Gährungsmittel

[324] Gährungsmittel, (Fermenta). Dieß sind entweder Substanzen, welche schon in der Gährung stehen, die sie erregen sollen, oder welche doch leicht dazu gelangen, oder auch solche, welche einen in der vorhabenden Flüssigkeit zur Gährung noch fehlenden Körper ersetzen. Die weinichte Gährung in einer Auflösung des braunen Zuckers mit reinem Wasser erregt schon darunter gemischte Luftsäure, oder Weinstein. Eine Auflösung des ganz feinen Zuckers in reinem Wasser erfordert ein Gährungsmittel, welches hervorstechende Säure und vegetabilisches Gluten zugleich besitzt (Hefen, Sauerteig). Vegetabilien, die durch beide letztere Mittel nicht in Weingährung gerathen wollen, fehlt es an zuckerartiger Substanz, und diese muß ihnen zugesetzt werden. Frische Hefen und Sauerteig haben noch den Vortheil, daß sie schon selbst in Gährung sind, und sie daher desto leichter in noch nicht gährenden Flüssigkeiten erregen. Aber[324] auch getrocknete Hefen und trockner Sauerteig dienen hiezu, weil sie in warmem Wasser aufgelöst, leicht wieder in Gährung gerathen.

Die Essiggährung zu befördern hat man ähnliche Gährungsmittel. Bei noch gährenden weinartigen Flüssigkeiten hat man weiter nichts nöthig, als durch Zutritt der freien Luft und Wärme die Gährung bis zum Essigwerden von selbst fortgehen zu lassen. Bei alten, hellen, von aller Säure freien weinartigen Flüssigkeiten hingegen hat man den Zusatz von etwas Hefe oder Sauerteig nöthig, theils um die innere Bewegung zu erneuern, theils die zur Gährung fehlende Säure, und den Gewächsgluten darin zu ersetzen. Die angefangene Essiggährung aber zu Ende zu bringen und vor der Schimmelverderbniß zu verwahren, dient ein mehr oder weniger starker Zusatz schon fertigen, vollkommenen Essigs, als das beste Essigferment.

Die Fäulnißgährung wird durch Zusatz faulender Substanzen, z.B. des alten Käses beschleunigt.

Alle die Gährungen überhaupt begünstigenden Umstände, welche oben (unter Gährung) angegeben sind, und die Vermeidung aller ihrer (ebenfalls angegebnen) Verhinderungen, sind nicht weniger als Gährungsmittel anzusehen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 324-325.
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