Einladungen und Absagen.

[40] Je größer und anspruchvoller die Art der Veranstaltung ist, zu der wir jemand einladen, umso länger müssen wir die Zeit zwischen Einladung und Fest bemessen. Zu Mittag- oder Abendessen genügt es, 8 Tage vorher zu laden. Am zweckmäßigsten ist es, sich dazu vorgedruckter Karten zu bedienen, bei denen man nur den Namen des Geladenen, Datum und Art der Veranstaltung einzusetzen hat. Sie sollen in geschlossenem Umschlag und nicht als Drucksache versandt werden.

Die Antwort muß sofort gegeben werden. Nimmt man die Einladung an, so genügt es, eine Visitenkarte mit folgendem Inhalt zu senden:
[40]

Herr und Frau Roser

danken für die liebenswürdige Einladung

zum Speisen und werden mit Vergnügen

erscheinen ...


Bei einer Absage muß ein Brief mit Angabe des Grundes geschrieben werden. Alles schreibt die Frau im Namen beider, wie auch die Einladung im Namen beider Ehegatten ergangen ist.

Hat man eine Einladung einmal abgelehnt, so kann sie nicht nachträglich wieder aufgenommen werden. Nur aus ganz zwingenden Gründen gestatte man sich in letzter Stunde abzusagen. Die Hausfrau ladet für eine gewisse Stunde. Sie hat im Salon zu sein, wenn die Gäste kommen.

Pünktliches Erscheinen ist eine Selbstverständlichkeit. Man vermeide aber vor der Zeit zu kommen.

Ein Diener nimmt im Vorzimmer den Herren Mantel, Hut und Schirm ab und geleitet die Damen bis an das Zimmer der Hausfrau, wo das Dienstmädchen wartet. Abends legen die Damen im Zimmer der Hausfrau ab. Dort finden sie: Kleine neue Kämmchen, Puder und Stecknadeln.

Die Herren finden im Vorzimmer auf einem Tablett kleine Karten:


Herr X wird gebeten, Frau Y

den Arm zu bieten.


Wenn die Mehrzahl der Gäste versammelt ist, muß die Hausfrau servieren lassen. Hat man eine sehr bedeutende Person geladen, so muß gleich nach deren Ankunft serviert werden.


[41] Sitzordnung: Es gibt sechs Ehrenplätze, drei für Damen, drei für Herren.


Einladungen und Absagen

Entscheidend für die Anweisung von Ehrenplätzen ist Alter, Stellung und Intimität im Verkehr, d.h. seltenen Gästen gibt man Ehrenplätze.

Größere Mahlzeiten werden gewöhnlich durch männliche Dienstboten serviert; bei einer großen Gästezahl hat man zwei Diener, die gleichzeitig mit dem Auftragen derselben Speisen beginnen; der eine beginnt rechts der Hausfrau, der andere rechts des Hausherrn. Man kann auch rechts und links vom Hausherrn beginnen lassen. Serviert nur ein Diener, so beginnt er den ersten Gang rechts von der Hausfrau, den zweiten links von der Hausfrau, den dritten wieder rechts usw.


Nach einer Einladung läßt man innerhalb von 8 Tagen durch den Diener die Karte abgeben. Eingebogene Ecken bedeuten den gemachten Besuch; will man empfangen werden, darf man die Karte nicht einbiegen.

Quelle:
Gratiolet, K. (d.i. Struppe, Karin): Schliff und vornehme Lebensart. Naumburg a.S. 1918, S. 40-42.
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