Schlußfolgerung.

[300] Die Gestapo und der SD wurden für Zwecke verwandt, die gemäß Statut verbrecherisch waren; dazu gehören die Verfolgung und Ausrottung der Juden, Grausamkeiten und Morde in Konzentrationslagern, Ausschreitungen in der Verwaltung der besetzten Gebiete, die Durchführung des Zwangsarbeitsprogrammes und Mißhandlung und Ermordung von Kriegsgefangenen. Der Angeklagte Kaltenbrunner, der ein Mitglied dieser Organisation war, gehörte zu denjenigen, die sie für diese Zwecke verwandten. Bei der Gestapo schließt der Gerichtshof alle Exekutiv- und Verwaltungsbeamten des Amtes IV des RSHA oder solche, die sich mit Gestapo-Angelegenheiten in anderen Abteilungen des RSHA befaßten, sowie alle örtlichen Gestapo-Beamten ein, die innerhalb oder außerhalb Deutschlands ihren Dienst versahen, eingeschlossen die Angehörigen der Grenzpolizei, jedoch nicht eingeschlossen die Mitglieder des Grenz- und Zollschutzes oder der Geheimen Feldpolizei, mit Ausnahme solcher Mitglieder wie sie oben näher beschrieben worden sind.

[300] Auf Vorschlag der Anklagevertretung schließt der Gerichtshof das von der Gestapo für reine Büroarbeiten, stenographische Arbeiten, Pförtner-, Boten- und andere nichtamtliche Routineaufgaben beschäftigte Personal dabei nicht ein.

Was den SD anbelangt, schließt der Gerichtshof die Ämter III, VI und VII des RSHA und alle anderen Mitglieder des SD ein, unter Einbeziehung der örtlichen Vertreter und Agenten, gleichgültig, ob sie ehrenhalber tätig waren oder nicht, und gleichgültig, ob sie nominell Mitglieder der SS waren oder nicht. Mit Rücksicht auf den Vorschlag der Anklage, die ehrenamtlichen Informatoren des SD, die nicht Mitglieder der SS waren, und die Mitglieder der Abwehr, die in den SD überführt worden sind, auszunehmen, schließt der Gerichtshof diese Personen ausdrücklich von der Erklärung aus.

Der Gerichtshof erklärt für verbrecherisch im Sinne des Statuts die Gruppe, die sich zusammensetzt aus jenen Mitgliedern der Gestapo und des SD, welche die im vorhergehenden Absatz aufgezählten Stellungen innehatten und Mitglieder der Organisation wurden oder blieben, in Kenntnis des Umstandes, daß diese für die Ausführung von Taten benützt wurde, die gemäß Artikel 6 des Statuts für verbrecherisch erklärt worden sind, oder die als Mitglieder der Organisation persönlich an der Verübung solcher Verbrechen beteiligt waren. Die Grundlage für diese Urteilsfindung ist die Beteiligung der Organisation an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem Krieg; diese, als verbrecherisch erklärte Gruppe, soll daher keine Personen umfassen, die vor dem 1. September 1939 aufgehört haben, die in dem vorhergehenden Absatz aufgezählten Stellungen zu bekleiden.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 300-301.
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