13. Grüner Donnerstag.

[106] Ist der Donnerstag in der Char- oder Marterwoche. Er soll, wie einige wollen, darum der grüne Donnerstag heißen, weil Christus in seinem Leiden immer standhaft und munter geblieben, und gleichsam wie ein Baum gegrünet habe. Nach andern soll er daher seinen Namen haben, weil an diesem Tage der Baum des Lebens durch die Einsetzung des heiligen Abendmahls hervorgesproßt sey, und Blüten und Früchte bringe. Noch andre glauben, er heiße deswegen der grüne Donnerstag, weil das Leiden Christi immer in unserm Gedächtnisse grünen und blühen soll. Wer sich davon überzeugen kann, der mag es thun.

[106] Er scheint wol darum der grüne Donnerstag zu heißen, weil die ersten Christen anfänglich, ehe Ostern das Gedächtnißfest der Auferstehung Jesu wurde, an diesem Tage das Osterlamm mit den Juden aßen, bei welchem jedesmal eine Schüssel mit grünen Frühlingskräutern aufgetragen wurde. Nachdem sie aufhörten, das Osterlamm zu essen, und Ostern das Auferstehungsfest wurde: behielten sie doch den Gebrauch bei, an diesem Tage grüne Frühlingskräuter zu genießen. Der Gebrauch, der noch jetzt unter den Christen üblich ist, am grünen Donnerstage junge Sprossen zu essen, scheint das zu bestätigen. Doch wollen einige behaupten, daß diese Gewohnheit von der Unwissenheit der wahren Abstammung des Worts herkomme.

Die Meinung derjenigen, welche diese Benennung daher leiten, weil an diesem Tage der Gottesdienst mit den Worten aus Psalm 23, 2. »er weidet mich auf einer grünen Aue etc.;« sey angefangen worden, hat auch viele Wahrscheinlichkeit.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 106-107.
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