An Freundlich-Gesinnte.

Des Frühlings zarte Lieblichkeiten

Gepflegt von fleißig reger Hand,

Erblühen auch zu Winters-Zeiten

Wann Fluren deckt ein Schneegewand.

Aurikeln Frühlings-Kunde geben,

Und bringen ja den Frühling schon,

In milden Düften zieht ihr Leben,

Dahin, bei Nachtigallen-Ton.
[3]

Wenn Tulpen stolz in Urnen prangen,

Viel andre Blumen herrlich glühn,

So wollen auch mit zarten Wangen

Aurikeln stille Wonne blüh'n.

Vielfarbig, dunkelhell geschmücket

Hat sie die Mutterhand Natur,

Und wer ihr kindlich Aug' erblicket,

Erkannte bald der Mutter Spur!


Des Herzens sanfte Blumengaben

Erfreuen wohl ein sanft Gemüth,

In Thränen kann die Brust sich laben,

Wenn fromme Rührung sie durchglüht,

Natur ist wohl ein reicher Garten,

Und Poesie die Gärtnerinn –

Wir wollen frische Blumen warten,

Nehmt ihr nur diese freundlich hin!


Helmina.[4]


Nachricht.

Die Meisten der in diesem Bande enthaltenen Gedichte sind der Herausgeberin von ihrem Freunde dem Grafen von Loeben mitgetheilt worden, der sie ursprünglich für den zweiten Band der Hesperiden bestimmt hatte.[6]

Quelle:
Chézy, Helmina von: Erinnerungen aus meinem Leben, bis 1811. In: Aurikeln. Eine Blumengabe von deutschen Händen. Berlin 1818, S. 3-7.
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