3. Bei den Persern.

[167] Die Perser schließen ihre Heirath selten auf Lebenszeit, sondern meistens nur auf gewisse Jahre, und erneuern alsdann den Kontrakt bei der Verfallzeit, wenn sie bisher zufrieden gewesen sind.

Alle Kinder eines Vaters haben gleiches Recht an der Erbschaft, die Mutter mag Ehefrau oder Kebsweib gewesen seyn; der Unterschied zwischen [167] ehelich und unehelich erzeugten Kindern ist in Persien unbekannt.

Die öffentlichen Weibspersonen sind so häufig, daß sie in Ispahan ihr besondres Quartier haben, und sie die Polizei in besondre Register einschreibt. Ihr Name zeigt den Preis, wie hoch sie die Gefälligkeit schätzen: eine heißt die 12 Canans, die andre die 20 Canans, (so viel als 40 Louisd'or). Ihr Name ändert sich mit dem Verlust ihrer Reize, und die 20 Canans erhält zuletzt den Namen der kleinsten Münze, wenn sich kein Liebhaber zu so hohem Preise verstehen will. Den Tänzerinnen ist gleichwol verboten, ihre Gunst unter 2 Canans zu verkaufen, denn wenn auch dieser Preis noch zu hoch ist, so erhalten sie von der Gesellschaft ihren Abschied. Alle Städte in Persien sind von solchen Nymphen voll: sie gehen in die Karavanserais, in die entlegensten Basards, in die Höfe der Moscheen, und schleichen sich zuweilen bis in die Zellen der Mollas. Ispahan allein registrirt über jährliche 12000 Mädchen.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 167-168.
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