Vormittagssitzung.

[151] VORSITZENDER: Herr Dr. Seidl, bitte.

DR. SEIDL: Herr Vorsitzender, meine Herren Richter! Ich bin gestern beim letzten Dokument des Bandes 1 stehengeblieben. Es ist das die eidesstattliche Versicherung des Zeugen Ernst von Palézieux. Ich bitte das Gericht, amtlich davon Kenntnis zu nehmen. Diese eidesstattliche Versicherung bekommt die Nummer Frank 9. Damit ist der erste Band erledigt.


VORSITZENDER: Der erste Band, welche Seite bitte?


DR. SEIDL: Das war auf Seite 92 des ersten Bandes, Beweisstück Frank 9.


VORSITZENDER: Ja, ist das das Ende des ersten Bandes?


DR. SEIDL: Ja, das ist das Ende des ersten Bandes. Band II, III und IV des Dokumentenbuches umfassen Auszüge aus dem Tagebuch des Angeklagten Dr. Frank. Ich will nicht allen diesen einzelnen Auszügen Nummern geben, sondern ich bitte das Gericht, das gesamte Tagebuch Franks als Beweisstück Frank 10, 2233-PS entgegenzunehmen; ich beabsichtige, lediglich einige kurze Auszüge hier zu erwähnen.

Zum Beispiel Seite 1-27, Herr Präsident, umfassen Auszüge aus dem Tagebuch, die bereits von der Anklagevertretung vorgelegt wurden. Ich habe diese Auszüge der Anklage in einen größeren Zusammenhang gestellt und durch Zitierung der ganzen Absätze versucht zu beweisen, daß es sich bei diesen Auszügen zum Teil um solche handelt, die nicht den wirklichen und wesentlichen Inhalt wiedergeben. Es sind das die Beweisstücke US-173 auf Seite 1 des Dokumentenbuches; USSR-223 auf Seite 3; US-271 auf Seite 8; US-611 auf Seite 11 des Dokumentenbuches. Auf Seite 14 des Dokumentenbuches hat sich ein Schreibfehler eingeschlichen. Die US-Nummer ist nicht 016, sondern 613.


VORSITZENDER: In meinem Exemplar fängt es auf Seite 13 an, nicht wahr?


DR. SEIDL: Nein, auf Seite 14; es ist eine Eintragung vom 25. Januar 1943.


VORSITZENDER: Das Dokument, das ich habe und auf das Sie sich, glaube ich, beziehen, ist Dokument 2233-PS, US-613. Das ist Seite 13 in meinem Exemplar. Ich glaube, das macht keinen Unterschied.


[151] DR. SEIDL: Falls das so ist, dann muß es ein Irrtum von der Übersetzungsabteilung sein. Das dürfte auch ziemlich gleichgültig sein, ich meine jedenfalls dieses Zitat.

Ich gehe dann über auf Seite 20 des Dokumentenbuches, ein Zitat der Sowjet-Anklagevertretung; auf Seite 22 des Dokumentenbuches ist ein Zitat der Sowjet-Anklagevertretung; Seite 24 des Dokumentenbuches umfaßt ein Zitat, das sowohl von der Anklagevertretung der Vereinigten Staaten als auch von der der Sowjetunion vorgelegt wurde, US-295. Ich darf vielleicht hinzufügen, daß es sich bei diesen Auszügen lediglich um einige Beispiele handelt, und daß damit lediglich gezeigt werden sollte, daß in einer Reihe von Fällen der Eindruck doch ein anderer ist, wenn man entweder die ganze Rede oder mindestens einen Teil dieser Rede vor Augen hält.

Ich gehe dann über auf Seite 32 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 10. Oktober 1939, in der der Angeklagte Dr. Frank den Auftrag erteilt, wegen der Lieferung von 5000 Tonnen Getreide wöchentlich mit dem Reichsernährungsministerium zu verhandeln. Seite 32 des Dokumentenbuches.

Seite 34 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 8. März 1940; ich zitiere die ersten drei Zeilen:

Der Generalgouverneur erklärt:

»Damit eng zusammen hängt die eigentliche Führung Polens. Vom Führer ist mir aufgegeben wor den, das Generalgouvernement als Heimstätte des polnischen Volkes zu betrachten. Demnach ist keine irgendwie geartete Germanisierung möglich.«

Ich gehe dann über zu Seite 41 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 19. Januar 1940. Ich zitiere die ersten fünf Zeilen:

»Dr. Walbaum (der Leiter der Gesundheitsabteilung): Der Stand des Gesundheitswesens im Generalgouvernement ist zufriedenstellend. Es ist auf diesem Gebiet bisher schon viel geleistet worden. In Warschau allein sind 700000 Typhusschutzimpfungen durchgeführt worden. Das ist eine selbst für deutsche Verhältnisse ungeheuerliche Ziffer; das ist geradezu ein Rekord.«

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 50 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 19. Februar 1940.

»Der Herr Generalgouverneur ist weiter der Auffassung, daß sich das Bedürfnis nach offizieller Auslegung des polnischen Rechts mehren werde. Man werde wohl zu einer Art polnischen Regierungs- oder Regentschaftsrats kommen, und der Leiter des polnischen Gerichtswesens würde dann für eine solche Aufgabe zuständig sein.«


[152] VORSITZENDER: Ich glaube, hier besteht ein kleiner Unterschied in der Numerierung der Seiten. Wenn Sie uns genau und etwas langsamer das Datum des Dokuments angeben würden, könnten wir es vielleicht selber finden. Die Seiten stimmen anscheinend nicht überein.

DR. SEIDL: Das letzte Zitat, das ich gelesen habe, war vom 19. Februar 1940.

Ich gehe dann über zu dem Zitat beziehungsweise zu einer Eintragung vom 26. Februar 1940. Ich zitiere wörtlich:

»Der Herr Generalgouverneur bringt in diesem Zusammenhang...«

Bei mir befindet sich dieses Zitat auf Seite 51, Eintragung vom 26. Februar 1940.

VORSITZENDER: Seite 40 in unserem Buche.

DR. SEIDL:

»Der Herr Generalgouverneur bringt in diesem Zusammenhang den Wunsch des Generalfeldmarschalls Göring zum Ausdruck, die deutsche Verwaltung so aufzubauen, daß das polnische Leben als solches gesichert sei. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, daß Warschau eine nunmehr der Germanisierung anheimgefallene Stadt sei, sondern Warschau solle nach dem Willen des Führers eine der Städte sein, die in dem Polen zugedachten Reststaat als polnisches Gemeinwesen weiterbestünden.«

Eine weitere Eintragung vom 26. Februar 1940 beschäftigt sich mit der Frage der Hochschulen. Ich zitiere:

»Der Herr Generalgouverneur weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Universitäten und Mittelschulen gesperrt worden seien. Auf die Dauer gesehen sei es aber unmöglich, daß etwa eine ärztliche Fortbildung nicht mehr stattfände. Auch das polnische Fachschulwesen müßte wieder in Gang gebracht werden, und zwar unter Beteiligung der Stadt.«

Das nächste Zitat befindet sich in meinem Dokumentenbuch auf Seite 56; eine Eintragung vom 1. März 1940.

»Der Herr Generalgouverneur gibt in diesem Zusammenhang bekannt, daß jetzt die Weisung ergangen sei, der polnischen Entwicklung, soweit es in dem Rahmen der Interessen des Deutschen Reiches möglich sei, freien Raum zu gewähren. Man gehe jetzt davon aus, daß das Generalgouvernement die Heimstätte des polnischen Volkes sei.«

Eine weitere Eintragung beschäftigt sich mit der Frage der Arbeiter im Reichsgebiet. Seite 60 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 12. September 1940. Ich zitiere:

»Generalgouverneur...«


[153] VORSITZENDER: Moment bitte, Sie meinen den 1. September, nicht wahr?

DR. SEIDL: Den 12. September. Nein. Es muß heißen 12. März, es ist hier offenbar verschrieben, 12. März 1940. Es ist Seite 197 des Tagebuches. Ich zitiere:

»Generalgouverneur Dr. Frank betont, daß man zwar mit Gewalt nach der Methode des Sklavenhandels bei genügendem Polizeiaufgebot und bei Aufbringung genügender Transportmittel eine entsprechende Zahl von Arbeitskräften zusammenbringen könne, daß aber aus einer Reihe von Gründen das Mittel der Propaganda unter allen Umständen den Vorzug verdiene.«

Das nächste Zitat befindet sich in meinem Dokument auf Seite 68, eine Eintragung vom 23. April 1940. Ich zitiere die letzten fünf Zeilen:

Der Generalgouverneur erklärt:

»Das Generalgouvernement verfolge doch lediglich den Zweck, auch in wirtschaftlicher Beziehung der polnischen Nation einen Schutz zu bieten. Er möchte beinahe annehmen, daß man mit Polen besser fahre als mit diesen selbstherrlichen Treuhändern.«

Ich gehe über auf Seite 71 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 25. Mai 1940. Hier erklärte der Generalgouverneur dem Präsidenten des polnischen Appellationsgerichtshofs, Präsident Bronschinski – ich zitiere die letzten vier Zeilen:

»Wir wollen hier nicht irgendwie einen Ausrottungskrieg gegen ein Volkstum führen. Der Schutz des Reiches über das polnische Volk in dieser deutschen Interessenzone bedeutet für Sie die Möglichkeit, sich getreu den Überlieferungen Ihres Volkes zu entwickeln.«

Ich gehe über zu Seite 77 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung aus dem Band III Juli-September, Seite 692. Ich zitiere:

»Der Herr Generalgouverneur weist dann auf die im Generalgouvernement immer noch bestehenden Ernährungsschwierigkeiten hin« – und zwar gegenüber dem Generalobersten von Küchler – »und bittet den Herrn Generaloberst, dafür Sorge zu tragen, daß die neu einrückenden Truppen in ihrer Verpflegung und sonstigen Versorgung möglichst nicht die Ernährungslage des Generalgouvernements belasteten. Vor allem müßten jegliche Beschlagnahmen unterbleiben.«

Ich gehe über zu Seite 85 und 86, Eintragung aus dem Band III Juli-September 1940, Seite 819 des Tagebuches. Diese Eintragung beschäftigt sich mit der Errichtung der vom Generalgouverneur [154] geplanten medizinischen Akademie. Ich bitte das Gericht selbst davon Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 95 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 9. Oktober 1940 aus der Rede des Generalgouverneurs anläßlich der Eröffnung der Radomer Herbstmesse, ich zitiere Zeile 5:

»Es ist klar, daß wir...«


VORSITZENDER: Herr Dr. Seidl! Das Wichtigste für uns sind die Seiten im Tagebuch und die Daten. Ich glaube, wir haben die Seiten des Tagebuches und die Daten. Wenn Sie uns diese angeben würden, wäre es uns eine große Hilfe.

DR. SEIDL: Das Datum ist 9. Oktober 1940, Seite 966 bis 967 des Tagebuches. Ich zitiere Zeile 6:

»Es ist klar, daß wir weder entnationalisieren wollen, noch germanisieren werden.«

Das nächste Zitat befindet sich...

VORSITZENDER: In unserem Buch lautet die Übersetzung dieses Satzes:

»Es ist klar, daß wir weder entnationalisieren wollen, noch entgermanisieren wollen.«


DR. SEIDL: Das ist offensichtlich ein Übersetzungsfehler.

VORSITZENDER: In welcher Übersetzung? In der, die ich gerade vorgelesen habe?


DR. SEIDL: In der englischen Übersetzung. Ich zitiere wörtlich:

»Es ist klar, daß wir weder entnationalisieren wollen, noch germanisieren werden.«

Das andere hätte ja keinen Sinn.

VORSITZENDER: Das ist, was ich gelesen habe. Es steht so in unserem Buche.

DR. SEIDL: Der Generalgouverneur wollte damit sagen, daß wir den Polen ihr polnisches Volkstum nicht nehmen wollen und daß wir nicht die Absicht hatten, aus ihnen Deutsche zu machen.

Ich gehe jetzt zu Seite 101 über. Es ist eine Eintragung vom 27. Oktober 1940, Seite 1026-1027 des Bandes IV des Tagebuches. Eine Besprechung mit Reichsarbeitsminister Seldte. Ich zitiere Zeile 7:

»Er, der Generalgouverneur, habe sich beim Führer darüber beschwert, daß den polnischen Landarbeitern der Lohn um 50 % reduziert worden sei. Ferner sei dieser Lohn zum größten Teil überhaupt für Zwecke verwendet worden, die dem Gedanken dieses Arbeitskräfteaustausches völlig widersprechen.«

[155] Das nächste Zitat befindet sich unterm 29. November 1940, Seite 1085 des Bandes IV aus dem Jahre 1940. Ich zitiere wörtlich:

»Hofrat Watzke teilt weiter mit, daß zur Zeit seitens des Amtes des Reichsleiters Rosenberg Bestrebungen beständen, die sogenannte polnische Bibliothek in Paris für das Ahnenerbe in Berlin zu beschlagnahmen. Die Abteilung Schulwesen sei der Auffassung, daß die Bestände dieser polnischen Bibliothek in die Staatsbibliothek zu Warschau gehörten, weil sich bereits 17000 Bände in Warschau befänden.

Der Herr Generalgouverneur ordnet an, daß unverzüglich für die Überführung dieser polnischen Bibliothek aus Paris nach Warschau Sorge getra gen wird.«

Von der Eintragung unterm 6. und 7. Juni 1940 – es handelt sich hier um eine Wirtschaftstagung – bitte ich das Gericht Kenntnis zu nehmen. Ich will daraus nichts verlesen.

Das nächste Zitat findet sich unterm 25. Februar 1940. Es handelt sich um eine Arbeitstagung der Abteilungsleiter, Kreishauptmänner und Stadthauptmänner des Distrikts Radom. Ich zitiere Seite 12:

»Hierauf ergreift der Herr Generalgouverneur das Wort zu folgenden Ausführungen:«

Seite 13 geht es dann weiter:

»Ich fasse daher nochmals alle Momente zusammen:

1.) Das Generalgouvernement umfaßt den Teil der besetzten polnischen Gebiete, der nicht Bestandteil des Deutschen Reiches ist...

2.) Dieses Gebiet ist zunächst vom Führer als Heimstätte des polnischen Volkes bestimmt worden. Das wurde mir in Berlin vom Führer und vom Generalfeldmarschall Göring immer wieder eingeschärft, daß das Gebiet nicht der Germanisierung ausgeliefert wird. Es soll gerade als Heimstätte des polnischen Volkes sichergestellt werden. Es soll ein im Namen des deutschen Volkes der polnischen Nation zur Verfügung gestelltes Lebensreservat darstellen.«

Der Schluß der Ausführungen des Generalgouverneurs findet sich zwei Seiten später. Ich zitiere noch den letzten Absatz:

»Und da möchte ich Ihnen eins sagen: Der Führer hat mir dringend ans Herz gelegt, die Selbstverwaltung der Polen, soweit es irgend möglich ist, sicherzustellen. Daß die Wojts und die unteren Instanzen der kleinen Bürgermeister und Schulzen unter allen Umständen aus dem Kreis der Polen genommen werden, muß gewährleistet sein, und es liegt auch in unserem Interesse.«

Ich gehe dann über zu der Eintragung vom 4. März 1940, aus dem Band Arbeitssitzungen Februar 1940 bis November 1940, Seite 8:

[156] »Der Herr Generalgouverneur gibt zu erwägen, ob nicht unter geeigneter Anwendung der Arbeitspflichtverordnung ein leiser Zwang ausgeübt werden könne. Den von Berlin geforderten Erlaß einer neuen Verordnung mit besonderen Zwangsmaßnahmen und Strafdrohungen lehne er ab. Maßnahmen, die nach außen hin Aufsehen erregen, müßten vermieden werden. Das gewaltsame Verfrachten von Leuten habe alles gegen sich.«

Das letzte Zitat findet sich in meinem Dokumentenbuch auf Seite 143. Eine Eintragung vom 27. Januar 1941, Band I, Seite 115. Eine Besprechung des Staatssekretärs Dr. Bühler mit dem Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Krosigk. Ich zitiere den letzten Absatz:

»Den Bemühungen aller im Generalgouvernement eingesetzten Kräfte sei es zu verdanken, daß nach Überwindung außergewöhnlicher und einmaliger Schwierigkeiten eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung zu verzeichnen ist. Das Generalgouvernement habe in der Zeit seines Bestehens mit größter Gewissenhaftigkeit die vom Reich geforderten Leistungen zur Stärkung des deutschen Kriegspotentials erbracht. Es sei daher wohl die Bitte erlaubt, daß das Reich in Zukunft gegenüber dem Generalgouvernement jenes Maß von Ansprüchen nicht überschreite, das die Aufrechterhaltung einer geordneten und gesunden Wirtschaft im Generalgouvernement – die ja letzten Endes wieder dem Reich zugute kommt – gewährleistet.«

Damit ist der zweite Band des Dokumentenbuches erledigt.

Ich gehe über zu Band III und bitte das Gericht, sich sofort einem Zitat auf Seite 17 meines Dokumentenbuches zuzuwenden. Es handelt sich um eine Eintragung anläßlich einer Regierungssitzung am 18. Oktober 1941. Ich zitiere Zeile 8 von unten, und zwar als Äußerung des Generalgouverneurs:

»Ich werde einmal diesen Forderungen gegenüber zum Ausdruck bringen« – gemeint sind damit die Forderungen des Reiches –, »daß unsere Kraft am Ende ist und wir dem Führer gegenüber eine weitere Verantwortung nicht übernehmen können. Auch irgendwelche Weisungen, Anordnungen, Drohungen und so weiter könnten mich nicht veranlassen, diesen auch unter den weitgehendsten Kriegsansichten nicht mehr erträglichen Anforderungen nicht ein scharfes Nein entgegenzusetzen. Ich werde nicht zulassen, daß das, was Sie, Herr Naumann, so nachdrücklich andeuteten, eintritt, daß zum Beispiel etwa die Bereitstellung von großen Flächen für Truppenübungsplätze zu einer vollkommenen Zertrümmerung der Ernährungslage in dieser schon völlig unzureichenden Ernährungssituation führt.«

[157] Das nächste Zitat findet sich auf Seite 36 und 37 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 16. Januar 1942. Das von mir beabsichtigte Zitat findet sich auf der nächsten Seite, Seite 65 bis 66 des Tagebuches:

»Im Anschluß daran findet im Königssaal der Burg eine kurze Aussprache statt«

und zwar mit dem Leiter des ukrainischen Hauptausschusses. Ich zitiere wörtlich:

»Der Herr Generalgouverneur wünscht eine stärkere Heranziehung der Ukrainer in den Verwaltungsstellen des Generalgouvernements. In allen Dienststellen, in denen Polen beschäftigt seien, sollten auch Ukrainer prozentual ihrer Bevölkerungszahl in Erscheinung treten. Er ersucht Professor...«


VORSITZENDER: Dr. Seidl! Es genügt im Augenblick, wenn Sie die Seiten Ihres Dokumentenbuches angeben. Sie scheinen jetzt übereinzustimmen.

DR. SEIDL: Jawohl, darf ich fortsetzen, Herr Präsident?


VORSITZENDER: Jawohl.


DR. SEIDL: Ich gehe dann über zu Seite 38 des Dokumentenbuches. Diese Eintragung beschäftigt sich mit dem bereits erwähnten Entwurf Himmlers zu einem Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder. Ich zitiere wörtlich:

»Der Herr Generalgouverneur verfügt die Absendung folgenden Schreibens an Landgerichtsrat Taschner:

Ich bitte Sie, dem Herrn Reichsminister Dr. Lammers mit meiner von Ihnen beglaubigten Unterschrift folgende Stellungnahme mitzuteilen:

Ich widerspreche dem Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder und ersuche, über diesen Entwurf eine Chefbesprechung binnen kurzem anzusetzen, in der es möglich sein wird, die entscheidenden rechtspolitischen Gesichtspunkte, die auch heute noch in schärfstem Maße gegen diesen Entwurf im einzelnen sprechen, darzulegen. Ich selber werde an dieser Sitzung persönlich teilnehmen. Meines Erachtens ist es völlig unmöglich, unter Ausschaltung des ordentlichen Gerichts den Polizeiorganen allein derartig weitreichende Zuständigkeiten zu übertragen. Die vorgesehene Spruchstelle beim Reichssicherheitshauptamt kann nicht den Rang eines ordentlichen Gerichts auch im Volksbewußtsein einnehmen.«

Auf Seite 39 zitiere ich den vorletzten Absatz:

»Deshalb lege ich gegen diesen Gesetzentwurf in seiner heutigen Form, vor allem im Hinblick auf die Fassung Paragraph 1 des Entwurfs der Durchführungsverordnung, Widerspruch ein.«

[158] Seite 40 ist eine Eintragung vom 7. Juni 1942; sie beschäftigt sich auch mit der Frage der Entnationalisierung, die vom Generalgouverneur auf das entschiedenste verneint wird. Ich bitte das Gericht, selbst davon Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 47 und beschäftigt sich mit der Beschaffung des Chopin-Nachlasses. Ich zitiere in Absatz 2:

»Präsident Dr. Watzke machte davon Mitteilung, daß die Möglichkeit bestehe, in Paris den größten Teil des Chopin-Nachlasses für die Staatsbibliothek Krakau zu erwerben. Der Herr Generalgouverneur ist mit dem Erwerb des Nachlasses durch die Regierung des Generalgouvernements einverstanden.«

Seite 50 behandelt einen Eintrag ins Tagebuch, der sich mit der Sicherung des bäuerlichen Eigentums befaßt.

Ich zitiere Seite 767 des Tagebuches, den 2. Absatz:

»Es ist mein Bestreben, mit allen Mitteln die Gesundung der Landwirtschaft Galiziens schon während dieses Krieges herbeizuführen.

Ich habe damit die Versprechungen eingelöst, die ich in meiner Proklamation der Bevölkerung dieses Gebietes vor einem Jahr gemacht habe. Weitere Entwicklungen segensreicher Art können daher aus der loyalen Zusammenarbeit der Bevölkerung mit den deutschen Behörden erstehen. Die deutsche Verwaltung in diesem Raume ist gewillt und auch beauftragt, die Bevölkerung förderlich zu behandeln. Sie wird mit der gleichen entschiedenen und grundsätzlichen Festigkeit, mit der sie jeden Versuch der Widersetzlichkeit gegen die vom Großdeutschen Reich eingeführte Ordnung niederschlagen wird, die loyale Bevölkerung dieses Raumes schützen. Zu diesem Zweck habe ich einen weiteren Erlaß betreffend Aufgaben der deutschen Verwaltung in Galizien zum Schutze des Einzelbauern auf dem Gebiete der Ernährung und Landwirtschaft herausgegeben.«

Ich gehe über zur Seite 55 des Dokumentenbuches. Hier handelt es sich um eine Ansprache des Generalgouverneurs an die Führer einer polnischen Delegation und ich zitiere auf Seite 56 den letzten Absatz, Zeile 6:

»Ich hoffe, daß wir mit der neuen Ernte instandgesetzt werden, auch den polnischen Hilfskomitees zu helfen. Was von uns aus geschehen kann, wird jedenfalls geschehen, um der Not zu steuern. Es liegt auch in unserem Interesse, daß die polnische Bevölkerung an der Arbeit Freude hat und mittätig ist. Wir wollen niemanden ausrotten oder vernichten.«

[159] Seite 61 des Dokumentenbuches betrifft eine Besprechung, die der Generalgouverneur mit dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz hatte.

Ich zitiere den letzten Absatz, Seite 919 des Tagebuches:

»Ich möchte den Anlaß auch benützen, Ihnen, Parteigenosse Sauckel, unsere Bereitwilligkeit zu erklären, daß wir das Menschenmögliche tun werden. Ich möchte aber eine Bitte anfügen: Die Behandlung der polnischen Arbeitskräfte im Reich steht leider noch unter gewissen diffamierenden Einschränkungen.«

Ich gehe über zu Seite 62 und zitiere von Zeile 10:

»Ich kann Ihnen, Parteigenosse Sauckel, die Versicherung geben, daß es für uns eine ungeheure Erleichterung der Vermittlung von Arbeitskräften bedeuten würde, wenn wenigstens ein Teil dieser diffamierenden Ausnahmebestimmungen gegenüber den Polen im Reich beseitigt werden könnte. Ich glaube, daß dazu schon Möglichkeiten vorhanden wären.«

Ich gehe dann über zu Seite 66 des Dokumentenbuches. Es handelt sich hier um die einzige Eintragung, die sich im Tagebuch des Angeklagten Dr. Frank findet, die er selbst unterschrieben hat. Und zwar handelt es sich hier um eine Betrachtung der Entwicklung des Generalgouvernements, nachdem er von seinen sämtlichen Parteiämtern enthoben worden war und zum wiederholten Male seinen Rücktritt erklärt hatte und die Hoffnung hatte, daß nun endlich dieser Rücktritt angenommen werden würde.

Ich bitte das Gericht, von dieser Schlußbetrachtung vom 1. September 1942 Kenntnis zu nehmen. Sie umfaßt fünf Seiten von Seite 66 bis 71.

Das nächste Zitat findet sich auf Seite 75 und beschäftigt sich mit der Sicherung der Kunstschätze. Ich zitiere Zeile 5 von unten, und zwar als Äußerung des Generalgouverneurs.

»Die Kunstwerke wurden sorgfältig restauriert und gereinigt, und so konnten rund 90 % des gesamten Kunstbestandes des ehemaligen Polen im Gebiet des Generalgouvernements sichergestellt werden. Diese Kunstschätze sind restlos Eigentum des Generalgouvernements.«

Ich bitte das Gericht dann, auf Seite 92 dieses Bandes überzugehen, eine Eintragung vom 8. Dezember 1942, die anläßlich einer Hauptabteilungsleiter-Sitzung gemacht wurde und sich mit der Versorgungslage befaßt.

Ich bitte das Gericht, amtlich von dieser Eintragung Kenntnis zu nehmen. Das gleiche gilt von der Eintragung auf Seite 93, in der sich der Generalgouverneur mit der Frage der Arbeitererfassung befaßt und alle Zwangsmaßnahmen auf das schärfste verurteilt.

[160] Die nächste Eintragung, die mir wesentlich erscheint, und die verlesen werden sollte, befindet sich auf Seite 108. Es ist eine Pressebesprechung und ich bitte das Gericht, sich sofort der Seite 110 zuzuwenden.

Ich zitiere den dritten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur faßt das Ergebnis der Besprechung zusammen und erklärt, daß unter Teilnahme des Präsidenten der Hauptabteilung Propaganda und des Pressechefs der Regierung alle Punkte in ein Regulativ zusammengefaßt würden, das allen Hauptschriftleitern der polnischen Zeitungen zugehen werde. Darin seien die Richtlinien für die Behandlung der fremdvölkischen Angelegenheiten auf dem Presse- und kulturellen Gebiet zusammengefaßt. Als Richtschnur diene der versöhnende Gedanke des Reiches.«

Ich bitte dann das Gericht, auf Seite 127 des Dokumentenbuches überzugehen, eine Arbeitssitzung vom 26. Mai 1943, die sich mit der Ernährungsfrage beschäftigt. Ich zitiere Zeile 8:

»Wir müssen uns darüber klar sein, der erste Ansatzpunkt ist die Ernährung der polnischen Bevölkerung. Aber ich möchte Ihnen gleich völlig autoritativ sagen: Ich werde, ganz gleich, was kommen möge, unter allen Umständen für den denkbar möglichst großen Kreis der Bevölkerung jene Sätze der Nahrungsmittelzuteilung mit der kommenden Versorgungsperiode im Generalgouvernement einführen, die irgendwie von uns im Hinblick auf unsere Stellung dem Reiche gegenüber verant wortet werden können. Ich werde mich durch nichts und von niemanden davon abbringen lassen.«

Seite 131 des Dokumentenbuches befaßt sich mit einem Ausschuß, der vom Generalgouverneur für die Versorgung der nichtdeutschen arbeitenden Bevölkerung eingesetzt wurde. Ich bitte das Gericht, von diesen Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und ich gehe sofort über zu Seite 141. Auch diese Eintragung beschäftigt sich mit der Ernährungslage. Ich zitiere Zeile 10 von unten:

»Nach Überprüfung aller Möglichkeiten habe ich nunmehr angeordnet, daß zum 1. September dieses Jahres grundsätzlich die Ernährungssituation auch der polnischen Bevölkerung dieses Raumes in großzügiger Weise ihre Regelung erfahren wird. Wir wollen zum 1. September dieses Jahres für die Bevölkerung dieses Raumes die Sätze einführen, die man die Warthegausätze nennt.«

Auf Seite 142 werde ich noch einige Sätze zitieren:

»Ich möchte Ihnen diese Erklärung hier abgeben. Sie erkennen schon aus dem Ernst dieser Worte, welche Gedanken ich damit verbinde: Ich persönlich und die Männer meiner [161] Regierung sind den Bedürfnissen auch der polnischen Bevölkerung dieses Raumes gegenüber absolut aufgeschlossen. Wir sind nicht hier, um sie auszurotten oder auszutilgen oder sie über das Maß des dieser Bevölkerung vom Schicksal Auferlegten hinaus zu quälen. Ich hoffe, daß wir zu einer wirklichen Befriedigung in allen Dingen kommen, die uns manchmal trennen. Ich persönlich habe gar nichts gegen die Polen.«

Ich gehe dann sofort über zur Seite 148. Es ist eine Besprechung, die sich mit der Frage des ärztlichen Nachwuchses befaßt. Ich zitiere Seite 149, Absatz 2, als Erklärung des Generalgouverneurs:

»Dieses erste, man kann ruhig sagen, Gesundheitsministerium, wenn wir auch diesen Ausdruck nicht verwenden, ist durchaus Neuland. Diese Hauptabteilung Gesundheitswesen wird sich auch gerade mit wichtigen Fragen zu beschäftigen haben. Uns Ärzten in diesem Raume fehlt vor allem...«

Ich sehe soeben, Herr Vorsitzender, daß sich hier möglicherweise insofern ein Irrtum eingestellt hat, als vielleicht diese Äußerungen auf Seite 672 nicht vom Generalgouverneur selbst gemacht wurden, sondern von dem Leiter der Hauptabteilung Gesundheitswesen. Ich werde diese Frage noch einmal prüfen und dann schriftlich dem Gericht darüber Mitteilung machen.

Ich gehe dann über zur Seite 155 des Dokumentenbuches. Diese Eintragung erscheint mir wesentlich. Sie ist vom 14. Juli 1943 und beschäftigt sich mit der Einrichtung des Staatssekretariats für das Sicherheitswesen.

VORSITZENDER: Es scheint nicht in unserem Buche zu sein. Wir haben keine Seite 155, und wir haben das Datum 14. Juli nicht, wie ich glaube.

DR. SEIDL: Es ist Juli 1943. Das ist wahrscheinlich dann übersehen worden. Wenn es dem Gericht recht ist, dann werde ich die hier in Frage kommenden Sätze in das Protokoll diktieren. Es handelt sich nur um drei Sätze:

»Der Herr Generalgouverneur weist darauf hin, welche verheerenden Folgen die Einrichtung des Staatssekretariats für das Sicherheitswesen für die Autorität des Generalgouvernements gehabt habe. Es habe sich eine eigene Polizei- und SS-Regierung gegen den Generalgouverneur zu bilden versucht, die nur mit Aufwand äußerster Energie im letzten Augenblick habe niedergeschlagen werden können.«

Ich bitte dann das Gericht, sich Seite 166 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Diese Eintragung beschäftigt sich mit allgemeinen Fragen der Polenpolitik. Ich bitte das Gericht, amtlich davon Kenntnis zu nehmen.

[162] Seite 193 betrifft die Errichtung des vom Generalgouverneur gegründeten Chopin-Museums. Ich zitiere Seite 1157 des Tagebuches als Auszug aus der Rede des Generalgouverneurs:

»Ich habe heute in Krakau das Chopin-Museum eröffnet. Wir haben unter schwersten Umständen die wertvollsten Erinnerungsstücke an diesen größten polnischen Musiker gerettet und nach Krakau gebracht. Ich wollte dies nur sagen, um Euch zu zeigen, daß ich mich persönlich bemühen will, die Dinge hier im Lande, soweit es irgend geht, in Ordnung zu bringen.«

Das letzte Zitat befindet sich auf Seite 199 des Dokumentenbuches, Band II. Es ist ein Auszug aus einer Rede, die der Reichsführer-SS Himmler anläßlich der Einführung des neuen Höheren SS- und Polizeiführers in Krakau gehalten hat, und zwar vor den Mitgliedern der Regierung und vor höheren SS- und Polizeiführern. Es ist die Rede, die der Angeklagte Dr. Frank bei seiner Zeugenvernehmung erwähnt hat. Ich zitiere Zeile 8 von unten:

»Die Situation ist Ihnen allen am besten bekannt. Es leben hier 16 Millionen Fremdvölkische und rund 200000 Deutsche; wenn wir die Angehörigen der Polizei und Wehrmacht noch dazu nehmen, vielleicht 300000. Diese 16 Millionen Fremdvölkische, die früher noch durch eine Unzahl von Juden, die ja jetzt ausgewandert sind oder zum Osten gebracht wurden, vermehrt wurden, setzen sich zum größeren Teil aus Polen und zum kleineren Teil aus Ukrainern zusammen.«

Ich gehe dann zum letzten Dokument in diesem Band über, Seite 200, eine Eintragung vom 14. Dezember 1943.

Es handelt sich hier um eine Rede, die der Generalgouverneur vor Offizieren der Luftwaffe gehalten hat. Ich zitiere Absatz 2:

»Deshalb muß alles geschehen, damit die Bevölkerung möglichst in Ruhe, Frieden und Ordnung gehalten wird, es darf nichts geschehen, was diese Bevölkerung überflüssigerweise in Unruhe bringt. Ich erwähne hier nur ein Beispiel:

Es wäre falsch, wenn wir jetzt während des Krieges in diesem Gebiet große deutsche Einsiedlungen in das fremdvölkische Bauernvolk vornehmen wollten. Diese zumeist mit Zwang versuchten Einsiedlungen führen zunächst dazu, die einheimische Bauernbevölkerung in eine maßlose Unruhe zu versetzen. Das hat wiederum im Hinblick auf die Leistung einen gewaltigen Ausfall im Ernteergebnis und einen Rückgang der Bestellungsarbeiten wie andere Nachteile im Gefolge. Ebenso falsch wäre es, wenn man der Bevölkerung mit Zwang die Kirche oder jede Möglichkeit eines einfachen kulturellen Lebens nehmen würde.«

[163] Ich gehe über zu Seite 201 und zitiere den letzten Absatz:

»Wir müssen also zu einer pfleglichen Behandlung dieser Gebiete und ihrer Bevölkerung notgedrungen kommen. Ich kann zu meiner und zur Freude aller unserer Mitarbeiter feststellen, daß sich dieser Gesichtspunkt restlos durchgesetzt hat und daß alles, was früher immer gegen die angebliche Polenfreundschaft oder Weichheit dieser Art Anschauung gesagt wurde, vor den Tatsachen in nichts zusammengesunken ist.«

Damit ist Band II des Dokumentenbuches auch beendet – Band III; Band III war es.

Ich wende mich Band IV des Dokumentenbuches zu.

Hier handelt es sich um eine Besprechung auf Seite 1 des Dokumentenbuches, die am 25. Januar 1943 mit dem SS-Obergruppenführer Krüger stattgefunden hat. Ich zitiere den letzten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur stellt fest, daß die Durchführung der Großaktion zur Erfassung der asozialen Elemente ihm nicht vorher bekanntgegeben worden sei. Dieses Verfahren stehe im Widerspruch zu dem Erlaß des Führers vom 7. Mai 1942, wonach vor dem Vollzug von Weisungen des Reichsführers-SS und Chefs der Deutschen Polizei der Staatssekretär für das Sicherheitswesen das Einverständnis des Generalgouverneurs festzustellen habe. Staatssekretär Krüger erklärt, es habe sich um eine Geheimweisung gehandelt, die schlagartig durchgeführt werden sollte.«

Ich bitte das Gericht davon Kenntnis zu nehmen, daß es sich hier lediglich um ein Beispiel von sehr vielen solcher Unterredungen und Meinungsverschiedenheiten gehandelt hat.

Ich gehe dann über zu Seite 24 des Dokumentenbuches. Hier handelt es sich um eine Tagung des Kriegswirtschaftsstabes und des Verteidigungsausschusses vom 22. September 1943.

Ich hoffe, daß hier die Übereinstimmung der Seiten wieder besteht.

VORSITZENDER: Haben Sie Seite 24 gesagt?

DR. SEIDL: Seite 24, eine Eintragung vom 22. September 1943.


VORSITZENDER: Die Numerierung der Seiten scheint richtig zu sein. Bei unserem Buch ist Seite 24 oben. Fahren Sie fort, wir werden dann gleich sehen, ob es richtig weitergeht.


DR. SEIDL: Es handelt sich um eine Eintragung vom 22. September 1943, und zwar um eine Tagung des Kriegswirtschaftsstabes und Verteidigungsausschusses. Ich zitiere lediglich die ersten Zeilen:

»Ich habe im Laufe der letzten Monate unter den schwersten und sinnlosesten Kämpfen den Grundsatz durchführen müssen, daß man den Polen endlich einmal eine ausreichende [164] Ernährung zukommen läßt. Sie kennen ja die törichte Einstellung der Minderbewertung der uns unterworfenen Völker, und zwar in einem Augenblick, in welchem die Arbeitskraft dieser Völker eine der wesentlichsten Potenzen unseres Siegringens darstellt. Daß ich gegen diesen Wahnwitz anging, der dem deutschen Volke schwersten Schaden zugefügt hat, trug mir persönlich, vielen Männern meiner Regierung und vielen von Ihnen den Vorwurf der Polenfreundlichkeit oder Weichheit den Polen gegenüber ein.

Man hat sich jahrelang nicht gescheut, meine Regierungsarbeit in diesem Raum mit den schmutzigsten Argumenten dieser Art zu verfolgen und hinterrücks die Erfüllung dieser Aufgaben zu stören. Heute stellt sich sonnenklar heraus, daß es ein Wahnsinn ist, Europa aufbauen zu wollen, gleichzeitig aber die europäischen Völker mit Schikanen sondergleichen zu verfolgen.«

Ich gehe dann über zu Seite 34 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 20. April 1943, und zwar eine Regierungssitzung. Ich bitte das Gericht lediglich von den Schlußworten des Generalgouverneurs auf Seite 38 des Dokumentenbuches, und Seite 41 des Tagebuches selbst Kenntnis nehmen zu wollen und wende mich dann Seite 39 des Dokumentenbuches zu; eine Sitzung vom 22. Juli 1943.

Ich zitiere aus dem zweiten Absatz die zehnte Zeile:

»Besonders schwierig war für uns in diesem Jahre ganz allgemein auch die Umsiedlerfrage. Ich kann Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, daß die Umsiedlung im allgemeinen restlos für die Dauer des ganzen Krieges eingestellt ist.

Was die Industrieverlagerung angeht, so befinden wir uns auf vollen Touren, die jetzt gerade angelaufen sind. Wie Sie wissen – ich selbst lege das größte Gewicht darauf – haben wir für das Reich diese Not zu beseitigen, und wir übernehmen nun in den kommenden Monaten große, mit internatio nal bedeutsamen Namen versehene Industriekomplexe ins Generalgouvernement.

Beachtlich aber ist bei dieser Frage die uns dadurch aufgezwungene fast völlige Umstellung der Struktur des Generalgouvernements. Während wir bislang immer noch als ein Land figurimrten, das für die Versorgung des Reiches mit Arbeitern und als Agrar- und Nahrungsland Europas in Betracht kam, werden wir binnen kurzem eines der wichtigsten Industriegebiete Europas werden. Ich erinnere an Namen wie Krupp, Heinkel, Henschel, deren Betriebe ins Generalgouvernement kommen werden.«

Ich bitte nun das Gericht, sich Seite 41 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Es handelt sich hier um den Bericht, den der Zeuge [165] Dr. Bühler am 26. Oktober 1943 erstattet hat und von dem er erklärte, daß dieser Bericht über vier Jahre Aufbauarbeit im Generalgouvernement erstellt worden sei auf Grund der zuverlässigen Unterlagen der dreizehn Hauptabteilungen. Der Bericht umfaßt Seite 42 bis 69 des Dokumentenbuches. Ich beabsichtige nicht, aus diesem Bericht zu zitieren, sondern ich bitte das Gericht, amtlich davon Kenntnis zu nehmen.

Ich wende mich sofort Seite 70 des Dokumentenbuches zu, und zwar handelt es sich hier um eine Regierungssitzung vom 16. Februar 1944. Ich zitiere den letzten Absatz, und zwar Seite 4 des Tagebuches:

»Demgegenüber ist nämlich festzustellen, daß der Ausbau, der Aufbau, die Sicherung dessen, was heute die Bedeutung dieses Raumes ausmacht, überhaupt nur möglich waren, weil es entgegen diesen völlig kriegsunzeitgemäßen Überlegungen der Gewalttheoretiker notwendig war, die Substanz dieses Raumes in menschlicher und materieller Beziehung denkbar positiv in den Dienst des deutschen Kriegsringens zu bringen.«

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 74; eine Eintragung vom 6. März 1944. Ich zitiere den letzten Absatz auf Seite 75, Seite 5 des Tagebuches:

»Der Herr Generalgouverneur steht der Heranbildung eines Nachwuchses für die Priesterseminare grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber, und zwar mit der Begründung, daß man, wenn man Fachkurse für Ärzte und so weiter einrichte, auch auf religiösem Gebiete ähnliche Möglichkeiten schaffen müsse.«

Seite 77 befaßt sich mit einem Verbot des Generalgouverneurs, die Bevölkerung oder auch nur Teile der Bevölkerung zu evakuieren, die sich damals in dem Kampfgebiet um Lublin befunden haben.

Seite 80 betrifft eine Eintragung vom 12. April 1944. Ich zitiere Absatz 2:

»In diesem Zusammenhang kommt Präsident Gerteis auf die Behandlung der Polen im Reich zu sprechen. Diese Behandlung, die noch immer schlechter sei als diejenige jedes anderen ausländischen Arbeiters, habe dazu geführt, daß sich so gut wie kein Pole mehr freiwillig für die Arbeit in Deutschland melde.

Es seien 21 Punkte, in denen die polnischen Arbeiter im Reich schlechter behandelt würden, als andere ausländische Arbeiter. Der Herr Generalgouverneur ersucht Präsident Gerteis, ihm diese 21 Punkte bekanntzugeben, für deren Aufhebung er sich unbedingt einsetzen werde.«

Ich bitte das Gericht, sich Seite 100 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Es betrifft eine Besprechung vom 6. Juni 1944 über [166] ein Großunternehmen gegen die Banden im Bilgorajer Wald. Ich zitiere Seite 101, Seite 4 des Tagebuches:

»Der Herr Generalgouverneur will unbedingt dafür gesorgt wissen, daß die harmlose Bevölkerung, die selber unter dem Bandenterror leide, geschont werde.«

Seite 102 befaßt sich mit der Stellung des Generalgouverneurs zu der Frage der Konzentrationslager; eine Eintragung vom 6. Juni 1944. Ich zitiere den letzten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur erklärt, daß er einen solchen Entscheid nie unterzeichnen wurde, da er die Verbringung des Betreffenden in ein Konzentrationslager bedeute. Er habe immer aufs schärfste gegen das System der Konzentrationslager protestiert, denn in ihm liege der schärfste Verstoß gegen das Rechtsempfinden. Er hätte geglaubt, daß es für solche Dinge kein Konzentrationslager gebe, aber sie seien offenbar stillschweigend in Gang gesetzt worden. Es könne nur so vorgegangen werden, daß die Personen zu einer bestimmten Zahl von Jahren Gefängnis oder Zuchthaus begnadigt würden. Die Zuchthausstrafe zum Beispiel sei eine von staatlichen Organen zu vollstreckende und überprüfbare Strafe. Er bitte deshalb, daß Staatssekretär Dr. Bühler darüber informiert werde, daß er, der Generalgouverneur, solche Entscheidungen nicht unterzeichne. Er wünsche keine amtliche Bestätigung des Konzentrationslagers. Eine Begnadigung dahin, daß jemand ins Konzentrationslager gebracht werde, gebe es nicht. Die Standgerichte seien eine staatliche Justizeinrichtung außerordentlichen Charakters, zusammengesetzt von Polizeiorganen; sie müßten eigentlich normalerweise mit Angehörigen der Wehrmacht besetzt werden.«


VORSITZENDER: Herr Dr. Seidl! Können Sie bitte die Übersetzung der Worte unten auf Seite 102 des englischen Textes erklären:

»Es könne nur so vorgegangen werden, daß die Personen zu einer bestimmten Zahl von Jahren Gefängnis oder Zuchthaus begnadigt würden.«

Können Sie die Bedeutung dieser Worte erklären?

DR. SEIDL: Die Bedeutung der Worte ergibt sich aus den Ausführungen, die der Präsident Wille im vorhergehenden Absatz gemacht hat, und wo es unter anderem folgendermaßen heißt; es ist Zeile 10 von oben nach unten:

»Die Gnadenkommission habe den in einer Sitzung anwesenden Vertreter des Befehlshabers der Sicherheitspolizei gefragt, in welcher Form dieser Gnadenerweis gedacht wäre. Seines Wissens sei nur in einem einzigen Falle auf Erlaß der [167] Strafe erkannt worden. In den anderen Fällen sei die Formel, daß die Strafe erlassen werde, an sicherheitspolizeiliche Maßnahmen geknüpft worden. Man habe nämlich der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß diese Leute sonst verschwinden würden.«

Der Generalgouverneur hat sich nun auf den Standpunkt gestellt, daß eine Begnadigung zum Beispiel von Todesstrafe zu Gefängnis oder Zuchthaus zwar möglich sei, daß er es aber ablehnen müsse, die Umwandlung einer Todesstrafe in eine Freiheitsstrafe im geraden Wege zu vollziehen, wenn dabei von der Polizei sicherheitspolizeiliche Auflagen gemacht würden.

VORSITZENDER: Sie meinen, daß das bedeutet, daß eine Todesstrafe in eine Gefängnisstrafe auf eine bestimmte Anzahl von Jahren umgewandelt werden kann, nicht aber in eine Überweisung in ein Konzentrationslager, denn diese würde auf eine unbestimmte Zeitdauer und unter Anwendung von Polizeimethoden stattfinden.

DR. SEIDL: Jawohl, das ist der Sinn.

Ich gehe dann über zu Seite 104 des Dokumentenbuches. Dieses Zitat befaßt sich auch mit allgemeinen Fragen der Behandlung der Bevölkerung des Generalgouvernements.


VORSITZENDER: Dr. Seidl! Sie haben viel mehr Zeit gebraucht als Sie vorher angegeben haben. Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß Sie eine ganze Menge auslassen könnten; es ist doch alles ungefähr dasselbe.


DR. SEIDL: Jawohl, ich bitte dann das Gericht, sich Seite 112 zuzuwenden, eine Eintragung vom 10. Juli 1944. Diese Eintragung beschäftigt sich mit der Verwaltung der Kunstgegenstände. Ich zitiere den zweiten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur weist Referent Palézieux an, ein genaues Verzeichnis dieser Kunstgegenstände aufstellen zu lassen.«


VORSITZENDER: Sie haben uns das schon gesagt und auch Beweismaterial vorgelegt, daß der Angeklagte Frank diese Kunstschätze zu erhalten suchte und sie in Polen aufbewahren wollte. Unter diesen Umständen ist es nicht nötig, alle diese Auszüge zu verlesen.

DR. SEIDL: Jawohl, ich bitte dann das Gericht, von dieser Eintragung selbst Kenntnis zu nehmen, und ich werde, wenn das Gericht damit einverstanden ist, Ihnen lediglich noch die Seiten der Dokumente im Dokumentenbuch angeben, die mir wesentlich erscheinen. Das ist Seite...


VORSITZENDER: Gut, wir wollen jetzt eine Pause einlegen.


[Pause von 10 Minuten.]


[168] DR. SEIDL: Meine Herren Richter! Wenn es dem Gericht recht ist, darin würde ich von dem Band IV des Dokumentenbuches lediglich noch die Nummern der Seiten angeben, die mir besonders wesentlich erscheinen. Es handelt sich um die Seiten 115, 121, 123, 134, 139, 152 und 182. Damit ist Band IV des Dokumentenbuches abgeschlossen; und ich komme zum letzten Bande, der erheblich schneller zu Ende geführt werden wird.

Band V beschäftigt sich ausschließlich mit den von der Anklagevertretung der Vereinigten Staaten gegen den Angeklagten Dr. Frank erhobenen Vorwürfen, soweit sie seine Tätigkeit als Präsident der Akademie für Deutsches Recht, als Präsident des nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes und seine ähnlichen Stellungen betreffen.

Seite 1 ist ein Dokument, das bereits von der Anklage vorgelegt wurde, 1391-PS. Es hat noch keine US-Nummer und wird Beweisstück Frank 11. Es ist das Gesetz über die Akademie für Deutsches Recht mit der dazugehörigen Satzung und den sich daraus ergebenden Aufgaben.

Ich gehe über zu Seite 25 des Dokumentenbuches. Dieses Zitat wird Beweisstück Frank 12. Es beschäftigt sich mit dem dem Angeklagten vorgeworfenen Satz: »Recht ist, was dem Volke nützt.« Dieses Zitat soll lediglich zeigen, daß der Angeklagte Dr. Frank mit diesem Satz nichts anderes ausdrücken wollte, als was schon in dem römischen Satz enthalten ist: »Salus publica suprema lex.« Ich bitte das Gericht, davon Kenntnis zu nehmen und wende mich Seite 26 des Dokumentenbuches zu, einem Auszug aus der Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht 1938. Das wird Beweisstück Frank 13. Auch dieses Zitat beschäftigt sich mit dem vorhin erwähnten Satz: »Recht ist, was dem Volke nützt.«

Seite 30 ist ein Auszug aus 3459-PS, dem Beweisstück US-670, und zwar handelt es sich um die Abschlußkundgebung auf dem »Tag des Deutschen Rechts 1939« in Leipzig, bei der der Angeklagte Dr. Frank vor 25000 Rechtswahrern die Schlußrede gehalten hat. Ich zitiere auf Seite 31, Zeile 10 von unten:

»Nur in Anwendung der Methoden der Rechtssicherheit, der wahrhaften Rechtssprechung und der klaren Erfüllung des gesetzgeberischen Rechtside als kann die Volksgemeinschaft auf die Dauer bestehen. Diese Rechtsmethodik, die die Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben auf die Dauer sichert, ist Euch, Rechtswahrerkameraden, als Mission aufgegeben. Uralte germanische Grundsätze sind durch die Jahrhunderte uns überkommen.

1. Niemand soll verurteilt werden, der nicht Gelegenheit erhalten hat, sich zu verteidigen.

[169] 2. Niemand soll der von ihm in volksgenössisch einwandfreier Weise benutzten Güter verlustig gehen, es sei denn durch den Spruch des Richters. Die Ehre, die Freiheit, das Leben, der Arbeitsertrag sind solche Rechtsgüter.

3. Jedem, der unter Anklage steht, gleichgültig in welchem Verfahren, aus welchen Gründen und in Anwendung welchen Gesetzes, muß die Möglichkeit gegeben sein, sich einen Verteidiger zu nehmen, der für ihn Rechtserklärungen abzugeben vermag; er muß rechtliches, erkenntnismäßig objektives Gehör finden.«

Ich gehe über zu Seite 35 des Dokumentenbuches, und zwar handelt es sich hier um eine Rede, die der Angeklagte Dr. Frank auf einer Tagung der Hauptabteilungsleiter des nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes am 19. November 1941 gehalten hat. Diese Rede, beziehungsweise dieser Auszug, wird Beweisstück Frank 14. Ich zitiere lediglich einige Sätze auf Seite 37 oben:

»Daher ist es eine sehr ernste Aufgabe, die wir uns gestellt haben, und wir müssen immer betonen, daß sie nur mit Mut und absoluter Einsatzbereitschaft erfüllt werden kann. Ich sehe mit größter Aufmerksamkeit diese Entwicklung; ich verfolge jede Strömung im gegenrechtlichen Sinne. Ich kenne, wie Sie alle, aus der Geschichte zu sehr die Versuche, deshalb, weil man Waffen hat, mit denen man schießen kann, deshalb, weil man irgendwelche Vollmachten hat, auf Grund deren man verhaftete Menschen verschwinden lassen kann, sich eine weitreichende Macht in den allgemeinen Zuständen mehr und mehr anzueignen. Da meine ich vor allem die Versuche, die nun nicht etwa nur von der SS, vom SD und von der Polizeizentrale allein ausgehen, sondern die Versuche vieler anderer Dienststellen des Staates und des Reiches, sich von der allgemeinen Rechtsübung zu befreien.«

Ich gehe über zu Seite... ich will auf Seite 41 noch die letzten fünf Zeilen zitieren und zwar die letzten Worte auf dieser Tagung:

»Das Recht kann man nicht zum Handelsobjekt degradieren; man kann es nicht verkaufen; es ist da oder es ist nicht da. Das Recht ist keine Börsenware. Wenn das Recht nicht gestützt wird, dann verliert auch der Staat den moralischen Halt, dann sinkt er in den Abgrund der Nacht und des Grauens.«

Das nächste Dokument befindet sich auf Seite 42, es ist das die erste Rede, die der Angeklagte Dr. Frank gehalten hat, und zwar in Berlin in der Universität am 8. Juni 1942. Sie wird Beweisstück Frank 15. Ich zitiere auf Seite 44, zweiter Absatz, siebente Zeile:

»Es geht andererseits aber nicht an, daß in einem Staat einem Mitglied der Gemeinschaft Ehre, Freiheit, Leben, [170] Eigentum genommen werden, daß man es verstößt und verurteilt, ohne daß es zuvor gegen die erhobenen Anklagen hat Stellung nehmen können. Hierin kann uns die Wehrmacht ein Vorbild sein: Dort ist jeder solange freies, geachtetes und gleichberechtigtes Mitglied der Gemeinschaft, bis ein Richter – unabhängig über ihm stehend – zwischen Anklage und Verteidigung abgewogen geurteilt hat.«

Ich gehe dann über zu Seite 49 des Dokumentenbuches. Es ist das die zweite dieser vier großen Reden. Sie wurde gehalten in Wien und wird Beweisstück Frank 15.

VORSITZENDER: Wir haben doch schon auf Seite 41 Beweisstück Frank 15 gehabt.

DR. SEIDL: Nein, es wird Frank 16, entschuldigen Sie. Herr Präsident. Ich zitiere hier lediglich auf Seite 51 einen Satz:

»Ich werde mit dem ganzen Fleiß meiner Ideen immer wieder bezeugen, daß es schlimm wäre, wollte man etwa polizeistaatliche Ideale als ausgeprägt nationalsozialistische Ideale hinstellen, hin gegen aber alt-germanische Rechtsanschauungen völlig zurücktreten lassen.«

Ich bitte dann das Gericht überzugehen auf Seite 57 des Dokumentenbuches, die Rede, die der Angeklagte Dr. Frank in der Universität München am 20. Juli 1942 gehalten hat. Sie wird Beweisstück Frank 17. Ich zitiere auf Seite 58, Zeile 16:

»Aber es ist unmöglich, von Volksgemeinschaft zu sprechen, die Diener des Rechtes aber aus dieser Volksgemeinschaft als ausgeschlossen zu betrachten und mitten im Kriege mit Schmutz zu bewerfen.

Der Führer hat mir die Aufgaben des Reichsleiters des Reichsrechtsamtes und des Führers des nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes übertragen, und es ist daher meine Pflicht, es als der deutschen Volksgemeinschaft abträgig zu erklären, wenn im ›Schwarzen Korps‹ Rechtsanwälte als Kloakentierchen bezeichnet werden.«

Ich bitte dann das Gericht, sich Seite 67 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Es ist das die Rede, die er in Heidelberg gehalten hat, und zwar am 21. Juli 1942. Diese wird Beweisstück Frank 18. Ich bitte das Gericht, von dieser Rede Kenntnis zu nehmen. Auf Seite 69 zitiere ich lediglich einen Satz:

»Niemals aber darf es einen Polizeistaat geben, niemals! Das lehne ich ab.«

Ich komme jetzt zum letzten Dokument; es ist das bereits von der Anklagevertretung der Vereinigten Staaten unter Nummer US-607 vorgelegte Dokument, und zwar ein Auszug aus dem Tagebuch:

[171] »Abschließende Betrachtungen zur Entwicklung des letzten Vierteljahres.«

In dieser Betrachtung nimmt der Angeklagte Dr. Frank noch einmal abschließend zu der Idee des Rechtsstaates Stellung, und ich bitte das Gericht, insbesondere von seinen grundsätzlichen Postulaten auf Seite 74 und 75 des Dokumentenbuches Kenntnis zu nehmen. Hier hat Dr. Frank noch einmal die Voraussetzungen formuliert, von deren Vorhandensein er die Existenz jedes Rechtsstaates abhängig gemacht haben will. Ich zitiere Seite 74 nur noch wenige Zeilen:

»1. Kein Volksgenosse darf verurteilt werden, es sei denn durch das ordentliche Verfahren und auf Grund eines Gesetzes, das vor Begehung der Tat in Kraft war.

2. In diesem Verfahren muß die volle Gewähr sein, daß der Beschuldigte zu dem gesamten Sachverhalt der gegen ihn vorgebrachten Anklage vernommen wird und sich dazu frei zu äußern vermag.

3. Der Beschuldigte muß die Möglichkeit haben, sich in jedem Stadium des Verfahrens eines rechtskundigen Verteidigers bedienen zu dürfen.

4. Der Verteidiger muß völlig frei und unabhängig seines Amtes walten und damit die Waffengleichheit zwischen Staatsanwalt und Angeklag tem gewährleistet sein.

5. Der Richter oder das Gericht muß seine Entscheidung völlig unabhängig, das heißt ohne jede Beeinflussung des Urteilsspruches durch irgendwelche nicht zur Sache selbst gehörigen Momente treffen, in logischer Erkenntnis des Sachverhaltes und in gerechter Anwendung des Gesetzinhaltes.

6. Wenn die auf Grund dieses Urteils vollzogene Strafe perfekt geworden ist, dann hat die Tat ihre Sühne erfahren.

7. Schutzhaftmaßnahmen und Sicherungshaftmaßnahmen können von polizeilichen Organen ebensowenig wie Strafen an Konzentrationslagerhäftlingen vorgenommen oder vollzogen werden, es sei denn in Anwendung dieser selben Gesichtspunkte, das heißt also nach Bestätigung der geplanten Maßnahmen durch den ordentlichen unabhängigen Richter.

8. In entsprechender Weise hat auch die volksgenössische Rechtspflege in allen Beziehungen des eigentlichen Zivilprozesses die völlige Sicherstellung der Wahrnehmung der Einzelinteressen zu gewährleisten.«


VORSITZENDER: Dr. Seidl! Sind in diesem Dokument irgendwelche Stellen, die der Ansicht Ausdruck geben, daß dieselben Grundsätze auch auf andere anzuwenden sind, nicht nur auf Deutsche?

[172] DR. SEIDL: In dieser letzten Betrachtung hat sich der Angeklagte Dr. Frank grundsätzlich mit den Fragen des Rechts befaßt, ohne hier einen Unterschied zwischen Deutschen und Angehörigen fremder Völker zu machen. Er hat aber auch in seiner Eigenschaft als Generalgouverneur sich grundsätzlich und immer gegen die Verbringung von Polen, Ukrainern und Juden in Konzentrationslager verwahrt. Es ergibt sich das aus einer ganzen Reihe von Eintragungen im Tagebuch.

Ich bin damit am Ende meiner Beweisführung für den Angeklagten Dr. Frank angelangt. Es stehen lediglich noch die Antworten auf die Fragebogen für die Zeugen aus, deren Vernehmung vor einer Kommission das Gericht genehmigt hat. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt diese Fragebogen in einem kleinen Dokumentenheft zusammenstellen und dann übersetzt dem Gericht vorlegen.


VORSITZENDER: Sie sprechen von Fragebogen, für die die Antwort noch aussteht. Ist das richtig?


DR. SEIDL: Das sind Fragebogen, auf die die Antworten noch nicht eingegangen sind.


VORSITZENDER: Gut. Sobald Sie diese haben, werden Sie sie der Anklagebehörde und dem Gerichtshof überreichen, nicht wahr?


DR. SEIDL: Jawohl.

VORSITZENDER: Dr. Pannenbecker!


DR. OTTO PANNENBECKER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN FRICK: Im Rahmen des Beweisvortrages für den Angeklagten Frick möchte ich davon absehen, den Angeklagten selbst in den Zeugenstand zu rufen. Bei den Fragen, die einer Klärung bedürfen, handelt es sich weitgehend um Probleme einer formalen Zuständigkeit, aber auch um Probleme des Gegensatzes zwischen formaler Zuständigkeit und tatsächlicher Verantwortung. Es sind dies Probleme, die zum Teil schon geklärt sind durch die Vernehmung des Zeugen Dr. Lammers und die zum anderen Teile sich klären werden durch die Vorlage von Urkunden. Ein besonderes Gebiet ist durch die Vorlage von Urkunden jedoch nicht hinreichend zu klären. Es ist dies die Frage der tatsächlichen Machtverhältnisse auf dem Gebiete der Polizei, Aber für dieses Spezialgebiet habe ich den Zeugen Dr. Gisevius, und er ist der einzige Zeuge, dessen Vernehmung im Rahmen des Beweisvortrages für Frick noch erforderlich erscheint. Ich habe also auf die anderen Zeugen inzwischen verzichtet.

Ich bitte das Gericht nun um Entscheidung, ob ich zuerst den Zeugen Dr. Gisevius rufen soll, oder ob ich zunächst den Dokumentenvortrag bringen soll. Wenn der Dokumentenvortrag zunächst [173] gebracht wird, so glaube ich, daß ich bis zur Mittagspause damit noch fertig würde.


VORSITZENDER: Glauben Sie, mit Ihren Dokumenten vor der Verhandlungspause fertig werden zu können?


DR. PANNENBECKER: Jawohl. Ich glaube, ja.


VORSITZENDER: Vor 1.00 Uhr?


DR. PANNENBECKER: Jawohl.


VORSITZENDER: Es ist Ihnen gleich, ob Sie zuerst den Zeugen vernehmen oder die Dokumente vorlegen?


DR. PANNENBECKER: Ja.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof meint, daß es zweckmäßiger wäre, wenn Sie zuerst die Dokumente vorlegen und hofft, daß Sie verhältnismäßig schnell damit fertig werden.


DR. PANNENBECKER: Jawohl.

Nummer 1, 2 und 3 des Dokumentenbuches 386-PS, L-79 und 3726-PS behandeln Beweismaterial zu dem Problem, ob die Vorbereitung des Angriffskrieges durch Hitler den Mitgliedern des Reichskabinetts bekanntgewesen sein muß. Ich brauche die Dokumente nicht zu verlesen, sie sind bereits eingereicht und zeigen übereinstimmend, daß Hitler von seinen Angriffsplänen nur den Mitarbeitern Kenntnis gab, die für ihre eigene Arbeit diese Pläne kennen mußten, nicht dagegen Frick als Innenminister, der für die Innenpolitik verantwortlich war.

Nun wurde Frick im Rahmen der Kriegsvorbereitungen zum Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung bestellt, und zwar durch das bereits vorgelegte Reichsverteidigungsgesetz vom 4. September 1938, US-Exhibit 36 (2194-PS). Der Inhalt dieses Gesetzes läßt nicht erkennen, daß diese Position irgend etwas zu tun hatte mit der bewußten Vorbereitung zum Angriffskrieg, sondern es zeigt lediglich eine Mitwirkung der inneren Verwaltung bei der allgemeinen Vorbereitung und Einrichtung auf irgendeinen möglichen Fall eines späteren Krieges. Ich habe nun einen Auszug aus diesem Gesetz unter Nummer 4 des Dokumentenbuches in das Dokumentenbuch aufgenommen, und zwar, um einen aufgetretenen Irrtum richtigzustellen. Der Angeklagte Frick selbst hat nämlich in einem Affidavit vom 14. November 1945 erklärt, er habe die Position des Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung seit dem 21. Mai 1935 innegehabt. Es ist dies der Tag des ersten Reichsverteidigungsgesetzes, das bereits vorliegt als US-Exhibit 24 (2261-PS). Dieses erste Reichsverteidigungsgesetz vom 21. Mai 1935 enthält jedoch noch nicht die Position eines Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung, sondern erst das zweite Gesetz vom 4. September 1938. Dieses zweite Gesetz liegt vor als US-36. Entsprechend der irrigen [174] Angabe des Angeklagten Frick, die er gemacht hat, ohne daß ihm beide Gesetze vorlagen, hat aber auch die Anklagebehörde vorgetragen, daß Frick die Stellung des Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung seit dem 21. Mai 1935 innegehabt habe, während er sie in Wahrheit seit dem 4. September 1938 hatte, also dem Datum des zweiten Gesetzes.

Die Dokumente Nummer 5 und 6 des Dokumentenbuches sind schon von der Anklagebehörde vorgelegt. Sie beweisen ebenfalls nichts anderes als die Beteiligung des Angeklagten Frickan der Einrichtung der zivilen Verwaltung auf irgendeinen Fall eines möglichen Krieges. Ich brauche auch sie nicht zu verlesen.

Nun werden seitens der Anklagebehörde die Angriffsabsichten Hitlers als so allgemein bekannt und so offenkundig bezeichnet, daß die Tatsache einer Kenntnis eines Beweises nicht bedürfe. Aus dieser Annahme hat die Anklagebehörde die Folgerung gezogen, daß die Mitwirkung in der nationalsozialistischen Regierung auf irgendeinem beliebigen Gebiet ohne weiteres die bewußte Förderung des Angriffskrieges in sich schloß. Ich habe mich demgegenüber in den Dokumenten Nummer 7 bis einschließlich 10 des Dokumentenbuches Frick (2288-PS, 2292-PS, 2289-PS und 3729) auf Beweismittel bezogen, die auch schon von der Anklagebehörde vorgelegt sind, und die erkennen lassen, daß Hitler in der Öffentlichkeit und in privaten Unterhaltungen seit der Zeit seines Regierungsantrittes nach außen hin eine bewußte Politik der Friedenserklärung verfolgt hat. Eine Politik also, die nach allen Seiten hin und mit beachtlichen Gründen den Frieden als richtig erklärte.

Ich glaube, daß man diese Dokumente, die dem Gericht bereits vorliegen, mit heranziehen muß, um entscheiden zu können, ob die offizielle Politik Hitlers seit seinem Regierungsantritt die Absicht des Angriffskrieges erkennen ließ oder nicht. Als Beweismaterial in dieser Richtung bitte ich auch einzusehen die Dokumente Nummer 11 und 12 des Dokumentenbuches, die bisher nicht vorliegen und von mir als Frick-Exhibit Nummer 1 und 2 eingereicht werden.

Es handelt sich bei dem ersten um ein Telegramm des Kardinalerzbischofs Schulte vom 8. März 1936 an den Oberbefehlshaber der Wehrmacht im Zeitpunkt der Besetzung des Rheinlandes im März 1936. Bei dem zweiten Dokument handelt es sich um eine feierliche Erklärung der österreichischen Bischöfe aus Anlaß des Anschlusses Österreichs im März 1938.

In dem ersten Dokument heißt es, ich zitiere:

»Kardinalerzbischofs Schulte hat an den Oberbefehlshaber der Wehrmacht, Generaloberst von Blomberg, ein Telegramm gesandt, in dem er in der denkwürdigen Stunde, da die Wehrmacht des Reiches wiederum als Hüterin des Friedens und der Ordnung in das deutsche Rheinland ihren Einzug hält, die [175] berufenen Waffenträger unseres Volkes mit ergriffener Seele und eingedenk des erhebenden Beispiels opferbereiter Vaterlandsliebe, ernster Manneszucht und aufrechter Gottesfurcht, das unser Heer von jeher der Welt gegeben hat, begrüßt.«

Ich habe gerade diese beiden Dokumente ausgewählt, weil die katholische Kirche nicht in dem Verdacht steht, daß ihre Repräsentanten den Angriffskrieg fördern wollten, oder sonst geneigt waren, den verbrecherischen Absichten Hitlers zuzustimmen. Diese Kundgebungen wären undenkbar gewesen, wenn die Behauptung der Anklage zuträfe, daß die verbrecherischen Ziele Hitlers, und besonders seine Absicht des Angriffskrieges, offenkundig gewesen wären.

VORSITZENDER: Dr. Pannenbecker! Der Gerichtshof möchte wissen, woher dieses Telegramm des Erzbischofs stammt, Frick 11?

DR. PANNENBECKER: Ich habe das Telegramm Frick 11 aus dem »Völkischen Beobachter« vom 9. März 1936 entnommen.


VORSITZENDER: Und das andere?


DR. PANNENBECKER: Das andere Dokument er gibt sich aus dem »Völkischen Beobachter« vom 28. März 1938. In Nummer 13 des Dokumentenbuches habe ich nur einen Satz aus einer Rede von Frick aufgenommen, aus der sich ergibt, daß auch Frick die gleiche Auffassung vertreten hat. Er erklärt in dieser Rede, ich zitiere:

»Die nationale Revolution ist der Durchbruch des Willens, jede Art der äußeren und inneren Fremdherrschaft mit legalen Mitteln zu beseitigen.«

Nun hat die Anklagebehörde speziell dem Angeklagten Frick zur Last gelegt,...

VORSITZENDER: Sie haben dem die Nummer 13 gegeben, nicht wahr?

DR. PANNENBECKER: Ja.


VORSITZENDER: Verzeihung, das soll doch Nummer 3 sein?


DR. PANNENBECKER: Ja, das ist, was ich sagen wollte. Ich lege es als Frick-Dokument Nummer 3 vor.


VORSITZENDER: Ja.


DR. PANNENBECKER: Nun wird dem Angeklagten Frick speziell seine Arbeit für den »Verein für das Deutschtum im Ausland« zur Last gelegt; die Anklagebehörde hat in dieser Arbeit einen Beitrag des Angeklagten Frick gesehen zur Vorbereitung des Angriffskrieges. Die tatsächliche Auffassung Fricks über die Ziele dieses »Vereins für das Deutschtum im Auslande« ergibt sich aus dem Dokument Nummer 14, das also Frick-Exhibit Nummer 4 wird. Es heißt dort in einer Rede Fricks, ich zitiere:

»Der Verein für das Deutschtum im Auslande hat nichts mit machtpolitischen Bestrebungen oder mit Grenzfragen zu [176] tun, er ist und soll nichts anderes sein, als eine Sammelstelle der kulturellen deutschen Volkstumsbestrebungen... auf der ganzen Erde.«

In dem Dokument Frick Nummer 15, das also Frick-Exhibit Nummer 5...

VORSITZENDER: Dr. Pannenbecker! Vielleicht sollte ich hier feststellen, daß es in dem Inhaltsverzeichnis des Dokumentenbuches den Anschein hat, als ob die Beweisstück-Nummern die Nummern der Dokumente in der Reihenfolge seien, in der sie in das Dokumentenbuch eingeheftet sind, aber das ist nicht der Fall, nicht wahr?

DR. PANNENBECKER: Nein, das ist nicht so.


VORSITZENDER: Das letzte Dokument, das Sie gerade als Beweisstück Nummer 4 angeboten haben, erscheint in dem Buch als Beweisstück Nummer 14; das scheint ein Irrtum zu sein. Das ist Dokument Nummer 14, aber nicht Beweisstück Nummer 14.

DR. PANNENBECKER: Dokument Nummer 14, Exhibit Nummer 4.


VORSITZENDER: Jawohl.


DR. PANNENBECKER: In dem Dokument Nummer 15, Frick-Exhibit 5, habe ich zu demselben Thema einen Erlaß des Reichsministers des Innern vom 24. Februar 1933 aufgeführt, der sich ebenfalls mit der Frage der Arbeit des »Vereins für das Deutschtum im Ausland« befaßt. Es heißt dort, ich zitiere:


VORSITZENDER: Ist das nicht schon eingereicht worden? Es hat doch eine PS-Nummer.


DR. PANNENBECKER: Es hat eine PS-Nummer, aber es ist dann von der Staatsanwaltschaft nicht als Beweismittel eingereicht worden. Ich zitiere also:

»Es darf auch die Rücksicht auf die Not und das Elend der Zeit, auf den Mangel an Arbeit und Brot im Binnendeutschland den Blick nicht davon ablenken, daß die rund 30 Millionen Auslandsdeutschen außerhalb der verengerten gegenwärtigen Reichsgrenzen ein Bestandteil des deutschen Gesamtvolkes sind, ein Bestandteil, dem die Reichsregierung zwar wirtschaftlich keine Hilfe zu bringen vermag, dem sie jedoch die kulturelle Stützung durch den in erster Linie hiermit befaßten Verein für das Deutschtum im Ausland zu ermöglichen sich verpflichtet hält.«

In dem Dokument Nummer 16 bis einschließlich 24 des Dokumentenbuches, die ich im einzelnen nicht zu verlesen brauche, habe ich die gesetzlichen Vorschriften zusammengestellt, die sich mit der Zuständigkeit des Reichsministeriums des Innern als Zentralstelle [177] für bestimmte besetzte Gebiete befassen. Die Aufgaben dieser Zentralstelle, die keinerlei Befehlsgewalt oder Exekutive für irgendwelche besetzten Gebiete hatte, sind bereits durch den Zeugen Dr. Lammers aufgezeigt worden; und diese Aufgaben sind speziell in dem Dokumentenbuch Nummer 24 aufgeführt. Als Beweismaterial brauche ich es nicht einzureichen. Es ist eine amtliche Veröffentlichung im Reichsgesetzblatt und liegt außerdem bereits als 3082-PS vor. Entsprechend der Tatsache, daß die Zentralstelle keine Befehlsgewalt in den besetzten Gebieten hatte, findet sich in dem Tagebuch des Angeklagten Dr. Frank die Bestätigung, daß für die Verwaltung seines Gebietes der eingesetzte Generalgouverneur die ausschließliche Befehlsbefugnis hatte. Ich brauche auch diese Stelle, die dem Gericht bereits vorliegt, nicht zu zitieren.

Lediglich polizeiliche Befugnisse in den besetzten Gebieten waren an den Reichsführer-SS Himmler übertragen, aber auch damit steht Frick als Reichsminister des Innern nicht im Zusammenhang, da diese Befugnisse ausschließlich Himmler in seiner Eigenschaft als Reichsführer-SS hatte. Es ergibt sich dies aus dem Dokument Nummer 26 des Dokumentenbuches, das auch bereits als Beweisstück US-319, 1997-PS vorliegt.

Die Anklagebehörde hat nun weiter dem Angeklagten Frick die Verbrechen zur Last gelegt, die im Protektorat Böhmen und Mähren seit August 1943 begangen worden sind, mit der Begründung, daß Frick seit dem August 1943 Reichsprotektor in Böhmen und Mähren gewesen sei. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Dokumente des Dokumentenbuches Nummer 28 und 29 (1366-PS und 3443-PS), aus denen sich ergibt, daß bei der Ernennung von Frick die früheren Befugnisse des Reichsprotektors aufgeteilt worden sind, und zwar zwischen einem sogenannten deutschen Staatsminister in Böhmen und Mähren, der unter der unmittelbaren Befehlsgewalt des Führers und Reichskanzlers alle Regierungsgeschäfte zu führen hatte, und dem Reichsprotektor, also Frick, der einige spezielle Befugnisse erhielt und im wesentlichen das Recht hatte, eine Begnadigung nach der Verurteilung durch die allgemeinen örtlichen Gerichte auszusprechen.

Nun wird Frick weiter eine Verantwortlichkeit für die politische Polizei, also die Geheime Staatspolizei, und die Konzentrationslager zur Last gelegt. Bis zum Jahre 1936 waren die Aufgaben der Polizei eine Angelegenheit der Einzelstaaten in Deutschland, und entsprechend hat in Preußen Göring als Preußischer Ministerpräsident und Preußischer Minister des Innern die politische Polizei aufgebaut und die Konzentrationslager eingerichtet. Mit diesen Dingen hat also Frick als Reichsminister des Innern nichts zu tun.

Im Frühjahr 1934 ist Frick dann auch zum Preußischen Minister des Innern bestellt worden. Vorher jedoch hatte Göring durch ein Gesetz die Angelegenheit der politischen Polizei aus dem Amte des [178] Preußischen Innenministeriums herausgenommen und unmittelbar dem Amte des Ministerpräsidenten unterstellt, ein Amt, das Göring selbst in der Hand behielt.

Die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen sind von der Anklage vorgelegt, und zwar als 2104-PS, 2105-PS und 2113-PS.

Das gleiche ergibt sich aus dem Dokument Nummer 30 des Dokumentenbuches, das auch schon als Beweisstück US-233, 2344-PS vorliegt.

So hatte Frick bis zum Jahre 1936 auf dem Gebiete der politischen Polizei lediglich ein allgemeines Aufsichtsrecht, wie es dem Reiche gegenüber den Einzelstaaten zustand. Er hatte aber kein spezielles Weisungsrecht in Einzelfällen, sondern die Befugnis zu allgemeinen Richtlinien; in den Dokumenten Nummer 31-33 des Dokumentenbuches habe ich solche Richtlinien aufgenommen, wie Frick sie erlassen hat.

Aus Nummer 31, das Exhibit Frick 6 wird, zitiere ich:

»1. Um den bei der Verhängung der Schutzhaft aufgetretenen Mißbräuchen abzuhelfen, hat der Reichsminister des Innern in seinen an die Landesregierungen und Reichsstatthalter gerichteten Anordnungen über die Verhängung und Vollstreckung der Schutzhaft vom 12. April 1934 bestimmt, daß Schutzhaftbefehle nur erlassen werden dürfen a) zum eigenen Schutz des Häftlings, b) wenn der Häftling durch sein Verhalten, insbesondere durch staatsfeindliche Betätigung die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet.

Danach ist, sofern nicht zugleich diese Voraussetzungen vorliegen, eine Verhängung von Schutzhaft nicht zulässig insbesondere a) gegen Personen, die lediglich von einem ihnen nach bürgerlichem oder öffentlichem Recht zustehenden Anspruch Gebrauch machen; b) gegen Rechtsanwälte wegen der Vertretung von Interessen ihrer Klienten, c) wegen persönlicher Angelegenheiten, wie zum Beispiel Beleidigungen; d) wegen irgendwelcher wirtschaftlichen Maßnahmen (Lohntragen, Entlassungen von Arbeitnehmern und dergleichen).

Die Schutzhaft ist ferner nicht zulässig zur Ahndung strafbarer Handlungen; denn dafür sind die Gerichte zuständig.«


VORSITZENDER: Um welches Datum handelt es sich hier?

DR. PANNENBECKER: Es ist ein Dokument, das die Anklagebehörde als 779-PS vorgelegt hat und aus den Akten das Ministeriums entnommen ist. Ein Datum hat das Dokument nicht, es muß aber im Frühjahr 1934 gewesen sein, wie sich aus dem ersten Satz des Dokuments ergibt. Auf den gleichen Erlaß weist der »Völkische Beobachter« hin in seiner Ausgabe vom 14. April 1934. Ich habe [179] dies als Dokument Nummer 32 in das Dokumentenbuch aufgenommen, es wird Frick-Exhibit 7.


VORSITZENDER: Dr. Pannenbecker! Legen Sie es als Beweisstück vor, oder wurde es bereits als Beweisstück eingereicht?


DR. PANNENBECKER: Es ist noch nicht eingereicht, ich biete es als Exhibit 7 an.


VORSITZENDER: Soviel ich weiß, ist das Datum der 12. April.


DR. PANNENBECKER: Im Frühjahr 1934, ja kurz danach.


VORSITZENDER: 12. April 1934.


DR. PANNENBECKER: Jawohl.

Auf diesen Erlaß weist auch der »Völkische Beobachter« in seiner Ausgabe vom 14. April 1934 hin. Es handelt sich um das Dokument Nummer 32 des Dokumentenbuches, das Frick-Exhibit 7 wird. Ich brauche es im einzelnen nicht zu verlesen.

Dasselbe ergibt sich aus Nummer 33 des Buches, das Frick-Exhibit 8 wird (Dokument L-302).

Das Dokument Nummer 34 des Buches, das Frick-Exhibit 9 wird (775-PS), zeigt, daß die Gestapo sich an die Weisungen von Frick tatsächlich nicht gehalten hat und daß Frick in dieser Beziehung machtlos war. Aber das Dokument erscheint mir trotzdem wesentlich, um zu zeigen, daß Frick immer wieder versucht und sich Mühe gegeben hat, den Mißbräuchen der Gestapo entgegenzutreten, die aber, gestützt auf Himmler, stärker war als er, zumal Himmler das unmittelbare Vertrauen Hitlers besaß.

Am 17. Juni 1936 sind dann die Angelegenheiten der politischen Polizei auf die Zuständigkeit des Reiches übergegangen. Zum Chef der Deutschen Polizei wurde Himmler bestellt, der formell zwar in das Reichsministerium des Innern eingegliedert wurde, der aber tatsächlich wie ein selbständiger Polizeiminister unter der unmittelbaren Autorität Hitlers stand und der auch berechtigt war, wie ein Minister seine Angelegenheiten im Reichskabinett selbst zu vertreten.

Es ergibt sich dies aus dem Dokument Nummer 35 des Dokumentenbuches, ein Erlaß aus dem Reichsge setzblatt, der als 2073-PS bereits vorliegt. Ich brauche eine Exhibit-Nummer wohl nicht zu geben, weil es eine amtliche Veröffentlichung im Reichsgesetzblatt ist.

In diesem Zusammenhang hat die Anklagebehörde ihrerseits das Dokument 1723-PS vorgelegt als Beweisstück US-206. Ich habe einen Auszug aus diesem Dokument als Nummer 36 des Dokumentenbuches aufgenommen und zwar um einen Irrtum richtig zu stellen. Das Dokument ist nämlich ein Auszug aus einem Buch von Dr. Ley in seiner Eigenschaft als Reichsorganisationsleiter. In dem Buch gibt Dr. Ley den Dienststellen der Partei Weisungen über eine [180] Zusammenarbeit mit der Gestapo, und am Schluß des Auszugs hat Ley dann einen Erlaß von Frick zum Abdruck gebracht, der aufweist, wie Frick versucht hat, der Willkür der Gestapo Einhalt zu gebieten.

Aber im Vortrag der Anklagebehörde vom 13. Dezember 1945 vormittags ist das ganze Dokument als eine Weisung von Frick verlesen worden. Ich bitte daher, diesen Irrtum richtigstellen zu dürfen.

Da Himmler und die Befehlshaber der Gestapo sich an die allgemeinen Weisungen von Frick nicht hielten, so hat Frick wenigstens in Einzelfällen versucht, in Angelegenheiten der Konzentrationslager Erleichterungen zu verschaffen, Erleichterungen, die ihm ja generell nicht bewilligt wurden. Um ein Beispiel anzuführen, habe ich unter Nummer 37 des Dokumentenbuches einen Brief des früheren Reichstagsabgeordneten Wulle aufgeführt, den dieser unaufgefordert an mich gerichtet hat. Dieser Brief wird Frick-Exhibit 10. In dem Brief heißt es, ich zitiere:

»Er« – Frick – »hat, wie mir mein damaliger Rechtsanwalt mitteilte, verschiedentlich versucht, Hitler zu meiner Freilassung zu bewegen, ohne jedoch Erfolg zu haben, da über die Konzentrationslager Himmler entschied. Ich verdanke es ihm aber, daß ich im Konzentrationslager Sachsenhausen verhältnismäßig anständig behandelt worden bin...

In dem Kreis der Nazidemagogen fiel er stets durch seine Sachlichkeit und Reserviertheit auf, er war ein Mann, dem innerlich jede Gewalttätigkeit fernlag... Seit Frühjahr 1925 stand ich im heftigen Kampf gegen Hitler und seine Partei. Dieser Kampf ist von beiden Seiten leidenschaftlich geführt worden. Um so mehr rechne ich es Frick hoch an, daß er trotz dieser Gegnerschaft in seiner ziemlich machtlosen Stellung gegenüber Himmler alles versucht hat, meiner Frau und mir in den bitteren Jahren meiner Konzentrationslagerhaft zu helfen....«

Nun hat die Anklagebehörde entsprechend der Aussage des Zeugen Dr. Blaha vor diesem Gericht behauptet, daß Frick sich von den Zuständen im Konzentrationslager Dachau durch einen Besuch im ersten Halbjahr 1944 Kenntnis verschafft habe.

Ich habe demgegenüber mit Erlaubnis des Gerichts einen Fragebogen an den Zeugen Gillhuber vorlegen lassen, der Frick auf allen seinen Fahrten begleitet hat und...

VORSITZENDER: Einen Augenblick, Herr Dr. Pannenbecker. Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß er eine eidesstattliche Versicherung des Angeklagten Frick, der sich nicht mündlich als Zeuge unter Eid vernehmen lassen will, nicht entgegennehmen kann;[181] anders wäre es, wenn er als Zeuge zur Verfügung gestellt wird und dann auch einem Kreuzverhör unterzogen werden kann.

DR. PANNENBECKER: Das letzte war aber nicht eine Erklärung von Frick, sondern von Gillhuber, einem Zeugen, der einen Fragebogen erhalten hat. Es ist Nummer 40 des Dokumentenbuches, und ich höre gerade, daß versehentlich dieses Exhibit nicht in das Buch aufgenommen worden ist. Ich muß es also nachreichen.


VORSITZENDER: Gut. Sagen Sie uns, was es ist.


DR. PANNENBECKER: Es ist ein Fragebogen und die Antwort durch den Zeugen Gillhuber. Gillhuber war zum persönlichen Schutze des Angeklagten Frick auf allen seinen Dienstreisen zugegen, und er hat in der Antwort auf dem Fragebogen bestätigt, daß Frick das Lager niemals besichtigt hat. Dieser Fragebogen mit Antwort muß also noch zu den Übersetzungen nachgereicht werden. In meinem Buche ist er enthalten.


VORSITZENDER: Sie können den Fragebogen verlesen, es sei denn, daß die Anklagebehörde gegen, seine Zulässigkeit oder gegen seine Formulierung Einspruch erhebt, da ja der Fragebogen bereits unter Vorbehalt zugelassen wurde.


DR. PANNENBECKER: Ich verlese dann also aus dem Frick-Dokument Nummer 40, das Exhibit Nummer 11 wird, folgendes:

»Frage: Von wann bis wann und in welcher Eigenschaft waren Sie bei dem Angeklagten Frick früher tätig?

Antwort: Vom 18. März 1936 bis zum Einmarsch der alliierten Truppen am 29. oder 30. April 1945 als Beamter des Reichssicherheitsdienstes zum Schutz- und Begleitdienst.

Frage: Haben Sie ihn ständig auf seinen Dienstreisen zu seinem persönlichen Schutz begleitet?

Antwort: Von 1936 bis Januar 1942 nicht ständig, seit Januar 1942 als Dienststellenleiter ständiger Begleiter auf allen Fahrten und Flügen.

Frage: Wissen Sie etwas davon, ob der Angeklagte Frick im 1. Halbjahr 1944 das Konzentrationslager Dachau besichtigt hat?

Antwort: Meines Wissens hat Frick das Konzen trationslager Dachau nicht besichtigt.

Frage: Müßten Sie das wissen, wenn es der Fall gewesen wäre, und warum müßten Sie das wissen?

Antwort: Ich hätte es wissen müssen, wenn es der Fall gewesen, wäre; ich war ständig in seiner Nähe, und meine Beamten hätten mir auf jeden Fall Meldung gemacht, wenn er in meiner Abwesenheit weggefahren wäre.

Frage: Haben Sie noch das Fahrtenbuch über die von Ihnen gemachten Reisen und können Sie es vorlegen?

[182] Antwort: Seit ungefähr 1941 wurden Fahrtenbücher nicht mehr geführt. Statt dessen gingen monatlich Reiseberichte an den Reichssicherheitsdienst nach Berlin. Die bei meiner Dienststelle behaltenen Kopien wurden weisungsgemäß im April 1945 mit allen anderen Unterlagen verbrannt.

Frage: Wissen Sie, ob der Angeklagte Frick jemals das Lager Dachau besichtigt hat?

Antwort: Meines Wissens hat Frick das Lager Dachau nie besichtigt.

Moosburg, den 23. März 1946.

gez. Max Gillhuber. Gez. Leonhard N. Dunkel. Leutnant Colonel Infantrie.«

Zu dem Problem, ob überhaupt bei einem offiziellen Besuch eines Konzentrationslagers ein Besucher ein zutreffendes Bild von den wirklichen Verhältnissen erhielt, bitte ich einen Brief verlesen zu dürfen, den ich von einem katholischen Priester, Bernhard Ketzlick, vor wenigen Tagen unaufgefordert erhalten habe. Dieser Brief, den ich als Frick-Ergänzung Nummer 1 vorgelegt habe...

JUSTICE JACKSON: Herr Vorsitzender! Die Anklagebehörde erhebt hier Einspruch, weil es sich um Beweismaterial handelt, das nicht nachgeprüft werden kann. Ich habe einen Korb voll solcher Korrespondenz, die Anschuldigungen gegen diese Angeklagten enthält, und ich glaube nicht, daß der Gerichtshof sie annehmen würde. Wenn derartiges Beweismaterial zugelassen wird, so gibt es kein Ende.

Dieser Zeuge verfügt über keine der Bestätigungen, die die Wahrheit seiner Aussagen verbürgen; ich halte es daher für unzulässig, auf Briefe einzugehen, die von unbekannten Personen eingesandt wurden.


DR. PANNENBECKER: Darf ich dazu ein Wort sagen? Der Brief ist mir so spät zugegangen, daß ich nicht mehr Gelegenheit hatte, den Betreffenden zu bitten, mir eine entsprechende eidesstattliche Versicherung zu übersenden. Ich bin selbstverständlich bereit, eine solche eidesstattliche Versicherung noch nachzureichen, wenn eine solche Versicherung höheren Beweiswert haben soll.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß der Brief nicht zulässig ist. Es kann jedoch auf dem üblichen Weg ein Antrag auf Zulassung einer eidesstattlichen Versicherung oder die Vorladung des Zeugen gestellt werden.


DR. PANNENBECKER: Ja, ich würde dann später einen entsprechenden schriftlichen Antrag stellen. Das Dokument des Dokumentenbuches Nummer 38 werde ich also nicht verlesen, da es eine eigene Erklärung von Frick betrifft, und ich beziehe mich zum Schlusse nur noch auf einen Auszug aus dem Buch »Inside Europe« [183] von John Gunther, der dann als Frick-Exhibit 12 vorgelegt wird. Der Auszug ist unter Nummer 39 im Dokumentenbuch enthalten. Ich zitiere. Es handelt sich um ein Buch, das im Original in englischer Sprache erschienen ist. Ich zitiere also jetzt in englischer Sprache:

»Born in the Palatinate in 1877, Frick studied law and became a Beamter, an official. He is a bureaucrat through and through. Hitler is not intimate with him, but he respects him. He became minister of the interior because he was the only important Nazi with Civil Service training. Precise, obedient, uninspired, he turned out to be a faithful executive; he has been called the ›only honest Nazi‹.«

(»Frick wurde 1877 im Saargebiet geboren, studierte Rechtswissenschaft und wurde Beamter. Er ist durch und durch Bürokrat. Hitler ist nicht befreundet mit ihm, aber er achtet ihn. Er wurde Innenminister, weil er der einzige bedeutende Nazi war, der über eine Beamtenausbildung verfügte. Exakt, gehorsam und phantasielos, erwies er sich als ein getreues Ausführungsorgan; man nannte ihn ›den einzigen ehrlichen Nazi‹.«)

Als letztes Dokument bitte ich dann verweisen zu dürfen auf einen Auszug aus dem Buche »Bis zum bitteren Ende« von Gisevius. Ich glaube, ich brauche diese Stellen nicht im einzelnen zu verlesen, da der Zeuge selbst hier vernommen wird. Der Auszug wird Frick-Exhibit 13.

Es stehen dann noch aus zwei Antworten auf Fragebogen, und zwar an den Zeugen Messersmith und an den Zeugen Seger. Ich bitte, diese Antworten später verlesen zu dürfen, sobald die Antworten eingehen und mir vorliegen.

Ich bin dann mit dem Dokumentenvortrag zu Ende. Ich glaube, daß es wohl nicht zweckmäßig ist, mit den Zeugen zu beginnen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich jetzt vertagen.


[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 12, S. 151-185.
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