§. [237] 216.

Die Fälle sind nicht selten, wo eine den Tod drohende, sogenannte Körper-Krankheit – eine Lungenvereiterung, oder die Verderbniss irgend eines andern, edeln Eingeweides, oder eine andere hitzige[237] (acute) Krankheit, z.B. im Kindbette u.s.w., durch schnelles Steigen des bisherigen Gemüths-Symptoms, in einen Wahnsinn, in eine Art Melancholie, oder in eine Raserei ausartet und dadurch alle Todesgefahr der Körper-Symptome verschwinden macht; letztere bessern sich indess fast bis zur Gesundheit, oder verringern sich vielmehr bis zu dem Grade, dass ihre dunkel fortwährende Gegenwart nur von dem beharrlich und fein beobachtenden Arzte noch erkannt werden kann. Sie arten auf diese Weise zur einseitigen Krankheit, gleichsam zu einer Local-Krankheit aus, in welcher das vordem nur gelinde Symptom der Gemüths-Verstimmung zum Haupt-Symptome sich vergrössert, welches dann grösstentheils die übrigen (Körper-)Symptome vertritt, und ihre Heftigkeit palliativ beschwichtiget, so dass, mit einem Worte, die Uebel der gröbern Körper-Organe auf die fast geistigen, von keinem Zergliederungs-Messer je erreichten oder erreichbaren Geistes- und Gemüths-Organe gleichsam übergetragen und auf sie abgeleitet werden.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Dresden, Leipzig 51833, S. 237-238.
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