[227] Wir haben uns bisher hauptsächlich mit der Sitte in Haus und Familie beschäftigt; treten wir nun in die Gesellschaft ein und sehen zu, welche Formen dort herrschen müssen, damit diese das Prädikat »die gute« verdiene.

Die Gesellschaft selbst ist nichts anderes, als eine aus dem Geselligkeitstrieb des Menschen hervorgegangene Form. Deshalb verlangt sie von allen ihren Angehörigen die Beobachtung der von ihr geschaffenen Formen und löst sich auf, sobald jene sich dagegen auflehnen. Wie in der Ethik, so erblüht auch in der Aesthetik die wahre Freiheit nicht in der Anarchie, der Formlosigkeit, sondern in dem Gesetze.

Das erste, was wir beim Eintritt in die Gesellschaft zu beobachten haben, sind


Quelle:
Calm, Marie: Die Sitten der guten Gesellschaft. Stuttgart 1886, S. 227.
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