Das Sozialistengesetz

Um diese Zeit brütete Bismarck über großen Plänen. Es schien ihm nun die Zeit gekommen, die neue Macht, die er mit der Gründung des Reiches erlangt, zugunsten der langsam verkrachenden Junkerkaste auszunutzen, nachdem sich die Bourgeoisie am »Milliardensegen« bereichert hatte. Er wollte eine neue Handels- und Wirtschaftspolitik mit hohen Schutzzöllen für Industrie und Landwirtschaft und mit Liebesgaben für die ländlichen Grundbesitzer einleiten. Aber die Wahlen von 1877 hatten noch keine schutzzöllnerische Mehrheit im Reichstage gebracht.1 Durch eine verschärfte Strafgesetzgebung wollte Bismarck der mächtig anwachsenden Sozialdemokratie zu Leibe gehen und damit freiere Bahn für die Ausführung seiner reaktionären Pläne schaffen.

Aber der Reichstag hatte alle von Bismarck beantragten Verschärfungen der §§ 130 und 131 des Strafgesetzbuches abgelehnt.

Nun legte sich Bismark auf die Lauer und wartete auf eine Gelegenheit. Sie sollte bald kommen. Einstweilen hatte er die Genugtuung, daß die unter die Führung Eugen Richters geratene Fortschrittspartei am Strang der Reaktion ziehen half und den Kampf gegen die Sozialdemokratie zum Hauptgegenstand ihrer Tätigkeit machte. Bei der Stichwahl zwischen dem Sozialdemokraten Otto Kapell und dem Konservativen Lucius in Erfurt hatte die Fortschrittspartei zu entscheiden und Eugen Richter gab die Parole aus, für den Konservativen zu stimmen.

Für den Reichstag schien sonach nichts Außerordentliches in Sicht. Ich unternahm in der Zwischenzeit eine Reise nach Freiburg im Breisgau, wo meine Mutter ein großes Pensionat errichtet hatte. Bei dieser Gelegenheit hielt ich Versammlungen ab in Mainz, Mannheim und Lörrach. In jener Zeit waren solche Versammlungen ein kleines Ereignis und immer äußerst zahlreich besucht. In Lörrach waren die damals noch zahlreich vorhandenen Anhänger Struves erschienen, die sehr feierlich als ehrsame Bürger im Bratenrock auftraten. Nach der Versammlung zogen sich die »Struveaner« in ein Nebenzimmer zurück. Ich blieb natürlich bei den Parteigenossen im Saal. Nach einer Weile kam die Botschaft, ich möchte doch auch »zu den besseren Klassen« kommen. Ich hätte mich allerdings gerne mit den »Struveanern« über den Septemberputsch von 1848, der in der Hauptsache in Lörrach spielte, unterhalten; nun aber ließ ich ihnen sagen, ich sei bei den Arbeitern, die mich eingeladen hätten, und[237] wenn die »besseren Klassen« sich mit mir unterhalten wollten, so müßten sie schon in den Saal kommen. Sie kamen nicht.

Ich erwähne diesen unbedeutenden Vorfall nur, um zu zeigen, wie auch die radikalen Achtundvierziger gegenüber der neuen sozialen Bewegung ihre Klassenvorurteile nicht zügeln konnten.

Zugleich hielt ich in Greiz und anderen Orten meines Wahlkreises Versammlungen ab, in denen ich über die Verhandlungen des Reichstages Bericht erstattete. Solche Berichterstattungen hatten damals eine größere Bedeutung als heute, da unsere kleinen und wenig verbreiteten Parteiblätter nur wenig informieren konnten. Ein großes Siegesfest hatten die Parteigenossen schon im Frühjahr gefeiert, wobei uns die unterlegenen Nationalliberalen in ihren Blättern mit einem Hagel von Beschimpfungen überschütteten. Wir amüsierten uns sehr an der Wut der Besiegten, die übrigens bei einem Bauer aus der Umgegend von Greiz den Höhepunkt erreichte. Dieser brachte in einem Laden zu Greiz das Gespräch auf die Wahl, was ihm Veranlassung zu einer fürchterlichen Drohung gab. Er sagte: »Nu hebbet se ehren Blos dorch kregen, bi usch hatt he ok 'n paar Stimmen kregen, aber wi kennt se (die sozialdemokratischen Wähler); wenn ehre Kau mal weer osch is, kinnt se ok henn gahn na ehren Blos; use Bulle springt nich wedder bi ehre Käue.« –

Man kann sich denken, wie ich mit diesem neuen Beruf von meinen Freunden gefoppt wurde.

In der Zwischenzeit nahm ich meine redaktionelle Tätigkeit am »Hamburg-Altonaer Volksblatt« wieder auf, das nun gegen 20000 Abonnenten zählte.

Plötzlich war der russisch-türkische Krieg ausgebrochen, im April 1877. Damals bedeutete dies noch nicht, daß ein europäischer Krieg vor der Tür stand, wie in unseren Tagen. Der deutsche Spießbürger konnte noch genau nach Goethe gemütlich zusehen, wie »hinten weit in der Türkei die Völker aufeinander schlugen«. Die Sensationspresse war glücklich, daß ihr der Stoff nicht ausging, und Friedrich Stoltze spottete darüber in den famosen Versen:


»Gott erhalte uns den Türken nur noch eine kurze Frist,

Bis die Zeit der sauren Gürken glücklich überstanden ist,

Bis im Sommer alter Weiber unser Reichstag wieder schwätzt

Und dem armen Zeitungsschreiber doppelt die Türkei ersetzt.«


Wir bedauerten sehr die Niederlage der Türkei und Liebknecht schrieb seine Broschüre: »Soll Europa kosackisch werden?«, die zwar vielfach in der Partei angefochten wurde, die aber doch das Verdienst hatte, daß sie auf die seit der Annektion von Elsaß- Lothringen riesenhaft emporwachsende russische Gefahr aufmerksam machte.

Im Februar 1878 trat der Reichstag wieder zusammen.

Hinter den Kulissen hatte sich in der Zwischenzeit allerlei abgespielt. Bismarck brauchte einige hundert Millionen neuer Einnahmen für das[238] Reich; er bot den Nationalliberalen einen oder zwei Ministerposten an; dafür sollten sie das Tabaksmonopol sowie verschiedene Finanzzölle bewilligen. Das wollten sie nicht und sie wußten auch, daß sie in einem Ministerium, an dessen Spitze Bismarck stand, doch nichts zu sagen hätten. Bismarck zog sich verstimmt nach Friedrichsruh zurück und wartete dort auf einen Anlaß, den Reichstag aufzulösen.2

In dieser Zeit der Spannung wurden die herrschenden Klassen erschreckt durch zwei gewaltige Demonstrationen der Berliner Sozialdemokratie. August Heinsch, der Leiter der Parteidruckerei in Berlin, war gestorben, einer jener tatkräftigen Parteigenossen, die in stiller und zäher Organisationsarbeit dem Parteikörper seine unverwüstliche Lebenskraft einflößen. Die Berliner Arbeiter bereiteten ihm ein stolzes Leichenbegängnis; Hunderttausende waren auf den Beinen, um im Zuge zu gehen oder Spalier zu bilden. Bürgerliche Blätter schrieben:

»Wer spricht noch von Arbeiterbataillonen angesichts dieses Aufgebots? Das sind Regimenter, Brigaden, Divisionen, ja mehr: das sind ganze Armeekorps.«

Dies war am 10. März 1878. Am 28. April folgte eine zweite gewaltige Demonstration, bei der nicht weniger Arbeiter mitwirkten: Paul Dentler, Redakteur der sozialdemokratischen »Berliner Freien Presse«, der sie auch verantwortlich zeichnete, war gestorben. Hochgradig schwindsüchtig blieb er in Untersuchungshaft, obschon der Gefängnisarzt für seine Freilassung war. Ich denke mit Rührung an die Stunden, die ich noch kurz vor dem Tode dieses tapferen jungen Kämpfers mit ihm verbringen konnte. Fritzsche und ich gingen zur Gerichtsverhandlung gegen Dentler, die geheim war, da es sich um Majestätsbeleidigung handelte. Nachdem wir uns als Abgeordnete legitimiert, wurden wir zur Verhandlung zugelassen. Dentler, ursprünglich Kaufmann, eine schlanke Gestalt, stand hochaufgerichtet vor den Richtern. Die Nähe des Todes stand auf seinem bleichen Antlitz geschrieben, aber er verteidigte sich mit hohem Stolze und mit dem heiligen Feuer unerschütterlicher Überzeugung. Nachdem die Verurteilung zu einer hohen Gefängnisstrafe ausgesprochen, gestatteten uns die Richter, noch einige Stunden mit Dentler im Gefängnis zu verbringen. Die Gefängnisverwaltung wies uns ein anständiges Zimmer an und hier erschien auch Frau Schramm, die Gattin des später aus Berlin ausgewiesenen Versicherungsinspektors C. A. Schramm, der sich als sozialdemokratischer Schriftsteller resp. Sozialökonom einen Namen gemacht hatte. Sie richtete ein einfaches Mahl her, wir beschafften etwas Wein und unser junger, dem Tode geweihter Freund sprach mit glänzendem Auge[239] und mit zitternder Stimme von dem Glück, das ihm beschieden sei, mitten im Kampfe für unsere Sache zu sterben. Wir konnten uns der Tränen kaum enthalten, aber er war bis zum Abschied fröhlich und wohlgemut. »Die Guten sterben jung,« dachte ich mit dem Dichter, als wir erschüttert schieden. Wenige Tage darauf starb Paul Dentler.

Die beiden großen Demonstrationen hatten in einflußreichen Kreisen den Wunsch gezeitigt, das Vereins- und Versammlungsrecht und die Preßfreiheit – soweit diese Volksrechte überhaupt noch bestanden, zu unterdrücken. Man wußte nur noch nicht recht, wie die Sache andrehen. Der Zufall kam zu Hilfe.

Der Zufall wird oft zum Tyrannen, der mit unbegrenzter Willkür in die Geschehnisse eingreift. So auch damals.

Es war am 11. Mai 1878, als der ehemalige Klempnergeselle Hödel Unter den Linden zu Berlin mehrere Revolverschüsse auf den im offenen Wagen dahinfahrenden alten Kaiser Wilhelm abfeuerte.

Dieser Hödel war Idiot, schlechter Kerl und verkommenes Subjekt aus einem Guß. In Leipzig versuchte er zwar, sich trotz alledem in die sozialdemokratische Partei einzudrängen. Er wurde aber alsbald ausgeschlossen, machte dann den Nationalliberalen gegen bares Geld läppische »Enthüllungen« über die Sozialdemokratie, spielte dann den Anarchisten und ging schließlich nach Berlin, wo er in die »christlich-soziale Arbeiterpartei« eintrat, deren Führer bekanntlich Herr Stöcker war. Er war noch Mitglied dieser Partei, als er sein Attentat beging, und hatte kurz zuvor deren Flugblätter verbreitet. Daß dieser Mensch ein Idiot war, wäre auch wissenschaftlich erwiesen worden, wenn man nach der Hinrichtung seinen Kopf an Virchow zur Untersuchung abgegeben hätte, wie dieser verlangte. Aber das geschah nicht – aus guten Gründen.

Der bei dem Attentat benutzte Revolver war von der schlechtesten Sorte, beinahe untauglich. Sicherlich hatte der aufs äußerste heruntergekommene Hödel mit den Schüssen nur versucht. Aufsehen zu machen und sich dadurch irgendeine Versorgung zu verschaffen. Viele glaubten nicht an ein Attentat; auch der alte Kaiser glaubte erst nicht daran.

Aber der in Friedrichsruh lauernde »Herkules des Jahrhunderts« sah nunmehr seinen Moment gekommen. Kaum hatte er von dem Attentat erfahren, so telegraphierte er, ohne nur nähere Informationen abzuwarten, nach Berlin: »Maßregeln gegen die Sozialdemokratie.« Daraufhin wurde in der bürgerlichen Presse – mit wenigen, um so ehrenwerteren Ausnahmen – ein fürchterliches Geschrei über das Attentat erhoben und ein welterschütterndes Ereignis daraus gemacht. »Patrioten« zogen sogar in Masse vor das Schloß des Kaisers und sangen: »Nun danket alle Gott!« Der alte Kaiser ward nun selbst überzeugt, daß er einer großen Gefahr entgangen sei.

Natürlich wurde sogleich die Sozialdemokratie der »moralischen Urheberschaft« an dem sogenannten Attentat beschuldigt. Wir verteidigten uns nur mit spöttischen Bemerkungen gegen diese Albernheiten, die so[240] weit gingen, daß allen Ernstes behauptet wurde, die Zugehörigkeit Hödels zur Sozialdemokratie sei schon dadurch bewiesen, daß er einen »Sozialistenhut« getragen habe.

Aber bald wurde aus der Sache Ernst. Denn Bismarck ließ den Bundesrat schleunigst ein »Gesetz zur Abwehr sozialdemokratischer Ausschreitungen« beschließen, das aus sechs Paragraphen bestand und dessen Urheber Lothar Bucher gewesen sein soll. Wenn das zutrifft, so hat Lothar Bucher jedenfalls in einem Rückfall in seine früheren radikal-sozialistischen Anschauungen das Gesetz so gestaltet, daß beim Reichstage seine Annahme sehr fraglich sein mußte. Der ganze Wechselbalg war wie mit der Holzaxt zugehauen. Die Preß-und Vereinsfreiheit war für die Sozialdemokratie völlig aufgehoben; der Bundesrat sollte alle sozialistischen Vereine und Druckschriften verbieten, der Reichstag die Verbote eventuell aufheben können. Das Gesetz sollte drei Jahre dauern.

Schon der Bundesrat hatte sich gegen dies Machwerk gesträubt. Die Verhandlung im Reichstag wurde auf den 23. und 24. Mai angesetzt. Von den Nationalliberalen verlautete, sie wollten das Gesetz ablehnen, doch war Sicheres nicht zu erfahren, da sie erst am Abend des 22. Mai die entscheidende Fraktionssitzung abhielten. Unsere Fraktion sollte noch am 23. Mai vormittags zusammenkommen, um einen definitiven Beschluß über ihr Verhalten zu fassen.

Am Abend vor der Verhandlung befand ich mich mit einigen Freunden in einer Wirtschaft in der Mauerstraße. Im Nebenzimmer traf ich den nationalliberalen Abgeordneten für Konstanz, Franz Xaver Heilig. Dieser war ein naher Verwandter des 1849 in Rastatt standrechtlich erschossenen Majors Heilig, der in der Festung die revolutionäre Artillerie befehligt hatte. Der Abgeordnete Heilig hatte die Revolution auch einigermaßen mitgemacht, hatte sich dann aber »gebessert« und unterworfen. Jetzt war er Bürgermeister in Pfullendorf, wo mein Stiefvater so lange Oberförster gewesen war. In dem Familienstreit hielt Heilig zu mir. Vielleicht war es auch ein Rückfall in seine revolutionäre Vergangenheit, als er mich auf die Seite rief und sagte, er wolle mir den Beschluß der nationalliberalen Fraktion mitteilen, damit wir uns darnach richten könnten; nur dürften wir nicht verraten, daß er es getan. Er sagte mir dann, daß die nationalliberale Fraktion mit überwältigender Mehrheit beschlossen habe, das Gesetz abzulehnen; Bennigsen werde die Ablehnung begründen. Zugleich gab er uns den Rat, uns mit einer Erklärung zu begnügen, denn wenn die Debatten sich lange hinzögen, könnten leicht »Umfälle« erfolgen.

Diese Erklärungen Heiligs trug ich am anderen Morgen in der Fraktionssitzung vor, wo man über die Haltung der Nationalliberalen noch nichts Bestimmtes wußte. Man war schon vorher geneigt gewesen, nur eine kurze, aber um so schärfere Erklärung abzugeben. Dies wurde nun auf meine Mitteilungen hin definitiv beschlossen. Liebknecht entwarf die Erklärung und wir billigten den Entwurf. Die Erklärung lautete:
[241]

Erklärung der sozialdemokratischen Reichstags-Abgeordneten.


Der Versuch, die Tat eines Wahnwitzigen, noch ehe die gerichtliche Untersuchung geschossen ist, zur Ausführung eines lang vorbereiteten Reaktionsstreichs zu benutzen und die »moralische Urheberschaft« des noch unerwiesenen Mordattentats auf den deutschen Kaiser einer Partei aufzuwälzen, welche den Mord in jeder Form verurteilt und die wirtschaftliche und politische Entwicklung als von dem Willen einzelner Personen ganz unabhängig auffaßt, richtet sich selbst so vollständig in den Augen jedes vorurteilslosen Menschen, daß wir, uns zu der Erklärung gedrungen fühlen:

Wir erachten es mit unserer Würde nicht vereinbar, an der Diskussion des dem Reichstage heute vorliegenden Ausnahmegesetztes teilzunehmen, und werden uns durch keinerli Provokationen, von welcher Seite sie auch kommen mögen, in diesem Entschluß erschüttern lassen. Wohl aber werden wir uns an der Abstimmung beteiligen, weil wir es für unsere Pflicht halten, zur Verhütung eines beispiellosen Attentats auf die Volksfreiheit das Unsrige beizutragen, indem wir unsere Stimmen in die Wagschale werfen.

Falle die Entscheidung aus, wie sie wolle – die deutsche Sozialdemokratie, an Kampf und Verfolgungen gewöhnt, blickt weiteren Kämpfen und Verfolgungen mit jener zuversichtlichen Ruhe entgegen, die das Bewußtsein einer guten und unbesiegbaren Sache verleiht.3

Berlin, 23. Mai 1878.

Auer. Blos. Bracke. Demmler. Fritzsche. Hasenclever. Kapell. Liebknecht. Most. Motteler. Rittinghausen


Die Rede Bennigsens gegen das Ausnahmegesetz war in ihrer Art glänzend und zeigte mehr Kenntnis und Verständnis der sozialen Probleme unserer Zeit als wir erwartet hatten. Aber indem er sich gegen Ausnahmegesetze wandte, betonte er, daß die großen Berliner Demonstrationen auf Lücken in der Strafgesetzgebung aufmerksam gemacht hätten, und diese auszufüllen erklärte er sich bereit. Drei oder vier Monate später war er bekehrt und verließ auch den Boden des gemeinen Rechts, um für das niederträchtigste aller Ausnahmegesetze einzutreten. Am besten sprach gegen das Gesetz der Zentrumsmann Jörg; Eugen Richter sprach auch dagegen, aber seine Rede war eben so seicht wie gehässig gegen uns. Moltke sprach auch schwach; er redete von »Barrikadenprofessoren«.[242] Unsere Erklärung machte einen tiefen Eindruck; sie wurde von Liebknecht verlesen. Schließlich wurde das Gesetz mit 243 gegen 60 Stimmen abgelehnt, außer den Konservativen stimmten nur die drei nationalliberalen Professoren Beseler, Gneist und Treitschke für das Gesetz. Darüber durfte man sich bei drei »wissenschaftlichen Leibhusaren« wahrlich nicht wundern.

Nach der Abstimmung trat der Abgeordnete Heilig an mich heran, nahm mich auf die Seite und sagte in etwas väterlichem Tone:

»Herr Blos, Sie haben aus der Rede unseres Bennigsen gehört; daß die Aktion gegen Ihre Partei mit der Ablehnung dieses Gesetzes nicht zu Ende ist. Es wird der Sozialdemokratie an den Kragen gehen. Ich rate Ihnen, sich von dieser Partei abzuwenden, so lange es noch Zeit ist.«

»Oho!« sagte ich.

»Zwei Freunde von mir und ich, die wir uns für Sie als Landsmann interessieren« – er nannte zwei badische Abgeordnete – »werden dafür sorgen, daß Sie unterkommen,« fügte er hinzu.

»Wo denken Sie hin?« antwortete ich.

»Nun«, meinte er. »Sie wissen noch nicht, was eine Reaktionszeit bedeutet. Ich habe auch eine solche mitgemacht und habe meinen Frieden mit den herrschenden Gewalten geschlossen. Ich meine es gut mit Ihnen!«

»Das glaube ich ohne weiteres«, sagte ich. »Aber mein Ehrgefühl und meine sozialistische Überzeugung verbieten mir, das Banner, zu dem ich gelobt, zu verlassen, weil Gefahren drohen.«

»Dann«, sagte er ernst, »wünsche ich Ihnen, daß Sie so gut als möglich davon kommen.«

»Ich danke Ihnen, Herr Bürgermeister«, erwiderte ich; er schüttelte mir die Hand und ging ernst von dannen. Er meinte es wirklich gut.

Aber ich


»Beugte mich vor der siegenden Macht

Weder auf Drohen noch Bitten«,


denn nationalliberal veranlagt war ich eben nicht.

Die Reichstagssession war zu Ende. Bevor ich abreiste, kamen Liebknecht und ich noch mit einigen Demokraten zusammen, die man als spezielle Anhänger von Johann Jacoby als »Jacobyten« bezeichnete. Unter ihnen befanden sich der geistvolle Journalist Guido Weiß, ein Typ des achtundvierziger Demokraten mit langem weißen Bart, sowie Paul Singer, der damals noch nicht direkt zur Partei gehörte.

»Attentate wirken oft ansteckend«, sagte Guido Weiß; »ich bin gespannt, ob da nicht etwas nachkommt. Man hat die Empfindung, als liege etwas Unheimliches in der Luft.«

Diese Empfindung hatten wir merkwürdigerweise alle.

Sie kam daher; daß jedermann wußte, daß Bismarck auf eine bessere Gelegenheit lauerte. Und sie kam.[243]

Acht Tage nachher, Sonntag den 2. Juni, befand ich mich mit Geib und einigen anderen Parteigenossen auf einem Spaziergang bei Wandsbeck. Als wir in das Städtchen kamen, bemerkten wir eine gewisse Aufregung.

»Gewiß wieder ein Attentat!« sagte Geib. »Sie rufen schon das Extrablatt aus!«

In der Tat – wir erwischten endlich ein Extrablatt und lasen, daß ein Dr. Nobiling in Berlin unter den Linden auf den alten Kaiser Wilhelm geschossen und ihn schwer verwundet habe. Der Attentäter, hieß es, habe sich rächen wollen, weil er eine Stellung im landwirtschaftlichen Ministerium, um die er sich beworben, nicht erhalten habe.

Uns fiel ein Stein vom Herzen. »Gottlob«, sagten wir, »mit dem Mann haben wir nichts zu tun; den kann man uns nicht an die Rockschöße hängen!«

Wie wenig kannten wir Bismarck und seine demagogischen Künste!

Um dieselbe Zeit erhielt Bismarck in Friedrichsruh die Nachricht von dem Attentat und rief in Gegenwart eines höheren, zum Besuch anwesenden Beamten aus: »Jetzt habe ich die Kerle!« Und als der Besuch verwundert dreinschaute, fügte Bismarck hinzu: »Ich meine die Nationalliberalen4

Der Plan, den Bismarck sofort faßte, bestand also darin, den Reichstag aufzulösen, durch eine reaktionäre Hetze bei den Neuwahlen eine schutzzöllnerische Mehrheit zustande zu bringen und zugleich durch ein Ausnahmegesetz die verhaßte Sozialdemokratie, von der der zäheste Widerstand gegen einen schutzzöllnerischen Beutezug zu erwarten war, niederzuwerfen.

Der erste Teil dieses Planes gelang, der zweite aber nicht.

Der Attentäter Dr. Nobiling, der sich gleich nach dem Attentat in selbstmörderischer Absicht durch einen Pistolenschuß schwer verwundet hatte, war ein Nationalliberaler, der überspannt, gekränkt und von Syphilis verseucht, wie der andere Attentäter Hödel auch, am Leben verzweifelte und mit einer »großen Tat« aus dem Leben scheiden wollte. Er war in sozialdemokratischen Versammlungen erschienen und hatte dort unsere Redner vom nationalliberalen Standpunkt aus bekämpft.5

Das Attentat rief eine furchtbare Aufregung hervor. Sie wurde bis zur Fieberhitze gesteigert durch eine Depesche des Wolffschen Bureaus, wo es hieß, Nobiling habe angegeben, Sozialdemokrat zu sein und Mitschuldige[244] zu haben. Damit war das Signal zu einer Hetze sondergleichen gegen die Sozialdemokratie gegeben. Die Äußerungen Nobilings waren zwar vollständig erfunden, aber die bürgerliche Presse nahm daraus Anlaß, die Partei mit einer Hochflut der unglaublichsten Lügen und Verleumdungen zu überschütten. Die gewöhnlichen Lügen und Verleumdungen, die man gegen uns in Umlauf zu bringen pflegte, genügten längst nicht mehr; daß wir den Staat mit Gewalt umstürzen, »Republik machen«, plündern und »teilen«, Ehe und Familie abschaffen wollten, daß wir alles dies propagierten, um uns als Agitatoren »mit Arbeitergroschen mästen« zu können – das war noch das Wenigste. Man forderte offen zur Lynchjustiz gegen uns auf, wie, um nur ein Beispiel anzuführen, ein Professor in Lüneburg, der in einem dortigen Blatte einen Aufruf erließ mit der Aufforderung: »Haut mit geballter Faust das beutegierige sozialdemokratische Gesindel ins Gesicht!« – Nicht nur taten die Spießbürger, als wären ihre Töchter vor uns auf der Straße nicht sicher – jetzt waren wir Kaisermörder und die elenden Hetzhunde in den Reptilienblättern rechneten unsere »Mitschuld« aufs Tüpfelchen aus. Und mit dieser ungeheuerlichen Lüge begründete man die Notwendigkeit eines Ausnahmegesetzes.

Zahllose Haussuchungen und Verhaftungen waren die Folge der in den Blättern erhobenen Denunziationen. Die sozialdemokratischen Versammlungen wurden unter den nichtigsten Vorwänden aufgelöst, die Blätter gleicherweise konfisziert. Nun zeigte sich erst die niedrige Gesinnung des Spießbürgerpacks in zahllosen Denunziationen, die bei der Polizei einliefen. Die Wände hatten Ohren. In einem Monat wurden über 500 Jahre Gefängnis wegen Majestätsbeleidigung verhängt. Es kam häufig vor, daß in den Wirtschaften Gäste, die man als Sozialdemokraten erkannte, unter dem Bravogebrüll der anwesenden Spießbürger ausgetrieben wurden.

In diesen Tagen stand täglich an der Spitze des »Vorwärts« in fetter Schrift zu lesen:


»Laßt euch nicht provozieren! Man will schießen!«


Wir in Hamburg verspürten von diesem »weißen Schrecken« weniger, als die Parteigenossen anderwärts. Gewiß tobten die »Patrioten« bei uns auch, aber die Bevölkerung im ganzen verhielt sich ruhiger. Es gab in dieser großen Stadt nur vier Majestätsbeleidigungsprozesse, von denen zwei mit Freisprechung endeten, obwohl in dem einen ein Offizier gegen seinen Burschen als Belastungszeugen auftrat. Dies sei zum Ruhme Hamburgs hier konstatiert.

Als ich einst mit einigen Freunden eine Wirtschaft betrat, schrie einer: »Kaisermörder!!« Der Wirt warf aber nicht uns, sondern den Schreier hinaus.

Schon am 11. Juni ward auf Beschluß des Bundesrats der Reichstag aufgelöst und der Termin der Neuwahl auf den 30. Juli angesetzt.[245]

Inzwischen ging die Achtung der klassenbewußten Arbeiter weiter. Die Bourgeoisie, von Treitschke und anderen Reaktionären aufgereizt, wurde so toll, daß sie in blinder Wut sogar die Henne schlachten wollte, die ihr die goldenen Eier legt. In den bürgerlichen Blättern wurde eine lange Reihe von Firmen veröffentlicht, die sich verpflichteten, keinen Sozialdemokraten mehr zu beschäftigen, und ihre Arbeiter sollten einen Revers unterschreiben, in dem sie sich verpflichteten, sich den sozialdemokratischen Bestrebungen ferne zu halten. Gegen dieses eines Kulturvolkes unwürdige Verfahren wendete die Sozialdemokratie ein außergewöhnliches Mittel an. Sie riet den Arbeitern, den Revers getrost zu unterschreiben und dann zu tun, was sie wollten. »Die Arbeitgeber wollen Heuchler haben, sie sollen sie haben«, schrieb die sozialdemokratische Presse. Im übrigen blieb das ganze Unterfangen ein Schlag ins Wasser und hatte nur die Wirkung, daß jene Kapitalisten, welche doch nur von der Arbeit des Gedankens und der Hände lebten, die von dem Proletariat geleistet wird, in ihrer ganzen Brutalität und in ihrem wahnwitzigen Klassenhaß bloßgestellt wurden.

Die Masken der bürgerlichen Parteien fielen. An der Spitze des Wahlaufrufs der Fortschrittspartei hieß es: »Fort mit der Sozialdemokratie aus dem Reichstag!« – Dieser von Eugen Richter, dem Kämpfer »für Freiheit und Fortschritt« ausgegebenen Parole schlossen sich natürlich alle bürgerlichen Parteien mit Begeisterung an.

Der Wahlkampf, der nunmehr begann, brachte noch nie dagewesene Erscheinungen. Guido Weiß hatte recht, als er schrieb: »Der Kaiser hat die Wunden, die Nation hat das Wundfieber.« Was es an politischer Gehässigkeit gibt, wurde von den gegnerischen Parteien an uns bis zur Erschöpfung verübt.

Dazu kam die Polizeiwirtschaft. Verhaftungen, Konfiskationen von Druckschriften, Auflösung von Versammlungen, Saalabtreibungen usw. – alles das häufte sich, wie es noch niemals dagewesen.

Die Parteigenossen von Reuß älterer Linie hatten mir die Kandidatur für den Reichstag wieder übertragen. Als ich dort ankam, sah ich gleich, daß die Aussaat des Hasses aus der »Kölnischen Zeitung«, die Sozialdemokratie, diese »Eiterbeule am deutschen Volkskörper«, müsse ausgebrannt werden, auf fruchtbaren Boden gefallen war. Am meisten tobten die Nationalliberalen, obschon die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung«, das Organ Bismarcks, die ihnen zugemutete schmähliche Rolle ganz offen angekündigt hatte. Das Blatt hatte geschrieben: »Dem liberalen Philister muß der rote Lappen so lange vor der Nase hin und hergeschwenkt werden, bis er glaubt, es sei der Feuerschein der brennenden Städte.« Aber die nationalliberalen »Mannesseelen« taten ihren Dienst. In den Versammlungen, in denen sie gegen mich auftraten, suchten sie mich durch hinterlistige Redewendungen zu Äußerungen zu provozieren, die als Majestätsbeleidigung gedeutet werden sollten, worauf die lauernde Polizei mich gleich festgenommen hätte. Ich vermied diese Schlingen, aber einmal griff[246] doch der alte Oberwachtmeister nach mir. Ich sah ihn so drohend an, daß er zurückwich und sich mit Säbelrasseln begnügte. Die Erinnerung an die unzertrennlichen Papageien hätte ihn wohl nicht abgehalten, mich festzunehmen. Aber er dachte wohl an den Bericht ans Landratsamt, den ich ihm verfaßt, und das bewog ihn, bei der Staatsretterei doch vorsichtig zu sein. Ich hätte ja die edle Polizeiseele ans Messer liefern können, aber ich tat es nicht. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte es getan.

Als ich in einer Wählerversammlung sagte, die ganze Hetze hätte nur den Zweck, einen Reichstag zustande zu bringen, der bereit sei, Bismarck dreihundert Millionen neuer Zölle und Steuern zu bewilligen, wurde die Versammlung aufgelöst. Ich beschwerte mich beim Landrat, welcher die Auflösung guthieß und erklärte, daß solche Behauptungen in Wahlversammlungen nicht aufgestellt werden dürften. Vielleicht hat der gute Landrat noch lange genug gelebt, um zu begreifen, wie bescheiden damals meine Veranschlagung der dem deutschen Volke drohenden neuen Lasten gewesen ist.

Trotz des gegen uns aufgewendeten Terrorismus erhielten wir nur etwa 60,000 Stimmen weniger als im Jahr 1878; die deutschen Arbeiter hielten sich außerordentlich tapfer. Von den zwölf Mandaten, die wir gehabt, verloren wir in der Hauptwahl zehn. Auch ich unterlag. Aber die Stichwahlen brachten uns noch sieben Mandate, so daß die Fraktion wieder neun Mann stark war. Das deutsche Volk hatte der Parole: »Hinaus mit den Sozialdemokraten aus dem Reichstag!« keine Folge geleistet und hatte für die verfemte Partei vierhundertvierzigtausend Stimmen abgegeben.

Ein moderner Staatsmann hätte es vermieden, gegen eine Bewegung von solcher Lebenskraft mit einem Ausnahmegesetze und noch dazu auf Grund einer groben Lüge vorzugehen. Aber Bismarck war ein Staatsmann der alten Schule und war an der Metternichschen Polizeiweisheit kleben geblieben. Er berief auf den 9. September 1878 den Reichstag ein und legte ihm alsbald den Entwurf eines Ausnahmegesetzes vor, betitelt: »Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie.«6 Nach diesem Gesetze sollten die Polizeibehörden befugt sein, Vereine und Verbindungen sowie Druckschriften, welche sozialdemokratischen, sozialistischen oder kommunistischen, auf Untergrabung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebungen dienen«, zu verbieten. Versammlungen mit gleichen Tendenzen sollten verboten oder aufgelöst werden. Das Erheben von Beiträgen für sozialdemokratische Zwecke war verboten. Verstöße gegen diese Verbote zogen schwere Geld- und Gefängnisstrafen nach sich. »Berufsmäßigen Agitatoren« oder auf Grund des Gesetzes rechtskräftig verurteilten Personen konnte die Polizei den Aufenthalt in bestimmten Bezirken versagen, unter gleichen Voraussetzungen auch Buchdruckern, Buchhändlern, Leihbibliothekaren[247] und Inhabern von Lesekabinetten, sowie Gast- und Schankwirten die Erlaubnis zum Gewerbebetriebe entziehen. Die Krönung des Ganzen war der »kleine Belagerungszustand«. Dieser sollte nach § 28 über Bezirke und Ortschaften verhängt werden können – mit Genehmigung des Bundesrats – wo die öffentliche Sicherheit bedroht sei; Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu besorgen sei, sollten ausgewiesen werden können. –

Bismarck hatte nunmehr den Reichstag, den er brauchte; die Nationalliberalen waren von 127 auf 98 heruntergegangen und die schutzzöllnerischen Elemente waren jetzt in der Mehrheit. Die Konservativen, 115 Mann stark, waren gleich bereit, das Sozialistengesetz in Bausch und Bogen zu bewilligen.7 Dagegen waren das Zentrum und die Fortschrittspartei, mit Anhängseln etwa 160 Abgeordnete, dagegen. Die Haltung des Zentrums, das sich schon während der Attentatshetze anständiger gegen uns verhalten hatte, als die anderen bürgerlichen Parteien, ergab sich aus seiner Stellung als Oppositionspartei. Zur Verschärfung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie auf dem Boden des gemeinen Rechts wäre das Zentrum in seiner Mehrheit ebenso bereitwillig gewesen wie ein großer Teil der Fortschrittspartei, die nur widerwillig gegen das Gesetz stimmte.8

Die Entscheidung lag also bei den Nationalliberalen, die sich erst gegen das »Monstrum« von einem Ausnahmegesetz sträubten, aber durch die Drohungen der offiziösen Presse mehr als gefügig gemacht und in fanatische Anhänger des Gesetzes verwandelt wurden. Als die Verhandlungen begannen, enthüllte Bebel in einer großen Rede, zu der die Gräfin Hatzfeldt viel Material geliefert hatte, das in der großen Öffentlichkeit damals nicht genau bekannte Verhältnis Bismarcks zu Lassalle. Aus dieser Klemme suchte sich Bismarck mit der abgedroschenen Redewendung zu befreien, er sei von jeher um das »Wohl der Arbeiter« besorgt gewesen. Er schämte sich nicht, in seiner Rede das alte abgeschmackte Märchen vom »Teilen« aufzuwärmen, und konnte unter dem Präsidium Forckenbeck die Sozialdemokraten »Banditen« nennen; dann »begründete« er das Gesetz mit unserer »moralischen Mitschuld« an den Attentaten, wofür er nicht den Schatten eines Beweises hatte. Das genügte aber den Nationalliberalen, die zwar gegen die Unfehlbarkeit des Papstes nicht genug wettern konnten, aber auf die Unfehlbarkeit Bismarcks Stein und Bein schworen. Geradezu widerlich mutete es an, wie ehemalige blutrote Revolutionäre, namentlich Bamberger und einige andere, einen staatsretterischen Veitstanz aufführten und an Polizeifrömmigkeit sogar die reaktionärsten Junker überboten. Diese Menschen habe ich später, als sie wieder »freisinnig« wurden, nicht mehr ernst nehmen können.[248]

Am Schlusse der Verhandlungen zog Bracke deren Bilanz und sagte dem »Säkularmenschen« Bismarck sowie sämtlichen verbündeten Regierungen und der reaktionären Mehrheit ins Gesicht:


»Wir pfeifen auf das Gesetz


Die Herren Staatsretter wurden stutzig; so sprach eine Partei nicht, die sich zu Tode verwundet fühlte.9

Die Abstimmung erfolgte und das Gesetz wurde am 19. Oktober mit 221 gegen 149 Stimmen angenommen. Schon am 21. Oktober 1878 trat es in Kraft; so eilig hatte es Bismarck.

Der »Vorwärts« hatte der Mehrheit ein Gedicht gewidmet, worin ihre Haltung aufs Schärfste gebrandmarkt wurde. Diese, die glaubte, eine »patriotische Tat« geleistet zu haben, ergrimmte.

Eine Anzahl Abgeordnete und zwar gerade solche, die uns mit den unglaublichsten Beleidigungen überschüttet hatten, taten jetzt selbst beleidigt und stellten Strafantrag nach dem Vorbilde des großen Bismarck, der ja auch zahllose Zeitgenossen beleidigt, aber selbst zehntausend Strafanträge wegen Beleidigung gestellt hatte.

Während dies Knebelgesetz gemacht wurde, hatte man schon im voraus die Konsequenzen gezogen. 204 Mitglieder des Reichstages, verschiedenen Parteien angehörig, taten sich als »wirtschaftliche Vereinigung« zusammen und forderten einen neuen Zolltarif, womit sie, so behaupteten sie, mit den weitesten Kreisen des deutschen Volkes im Einklang sich befanden.

So folgte der vermeintlichen Knebelung und Erdrosselung der sozialistischen Bewegung die Schutzzöllnerei und die agrarische Beutepolitik zugunsten des begehr lichen Junkertums auf dem Fuße.

Wir hatten die Verhandlungen im Reichstage mit begreiflicher Spannung verfolgt. Die liberale Presse in Hamburg verhöhnte das »Hamburg-Altonaer Volksblatt« und sagte giftig, daß seine Tage gezählt seien. Ich antwortete im »Volksblatt« der rings um uns gierig kläffenden Meute:

»Wenn wir untergehen müssen, so werden wir untergehen mit Stolz und Trotz!«

Mit dem 21. Oktober 1878 brach der furchtbare Sturm über uns herein, den eine rasende Reaktion mit den niedrigsten Mitteln entfesselt hatte. Der mächtigste Staatsmann des europäischen Kontinents ließ alle seine Gewaltmittel gegen uns spielen und ließ alle Minen springen. Schon damals trug er sich mit dem infernalischen Plan, uns mit dem Sozialistengesetz[249] dermaßen zu drangsalieren, daß wir in Verzweiflung geraten müßten. Dann, hoffte er, würden wir zum Aufstand schreiten und Barrikaden bauen. Das war dann der Moment; uns mit der Waffengewalt des »herrlichen Kriegsheeres« niederzuschmettern und einen »Aderlaß« vorzunehmen, der alle sozialistischen Regungen auf absehbare Zeit hinaus ersticken sollte. Er hatte ja immer gesagt; für das sozialistische Problem gäbe es nur eine militärische Lösung.

Aber wir trotzten dem furchtbaren Gegner durch feste Haltung und durch zähe Ausdauer. Nach zwölf Jahren war man seiner Polizeiwirtschaft in Deutschland überdrüssig geworden und er stürzte über dasselbe Sozialistengesetz, mit dem er uns hatte vernichten wollen. Die Sozialdemokratie blieb Siegerin in dem gigantischen Kampfe.

Man hat an Bismarck oft seine genaue Kenntnis der Menschen und der Zustände gerühmt. Mit dem Sozialistengesetz zeigte dieser märkische Junker, daß er Menschen und Zustände in Deutschland gar nicht kannte. Er wußte nicht einmal, daß ungerechte Verfolgung dem Verfolgten neue Sympathien und neue Anhänger erweckt; und er hätte dies doch aus dem »Kulturkampf« lernen können.

Uns blieb vorläufig nichts übrig, als zuzusehen, wie das Gesetz nunmehr ausgeführt werden würde. Am Tage, da es in Kraft trat, erschien im Zentralorgan »Vorwärts« eine Erklärung, die Redaktion werde sich »auf den Boden des Ausnahmegesetzes stellen« und dessen Klippen zu vermeiden suchen. Es sei dies »eine schwere, sauere Leistung«. Dann hieß es weiter: »Wir werden unseren Lesern immer noch die Hülle und Fülle des Wissenswerten bieten, wir werden keiner anderen Partei dienen, trotzdem wir die unsrige nicht voll und ganz vertreten können. Das Ausnahmegesetz aber trägt den Keim eines frühen Todes in sich; es wird nur von kurzer Dauer sein.«

So dachten auch wir. Die Parteigenossen zeigten eine rührende Anhänglichkeit an das Blatt; mehrmals wurde mir auf der Straße zugerufen, wir möchten das Blatt halten wie wir wollten, die Abonnenten würden treu bleiben.

Wenige Tage, nachdem das Gesetz in Kraft getreten, erschien die Polizei beim »Hamburg-Altonaer Volksblatt« und brachte uns ein Dekret des Polizeichefs, durch welches das Weitererscheinen des Blattes verboten wurde. Damit wurden etwa 50 Leute brotlos. Der Verlag, welcher nachmals an J. H. W. Dietz überging, mußte suchen, seinem Ruin durch Gründung einer neuen Zeitung vorzubeugen.

Während wir über dieses schwierige Problem nachdachten, fiel im ganzen Reiche die Polizei über die sozialdemokratische Literatur her. Man hat den Arabern fälschlich nachgesagt, daß sie im Jahre 642 n. Chr. bei der Eroberung Alexandriens die berühmte Alexandrinische Bibliothek zerstört und ein halbes Jahr lang die Bäder mit den Büchern geheizt hätten. Die deutsch-preußische Polizei verfuhr mit der sozialdemokratischen Literatur über tausend Jahre nachher in der Tat so, nur mit dem Unterschied,[250] daß sie die konfiszierten Bücher und Drucksachen nicht verbrannt, sondern eingestampft hat.

Zunächst wurden die drei großen sozialdemokratischen Organe »Vorwärts«, »Berline Freie Presse« und »Hamburg-Altonaer Volksblatt« mit zusammen gegen 50000 Abonnenten verboten. Dann folgten die anderen politischen Blätter; nur zwei, das Offenbacher und das Nürnberger Parteiorgan, überdauerten diese Zeit. Bis zum 30. Juni 1879 waren schon 127 periodische und 278 nichtperiodische Druckschriften verboten, sowie 217 Vereine und 5 Kassen aufgelöst. Fast die ganze wissenschaftliche, historische und sonstige Literatur der Sozialdemokratie verschwand von der Oberfläche. Auch »die Quintessenz des Sozialismus« von dem ehemaligen österreichischen Minister Schäffle wurde verboten, aber später wieder freigegeben. Höchberg ließ diese Schrift in 10000 Exemplaren drucken und verbreiten. Das war aber nur ein Anfang. Binnen zehn Jahren erfolgten im ganzen 1299 Verbote von periodischen und nichtperiodischen Druckschriften im Inland und Ausland; dazu kamen 332 Verbote von Gewerkschaften, Unterstützungs-, politischen und Vergnügungsvereinen. Man kann sich die Wut der Arbeiter denken, als sie der mit ihren Beiträgen geschaffenen Kassen beraubt wurden, in denen für die Zeit von Krankheit und Arbeitslosigkeit vorgesorgt und dem entwürdigenden »Fechten« somit vorgebeugt war. So täppisch schlug der Polizeistaat mit seinen Fäusten drein.

Ferner die unaufhörlichen Haussuchungen, Verhaftungen, Ausweisungen und Verurteilungen. Es sind während des Sozialistengesetzes gegen tausend Jahre Gefängnis verhängt worden.

Je höher die Flut, desto tiefer die Ebbe! –

Als wir wieder zusammentraten, um mit dem Verlag über einen neue Zeitung zu beratschlagen, legte ich einen fertigen Plan vor. Ich schlug vor, eine tägliche Zeitung unter dem Namen »Gerichtszeitung« herauszugeben. Das gab dem Blatte den Anschein, als solle es sich hauptsächlich mit der Berichterstattung über Gerichtsverhandlungen und mit juristischen Angelegenheiten beschäftigen. Zur Bekräftigung dieses Charakters des Blattes sollte noch eine große Rubrik: »Auswärtige Gerichtsfälle« eingerichtet werden. Die Politik sollte anfangs etwas zurücktreten, bis man den Stand der Dinge besser überblicken konnte.

Somit war, soweit überhaupt möglich, vorgebeugt, daß die Polizei das neue Blatt für eine Fortsetzung des verbotenen »Hamburg-Altonaer Volksblatt« erklären und der Staatsanwalt Anklage erheben konnte. Diese Klippe war die gefährlichste. Verbieten konnte die Polizei freilich das Blatt aus tausend anderen Gründen oder auch ohne alle solchen.

Meinem Vorschlag wurde allseitig zugestimmt und die »Gerichtszeitung«, deren Leitung mir ganz von selbst zufiel, trat ins Leben. Sie gewann rasch 12000 Abonnenten und sie bestand etwa 21/2 Jahre, bis auch sie vom Strudel der Reaktion verschlungen wurde.

Die Leitung der Redaktion eines Blattes, über dem unaufhörlich das Damoklesschwert des Verbots hing, war eine schwierige Sache. Ich[251] erhielt von dem Verlag resp. dem Aufsichtsrat der Genossenschaftsbuchdruckerei den Auftrag, die Fußangeln des Sozialistengesetzes möglichst zu umgehen, um das Blatt zu erhalten, was wohl nicht durchführbar gewesen, hätte die hamburgische Polizei nicht schon gleich zu Anfang etwas mehr Nachsicht gezeigt als die preußische. Später hatte sie, wie man sehen wird, dafür noch besondere Gründe. Im benachbarten Preußen, namentlich in Altona, wurde die »Gerichtszeitung« 42 Tage lang täglich konfisziert, bis die Kolporteure dagegen ein obsiegendes Urteil erstritten.

Es kam vor allen Dingen darauf an, die Polizei nicht nervös zu machen. In dieser Beziehung konnten die Ansichten der verschiedenen Redaktionsmitglieder sehr verschieden sein. Der eine konnte für sehr bedenklich halten, was der andere für unbedenklich hielt und umgekehrt. Auf lange Diskussionen konnte ich mich nicht einlassen, da ich für alles und nach allen Seiten verantwortlich war. Manchmal mußte ich eine Stelle streichen, die der Verfasser für ungefährlich hielt und auf die er vielleicht stolz war. Das gab allerlei Mißhelligkeiten, doch kam ich darüber hinweg.

Schlimmer waren die Einwirkungen von außen. Es gab natürlich auch damals Leute, die kritisierten, nur um zu kritisieren, und die sich dabei sehr groß vorkamen. Auf unsere bedrängte Lage nahmen sie keine Rücksicht. Obwohl ich das Blatt so dicht als möglich an den Fußangeln des Sozialistengesetzes vorbei lenkte, wurde gleichwohl an den Biertischen behauptet, es könnte »radikaler« sein. Man berief sich dabei später auf eine Äußerung von Bebel, der die »farblosen« Blätter als »Gehirnverkleisterungsorgane« bezeichnet haben sollte. Die »farblosen« Organe waren eigentlich gar nicht so farblos und Bebels Äußerung mochte damals im Unmut über einen speziellen Fall geschehen sein. Diese wechselnden Stimmungen, die natürlich auf die ganze Redaktion einwirkten, erschwerten mir meine Aufgabe sehr. Es gab auch allerlei kleine Intrigen. So schrieb ein Redaktionsmitglied oft so scharf und provozierend, daß ich, wie er auch erwartete, die betreffenden Stellen streichen mußte. Dann fischte er die Korrekturen aus dem Papierkorb und sandte sie an führende Persönlichkeiten der Partei mit dem Bemerken, daß er ja gerne schärfer schreiben würde, daß ich es aber verhindere. Ich erfuhr dies erst später. Jetzt aber billigte der Aufsichtsrat in allen seinen Sitzungen meine Redaktionsführung und gab mir von Zeit zu Zeit ein ausdrückliches Vertrauensvotum.

In der Partei trat die Verwirrung ein, die bei einer solchen Katastrophe unvermeidlich war. Die Parteileitung hatte schon kurz vor dem Inkrafttreten des Sozialistengesetzes ihre Auflösung angezeigt. Jetzt gingen die Verbindungen verloren und verschiedene Parteigenossen verließen das, wie sie meinten, sinkende Schiff der Sozialdemokratie, namentlich solche, die vorher den Mund sehr voll genommen und anderen Feigheit vorgeworfen hatten. Daß sich manchmal auch ein gewisser Pessimismus bei diesem und jenem von denen geltend machte, die fest entschlossen waren, unter allen Umständen auszuharren, ist begreiflich. Es war die Abspannung nach monatelanger Aufregung. Darüber haben sich[252] später manche irrige Auffassungen gebildet, denn für Außenstehende war unsere Situation nicht leicht zu begreifen.

Aber die Masse der sozialistischen Arbeiter hielt treu und fest zur Fahne, wenn sie auch momentan nicht entfaltet werden konnte. Hier war Bismarcks Massenpsychologie gänzlich unzulänglich gewesen. Er glaubte die »Führer« unschädlich machen und dann die Massen durch das Linsengericht einiger sozialpolitischen Zugeständnisse und »Wohltaten« zu sich hinüberziehen zu können. Mit dieser armseligen Weisheit sollte der angeblich größte Staatsmann aller Zeiten gründlich bankerott machen.

Als der von seinen Wunden genesene Kaiser im Dezember 1879 nach Berlin zurückkehrte, wurde dort der »kleine Belagerungszustand« verhängt, welcher der Polizei die unbedingte Ausweisungsbefugnis verlieh. Diese Maßregel war Bismarck auch von den Nationalliberalen nur für den äußersten Fall bewilligt worden. Jetzt nahm er die Rückkehr des Kaisers und dessen persönliche Sicherheit zum Vorwand, um die schärfste Maßregel gleichsam mutwillig anzuwenden. Auch wurde für Berlin der Paßzwang eingeführt, denn ein echter märkischer Junker kann sich seinen »geordneten« Polizeistaat ohne Paßzwang gar nicht vorstellen.

Sogleich wurden aus Berlin 67 Parteigenossen, darunter Auer und Fritzsche, ausgewiesen. Sie erließen eine ihre Feinde tief beschämende Erklärung an die Berliner Sozialdemokraten, in der es hieß: »Laßt euch nicht provozieren! ... Seid ruhig! Laßt unsere Feinde toben und verleumden! Schenkt ihnen keine Beachtung! Weist die Versucher ab, die euch zu geheimen Verbindungen oder Putschen reizen wollen! Haltet fest an der Losung, die wir euch so oft zugerufen: An unserer Gesetzlichkeit müssen unsere Feinde zugrunde gehen!«

Die meisten der Ausgewiesenen kamen nach Hamburg; andere »Schübe« kamen nach. Im ganzen wurden aus Berlin während des Sozialistengesetzes 293 Personen ausgewiesen, darunter 172 verheiratete mit 328 Kindern.

In Hamburg wurden die Ausgewiesenen so gut unterstützt als es möglich war. Es gab indessen in dieser schwierigen Situation viele Differenzen, alles war voll Grimm und Groll und Krakeeler gab es auch.

Bald darauf kam auch Johann Most nach Hamburg. Er hatte in Plötzensee eine Strafe abgemacht und war gleich nach seiner Entlassung aus Berlin ausgewiesen worden. Nun suchte er eine Möglichkeit, seinen Unterhalt zu gewinnen. Als er auf der Redaktion der »Gerichtszeitung« an mich herantrat, sagte ich ihm, daß Bracke mich ersucht habe, ihm einen Redakteur für sein (farbloses) Unterhaltungsblatt zu verschaffen, da Kokosky, der es redigieren sollte, zuvor noch eine lange Gefängnisstrafe zu erstehen habe. Most ging sogleich darauf ein und wollte die Stelle annehmen. Während er bei mir saß, kam ein Abendblatt und meldete, daß Most in Elberfeld wegen einer dort gehaltenen Rede zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden sei. Erregt sprang er auf und schrie, er wolle nicht schon wieder ins Gefängnis, er gehe ins Ausland. Das[253] konnte ich ihm nicht verdenken. Nun verlangte er Geld und da wir nicht viel hatten, wurde an Höchberg telegraphiert, der sofort telegraphisch 100 Mark anwies. Ich habe gesehen, wie Most das Geld ausgezahlt wurde. Was er noch weiter brauchte, wurde in Hamburg aufgebracht. Unterdessen waren wir bei Geib, wo sich auch Auer und Wedde eingefunden hatten. Dort erschien auch Mosts Frau ganz unerwartet. Das Ehepaar hatte sich getrennt und jedes war seine eigenen Wege gegangen. Nun schob man das mit scheuen Blicken sich betrachtende Ehepaar in ein Nebenzimmer, um sich auszusprechen, während wir beim Kaffee saßen. Bald hörte man, wie die Tür von innen verriegelt wurde, und nach einer Stunde kam das Paar seelenvergnügt Arm in Arm heraus. Wir brachen alle in ein unbändiges Gelächter aus. Dieser Friede dauerte aber nicht lange.

Most erklärte nun, er wolle nach London gehen und dort ein Organ der Sozialdemokratie gründen, da ein solches in Deutschland unmöglich sei. Wir schieden im besten Einvernehmen. In London angekommen, ging er zu den Anarchisten über und gründete die »Freiheit«, in der er uns sogleich äußerst gehässig und unflätig angriff. Er leugnete sogar öffentlich, in Hamburg irgendeine Unterstützung erhalten zu haben.

Die in blutdürstigen Phrasen schwelgende »Freiheit« war der preußischen Polizei hochwillkommen. Sie begründete mit diesem für sie kostbaren Material den Fortbestand des Sozialistengesetzes. Darum rief uns Puttkamer auch einmal im Reichstage zu: »Most ist mir lieber als Sie!« und die Druckkosten der »Freiheit« wurden mehrmals von einem notorischen preußischen Polizeispion bezahlt.

Um dem Unheil vorzubeugen, welches die in zahlreichen Exemplaren nach Deutschland versandte »Freiheit« in dieser kritischen Zeit anrichten konnte, wurde als Organ der deutschen Sozialdemokratie im Ausland der »Sozialdemokrat« in Zürich gegründet. Die zunächst erforderlichen Geldmittel gab Höchberg her. In der Sitzung von Vertrauensmännern in Hamburg, wo über die Gründung des Blattes verhandelt wurde, waren Geib und ich erst dagegen. Später sahen auch wir ein, daß das Blatt eine Notwendigkeit war. Dies bewies nachher auch die hohe Auflage, die es erreichte. Die Verbreitung des natürlich sofort verbotenen Blattes war mit großen Schwierigkeiten und Gefahren verknüpft, wurde aber von der »roten Feldpost« mit viel Geschicklichkeit bewerkstelligt. Allerdings wäre dies ohne den Opfermut der Parteigenossen, über die zahlreiche Prozesse und Strafen verhängt wurden, nicht möglich gewesen. Die Polizei wurde dabei dermaßen zum Narren gehalten, daß sie oft noch tagelang einen Kordon von Mülhausen i. Elsaß bis Konstanz und Lindau bildete, wenn das Blatt schon längst im Reiche war. Auch wurde das Blatt oftmals in Deutschland gedruckt, während die Polizei an der Grenze lauerte.10[254]

Inzwischen hatte Bismarck seinen Krieg gegen Hamburg begonnen, das er zum Anschluß an das Zollgebiet zwingen wollte, entsprechend der nunmehr von ihm eingeleiteten Schutzzollpolitik. Als dies bekannt wurde, geriet die hamburgische Bevölkerung in eine ungeheure Aufregung; man glaubte manchmal sich in einem Revolutionszustand zu befinden. Die Zollfreiheit und freie Schiffahrt auf der Elbe war der Stadt schon von Friedrich I. Barbarossa zugestanden worden und siebenhundert Jahre hindurch hatte sie sich daran gewöhnt. Der hamburgische Handel hatte sich auf dieser Grundlage seine Machtstellung geschaffen und die Lebensmittel waren infolge der zollfreien Einfuhr von einer Billigkeit, die heute märchenhaft erscheint. Der hamburgische Senat verwarf den Zollanschluß und ließ sich auf keine Verhandlungen ein. Die Bismarcksche Presse überhäufte Hamburg mit frechen und brutalen Drohungen; man drohte mit völliger handelspolitischer Blockade und ein Blatt sprach von der Möglichkeit, daß ein Reichskommissär vor dem Rathaus erscheinen und unter Trompetenschall den Zollanschluß proklamieren könne. Dabei zahlte Hamburg ein hohes Zollaversum für den Freihafen.

Die Sozialdemokratie beteiligte sich eifrig an dem Kampfe gegen den Zollanschluß. Dem Senat war auch diese Hilfe willkommen und das trug dazu bei, daß die »Gerichtszeitung« von der Polizei geschont wurde. Sie konnte nun kräftig in die Politik eingreifen. Unsere Artikel gegen den Zollanschluß machten oft großes Aufsehen, denn viele von ihnen rührten von einem höheren Beamten, nämlich von Dr. Voigt, her, dem Landherrn der Geestlande, einem sehr sachkundigen Mann.

Dr. Voigt, der sich sehr eifrig mit sozialpolitischen Fragen beschäftigte, hatte eine Schrift herausgegeben, in welcher er bedauerte, daß die Gewerkschaften vom Sozialistengesetz hinweggefegt waren. Er schlug vor, der Gewerbeordnung einen neuen Titel beizufügen, in dem Gewerkschaften gestattet und mit Korporationsrechten versehen werden sollten. Durch Johannes Wedde war ich mit diesem konservativen, aber den Arbeitern durchaus wohlwollenden Mann bekannt geworden. Seine Artikel gegen den Zollanschluß gingen nur durch meine Hand.

Er mußte sich wohl den Rücken gedeckt haben. Als wir unter dem kleinen Belagerungszustand aus Hamburg ausgewiesen worden waren, machte Auer im Reichstage die Enthüllung, daß die »Gerichtszeitung« viele Artikel gegen den Zollanschluß von einem höheren hamburgischen Beamten gebracht habe. Er nannte Dr. Voigt mit Namen und wollte damit dem Senat treffen, um nachzuweisen, daß dieser die Hilfe der von ihm nunmehr so hart behandelten Sozialdemokratie gesucht und auch davon Gebrauch gemacht habe. Der Senator Versmann erwiderte, von dieser Mitarbeiterschaft sei ihm nichts bekannt; es sei aber in weiten Kreisen bekannt, daß diese Artikel von dem früheren Abgeordneten Geib herrührten.11[255]

Mir war diese Sache äußerst peinlich wegen des Dr. Voigt, wenn es auch erklärlich war, daß Auer die Gelegenheit benützte, dem Senat einen Stich zu versetzen. Indessen blieb Dr. Voigt in seiner Stellung. Ich hätte la den Senator Versmann leicht überführen können, daß er eine unwahre Behauptung aufgestellt hatte, aber mit Rücksicht auf Dr. Voigt tat ich es nicht. Als er mich bald darauf in Bremen besuchte, fragte ich ihn, ob die Sache nachteilige Wirkungen für ihn gehabt habe. Er lächelte nur, sagte aber nichts.

Bald darauf trat ein Ereignis ein, das mich aufs schmerzlichste berührte.

Mein trefflicher Freund Geib war schon seit einiger Zeit herzleidend gewesen. Die nunmehr eingetretenen Zeitläufte waren nur zu sehr geeignet, sein Leiden zu verschlimmern. Die rohen Beschimpfungen und schändlichen Verleumdungen, mit denen die bürgerliche Presse uns überschüttete, nahm sich der feinsinnige und zartfühlende Mann allzu sehr zu Herzen; sein nervöser Zustand wurde noch verschlimmert durch die Krakeelereien und persönliche Angriffe eines damaligen Parteigenossen, des Schuhmachermeisters Hartmann, der im Parteivorstand gewesen war, später in den Reichstag gewählt wurde, aber schließlich aus der Partei ausscheiden mußte. Im Juli 1879 war Geib, den auch geschäftliche Sorgen bedrängten, zur Erholung und Kräftigung nach Wohldorf im Hamburger Wald gegangen; von dort schrieb er mir noch am 18. Juli einen Brief, in dem er seiner Hoffnung auf Besserung und seiner Freude über die Arbeiten des Dr. Voigt, der ihn in Wohldorf besucht, Ausdruck gab. Kaum zurückgekehrt, ward er von einem Herzschlag dahingerafft. In den weitesten Parteikreisen wurde dies schwer empfunden; er hatte das allgemeine Vertrauen besessen und war für Tausende Berater und Helfer gewesen.

Die Hamburger Arbeiter bereiteten ihm ein Leichenbegängnis, wie Hamburg noch keins gesehen. Sie nahmen die Gelegenheit wahr, den Machthabern zu zeigen, daß sie trotz des Sozialistengesetzes unverbrüchlich zu der Fahne hielten, die ihnen der Verstorbene vorangetragen. Wohl fünfzigtausend Menschen gingen im Zuge und mehr als hunderttausend bildeten Spalier auf den Straßen.

Ich sprach zuerst an seinem Grabe12. Die Polizei hatte nur kurze Reden gestattet und das war für mich gut, denn der tiefe Schmerz um den Verlust dieses Freundes hatte meine Nerven derart erregt, daß mir die Stimme brach. Ich schloß nach einigen Minuten, indem ich die berühmten Verse Herweghs auf den Tod von Georg Büchner mit zitternder Stimme rezitierte:


»Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab,

Der Verse schönsten nimmt er mit hinab.«
[256]

Nach mir sprach Liebknecht, der auch nur mit Mühe seine schmerzliche Bewegung beherrschte.

Nachdem sich die Tausende der Leidtragenden zerstreut, fanden sich ganz in der Nähe von Geibs Ruhestätte eine Anzahl seiner Freunde zusammen. Liebknecht, Auer und andere waren dabei; selbstverständlich auch ich. Auf einer schwach beleuchteten Kegelbahn gaben wir uns gegenseitig das Wort, im Sinne des toten Freundes weiter zu arbeiten und uns durch gar nichts entmutigen zu lassen.

Es war uns dabei feierlich zumut, als hörten wir die Schwingen des Zeitgeistes rauschen.

Es hatte sich aber auch ein Spion eingeschlichen, der sogenannte einäugige Wolff, der den grimmigen Revolutionär spielte. Eine seiner Lieblingsphrasen war, daß die Krönungsmäntel zu Pferdeschabracken verwendet werden müßten. Jetzt denunzierte er diese geheime Versammlung sogleich bei der Berliner Polizei.13 Verräter, die sich an die Polizei verkauften, gab es überhaupt jetzt schon zahlreich. So lange sie unentdeckt spionieren konnten, nahmen sie meist die Maske der Biederkeit oder des Hyperradikalismus vor.

Das konnte aber nicht verhindern, daß diese Versammlung sehr viel zur Wiederbelebung der Partei beitrug, denn es wurden die verloren gegangenen Verbindungen wieder angeknüpft. Die Zerstreuten sammelten sich allmählich wieder. In einem Walde hinter Harburg fand gleich darauf eine geheime Versammlung statt, welche den Zusammenhalt unter den Parteigenossen auch der Form nach wiederherstellte und eine geheime lokale Organisation schuf. Unser Freund, Maurer Gadow von Rothenburgsort, war darob so erfreut, daß er an dem Ort, wo die Versammlung stattgefunden, eine kleine Steinpyramide errichtete. Vielleicht ist sie noch vorhanden.

In Hamburg suchte uns Hasselmann, der dahin gekommen, allerlei Unannehmlichkeiten zu bereiten, nachdem ein Versuch der Verständigung gescheitert war. Er verfiel aber bald der Lächerlichkeit, indem er unter dem Schutze der Redefreiheit im Reichstage die Revolution proklamierte und dann – nach Amerika durchbrannte. Wir verspotteten ihn im »Wahren Jakob«, der damals in Hamburg gegründet und von mir redigiert wurde.14

Seitdem der kleine Belagerungszustand über Berlin verhängt war, mußten wir damit rechnen, daß auch wir in Hamburg mit dieser Maßregel heimgesucht werden würden. Um nicht ins Grübeln zu verfallen, suchte ich mich zu zerstreuen. Ich beschäftigte mich viel mit der interessanten[257] Geschichte Hamburgs und fand, daß die Hamburger Arbeiter schon vor Jahrhunderten sich viel mehr an den politischen Kämpfen beteiligt hatten, als die Arbeiter anderwärts, so 1684 bei dem Aufstand unter Snitger und Jastram und 1693 bei dem durch die calvinistische Geistlichkeit erregten Aufstand der Mayerianer15. Auch schrieb ich einiges über den bekannten Hamburger Dichter Leonhard Wächter, genannt Veit Weber, von dem das Lied stammt:


»Kennst du das Land so wunderschön

In seiner Eichen grünem Kranz?« usw.


Dessen Grab hatte ich öfter gesehen, da es nahe bei Geibs Grabe liegt. Wachter hatte sich so für die französische Revolution begeistert, daß er 1792 nach Frankreich ging und in die Revolutionsarmee eintrat; er machte die Schlacht von Jemappes mit und wurde schwer verwundet. Dies entnahm ich seinen eigenen Werken; in deutschen Nachschlagebüchern liest man, daß er gegen die Franzosen gefochten habe.

Durch einen Freund T ... aus Holstein war ich mit zwei preußischen Justizreferendaren bekannt geworden, die jetzt in richterlichen Würden sind. Diese netten jungen Leute teilten meine politischen Ansichten nicht, aber sie plauderten gerne mit mir über historische Dinge und kamen deshalb oft zu mir. Mit ihnen machte ich verschiedene Sonntagsausflüge. Bei einer solchen Gelegenheit gelangten wir auch nach Lauenburgschem Gebiet und standen plötzlich vor – Friedrichsruh. »Jojo, dat is Bismarck sin Hus!« sagte ein Bauer und teilte uns mit, daß die Herrschaft abwesend sei und daß man das Schlößchen gegen ein Trinkgeld besichtigen könne. Die Referendare beschlossen sogleich, das zu tun. Ich aber sträubte mich, denn ich fand es nicht schicklich, mich in das Haus des mächtigen Feindes der Sozialdemokratie gewissermaßen einzuschleichen. Die zwei Juristen redeten mir das aber mit großer Zungenfertigkeit aus. Wenn der Eintritt, sagten sie, jedermann gestattet sei und zwar gegen Bezahlung, so könne man das kein Einschleichen nennen. Ich ließ mich schließlich überreden, da man mir, wenn ich mit drei loyalen Staatsbürgern das Schloß besah, nichts Schlimmes imputieren konnte. Wir traten also ein und der Schloßverwalter zeigte uns die Zimmer. Das Schlößchen, ein früheres Hotel, war im Verhältnis zu der Stellung seines Besitzers sehr einfach eingerichtet; wirklich wertvoll waren nur einige Sachen, von denen man in den Zeitungen gelesen hatte, daß sie dem Kanzler geschenkt worden seien. Die Zimmer waren meist sehr klein; Lothar Bucher und Schwenninger mußten in Kammern hausen. Vor dem Schreibtisch des Kanzlers setzte sich der eine meiner Juristen auf dessen Stuhl und meinte: »Nun sitze ich an einem welthistorischen Platze,« wozu er eine weihevolle Miene annahm.16 Ich erinnere mich noch an einen prachtvollen Papierkorb aus Wildschweinzähnen und an die ungeheuer umfangreiche Sitzbadewanne[258] der Fürstin. Im Erdgeschoß war ein Kneipzimmer, wo oben am Tische der gewaltige Humpen des »Säkularmenschen« stand. Doch dies alles interessierte mich weniger als die Lektüre Bismarcks und seiner Söhne in deren Schlafzimmern. Bei dem Alten sah ich nur historische und nationalökonomische Werke; bei Herbert Bismarck nur Romane und bei Wilhelm Bismarck nur Reiseliteratur niedrigster Gattung. Der Kastellan wurde argwöhnisch, als ich mich für diese Bücher so sehr interessierte. –

Mit diesen jungen Leuten kam auch der Sohn eines Hamburger Großkapitalisten zu mir. Dieser junge Mann suchte etwas darin, als entschiedener kommunistischer Revolutionär zu erscheinen, und tat, als sei er mir um sieben Pferdelängen voraus. Die jungen Juristen schüttelten erstaunt die Köpfe. Als aber jener das väterliche Erbe angetreten hatte, erschien ihm die »Hecknatur« des Kapitals entschieden wichtiger als der Kommunismus. Mich überraschte das nicht. Solche Erscheinungen sind nicht selten.

Eines Tages erhielt ich einen Brief, in dem ein junger Mann mir ankündigte, er sei ohne alle Mittel und müsse in die Alster springen, wenn ich mich nicht seiner annehmen würde, denn wenn ich nun auch versage, werde er sich an niemand mehr wenden. Er bezeichnete sich als Sohn eines bekannten Historienmalers und unterschrieb: Max Bewer. Ich schrieb ihm und er kam. Er brachte ein sehr revolutionäres Drama mitbetitelt »Danton und Robespierre«. Damals bedauerte ich sehr, daß ich dem jungen Mann keine Stellung und kein Einkommen verschaffen konnte. Er tauchte später als antisemitischer Broschürenschreiber auf und hielt sich für einen der größten Dichter seiner Zeit, worüber andere nicht der gleichen Meinung waren. In einer seiner Broschüren erinnere ich mich gelesen zu haben, wie er behauptete, die Hamburger Sozialdemokratie habe Bismarck nach dem Leben getrachtet; dies habe er (Bewer) selbst beobachtet, als er in Hamburg mit Sozialdemokraten Verkehr gehabt. Jedenfalls hat's ihm Bismarck geglaubt. Vor einigen Jahren hielt dieser Edle sich für geeignet, als Bewerber um einen Nobelpreis aufzutreten.

Ich unternahm allerlei Streifzüge im alten Hamburg und da in jener Zeit in den Blättern so viel von den Bettlerherbergen und von dem Elend der Ausgestoßenen und Obdachlosen die Rede war, so beschloß ich, einmal eine der bekannten und größeren Höhlen zu besuchen. Als mein Vorhaben bekannt wurde, schlossen sich mir mehrere an, darunter auch ein junger Jurist, der die Schilderungen der Presse für übertrieben hielt und erklärte, ein solcher Grad menschlichen Elends sei nicht denkbar. Ich wollte ihn überzeugen, daß die Presse nicht übertrieben hatte, wie ich aus Schilderungen von Augenzeugen wußte. Ein mir bekannter Zeitungsberichterstatter, geborner Hamburger, der seine Vaterstadt genau kannte, erbot sich, den Führer bei der seltsamen Wanderung zu machen. Er gab uns allen den Rat, sich hinreichend mit Zigarren zu versehen, um es in der mephitischen Luft aushalten zu können.[259]

Es war an einem Herbstabend, schon recht kühl, und wir brachen auf, als es zu dunkeln begann. Unser Führer wandte sich mit uns nach dem Venusberg, einer bergan steigenden Straße am Schaarmarkt, nicht weit vom Hafen.17

Am Venusberg lag der weitbekannte tiefe Keller, die größte Bettlerherberge Hamburgs, die längst zu bestehen aufgehört hat. Venusberg! Welche Ironie! Ich konnte, während wir zum Schaarmarkt hinabstiegen, den Gedanken nicht los werden, daß am sagenhaften Venusberg in Thüringen die reizende, liebesduftige Tannhäusersage hängt. Hier in der prosaischen Handelsstadt schmückt den »Venusberg« eine Bettlerspelunke. Und merkwürdig, beim »tiefen Keller« dachte ich immer an das berühmte Lied von Müchler:


»Im tiefen Keller sitz' ich hier

Auf einem Faß voll Reben;

Bin frohen Muts und lasse mir

Vom Allerbesten geben.


Die ganze Welt erscheint mir nun

In rosenroter Schminke,

Ich könnte niemand Leides tun

Und trinke, trinke, trinke!«


Aber da wurde ich aus meinen poetischen Träumen gerissen; wir hatten den Venusberg erklommen und standen vor dem »tiefen Keller« – der allerdings weder eine Venus noch einen Tannhäuser beherbergte. Welch bitterer Hohn in den Bezeichnungen »Venusberg« und »tiefer Keller«!

Eine kleine Tür sollte zu der großen Herberge des Elends führen. Ich sah mich um. Auf den Bänken, die in Hamburg vielfach vor den Häusern stehen, saßen noch verschiedene Personen, denn erst die eigentliche Nacht brachte kühle Luft mit, und es dämmerte noch; einzelne Kinder spielten noch auf den Treppen und im Hausflur, nebenan stand ein schmuckes Dienstmädchen, mit der in Hamburg üblichen Haube oder Mütze, mit ihrem Liebsten schäkernd. Ein Bild des Friedens und des gemütlichen, behaglichen Daseins auf der Oberfläche und dicht unter derselben sollte der gähnende Schlund des Elends aufklaffen!

Die kleine Gesellschaft stieg durch die enge Pforte ein Stockwerk tief hinab und gelangte auf einer schmalen Treppe in einen matterleuchteten Raum, wo sich gar keine Gerätschaften befanden und die nackten rohgetünchten Wände die Ankömmlinge düster ansahen. Von da gelangte man zu einer weiteren Treppe, welche wiederum tief hinabging und von deren Ende ein Lichtschimmer hereinfiel. Die Luft war hier schon sehr[260] dick, man zündete sich nun die Zigarren an und begann tüchtig zu passen. Dann stieg man die zweite Treppe tief, sehr tief hinab; die Luft wurde immer dicker und unangenehmer. Sie ward modrig, wie in alten selten gelüfteten Räumen, und man verspürte jenen nichts weniger als angenehmen Geruch, der in mit Menschen überfüllten Räumen gewöhnlich ist und den man auch in allen Gefängnissen, wo wenig gelüstet wird, wahrnehmen kann. Die Ankömmlinge pafften ganz verzweifelt.

Man gelangte nun in einen durch trübe Petroleumlampen erleuchteten Doppelraum. In dem einen, der wie ein behagliches Stübchen aussah und es ohne die mephitische Atmosphäre auch gewesen wäre, war der »Hausvater«, d.h. der Besitzer des »tiefen Kellers«. Ein ganz gemütlich aussehender alter Mann mit behaglichem Embonpoint, saß er in Hemdärmeln da, eine kleine gestickte Mütze auf dem Kopfe, rauchte seine lange Pfeife und las seine Zeitung. Ein Lächeln der Befriedigung lag auf dem wohlgenährten Gesicht. Man konnte den Mann, dessen Wohlhabenheit ihren Boden in dem äußersten Elend seiner Mitmenschen fand, nicht ohne gemischte Gefühle betrachten, und doch mußte man sich fragen, ob es nicht besser sei, wenn die Ausgestoßenen der Gesellschaft in dieser Spelunke noch ein Unterkommen fänden, statt gar keines.

Der »Hausvater« sah die neuen Ankömmlinge über seine Zeitung hinweg an, lüftete kurz seine gestickte Mütze und las dann weiter, ohne noch irgendeine Notiz von den Fremden zu nehmen. Diese wandten sich der Schenke im äußeren Gelaß des Doppelraumes zu, wo sich eine sogenannte Toonbank und einige rohgezimmerte Sitzmöbel befanden. An der Toonbank wurde schlechter Schnaps und schlechtes Bier (Kümmel und Bier, plattdeutsch »Köhm un Beer«) zu niedrigsten Preisen verabreicht. Die Gesellschaft näherte sich der Toonbank und ein baumlanger Hausknecht, zugleich »Kellner« an diesem traurigen Aufenthalt, erschien. Der Führer der Gesellschaft verhandelte hier mit ihm, während die anderen sich erwartungsvoll umsahen. Da ging eine Tür zur Seite auf, die nur angelehnt gewesen war, und aus derselben kam ein halbes Dutzend düsterer Gestalten heraus, bleiche, übernächtige, abgezehrte Gesichter, mit schlotternden Gliedern, in Lumpen gehüllt, teilweise mit stieren Augen. Sie umringten den Besucher; dann aber frug der Hausknecht: »Schall ick eenen inschenken?« Auf die bejahende Antwort des Führers wurde ein großes Glas »Kümmel« eingeschenkt und die Bewohner des »tiefen Kellers« drängten sich zu dem »Genuß« heran. Sie tranken hastig aus und verlangten noch mehr, was ihnen indessen abgeschlagen wurde!

Jetzt erschien ein zweiter Hausknecht mit einer Laterne und forderte die Gesellschaft zu einer Besichtigung der weiteren Räume des »tiefen Kellers« auf. Man trat durch eine Tür rechts ein und gelangte in einen mäßig großen Raum, in dem sich zwei Tische und an den Wänden Bänke befanden. Auf Tischen, Bänken und dem Fußboden lagerten etwa vierzig Menschen, Männer und Frauen, deren Äußeres in Gestalt und Kleidung besagte, daß sie nicht leicht weiter verkommen konnten.[261]

»Das sind alte Stammgäste, die heute kein Geld haben,« sagte der Hausknecht; »weil sie dem Hausvater bekannt sind, können sie hier die Nacht über unentgeltlich bleiben, allein sie bekommen kein Bett, bis sie wieder zahlen können.«

Die Ankunft der Fremden hatte die alten Stammgäste des »tiefen Kellers« aus dem Schlaf geweckt; sie erhoben sich gähnend und taumelten schlaftrunken auf die Ankömmlinge zu. Mit heiserer, kaum verständlicher Stimme baten sie um Geld, teils zu Schnaps, teils zu Brot u. dergl. Eine alte Frau bat sehr beweglich um Geld zu Strümpfen. Wenn sie allzu zudringlich wurden, stieß sie der Hausknecht zurück. Man verteilte etwas Geld unter sie, und es war unheimlich anzuhören, wie sie sich um ihre Anteile stritten.

Der Hausknecht verließ das von dicken Dünsten erfüllte Gemach, die Besucher hinter ihm drein. Man durchschritt einen hallenden Gang, wo die Luft etwas weniger mit mephitischen Dünsten geschwängert war, und betrat dann eine Treppe, die zu den eigentlichen Schlafräumen des »tiefen Kellers« führte, zu dem Hauptquartier des Jammers und des Elends.

Der Schlafraum, den man nun betrat, war nicht verschlossen, die Treppe führte direkt hinein. Das flackernde Licht der Laterne fiel in einen dunkeln, großen Raum, dessen Ventilationsapparat unbekannt blieb, denn wir erinnerten uns nicht, Fenster gesehen zu haben. Vielleicht waren einige Luken im alten Gemäuer angebracht. Der Dunst in diesem Raum war ein unbeschreiblicher; man fühlte sich mehr als einmal von einer Art Schwindel erfaßt. Soviel bei der mangelhaften Beleuchtung zu übersehen war, befanden sich etwa hundert Betten in diesem Raum, die alle besetzt waren und zwar meistens von zwei Personen; Männer, Frauen und Kinder lagen bunt durcheinander. Die Gesellschaft wurde von dem Hausknecht zwischen den Reihen der Betten hindurchgeführt, wobei man den Hut abnehmen mußte, um nicht an die Decke zu stoßen. Die Betten bestanden aus einem Strohsack und aus einer groben wollenen Decke, alles so abgenutzt, daß es von Schmutz starrte. Der Hausknecht warnte wiederholt, den Betten nicht zu nahe zu kommen, wegen etwaigen Ungeziefers.

Da lagen sie nun, wohl zweihundert an der Zahl, die Ausgestoßenen. Hier drehte sich einer um und sah mit stierem gläsernen Blick nach den Ankömmlingen; dort streckte ein Weib den nackten knöchernen Arm nach einer Gabe aus; hier begann ein Kind zu wimmern; dort wälzte sich ein Mensch, vielleicht im Traume, auf seinem Lager umher, laut aufstöhnend; dort lag ein nackter Körper, stumm und unbeweglich wie ein Leichnam; vielleicht war es einer. Ein altes Weib bat um Geld und versuchte dann, einen neben ihr in tiefem Schlaf liegenden Mann aufzuwecken, ein jüngeres Weib bat um Schnaps – für ihr Kind, das nicht schlafen wollte. Man mußte starke Nerven haben, um nicht von einer Ohnmacht befallen zu werden in diesem Raum voll des entsetzlichen Dunstes, voll Lumpen, Ungeziefer, Gewimmer und Gestöhn. Dem Knecht ging die Laterne aus, und es dauerte ziemlich lange, bis sie angesteckt war, so daß wir Fremden eine Weile im Finstern standen. Die Situation wurde noch[262] unheimlicher, und als das Licht wieder leuchtete, drängte man hinaus aus diesem fürchterlichen Raum. Aber der Knecht führte die Gesellschaft noch eine Treppe höher, und dort war ganz die gleiche Erscheinung. Nach der Schätzung der Besucher mußten etwa. 400 Menschen in diesen Räumen unter so entsetzlichen Verhältnissen kampieren. Und der strengste Winter war noch gar nicht einmal da.

Man stieg wieder hinab. Wahrlich. Dante hätte seinem berühmten Gedicht, in dem er eine Reise durch die Hölle beschreibt, eine Schilderung dieses Raumes einverleiben können, ohne seine Phantasie anzustrengen. Denn der nächtliche Aufenthalt in einem solchen Raum ist auch eine Höllenqual.

Einer von der Gesellschaft, bei dem die Neugier über alle diese Eindrücke triumphierte, fragte den Hausknecht, ob es wahr sei, was man sich von dem »tiefen Keller« erzähle. Es soll: nämlich einen Schlafraum geben, den billigsten, für drei Pfennige das Nachtquartier, wo das Nachtlager durch ein dickes Schiffstau dargestellt sei, das man in geringer Erhöhung über dem Boden ausgespannt habe, so daß es den Schläfern als – Kopfkissen diene. Morgens würde dann, um die Schläfer zu wecken, das Tau an einer Seite gelöst, und die Köpfe der Schlafenden fielen unsanft zu Boden, so daß alle zugleich erwachten.

Der Hausknecht sah den Fragenden verschmitzt lächelnd an, gab aber keine direkte Antwort, sondern sagte nur: »Es kommen bessere Leute in unseren Keller, als die Herren zu glauben scheinen.«

In der Tat wurde von einer tollen Gräfin gemunkelt, die einmal aus toller Laune hier ihr Wesen getrieben; auch von einem Schriftsteller war die Rede, der »aus genialer Laune« hier sein Quartier aufgeschlagen. Der letztere kann, wenn es zutrifft, kein anderer gewesen sein als der unglückliche Dr. Hermann Schiff, der sich aus völligem Mangel an Subsistenzmitteln auch einmal entschloß, längere Zeit im Armenhause zu Hamburg zuzubringen. Näheres über diesen begabten, heute völlig vergessenen Mann kann man in dem interessanten Buche finden, das unlängst Professor Dr. Friedrich Hirth in Wien über ihn veröffentlicht hat.18

Man kam zurück und stieg an dem gleichmütig lächelnden »Hausvater« vorüber die Treppen hinauf ins Freie. Mit unbeschreiblichem Wohlbehagen sog die Brust die frische Luft ein und die Tiefe, der man soeben entstiegen, erschien wie ein gespenstischer Spuk, wie ein wüster Traum.

Da rauschte es wieder, das frische Leben der Hansestadt, das bis tief in die Nacht hinein zu pulsieren nicht aufhört. Und einer von uns sagte: »Ich habe viele frivole Menschen kennen gelernt, die mit Vorliebe ihren Witz an den armen Ausgestoßenen der modernen Gesellschaft geübt haben. Man müßte sie einmal dahin führen, wo wir eben gewesen sind; dann würde ihnen alle Lust zum Spott vergehen.«[263]

Und es gibt Ausgestoßene, deren Elend noch tiefer ist als das im »tiefen Keller« –.

Ich lernte damals in Hamburg auch Gottfried Kinkel kennen, der im Kaufmännischen Verein einen Vortrag über Lessing hielt. In meiner Jugend hatte ich sehr für ihn geschwärmt; dies hatte aber dann bald nachgelassen. Ich hatte ihn mir früher immer im Kostüm der Willichschen Freischar, in Bluse und Heckerhut, vorgestellt, wie er in Baden im Gefecht an der Murg gefangen genommen worden war. Jetzt erschien er in schwarzem Frack, weißer Krawatte und weißen Handschuhen. Sein Vortrag war nicht so glänzend wie ich erwartet hatte. Aber er nahm mich sehr freundlich auf. Er hatte sich der Partei wieder genähert und gab regelmäßige Beiträge zur Unterstützung der Ausgewiesenen. –

Um diese Zeit kam auch mein lieber Freund Amand Goegg aus Renchen nach Hamburg, der 1849 in der badischen Revolution Finanzminister und dann Diktator gewesen war und in dem Kampfe viel Opferwilligkeit, Mut und Ausdauer gezeigt hatte. In konsequenter Fortentwicklung seiner demokratischen Weltanschauung war er zur Sozialdemokratie gekommen.[264] Er war so stolz darauf, daß er auf seinem Grabstein die Inschrift anzubringen im Testament anordnete, daß er zur Sozialdemokratie gehört habe. Allein Marx und Engels konnten ihm die Flüchtlingsstreitigkeiten der fünfziger Jahre nicht vergessen und taten immer, als wüßten sie nichts von seinem Anschluß an die Partei. Dies taten dann andere auch und es kränkte dies den alten Mann um so mehr, als er sich damals in der bittersten Not befand. Der ehemalige Minister der badischen Revolution vertraute mir an, daß er sechs Wochen lang nur von Käse gelebt habe und jetzt im Winter zu Hause in seinen Pelzstiefeln sitzen müsse, da er kein Geld für Kohlen habe. Ich lud ihn öfter zu mir ein und sagte ihm einmal bei Tische: »Sie sind ja meine rechtmäßige Regierung!« was ihn bis zu Tränen rührte. Dann aber geriet er ins Feuer und erzählte sein Lieblingsstück im Gefecht zu Ubstadt am 23. Juni 1849. Dort wurden die von dem total unfähigen Polen Sznayda befehligten Revolutionstruppen von den weit überlegenen, unter dem Befehl des Prinzen von Preußen (später Kaiser Wilhelm I.) stehenden Preußen zurückgeworfen und preußische Ulanen drängten auf der von Ubstadt nach Bruchsal führenden Landstraße heftig nach. Sznayda hatte sich unsichtbar gemacht. In dieser Not übernahm Goegg den Oberbefehl, ließ die Geschütze der Blusenbatterie Borkheim und einige andere auf dem hochgelegenen Rand der Straße auffahren und ein gewaltiges Feuer auf die Preußen eröffnen. Die ansprengenden Ulanen wurden mit starkem Verlust zurückgeworfen und die Revolutionstruppen konnten unbehelligt nach Bruchsal abziehen, wo Sznayda im Wirtshaus saß.19

Nach einiger Zeit gelang es Goegg in Hamburg Geldmittel flüssig zu machen, worauf er die letzte seiner großen überseeischen Reisen antrat. Ich konnte ihm einen Dienst leisten, denn durch meine damaligen Verbindungen bewirkte ich, daß er auf einem großen Hamburger Passagierdampfer nur den halben Preis für erste Kajüte bei der Fahrt nach Buenos Aires zu bezahlen hatte.

Fünfzehn Jahre später ließ mich der tapfere Alte an sein Sterbebett nach Renchen rufen. Leider erreichte mich die Botschaft zu spät.

Alte Achtundvierziger gab es damals in Hamburg noch viele, aber nur wenige waren ihren Idealen treu geblieben. Eine sehr interessante Persönlichkeit war mir der alte Audorf, der Vater des Dichters. Als Kind hatte er mit seinen Eltern zu jenen Unglücklichen gehört, die von dem Marschall Davoust aus Hamburg hinaus in das Elend getrieben worden waren. Davon konnte der biedere Alte mit seinem breiten Antlitz, auf dem sich Güte und Redlichkeit ausprägte, ergreifend erzählen. Er hatte dem alten Kommunistenbund angehört und war 1848 in die Bürgerschaft gewählt worden. Später erhielt er wegen »kommunistischer Umtriebe« eine längere Gefängnisstrafe. Der alte Martens, der mit ihm im Kommunistenbund gewesen, spielte jetzt eine politische Rolle als Mann des »Fortschritts«.[265]

In der Familie Kapell sah ich eine sehr interessante Erinnerung an 1848, nämlich die berühmte rote Fahne des Berliner demokratischen Klubs. Sie war eigentlich schwarzrotgolden und bestand aus dunkelroter Seide, mit Goldfransen eingefaßt, und einem schwarzen Bande. Die Inschrift lautete: »Demokratischer Klub« und »18. und 19. März 1848«. Sie war von weiblichen Mitgliedern des Klubs gestickt und von Fräulein Luzilie Lenz, die am 18. März auf einer Barrikade gefochten hatte und später beim Zeughaussturm gefangen genommen wurde, mit einer feurigen Ansprache überreicht worden. Diese Fahne wollte ein Student namens Friedrich am Tage des Zeughaussturmes an einen sichern Ort bringen; er wurde an einer Barrikade an der Landsbergerstraße aufgehalten und sollte die Fahne aufpflanzen, tat es aber nicht. Die einschreitende Bürgerwehr entriß ihm die Fahne, gab sie ihm aber zurück. Die Polizei forschte nach dieser Fahne lange mit fieberhaftem, aber vergeblichem Eifer. Gegen Friedrich wurde nachher vom Staatsanwalt die Todesstrafe mit dem Rade von unten auf beantragt. Dies war nicht spaßhaft zu nehmen, denn noch im Jahre 1837 war in Berlin eine Frau als Mörderin mit dem Rade hingerichtet worden. Und der »Hochverrat«, dessen Friedrich beschuldigt wurde, war doch in den Augen der Reaktionäre schlimmer als Mord! Friedrich wurde indessen freigesprochen. – Was aus der Fahne geworden, habe ich nicht in Erfahrung bringen können.

Anfang 1880 gab es in Hamburg eine Neuwahl zum Reichstag im zweiten Wahlkreis, dessen Vertreter sein Mandat niedergelegt hatte. Wir siegten mit 13,000 Stimmen; leider war der Erwählte eben jener Hartmann, der kurz vor Geibs Tode so ordinär gegen diesen aufgetreten war. Viele Parteigenossen konnten sich darum nicht entschließen, für Hartmann zu stimmen. Für mich wurde der 27. April 1880 – der Wahltag – ohnehin zu einem Tag der Trauer. Denn an diesem Tage starb mein edler und unvergeßlicher Freund Wilhelm Bracke zu Braunschweig. Bitter und schwer habe ich es in den nun kommenden schlimmen Zeiten empfunden, daß Bracke und Geib, diese seltenen Männer, mir fehlten. Beide waren nur 38 Jahre alt geworden.

Aber der Sieg war ein glänzender und legte Zeugnis ab von der unverwüstlichen Lebens- und Widerstandskraft der Sozialdemokratie. Bismarck ergrimmte und sein Grimm richtete sich zunächst gegen den Hamburger Senat. Die Stadt Altona, die auch einen Freihafen besaß, wurde in das Zollgebiet aufgenommen und die Zollgrenze von dem nahen Bergedorf vor die Elbmündung verlegt. Unter dem Druck dieser Schikanen ging der Senat nun auf die Verhandlungen über den Zollanschluß ein, die er früher abgelehnt hatte. Man einigte sich, daß Hamburg zwar in das Zollgebiet eintreten, aber ein Freihafengebiet behalten sollte; zu den notwendigen Neubauten sollte das Reich 40 Millionen beitragen.

Bei diesen Verhandlungen setzte Bismarck aber noch eine andere Maßregel durch. Er zwang den eingeschüchterten Senat, beim Bundesrat die Verhängung des »kleinen Belagerungszustandes« über Hamburg zu beantragen.[266]

Im August 1880 hatte die Sozialdemokratie ihren ersten Kongreß auf Schloß Wyden im Kanton Zürich abgehalten. Dort wurde konstatiert, daß der innere Zusammenhalt in der Partei wieder hergestellt war. Der Kongreß schloß die beiden Anarchisten Hasselmann und Most aus der Partei aus, die sie fortwährend mit Stänkereien behelligt hatten. Dann wurde am Absatz II des Gothaer Programms eine Änderung vorgenommen. Dort hieß es, daß die Partei »mit allen gesetzlichen Mitteln den freien Staat und die sozialistische Gesellschaft erstrebe«. Das Wort »gesetzlich« wurde nun gestrichen, denn man fand es widersinnig gegenüber der Tatsache, daß die Sozialdemokratie unter ein Ausnahmegesetz gestellt und der Polizeiwillkür preisgegeben war. Natürlich legte die verlogene Bismärckische Presse den Beschluß so aus, als wolle die Sozialdemokratie nur noch mit ungesetzlichen Mitteln wirken.

Der Kongreß machte ein gewaltiges Aufsehen. Das »rote Gespenst« störte nun wieder die Träume der Spießbürger, welche schon die Sozialdemokratie überwunden geglaubt hatten.

Bismarck benutzte auch den Kongreß, um die Verhängung des kleinen Belagerungszustandes über Hamburg durchzusetzen. Im Oktober 1880 stand in der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« eine kleine Notiz, die besagte, daß der Antrag auf Anwendung dieser schärfsten Waffe des Sozialistengesetzes gegen uns beim Bundesrat eingegangen sei.

Man kann sich denken, welche Aufregung bei uns entstand, als wir sahen, wie der »Säkularmensch« den Polizeiknüppel zum Streich gegen uns erhob. Abwenden konnten wir ihn nicht und so mußten wir uns momentan in unser Schicksal ergeben. Bald sahen wir gefaßt dem Kommenden entgegen und gewannen sogar den Galgenhumor, im »Wahren Jakob« die staatsretterische Tätigkeit der Polizei im voraus zu verspotten.

Am 28. Oktober fiel der Streich. Die Regierung zu Schleswig verhängte nach § 28 des Sozialistengesetzes den »kleinen Belagerungszustand« über Altona, Ottensen, Wandsbek und das um diese Städte liegende Landgebiet, während der Hamburgische Senat die gleiche Maßregel über das ganze Hamburgische Gebiet verhängte mit Ausnahme des Amtes Ritzebüttel, womit er darauf Rücksicht nahm, daß viele Sozialdemokraten das Hamburgische Staatsbürgerrecht erworben hatten.20

Die Arbeiter waren erst voll wilder Wut. Aber die Parole, sich nicht provozieren zu lassen, wurde befolgt und sie sahen mit finster verbissenem Trotz der Ausführung der nun eintretenden Polizeiaktion entgegen.

Merkwürdig war die Begriffsverwirrung und Selbsttäuschung, die bei manchen Personen eintrat. So kamen verschiedene Parteigenossen zu[267] mir, die in der Öffentlichkeit gar nicht bekannt geworden waren, und meinten: »Na, Sie brauchen nichts zu befürchten, aber ich?« So jammerte namentlich ein Yylograph, von dem seine Frau, infolge seiner Renommistereien geglaubt hatte, er sei der gefährlichste Revolutionär von allen. Dabei hatte er an der Parteitätigkeit gar nicht teilgenommen, sondern nur im Wirtshaus von Revolutionstribunal und Guillotine radotiert. Selbstverständlich geschah ihm nichts.

Vormittags erschien im Geschäft der damals bekannte Polizeioffiziant Schulke mit einem Bündel von achtundzwanzig Ausweisungsdekreten unter dem Arm. Das ganze Redaktions- und Expeditionspersonal und der Verleger der »Gerichtszeitung«, sowie eine Reihe anderer, im Geschäft tätiger Leute erhielten als »Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu besorgen«, den Befehl, Hamburg binnen einer bestimmten, meist sehr kurzen Frist zu verlassen. Die Frist war meist auf 24 Stunden bemessen; bei mir und einigen anderen, die gleich mir das Staatsbürgerrecht besaßen, betrug sie wohl deshalb 48 Stunden.

Zugleich wurden uns auch Ausweisungsbefehle der Regierung zu Schleswig zugestellt, durch welche uns der Aufenthalt in Altona, Ottensen, Wandsbek und Umgegend untersagt wurde, während man den von dort ausgewiesenen Sozialisten den Aufenthalt in Hamburg versagte.

Wir berieten, was zu tun, und es wurde zunächst für jedes ausgewiesene Mitglied der Redaktion und Expedition, so gut es ging, ein Ersatzmann ernannt. Aber die Polizei hatte einen Spion im Geschäft, den wir nicht kannten. Nach einigen Stunden erschien die Polizei wieder und brachte Ausweisungsbefehle für sämtliche Ersatzmänner.

Die Hamburgische Presse benahm sich anständiger als die Berliner Presse sich seinerzeit bei den Ausweisungen verhalten hatte. Dort wurden die Ausgewiesenen noch persönlich beschimpft und verhöhnt, namentlich in den Witzblättern.

Jetzt, als die Ausweisungen bekannt wurden, geriet die Bevölkerung in Bewegung. Die Parteigenossen strömten in Masse herbei. »Was?« hieß es da, als die Namen mitgeteilt wurden, »auch der mit seinen sechs Kindern?« – »Wie, der kranke Mann, der das Zimmer hüten muß?« – »Ach, was wird aus dem alten Hafenarbeiter werden?« usw. usw.

Diese wackeren Männer erkannten, daß es jetzt mehr als je geboten sei, alle Unbesonnenheiten zu vermeiden. Man vernahm wilde Drohungen und Wutausbrüche, man sah blitzende Augen und geballte Fäuste und hörte knirschende Zähne. Man sah auch Tränen des Zornes in wettergebräunten Gesichtern. Der Leiter des Verbandes der Ewerführer, ein in Sturm und Wetter gehärteter Arbeiter, warf sich mir schluchzend an die Brust. »Was soll nun aus uns und aus der Bewegung werden, wenn ihr alle verjagt werdet?« stieß er hervor. Ich beruhigte ihn.

Aber in all diesen heißen Herzen flammte nunmehr nur ein Gedanke auf: Den Opfern muß so viel als möglich geholfen werden![268] Und mit einem Schlage verwandelten sich die Lokalitäten des Geschäfts in Zahlstellen. In wenigen Stunden waren schon gegen zehntausend Mark beisammen. So konnte den zahlreichen Ausgewiesenen – sämtliche Berliner Ausgewiesenen waren natürlich wieder mit ausgewiesen – über die erste Not hinweggeholfen und ihnen auch noch ein leidlicher Zehrpfennig für die nächsten Tage zugewendet werden. Das war eine großartige Tat der Solidarität und der Brüderlichkeit und unsere Feinde hätten daraus ersehen können, daß diese Verbindung mit äußerlichen Gewaltmitteln nicht zu zerstören war. Aber sie waren ja alle zu sehr vom Klassenhaß verblendet.

Die ausgewiesenen Angestellten des Geschäfts erhielten je einen Monatsgehalt voraus.

Ich sehe noch immer das Redaktionsbureau der »Gerichtszeitung« in der Amelungstraße vor mir. Das geräumige Lokal war angefüllt mit zu- und abströmenden Leuten, die Geld oder Berichte brachten. In diesem Getümmel machten der Parteigenosse Berard und ich an einem Pult die letzte Nummer der »Gerichtszeitung« zurecht, an der ich noch beteiligt war. Am nächsten Tisch saß Auer, feierlich und sorgenvoll, im schwarzen Rock. Ein Parteigenosse kam und fragte: »Was ist das für ein feierlicher Frack?« – »Der Ausweisungsfrack!« antwortete Auer trocken. –

Ein Freund hatte mir sofort telegraphisch eine nicht unbedeutende Summe angewiesen. Das Redaktionsmitglied Karl Hillmann erfuhr dies und kam nun herbei, um mit einer entsetzlichen Heulmeierei mich zu veranlassen, ihm etwas abzutreten, da er Kinder und ich keine habe. Ich hatte den Menschen nie recht leiden mögen, da er mit seinen oft herzlich dummen Artikeln das »Volksblatt« dem Spott ausgesetzt hatte; auch hielt ich seine Gesinnung nicht für echt. Dies bewahrheitete sich, denn er lief bald nach der Ausweisung zu den Konservativen über und ward Redakteur eines Reptilienblatts. Er hatte damals, als er von mir Geld verlangte, etwa 4000 Mark auf der Sparkasse, was mir nicht bekannt war. Um ihn los zu werden, schob ich ihm eine Rolle zu, von der ich glaubte, daß sie zehn Mark enthalte. Sie enthielt aber dreißig Mark. Als ich den Irrtum entdeckte, mochte ich die zwanzig Mark nicht zurückfordern. Ich erwähne dies, weil eine Klatscherei entstand, ich sei leichtsinnig mit dem Geld umgegangen.

Mein trefflicher Freund Johannes Wedde erschien in diesem Trubel und lud mich zu einer »Henkersmahlzeit« ein. Sie fand bei seinem Vater statt und Wedde hielt eine so schöne Ansprache, daß sein Vater bedauerte, aus seinem Johannes nicht einen Pastor gemacht zu haben. Wir schieden sehr bewegt.

Eine große Schwierigkeit entstand für die meisten von uns mit der Wohnung. Die Kündigunsfrist war eine halbjährige und der Termin eben verstrichen. Man hätte also noch ein Jahr Miete zahlen müssen. Aber die sonst verschrieenen Hamburger Hauswirte benahmen sich in diesem Fall meist anständig. Ich hatte das Glück, gleich einen Mieter zu finden. Meine Möbel brachte ich bei einem Parteigenossen, einem Tischlermeister,[269] in dessen Magazin unter, wo leider Wanzen hineinkamen. Dann reiste ich mit meiner Frau zunächst nach Mainz ab, ohne den Ablauf der, 48stündigen Frist abzuwarten. Die Demonstration der Parteigenossen bei der Abreise der Ausgewiesenen fand erst am nächsten Tage statt. Uns begleitete zum Bahnhof nur meine liebe Freundin Rudi H. Sie ist nun auch tot, wie so viele Freunde und Genossen jener für uns so bewegten Zeit.

Aus Hamburg wurden damals 75 Personen, darunter 67 Familienväter, ausgewiesen. Im Laufe der nächsten Jahre stieg diese Zahl auf 311.

Bismarck hatte das Gebiet rings um Friedrichsruh herum auf weite Strecken in das »Belagerungsgebiet« einbeziehen lassen. So thronte er dort wie ein Pascha, denn die Polizei folgte natürlich seinen Winken. Er suchte sich auch sonst feudal einzurichten, was aus einem Steckbrief hervorgeht; den er hinter einem Taglöhner hersandte, weil dieser die ihm auferlegte jährliche Feudalabgabe von einer Gans nicht geleistet hatte.

Im Bezirke, zu dem Friedrichsruh gehört, fanden sich nur zwei Arbeiter, die man als Sozialdemokraten ausweisen konnte. Bismarck wollte aber auch das Sozialistengesetz gegen ihm persönlich verhaßte Leute anwenden, auch wenn sie keine Sozialdemokraten waren. Sein Nachbar, der Gutspächter August Westphal zu Melusinenthal bei Schwarzenbeck, gehörte zu den freihändlerischen Nationalliberalen und trat deshalb später zur liberalen Vereinigung über. Dies genügte, um ihn bei Bismarck verhaßt zu machen. Westphal war Reichstagsabgeordneter für Lauenburg. Bismarck verhandelte mit Puttkamer, ob man diesen Mann nicht »als eine Persönlichkeit, von der eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu besorgen sei«, ausweisen könne. Puttkamer erklärte sich auch bereit, die Sache vor dem Reichstage zu vertreten. Die Ausweisung unterblieb aber infolge der Einsprache einflußreicher Personen, die vor dem Eklat warnten. So hat mir Westphal selbst erzählt. –

So ging es nun in eine ungewisse dunkle Zukunft hinein, welche den Kampf ums Dasein aufs Äußerste zu erschweren drohte. Der wichtigsten staatsbürgerlichen Rechte beraubt, von der Polizei verfolgt und gequält, von Verrätern belauert und von Spionen umschnüffelt, stets in Gefahr, bei geheimen Zusammenkünften verhaftet und wegen geheimer Verbindung angeklagt zu werden, von ängstlichen Freunden wie mit der Pest behaftet gemieden, vom Spießbürgertum bei jeder Gelegenheit roh und gehässig behandelt, von einer schändlichen Presse unaufhörlich denunziert, verleumdet und geschmäht, in steter Sorge, erwerbslos gemacht zu werden und meistens von schmerzlichen Entbehrungen heimgesucht – so mußten wir den Kampf mit einer übergewaltigen Reaktion aufnehmen. Aber wir nahmen ihn auf.


Ende des ersten Teils.

Fußnoten

1 In der sozialdemokratischen Fraktion überwogen damals die schutzzöllnerischen Neigungen. Bei der Abstimmung über einen von der Regierung beantragten Eisenzoll stimmten nur Demmler und ich dagegen; die anderen enthielten sich oder stimmten dafür.


2 Da heute so viel von der Neueinteilung der Wahlkreise die Rede ist, so sei hier bemerkt, daß ein Antrag, der dahin ging, damals von Most und mir eingebracht wurde; ebenso forderten wir die (jetzt eingeführten) Wahlkuverts. Die Anträge, die von Auer, Bracke, Fritzsche, Oechsner (Dem.), Krüger (Däne), Kappell, Rittinghausen, Demmler, Holthof (Dem.), Payer (Dem.), Liebknecht, Hasenclever und Motteler unterzeichnet waren, wurden im Plenum von Most und von mir begründet, aber natürlich mit ungeheurer Mehrheit abgelehnt.


3 Am Schlusse hatte Liebknecht von einer »siegreichen« Sache gesprochen; dies war auf meinen Antrag in »unbesiegbar« verändert worden. – Der Hergang dieser Affaire und wie die Erklärung zustande kam, ist mehrfach falsch oder irrtümlich dargestellt worden. So, wie es hier steht, ist's auch gewesen.


4 So bezeugt Herr von Bennigsen in einem Brief an seine Frau vom 15. September 1878. Er sagt noch, man wisse noch nicht, was Bismarck eigentlich beabsichtige, ob er ein Sozialistengesetz zu Stande bringen oder die Nationalliberalen »an die Wand drücken« wolle. Dieser Brief stellt der oft so gepriesenen staatsmännischen Einsicht des Herrn von Bennigsen ein recht schlechtes Zeugnis aus.


5 Wenn man dies behauptet, stellt die nationalliberale Presse sich dumm. Aber in allen Nachschlagewerken, die unter nationalliberalem Einfluß stehen, wird noch die alte Verdächtigung aufgewärmt, das Attentat sei auf »sozialdemokratischem Nährboden« gewachsen. So heißt es auch in anderen Geschichtswerken.


6 Die Hauptbestimmungen waren nach bundestäglichem Muster formuliert.


7 Weder der Ganz-Idiot Hödel, noch der vom Größenwahn erfaßte Halb-Idiot Nobiling haben jemals Aussagen gemacht, welche die Sozialdemokratie hätten belasten können. Alle solchen Äußerungen, die man ihnen unterschob, waren erlogen. Hödel wurde am 16. August enthauptet, Nobiling starb – sehr gelegen für gewisse Leute – am 10. September 1878.


8 Eines ihrer Mitglieder, Hilf aus Nassau, stimmte dafür.


9 Franz Mehring schreibt darüber in seiner Geschichte der deutschen Sozialdemokratie: »Das Kern-und Treffwort fuhr den Patrioten so in die Glieder, daß sie im ersten Augenblick vermeinten, es sei in der Form so unhöflich gewesen, wie im Inhalt; der Präsident von Forckenbeck schickte einen Schriftführer auf die Journalistentribüne, der den Berichterstattern der Zeitungen einprägen mußte, Bracke habe auf das Gesetz nur »pfeifen« – und nicht noch ganz etwas anderes wollen.« – Eine thüringische Pfeifenfabrik annoncierte einen »Reichstagspfeifer«.


10 Siehe darüber das interessante Schriftchen: »Die rote Feldpost« von J. Belli, worin ein Beteiligter den Betrieb schildert.


11 Geib war, als Versmann diese Erklärung abgab, schon tot.


12 Bezeichnend war, daß derselbe Hartmann, von dem noch vor ganz kurzer Zeit Geib so niederträchtig angefeindet worden war, nun an seinem Grabe sprechen wollte, um sich wichtig zu machen. Die Witwe Geib's hatte mir das Versprechen abgenommen, dies unter allen Umständen zu verhindern. Als Hartmann dies erfuhr, hielt er sich im Hintergrund.


13 Der Lumpazius nahm das verdiente Ende. Er versuchte bei der Polizei Erpressungen, ward eingesperrt und starb im Gefängnis.


14 Den Namen hatte ich dem Blatte gegeben; er war indes nicht Original, sondern von einem Blättchen entnommen, das Friedrich Stoltze eine Zeitlang in Frankfurt am Main herausgegeben hatte.


15 So genannt nach dem Hauptpastor Mayer.


16 Darum keine Feindschaft nicht, Herr A ...!


17 Ich folge hier einer Skizze, die ich vor einem Vierteljahrhundert veröffentlicht habe. Es dürfte kulturgeschichtlich nicht ohne Interesse sein, wie jener Teil des unterirdischen Hamburg im Jahre 1879 aussah.


18 »Lebensbilder von Honoré de Balzac«. Aus dem Französischen von Dr. A. Schiff. Drei Teile. Von Dr. Friedrich Hirth, bei Georg Müller, München. In diesem Werke sind die beispiellosen literarischen Fälschungen von Schiff aufgedeckt.


19 Ein Denkmal für die gefallenen Ulanen bezeichnet die Stätte dieses Gefechts.


20 Ich hatte zwar als Student oft das Handwerksburschenlied gesungen:


»Von Hamburg geht's nach Ritzebüttel,

Nach Ritzebüttel, nach Ritzebüttel,

Von da nach Blankenese,

Von da nach Altona«.


Aber die Reize des Amtes Ritzebüttel konnten mich so wenig wie andere nachher ausgewiesene Sozialdemokraten verlocken, mich dort niederzulassen.


Quelle:
Blos, Wilhelm: Denkwürdigkeiten eines Sozialdemokraten. 2 Bde, 1. Band. München 1914, S. 271.
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