Halm

[353] Halm ist ein altes bei Franken, Bayern und Alemannen im Schwange gewesenes Rechtssymbol; er wird[353] zum Zeichen feierlicher Auflassung, Entsagung oder Kündigung mit der Hand geworfen, gereicht, gegriffen, bald von den Beteiligten, bald von dem Richter, seine Hauptanwendung findet jedoch der Halm bei Auflassung von Grundstücken durch Geschenk, Verkauf und Verpfändung, wobei die deutschen Formeln lauten: mit halm und munde, d.h. mit dem Symbol und der dazu gehörigen Rede, mit hand und halm, mit halmen. Grimm, Rechtsaltertümer, 121–130.

Der Halm wird in verschiedener Weise auch zur Bestimmung durch das Los verwendet, indem man seine Knoten oder Glieder zählt und den letzten Knoten eine bejahende oder verneinende Entscheidung fällen lässt; so bei Walther von der Vogelweide:


mich hât ein halm gemachet frô:

er giht, ich sül genâde vinden.

ich maz daz selbe kleine strô,

als ich hie vor gesach von kinden.

nû hoeret unde merket, ob siz denne tuo:

»si tuot, sie entuot, si tuot, sie entuot, si tuot.«

swie dicke ichz tete, sô was ie daz ende guot.

daz troestet mich, dâ hoeret ouch geloube zuo.


Oder es werden unter mehreren Halme von ungleicher Länge gezogen; wer den längeren zieht, hat gewonnen, mhd. gräselîn ziehen. Grimm, Wörterbuch.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 353-354.
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