Muskatmarisbaum

[113] Muskatmarisbaum, Myristica aromatica, Murr. Myristica moschata Gm. [Rumph. Amb. II. tab. 4.] mit elliptischen, unten wollhaarigen Blättern, eirunden Blumendeckblättern, und glatten Früchten, ein ehedem auf allen Moluckischen Inseln, jetzt nur auf Banda, Neyra, Lantoer und Pulo-ay auf bergichten schattichten Gegenden wohnender Baum von der Größe eines Birnbaums. Erst neuerlich ist er auf einige französische westindische Inseln mit Glück verpflanzt worden.

Die birnförmige Frucht eröffnet nach völliger Reife ihr härtliches, weißlichtes Fleisch und zeigt den inwendigen mit einer markigen, fettlichen, röthlichen, nezförmigen Haut (Muskatblüthe, Macis) umkleideten, in einer harten, dünnen, schwarzen Schale eingeschlossenen Samenkern (Muskatnuß, Nux moschata, myristica). Aus letzteren ausgepreßt erhalten wir aus Indien in irdenen Krügen das butterartige, gelbe, starkriechende Oel (Ol. Nucistae, Nucis moschatae expressum). Geringerer Güte, blaßgelber, schwächer riechend und gewöhnlich mit Wallrath verfälscht ist das unter gleichem Namen in viereckigen Täfelchen zu uns kommende. Es scheint von solchen Nüssen ausgepreßt zu seyn, aus denen die Holländer das ätherische Oel, welches sie besonders verkaufen, größtentheils schon abdestillirt haben.

Das ächte ausgepreßte Oel macht 1/4 bis 1/3 des Gewichts der Muskatnüsse aus; in ihm ist ein großer Theil ätherisches Oel vorhanden, wovon die Muskatnüsse selbst 1/32 bis 1/16 in der Destillation mit Wasser nach vorgängiger Aufweichung von sich geben (Ol. destill. Nucis moschatae). Es ist leicht, mit weißbutterartigen Theilen gemischt, gilblich, und von höchst starkem Geruch und Geschmack. Die Muskatblüthe giebt 1/64 eines ähnlichen, ätherischen Oels (Ol. macidis dest.), worin eine Art gilblicher Krystallen anschießen, welche in Weingeist und in sowohl ätherischen, als ausgepreßten Oelen in der Siedehitze auflösbar sind, in der Kälte aber wieder herauskrystallisiren.[113] Auch in einer großen Menge siedendem Wasser lösen sie sich auf.

Die Vermischung des ausgepreßten (geringern, tafelförmigen) Oels mit dem destillirten wird Muskatenbalsam (Balsamus Nucistae) genannt, und kömmt dann mit der bessern weichen Sorte Muskatbutter überein.

Wird aber das ätherische aus dem ausgepreßten Muskatennußöle mit Weingeiste ausgezogen, so bleibt ein farbeloses talgartiges Wesen zurück (Corpus pro balsamo), welches man ehedem zur Grundlage der künstlichen Balsame genommen hat, Corpus pro balsamo. Ist es aber mit gelbem Wachse verfälscht, so bleibt die gelbe Farbe, so wie es dann auch überhaupt härter und geruchloser ist. Der Aether löset die unverfälschte Muskatbutter völlig und hell auf, aus der mit Talg, Schmeer oder Wachs verfälschten aber bildet er ein trübes Gemisch.

Die Muskatnuß, die Muskatblüthe und die Produkte davon werden gewöhnlich innerlich und äußerlich gegen Magenschwäche und Durchlauf angewendet; ihre eigentliche Wirkungsart ist jedoch von größerer Bedeutung, aber noch nicht gehörig bekannt. Die Kälte der Glieder, die Betäubung, die Sinnlosigkeit, die Empfindung von Ersticken, und der Tod, der zuweilen auf größere Gaben dieser Drogue erfolgt sind, lassen große Arzneikräfte vermuthen, müssen aber auch Behutsamkeit einflößen.

Die ganze, wallnußgroße unreife, mit den Schalen in Zucker eingemachte Muskatennuß (Nux moschata condita) kömmt in dieser Verfassung aus Ostindien zu uns. Sie ist vermutlich in Schlaffheit des Speisekanals heilsam, wird aber vorzüglich im Scharbock gerühmt.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 113-114.
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