Antrag für den Angeklagten Streicher auf Vertagung des Prozesses gegen seine Person.[162] 1

Schwaig, 5. 11. 45.


An den

Internationalen Militärgerichtshof

I

Als Verteidiger des Angeklagten Julius Streicher bitte ich hiermit erwägen zu wollen, ob nicht der auf 20. Nov. dieses Jahres bestimmte Termin zum Beginn des Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden kann. Dieses Ansuchen begründe ich wie folgt:

Es ist mir nicht möglich, schon bis zum 20. Nov. 1945 die Verteidigung des Angeklagten Streicher in entsprechender Weise vorzubereiten, insbesondere die sämtlichen in Betracht kommenden Akten und Dokumente, die sich im Besitz des Gerichtshofes befinden, durchzuarbeiten, die von dem Angeklagten beantragten Beweismittel zu beschaffen und die von ihm namhaft gemachten Zeugen zu ermitteln oder ermitteln zu lassen. Ich bringe daher eine Verlegung des Termines zum Prozeßbeginn um 3 bis 4 Wochen in Vorschlag.


II

Ferner bitte ich, mir die von der Angeklagebehörde zur Begründung der Anklage in Bezug genommenen und zu den Akten des Gerichtshofes eingereichten Dokumente, Buchwerke und sonstigen Aktenstücke zwecks Einsichtnahme und Durcharbeitung zur Verfügung stellen zu wollen.


III

Schließlich erlaube ich mir die Anregung, die Filme über die Greuel in Konzentrationslagern und sonstige verbrecherische Taten allen Hauptverteidigern vorführen zu lassen, da auch dies zur Unterrichtung der Verteidiger erforderlich erscheint.


Unterschrift: Dr. MARX


1 Der erste Teil dieser Eingabe wurde von Dr. Marx am 15. November 1945 mit Erlaubnis des Gerichtshofes zurückgezogen.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 162-163.
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