Kanzel

[477] Kanzel. In der altchristlichen Basilika erhob sich rechts und links vom Sängerchore, das vom Chor her in das Langhaus hineinreichte, rittlings auf der Balustrade eine Kanzel, Ambo genannt, deren eine auf der Nordseite befindliche zum Verlesen der Evangelien, die andere gegenüber zum Vortrage aus den Episteln bestimmt war. Aus den Ambonen entwickelte sich mit den ersten Anfängen der Gotik der Lettner, lectorium, eine Querbühne zwischen Chor und Schiff, die gewöhnlich aus drei nebeneinander befindlichen Gewölbejochen bestand und vorwärts und rückwärts von reichgeschmückten Bogenstellungen getragen wurde. Auf dem Lettner selbst befand sich eine schmale Empore, auf welcher gewöhnlich ein Lesepult errichtet war, die Kanzel, deren Name aus lat. cancelli stammt, d.i. das Gitterwerk, umgitterter Raum. Während dieses Lesepult in Deutschland noch im 14. Jahrhundert zum Abhalten der Predigt benutzt wurde, trennte man in Italien zu Gunsten der predigenden Bettelmönche die Kanzel oder den Predigtstuhl schon im 13. Jahrhundert von dem Lettner und errichtete ihn zuerst in der Nähe des letzteren, dann an einem Pfeiler an der Nord- oder Südseite des Mittelschiffes als selbständige, auf Säulen ruhende Empore. Die Gotik gab der aus Stein- oder Schnitzwerk gebildeten Kanzel eine vieleckige Form, die unten von einer Säule, von einem Kragsteine, später auch von einer Menschen- oder Tiergestalt getragen wird, und über der ein pyramidalisch gekrönter Baldachin, Schalldeckel, Kanzelhaube genannt, angebracht ist. Otte, Archäologie, § 48.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 477.
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