Ostereyer.

[115] Es ist bei uns der Gebrauch, zu Ostern Eyer roth oder mit allerlei Figuren zu bemalen, und sie den Kindern zu schenken. Auch pflegt man den Kindern oder andern Personen Geschenke zum schönen Ey, wie man zu sagen pflegt, zu machen, welches wol so viel heißen soll, daß man diese Geschenke gebe, damit sich die, die sie bekommen, dafür ein schönes Ey kaufen sollen. Die Russen pflegten sich sonst auch einander schön gemalte [115] Eyer zu schenken, wovon einige den Werth von 100 Thalern und drüber hatten. Den Ursprung dieses Gebrauchs wollen einige von den sogenannten Eyerspielen der Römer ableiten, welche diese um die Osterzeit hielten, und an welchen sie in einem eyrunden Kreise nach Eyern um die Wette liefen. Diese Spiele wurden zur Ehre des Castor und Pollux gehalten, von welchen die Fabel erzählt, daß sie aus einem Ey welches die Leda, vom Jupiter in der Gestalt eines Schwans geschwängert, gelegt habe, geboren worden wären. Andre glauben, daß die Ostereyer daher kämen, weil um diese Zeit die Geistlichen allerlei Gaben und Geschenke erhalten hätten, wovon die mehresten Eyer gewesen wären, da der Landmann dergleichen um diese Zeit häufig gehabt habe. Die Mönche hätten einige dieser Eyer gefärbt, sie mit Figuren bemalt, und sie den Kindern geschenkt, so wie sie jetzt dieselben mit allerlei Bildern zu beschenken pflegen. Es scheint die erstere Meinung die wahrscheinlichste zu seyn.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 115-116.
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