seit dem Jahre 333 Satrap von Großphrygien. Er gehörte zu der älteren Generation der makedonischen Generale; klug, vielerfahren, von ruhiger Entschlossenheit, wie er war, mochte er während dieser zehn Jahre seiner Macht die Festigkeit gegeben haben, deren es vor allem in dieser von räuberischen Bergvölkern und fast unabhängigen Verbündeten umgebenen Provinz bedurfte. Denn im Süden hausten in den Gebirgen des Tauros pisidische Stämme, die selbst die große Heerstraße in den schwierigen Pässen von Termessos und Sagalassos nicht selten gefährdeten; und im Kampf gegen die beiden Städte der Isaurier und Larandier hatte jüngst Balakros Sieg und Leben verloren. Im Nordosten, in den am Pontos gelegenen Teilen Kappadokiens herrschte der greise Fürst Ariarathes, der während einer[16] Reihe von Jahren seine Heeresmacht zu vergrößern bemüht gewesen war und von dem man sagte, daß er 30000 Mann Fußvolk und 15000 der trefflichsten Reiter habe.

Auch das Verhältnis zu den nördlichen Nachbarn, den Paphlagonen, scheint sich durchaus geändert zu haben. Sie hatten sich im Jahre 333 dem König freiwillig unterworfen mit dem Beding, daß ihnen ihre Dynastien gelassen und daß ihre Grenzen nicht von makedonischen Truppen überschritten würden; sie waren damals unter die Hoheit der Satrapie Phrygien am Pontus gekommen. Welche Veränderungen dort vorgegangen, wissen wir nicht; gewiß ist, daß Paphlagonien fortan zur Provinz des Eumenes geschlagen werden sollte und daß diese nicht anders als mit Waffengewalt gegründet werden konnte.

Denn Paphlagonien, Kappadokien und das Land am Pontos bis ostwärts gen Trapezunt sollte Eumenes als Satrap erhalten. Eumenes, aus der Stadt Kardia in der Chersones gebürtig, des Hieronymos Sohn, schon seit 342 in Philipps Dienst, dann Alexanders Geheimschreiber, war als Grieche unter den makedonischen Großen um so weniger beliebt, da ihn der König vielfach und neuerdings noch durch Vermählung mit Artabazos' Tochter ausgezeichnet hatte. Diese Stimmung der Großen kannte der gewandte Kardianer; beim Tode des Königs hatte er sich zurückgezogen, um den Zwist des Adels und der Phalangen unbekümmert: es schicke sich für einen Fremdling nicht, sich in die Streitigkeiten der Makedonen zu mischen; wir sahen, wie bedeutenden Anteil er an dem dann zustandegekommenen Ausgleich hatte.

Einesteils die Rücksicht hierauf und auf die frühere Stellung des Eumenes, andernteils die Besorgnis, daß er, wenn er in Babylon blieb, mit dem Gefühl der Zurücksetzung im Herzen gefährlich wie kein anderer werden könne, mochten den Reichsverweser bewegen, ihn abzufinden. Denn mehr als das war die Anweisung auf die Satrapie nicht; sie mußte entweder ganz oder zum größten Teil erst erobert werden, und es war ein mächtiger Feind, der Fürst Ariarathes, dem sie entrissen werden sollte. Dies auszuführen, erhielt Antigonos von Phrygien den schriftlichen Befehl; es mochte ersprießlich scheinen, mit Eumenes zugleich diesen mächtigen und nach großen Dingen strebenden Satrapen in einen Krieg zu verwickeln, der ihn Zeit und Mittel genug kosten mußte und ihm nach glücklichem Erfolg keinen Vorteil brachte, wohl aber ihm einen gewandten und mächtigen Nachbarn gab, der, wenn von ihm der Dank für geleistete Hilfe gefordert wurde, sein eigenes Interesse um so enger an das des Reichsverwesers knüpfte.

In Karien war, wie es scheint, noch bei Alexanders Lebzeiten die alte Fürstin Ada von Alinda gestorben. Die Landschaft wurde seitdem unmittelbare[17] Satrapie des Reiches; wer sie zunächst erhalten, wird nicht berichtet, wahrscheinlich derselbe Asandros8, dem sie fortan zugehörte. Er war ein Sohn des älteren Philotas, ein Bruder Parmenions; er hatte bereits im Jahre 334 die lydische Satrapie erhalten, war aber im Jahre 330 mit neuen Truppen in Baktrien zum Heere gestoßen; er wird mit dem König zurückgekehrt und zur Zeit der Teilung in Babylon gewesen sein.

Ebenso war der frühere Satrap von Lydien, Menandros, kurz vor dem Tode des Königs mit frischen Truppen nach Babylon gekommen; ihm wurde seine frühere Satrapie wieder überwiesen.

Ungleich wichtiger, mindestens in militärischer Beziehung, war die dritte Satrapie der Westküste, das sogenannte Phrygien am Hellespont. Hier führte die große Straße von Asien nach Europa, und wer Phrygien besaß, vermochte dem Verkehr mindestens seine Landstraße zu sperren; es war für den Übergang über den Hellespont gleichsam der Brückenkopf gegen Asien, und gegen Europa die trefflichste Warte für einen lauernden Feind. Nach Kalas, dem Sohn des Harpalos, hatte Demarchos dort befehligt; unter den jetzigen Zeitumständen, wo Zwietracht und Kampf vorauszusehen war, hatte diese Satrapie doppelte Wichtigkeit. Wenn Leonnatos, der Leibwächter, der anfangs dazu bestimmt schien, mit Perdikkas die höchste Gewalt zu teilen, der dann durch sein entschiedenes Benehmen an der Spitze der Ritterschaft das meiste zum Sieg des Perdikkas beigetragen hatte, die Satrapie erhielt, so dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, daß er seine Ansprüche auf Teilnahme an dem höchsten Regiment für ein Amt aufgab, das ihm offenbar höheren Einfluß als eine Stelle neben Perdikkas sicherte; und Perdikkas wieder mochte eine so wichtige Position gern der Hand eines Mannes anvertrauen, dessen Hingebung er in den Tagen des Aufstandes erprobt zu haben glaubte. Leonnatos erhielt die Weisung, mit Antigonos gemeinschaftlich den Feldzug gegen Ariarathes zu eröffnen.

Eigentümlich waren die Anordnungen des Reichsverwesers für die europäischen Angelegenheiten. Er begnügte sich nicht mit der Teilung der Macht zwischen Krateros und Antipatros, wie sie bereits in dem Vertrage mit Meleagros festgesetzt worden war; er trennte das gesamte thrakische Land im Osten der früheren makedonischen Grenze, namentlich also die Gebiete der Odrysen und der Thraker jenseits des Haimos, die bisher nur besondere Strategen unter dem Verweser Makedoniens gehabt hatten, als eigene Satrapie davon ab. Die Niederlage des letzten Strategen Zopyrion und die Notwendigkeit, dem Andrängen der Skythen[18] gegen die Donau einen starken Damm entgegenzusetzen, mochten diese Maßregel rechtfertigen, deren weiterer Zweck wohl war, die Chersones und die nächstliegenden Gegenden, durch welche die Straße nach Makedonien führt, dem Einfluß des Antipatros zu entziehen, der mit dem, was in Babylon zustande gebracht worden war, schwerlich sehr einverstanden sein konnte. Die thrakische Satrapie erhielt der Leibwächter Lysimachos, unter den Offizieren des Heeres einer der rüstigsten und kühnsten, und, wie es schien, dem Perdikkas besonders zugetan.

War Perdikkas des alten Reichsverwesers in Makedonien nichts weniger als sicher, so hätte er freilich in Alexanders Befehlen vom Sommer 324 Vorwand genug gehabt, ihm eine Stellung zu nehmen, die der neuen Ordnung der Dinge Gefahr drohte. Aber Krateros war mit seinen Veteranen noch nicht weiter als bis Kilikien marschiert und Antipatros in Makedonien noch im Besitz der vollen Gewalt; er war dort zu mächtig, als daß Perdikkas schon jetzt ihn schärfer hätte anfassen können. Es kam hinzu, daß man seitens der Griechen, sobald sie vom Tode des Königs Nachricht erhielten, einen Aufstand zu befürchten Grund hatte, dem unter den vorliegenden Umständen Antipatros allein entgegenzutreten vermochte. Daß ihm erlassen wurde, an Krateros seine hohe Stellung abzutreten, um ein frisches Heer nach Asien zu führen, konnte ihm als eine Rücksicht angerechnet werden, für die er Dank schuldete. Im übrigen ließ es Perdikkas bei dem, was vor der Lustration des Heeres bestimmt worden war: Antipatros als bevollmächtigter Stratege, Krateros als Prostates erhielten nun als ihren Wirkungskreis alles Land zuerteilt, welches westwärts von Lysimachos' Satrapie lag, namentlich Makedonien, die Illyrier, Triballer, Agrianer, Epeiros bis zu den Keraunischen Gebirgen, das ganze Griechenland.

Während so in den westlichen Teilen des Reiches fast überall bedeutende Veränderungen vorgenommen wurden, blieb der Osten fast ganz unter den Satrapen, die einmal waren. Die dortigen Satrapien begannen schon jetzt, mehr sich selbst überlassen zu sein; sie hatten für die Entscheidung der Weltangelegenheiten, da sie den von der Natur der Sache bestimmten Gegenden des Kampfes ferne lagen, nur untergeordnete Bedeutung. Dazu mochte die Rücksicht kommen, bei jenen kaum erst unterworfenen und an das makedonische Regiment noch wenig gewöhnten Völkern jede Veränderung möglichst zu meiden. Die Aufzählung der östlichen Satrapien wird mindestens, um die Ausdehnung des Reiches zur Anschauung und die weitverzweigten Verhältnisse, die angeknüpft waren, in Erinnerung zu bringen, ersprießlich sein.

Der fernste Osten, das Land zwischen Hydaspes und Hyphasis, blieb in den Händen des Königs Poros; der beiden Fürstentümer des Phegeus[19] und Sopeithes am Hyphasis geschieht nicht weiter Erwähnung; wahrscheinlich ist auch die Satrapie des unteren Indus in Besitz desselben Königs gekommen. Ihm zunächst zwischen Hydaspes und Indus behielt Taxiles sein früheres Besitztum. Beide Könige waren so gut wie ganz unabhängig vom Reich, dessen Ansehen erst nach einer bedeutenden Reihe von Jahren nach dieser Seite hin wieder einmal geltend gemacht werden sollte.

Die Satrapie Indien diesseits des Stromes, die bis zum Jahre 324 Philippos, des Machatas Sohn, der Elymiot, innegehabt und nach dessen Tode der Anführer der dortigen Truppen stellvertretend verwaltet hatte, wurde jetzt an Peithon, den Sohn des Agenor, übergeben, welchen Alexander 325 für die Länder des unteren Indus zurückgelassen hatte.

Die Satrapie am Kaukasos, das Land der Paropamisaden, blieb bei Oxyartes, dem Vater der Roxane. Ebenso blieben Arachosien und Gedrosien unter Sibyrtios vereint; auch Areia und Drangiana behielten ihren früheren Satrapen, den Solier Stasanor.

Von den Ländern nordwärts des Kaukasos hatte Amyntas, der Sohn des Nikolaos, seit 329 Baktrien gehabt; er scheint gestorben, Philippos ihm gefolgt, Sogdiana einem der Großen des Landes anvertraut worden zu sein; bei dem Aufstand der dort angesiedelten Hellenen 325 mag dieser irgendeiner Versäumnis oder Schuld wegen abgesetzt worden sein, Philippos erhielt oder behielt jetzt beide Landschaften. Parthien mit Hyrkanien und Tapurien blieb unter Phrataphernes.

In den zunächst gen Westen liegenden Provinzen wurde, wie es scheint, einiges verändert. Freilich behielt über Kleinmedien Atropates, dessen Tochter in Susa an Perdikkas vermählt worden war, die Satrapie; Peithon, des Krateuas Sohn, der Leibwächter, wurde zum Satrapen von Großmedien ernannt und, wie es scheint, in Ekbatana zu residieren angewiesen; bald genug sollte sich diesem unruhigen und hochstrebenden Feldherrn Gelegenheit darbieten, seine Stellung auf eine höchst bemerkenswerte Weise geltend zu machen. Es scheint, daß neben ihm Atropates vollkommen in den Schatten trat; vorsichtig beschränkte sich dieser kluge Perser, über den nördlichen, abgelegenen Teil des medischen Landes, den das reiche Tal des Araxes durchzieht, zu herrschen, und das Land Atropatene kam als unabhängiges Fürstentum von ihm auf seine Kinder und Enkel.

Die armenische Satrapie, zwischen Medien und den Gegenden, die Eumenes in Besitz nehmen sollte, gelegen, wurde jetzt (wer sie bisher gehabt, ist nicht sicher) in die Hände des Archihypaspisten Neoptolemos, der sich von dem Geschlecht der Aiakiden zu stammen rühmte, gegeben. Die südwärts angrenzende Satrapie Mesopotamien oder »Syrien jenseits[20] der Wasser« erhielt Archelaos, wie es scheint, derselbe Sohn des Theodoros, der seit dem Jahre 330 Stratege der Susiana gewesen war; die Satrapie Babylonien aber wurde an Archon übergeben.

An wen die Satrapie von Susa gekommen, ist nicht sicher zu bestimmen; ebenso ist es unsicher, ob Paraitakene auch noch ferner eine eigene Satrapie gebildet oder mit Medien oder Persis vereinigt worden ist. Persis selbst behielt seinen früheren Statthalter Peukestas sowie das darangrenzende Karmanien denselben Tlepolemos, den Alexander im Jahre 325 eingesetzt hatte.

So die Verteilung der Satrapien. War des Reichsverwesers Absicht, die übrigen Großen vom Mittelpunkt des Reiches und vom Heer zu entfernen, um selbst im Besitz dieser stets schlagfertigen Macht den einzelnen Satrapen gegenüber seiner Überlegenheit und ihres Gehorsams sicher zu sein, so kam es vor allem darauf an, sich dieses Heeres auf das vollkommenste zu vergewissern. Die neulichen Vorgänge vor den Toren von Babylon mochten den Trotz der Phalangen9 in soweit gebrochen haben, daß es nun rätlich scheinen konnte, durch einen bedeutenden Akt, der ihrem Stolz schmeichelte, sie an die neue Ordnung der Dinge zu knüpfen. Alexander hatte Krateros mit vielfachen und sehr kostspieligen Aufträgen heimgesandt; wäre dem Feldherrn deren Ausführung gelassen worden, so würde nicht bloß die Befugnis, über ungeheure Geldsummen zu verfügen, in seiner Hand geblieben sein, sondern es wäre der Schatz auf eine Weise in Anspruch genommen, wie es wenigstens dem Reichsverweser nicht erwünscht sein konnte. Die Befehle Alexanders rückgängig zu machen, berief Perdikkas nach heimischer Sitte die Makedonen zur Versammlung: unter den Papieren des Königs habe er die Pläne, mit deren Ausführung Krateros beauftragt worden, gefunden. Die Entwürfe wurden der Reihe nach verlesen: es sollte eine Flotte von tausend Kriegsschiffen, die größer als Trieren wären, zu dem projektierten Feldzug gen[21] Westen erbaut, für diese Flotte die nötigen Docks, Arsenale und Häfen an den geeignetsten Küstenstellen angelegt, ein großer Heerweg längs der libyschen Küste bis zu den Säulen des Herkules geführt werden; ferner sollte die Gründung neuer Städte und namentlich das Vereinigen zerstreuter Flecken in eine Ringmauer möglichst gefördert, das Übersiedeln von Europa nach Asien und umgekehrt überall erleichtert und auf diese Weise dahin gewirkt werden, daß durch jede Art von Vermischung und Ausgleichung die Unterschiede asiatischer und europäischer Untertanen möglichst getilgt würden; endlich sollten folgende große Gebäude aufgeführt werden: zu Ehren des Königs Philipp von Makedonien und als dessen Grabmonument eine Pyramide, den höchsten ägyptischen gleich; sechs große Tempel, jeder im Kostenbetrag von 1500 Talenten, namentlich in Dion in Makedonien für Zeus, in Amphipolis am Strymon für Artemis Tauropolos, in der makedonischen Stadt Kyrrhos für Athene, in Delos, Delphoi, Dodona für die dortigen Götter usw. Perdikkas wies darauf hin, wie bereits durch den Scheiterhaufen für Hephaistion, über den er die Rechnungen mitteilte, der Schatz außerordentlich mitgenommen sei, wie es jetzt nutzlos sein werde, den Bau der Flotte, des libyschen Heerweges zu beginnen, da an den Feldzug gen Karthago, Italien oder Iberien vernünftigerweise nicht mehr gedacht werden könne. Die Makedonen gaben ihre Bewunderung für die großartigen Pläne Alexanders zu erkennen, faßten aber, da deren Ausführung mit übermäßigen Schwierigkeiten verbunden und den Zeitumständen nicht angemessen sei, den Beschluß, die Anordnungen des Königs aufzuheben10.

Kaum einige Wochen waren seit dem Tod des großen Königs, »seit dem Ende seines Lebens, soweit es ihm von Menschen stammt«11, verflossen, und wie weit war schon sein Gedächtnis in den Hintergrund geschoben, wie durchaus schon die Bahn, die er kühn und glücklich begonnen, verlassen, die rückgängige, die auflösende Bewegung in allem, was über das Reich bestimmt wurde, unwiderstehlich. Nur in dem einen begegneten sich alle, dem eigenen Vorteil jede andere Rücksicht zu opfern; schon brachen die Regungen der Eifersucht und Selbstsucht, alte Verbitterungen,[22] die des Königsfeste Hand solange niedergehalten hatte. wie wetterleuchtend hervor. Nicht bloß im Heer und unter dessen Führern. Roxane, die Königin, die in den letzten Tagen noch um Alexander gewesen war, sandte Briefe an Stateira, der sich Alexander in Susa vermählt hatte, sie möge nach Babylon kommen, dort im Schutze des Reichsverwesers und des Heeres sicher zu sein; als die Königin kam und mit ihr ihre Schwester Drypetis, Hephaistions junge Witwe, wurden beide Fürstinnen meuchlings ermordet, die letzten Namen aus dem Hause des letzten Perserkönigs; die Leichname wurden in einen Brunnen geworfen und verschüttet. Und um das alles wußte Perdikkas, half es ausführen. Dann gebar Roxane einen Knaben, und das Heer begrüßte ihn jubelnd mit dem Namen König und Alexander.

In ebendieser Zeit war des toten Königs Leichenfeier und bei derselben die makedonische Macht zum letzten Male in Frieden vereinigt; dann gingen die neuen Satrapen jeder in seine Provinz; sie sollten sich hinfort nur auf dem Schlachtfelde wiederfinden.


Quelle:
Johann Gustav Droysen: Geschichte des Hellenismus. Tübingen 1952/1953, Band 2, S. 1-23.
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