Chthonia [1]

[724] CHTHONIA, æ, des Kalontes, zu Argos, Tochter, sah es ungern, daß ihr Vater der Ceres gar keine Ehre erwies, als sie nach Argos kam, daher denn auch die Göttinn, als sie den Kalontes, mit sammt seinem Hause und Hofe, verbrannte, dieselbe mit sich nach Hermione nahm. Hier errichtete sie darauf der Ceres einen besondern Tempel, welcher von ihr den Beynamen der chthonischen Ceres bekam; auch wurde das Fest, welches der Ceres gefeyert wurde, selbst Chthoma genannt. Man seperte es aber alle Jahre, und führeten den Aufzug dabey die Priester, auf welche die Obrigkeitspersonen kamen; diesen folgeten Männer und Weiber, und so gar die Kinder, welche weiß gekleidet giengen, und auf den Köpfen Kränze von Komosandalblumen trugen. Den Haufen beschlossen die, welche eine Anzahl muthiger Opferrinder führeten. Von diesen wurde eins mit in den Tempel gebracht; und, nachdem die Thüren desselben verschlossen worden, so macheten selbiges vier alte Weiber mit Sensen oder Sicheln nieder. So bald solches geschehen war, so wurde ein neues in den Tempel gebracht, und eben auf vorige Art hingerichtet; da denn allemal eine der alten Weiber dem Thiere den Hals vollends abschnitt. Hierbey soll sich denn dieses Sonderbare eräuget. haben, daß, auf welche Seite der erste Ochse gefallen, auf die sich auch die übrigen insgesammt geleget. Das eigentliche Bild der Göttinn durfte niemand, als [724] nur obbesagte vier alte Weiber, zu sehen bekommen. Pausan. Corinth. c. 35. p. 151. Einige melden hierbey, es habe sich auch der wildeste Ochs von einer einigen alten Frau willigst vor den Altar schleppen und daselbst abschlachten lassen, da sonst zehen der stärksten Männer nicht vermögend gewesen, ihn zu bezwingen. Aristocles ap. Gyrald. Synt. XIV. p. 427.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 724-725.
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