Verschwendungen aus vorigen Zeiten.

[339] Raimund, Graf von Toulouse, hielt zu Ende des 12ten Jahrhunderts einen feierlichen Hof, um den König von Arragonien und den Herzog von Narbonne mit einander auszusöhnen. Bei dieser feierlichen Versammlung suchte jeder der vornehmen Anwesenden den andern an Pracht, Freigebigkeit, oder eigentlicher an Verschwendung, zu übertreffen. Der Graf von Toulouse theilte eine für dies Zeitalter ungeheure Summe Geldes unter die Ritter und Knappen aus; aber von seinen Gästen thaten sich folgende auf eine recht ausschweifende Art hervor. Bertrand Ramband ließ ein ganzes Feld nahe am Schloß umpflügen, und darin an Deniars und andern kleinen Münzsorten für 30000 Unzen Silbers an Werth aussäen. Wilhelm le Gros de Martel ließ in der Küche alle Speisen für die ganze Gesellschaft, die aus einigen tausend Personen bestand, bei weißen Wachslichtern bereiten. Endlich verbrannte Raimund de Venois, der eine Reichthümer auf keine schicklichere Art zeigen [340] konnte, dreißig von seinen besten Pferden, vor den Augen der ganzen Versammlung.

Die neuern Zeiten sind zwar nicht so reich an ähnlichen Ausschweifungen, aber zuweilen finden sich doch in deren Geschichte Beispiele, die ein gleicher ritterlicher Taumel belebte. Am Ende des 14ten Jahrhunderts verbrannte Colin Campbell in Schottland, mit dem Zunamen des Wunderbaren, seine eigne Wohnung, bei dem Besuche eines irländischen Lords, damit dieser bei der Rettung seiner Güter seine Schätze und kostbaren Equipagen zu sehen bekomme. James Hay, Graf von Carlisle, und Abgesandter des Königs von England Jakob's I. in Frankreich, zeigte fast auf gleiche Art, bei seinem Einzuge in Paris, seines Herrn Reichthum. Er und sein Gefolge waren überaus reich und prächtig gekleidet, doch zeichnete sich sein Reitpferd vorzüglich aus. Der Hufbeschlag desselben war von Silber, aber so los befestigt, daß bei jeder Courbette ein oder zwei Stücke davon unter das versammelte Volk flogen, und hinter demselben folgte [341] ein Hufschmidt, mit einem ganzen Sack voll von gleichem Metall, das dem Pferde in aller Geschwindigkeit wieder aufgelegt wurde.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 339-342.
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