Cloacina

[747] CLOACINA, æ, eine besondere Göttinn der Römer, welche den Namen von Cloaca hat, und bey ihnen den Cloaken vorstund. Turneb. Advers, L. VII. c. 20. Sie hatte ihren besondern Tempel in dem so genannten Comitio auf dem Markte. Ursin. ap. Patin. famil. num Pomp. p. 183. Er entstund auf folgende Art. Als man dereinst eine weibliche Statüe in der größten Cloak fand, [747] und nicht wußte, was dieselbe für eine sey, so heiligte sie Tatius, der Sabiner König; und, weil sie an besagtem Orte gefunden worden, so gab man ihr den Namen Cloacina. Lactant. Instit. lib. I. c. 20. §. 11. Cypr. de Idol. Van. c. 2. §. 6 & Minut. Felix Octavian. c. 25. §. 8. Man hat solchen auf einigen Münzen der mussidischen Familie zu finden geglaubet, wo man unter einem Gitterwerke, welches das Comitium vorstellen soll, und fast wie ein Schiffsschnabel aussieht, auf welchem oder hinter welchem man zwey Leute sieht, Cloac. oder Cloacin. liest. Ursin. l. c. Dieß soll anzeigen, daß solches Geschlecht seinen Ursprung von den Sabinern und Römern habe, oder auch auf die zwischen Cäsarn und dem Volke getheilten Comitia gehen. Morelli Thes. T. I. p. 290. Doch will man sie lieber so auslegen, daß jeder Buchstab ein Wort bedeute und so viel heiße, als Cymbam Lubentes Obtulerunt Augusto Cæsari Imperatori Narbonenses, Harduin ad Plin. H. N. T. I. p. 753. welches aber den Münzkennern nicht recht ansteht. Weil man nun auch eine Venus cluacina in Rom fand, Plin. H. N. L. XV. c. 29. so hielt man diesen Beynamen mit jenem für einerley und bloß für eine Verderbung desselben. Not. ad August. de Civ. D. L. IV. c. 8. Allein, wie man das Histörchen von Findung in der Cloak für eine Fabel, und den Namen solcher Göttinn von daher für einen Spott der Kirchenväter hält: Voss. Etymol. in Clueo, s. p. 167. so leiten andere vielmehr den Namen solcher Göttinn von clueo her, welches bey den Alten so viel, als ich reinige, heißt. Sie schrieben daher solchen Namen nicht Cloacina, sondern Cluacina. Plin. l. c. Einige wollen deswegen lieber einen Unterschied unter beyden, und daher zwo besondere Göttinnen aus ihnen machen; Gyrald. Synt. I. p. 55. Ursin. l. c. p. 184. allein ohne genugsamen Grund. Voss. Etymol. l. c. & Nardin. L. V. c. 7. Jedoch soll Cloacina ihren Tempel in der fünften, und Venus Cluacina den ihrigen in der achten Region der Stadt gehabt [748] haben: und diese mit der gewaffneten Venus einerley seyn welches aber ohne Beweis ist Drakenborch ad Liv. L. III. c. 48. p. 740.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 747-749.
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